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MÜNCHEN UND LEIPZIG,

VERLAG VON DUNCKER & HUMBLOT.

Alle Rechte vorbehalten

Altenburg (S-A.)
Pierersche Hofbuchdruckerei
Stephan Geibel & Co.

VII.

Lübeck und der Streit um Gotland
1523-1526.

Erster Teil.

Bis zum Vertrage von Malmö 1524.

Von

Wilhelm Kruse.

Der unter Lübecks Führung 1522 von der deutschen Hanse gegen Dänemark eröffnete Krieg galt der Erhaltung und Sicherung ihrer Handelsherrschaft im skandinavischen Norden. Diese beruhte zum großen Teil auf der Selbständigkeit Schwedens. In diesem Lande, einem ihrer Hauptverkehrsgebiete, wurden die hansischen Ostseestädte bedroht durch die Vereinigung der nordischen Kronen, die Christian II. noch einmal mit Aufgebot aller Kräfte erstrebte. Für die Hanse aber gewann die nach der Eroberung Stockholms 1520 erfolgte vorläufige Wiederherstellung der Union eine noch weit ernstere Bedeutung durch die weitergehenden Pläne des Königs, mit denen er sich seit langem getragen hatte.

Christians II. Absicht, Kopenhagen und Stockholm zu Stapelplätzen für den ganzen Verkehr zwischen den Ostseeländern und Westeuropa zu machen, seine ungerechtfertigten Eingriffe in die hansischen Privilegien, seine Begünstigung der Niederlande, des schärfsten Konkurrenten der Hanse, und sein Vorhaben, Lübeck selbst seiner Herrschaft einzuverleiben, waren alles deutliche Anzeichen für ein tatkräftiges, planmäßiges Hinarbeiten auf ein Ziel, das den Hansestädten an der Ostsee nicht lange verborgen bleiben konnte. Sie erkannten bald, daß ihrem Handel in den skandinavischen Reichen der Boden völlig entzogen und damit dem hansischen Übergewicht das Ende bereitet werden sollte.

Hansische Geschichtsblätter. 1913. II.

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Lübeck sah zuerst die ganze Größe der Gefahr. Obgleich sein Verhältnis auch zu manchen der benachbarten Fürsten kein gerade günstiges war, wandte es doch vorwiegend den Vorgängen im Norden seine Aufmerksamkeit zu. Seitdem die vielen Streitigkeiten im Verlauf der letzten Jahre der Stadt den Beweis erbracht hatten, daß an ein gütliches Auskommen mit Christian II. nicht zu denken sei, bemühte sie sich nicht mehr, den notwendigen Krieg zu vermeiden; sie fühlte sich stark genug, sich mit dem Gegner zu messen. Als Schweden sich erhob, um das Stockholmer Blutbad zu rächen, zögerte Lübeck nicht, dem Aufstand seine Unterstützung zu leihen. Daß es auf dem völlig freien Handel nach diesem Lande bestand trotz der entgegengesetzten Forderungen Christians II., bedeutete den offenen Bruch mit diesem.

Bevor Lübeck selbst seine Rüstungen begann und in den Kampf eingriff, hatte es sich nach Hilfe umgesehen. Auf den Beistand der benachbarten wendischen Städte konnte es rechnen, wenn diese auch kein allzu großes Interesse zeigten. Bedeutsamer war es, daß alte Zwistigkeiten nicht hinderten, einen Waffenbund mit Danzig abzuschließen, dem gleichfalls viel an dem schwedischen Handel lag. Der wertvollste Verbündete Lübecks aber wurde der benachbarte Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein, der allen Grund hatte, sich durch seinen Neffen Christian II. bedroht zu fühlen. Mit jenem wieder wurde der aufständische dänische Adel einig.

Die Erfolge des Krieges konnten für Lübeck nicht größer sein. Bedeutender denn je vermochte noch einmal sein Machteinfluß im Norden zu wachsen. Die Union blieb für immer gelöst, als Christian II. im April 1523 durch die vereinigten Gegner zur Flucht aus seinem Reiche genötigt wurde. Mit städtischer Hilfe fielen Stockholm und Kopenhagen. In Schweden gelangte Gustaf Wasa, der Schützling Lübecks, auf den Thron, während Friedrich von Schleswig-Holstein dänischer König wurde. An der Erkämpfung beider Kronen hatte Lübeck starken Anteil genommen. Es sah jetzt an Stelle eines erbitterten Feindes zwei zu Dankbarkeit verpflichtete Freunde, die ihm seine alten Handelsprivilegien bestätigten. In Schweden gelang sogar der Ausschluß des holländischen Rivalen von den Märkten.

Der Kampf hatte von der Stadt gewaltige Anstrengungen und erhebliche Opfer gefordert. Er hatte aber auch in ihren Bewohnern

das Bewußtsein der eigenen Kraft und das Gefühl einer gewissen Überlegenheit gegenüber den Reichen im Norden erheblich gesteigert. So kam es, daß Lübeck neue Ziele ins Auge faßte, schon bevor es am Ende des eigentlich Gewollten angelangt war. Es benutzte die damalige günstige Lage zu einem Versuch, wichtige Gebiete in der Ostsee dem eigenen Besitz zuzuführen. Sein Blick richtete sich auf die Inseln Bornholm und Gotland'.

Erstes Kapitel.

Die Entstehung der Gotlandfrage und ihre vorläufige Entwicklung.

Gotland, durch Wisby einst der Brennpunkt im baltischen Handel, hatte im 16. Jahrhundert längst seine alte Bedeutung verloren. Die im Ostseeverkehr vorgegangenen Veränderungen, namentlich das unaufhaltsame Emporblühen Lübecks, ließen neben dem wechsel vollen, mit mannigfachen Unruhen verknüpften Schicksal, das die Insel nach der Eroberung durch Waldemar Atterdag 1361 erlitt, nicht zu, daß sie auch nur annähernd den früheren

1 Die Untersuchung der Zustände und Vorgänge auf Bornholm im Zeitraum eines halben Jahrhunderts, von 1526-1576, während dessen Lübeck die Insel als Pfand von Dänemark besaß, führte mich im Verlauf der Vorarbeiten namentlich im Lübecker Staatsarchiv und sodann im Reichsarchiv zu Kopenhagen dazu, zunächst auf den Ursprung der Ereignisse, die der Abtretung der Insel vorangingen und sie schließlich herbeiführten, zurückzugreifen, bevor ich auf die Pfandschaft Bornholms einging. Für den vorliegenden ersten Teil konnte ich mich fast ausschließlich auf bereits gedrucktes Urkundenmaterial stützen. Für die bis zum Abschluß des Streites um Gotland reichende Fortsetzung, die ebenfalls im nächsten Jahrgang dieser Zeitschrift erscheinen wird, bin ich zu besonderem Dank Herrn Ratsarchivar Dr. Fr. Techen in Wismar verpflichtet, der mir zur Vervollständigung meiner eigenen Sammlungen in liebenswürdigster Weise die Durchsicht des Manuskripts zum 9. Bande der Hanserezesse gestattet und die Korrekturbogen zur Verfügung gestellt hat. Herrn Geheimrat Dr. Fabricius in Stralsund bin ich dankbar verbunden für sein freundliches Eingehen auf wiederholte Anfragen und für den ausführlichen Auszug eines Rezesses. Endlich benutze ich diese Gelegenheit, um der Leitung des Staatsarchivs zu Lübeck und des Reichsarchivs zu Kopenhagen meinen Dank auszusprechen für das überaus freundliche Entgegenkommen, das ich in beiden Archiven gefunden habe.

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