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Ufergemeinden scheuten nicht allein Mühe und Kosten, sie fürchteten mehr noch, daß ihre Tätigkeit dem Nachbarorte von Nutzen sein könne, ein Bedenken, das namentlich wirksam war, wo die Zugehörigkeit des Flußlaufes zu verschiedenen Territorien den Konkurrenzneid durch politische Eifersucht verschärfte, wie das besonders in der Geschichte der Weserschiffahrt zutage tritt.

Freilich noch schroffer offenbarte sich dieser Eigennutz da, wo mit dem Interesse der Schiffahrttreibenden das Erwerbsinteresse anderer Kreise zusammenstieß: Man weigerte sich, das Ufer für den Leinpfad frei zu geben; man benutzte den Fluß zum Mühlenbetriebe, zum Fischfang, auch wohl zur Bewässerung des Uferlandes und baute dazu Stauanlagen, Mühl- und Fischwehre, Fischgehege aus Stangen und Flechtwerk (wie die sog. oelfache in Werra und Fulda), schlug Pfähle ein, um daran die Netze zu befestigen, und warf Steine hinein, um sich zu den Pfählen bequemen Zugang zu schaffen.

Auf die Schiffahrt nahm man dabei keinerlei Rücksicht; sie wurde vielmehr als etwas Störendes empfunden und war es schließlich auch. Die Anlegung des Leinpfades schädigte den Uferbesitzer. Er litt Einbuße an Acker- und Wiesenland, nicht minder an Wald, da die Stämme längs des Ufers niedergeschlagen werden mußten; er durfte das Vieh von der Weide nicht mehr nach Belieben an den Fluß zur Tränke führen, weil die Festigkeit des Ufers darunter litt, und er mußte auch sehr damit rechnen, daß die Schiffsleute sich nicht mit übermäßigen Rücksichten beschwerten, sondern Feld und Wiese als offene Tafel für sich und, wenn sie sich dessen bedienten, auch für ihr Zugvieh ansahen, auch wohl mehr zertraten als mitnahmen.

Ebenso war es für den Besitzer einer Stauanlage nicht damit getan, daß er sie mit einer genügenden Schiffschleuse versah. Die häufigen Beschädigungen, die Mühe der Beaufsichtigung, nicht zum letzten auch die gewöhnlichen Streitigkeiten zwischen den Schiffern und seinen Knechten, alles das ließ ihn oft eine ansehnliche Entschädigungssumme ausschlagen. Es blieb dann nur übrig, durch Kauf die ganze Mühlenanlage zu erwerben oder eine höhere Gewalt zur Entscheidung anzurufen.

Klagen über Störung durch den Fischereibetrieb sind nicht überall gleich häufig. Wir begegnen ihnen namentlich bei

der Werra- und Fuldaschiffahrt zur Zeit der Landgrafen Philipp und Moritz von Hessen, die durch besondere Erlasse Abhilfe schafften, indem sie verordneten, daß ein gewisser Raum für die Durchfahrt der Schiffe freigelassen würde, und die Zahl der Fischwehre beschränkten.

Eine ständige Gefährdung der Schiffe bildeten endlich die Brücken. Solche aus Stein gab es noch wenig; zudem bildeten sie mit ihren niedrigen Wölbungen und engen Pfeilerabständen, die das Wasser reißend durchströmte, eher eine Erschwerung als eine Erleichterung der Fahrt. Freilich gab es auch schon Zugbrücken; da aber mußten bei der Durchfahrt der Unterhaltungskosten wegen besondere Gebühren gezahlt werden.

Wenn nun ein Schiff durch die genannten natürlichen und künstlichen Hindernisse zu Schaden kam, war damit das Maß des Unglücks nicht voll. Es war mit dem Augenblicke der Grundruhr verfallen, diesem merkwürdigen, im ganzen Mittelalter zu Lande und zu Wasser geübten Rechte, nach dem der Grundherr der betreffenden Land- oder Wasserstraße den Inhalt des verunglückten Wagens oder Schiffes mit Beschlag belegen, ja dem Eigentümer noch eine besondere Buße auferlegen durfte.

Gegen offenbaren Straßenraub gewährte die Wasserstraße natürlicherweise größere Sicherheit als der Landweg, eine unbedingte aber auch nicht. Es wird sich nicht immer, wenn von Raubschlössern die Rede ist, entscheiden lassen, ob die Räubereien auch auf den Wasserweg ausgedehnt worden sind, aber es hindert nichts, Fälle zu verallgemeinern, wo sich dies quellenmäßig feststellen läßt. Ein Raubschloß an der Weser war die Hämelsche Burg, die im Jahre 1487 zerstört wurde, weil ihre Inhaber die Schiffahrt auf der Weser gestört hatten, ein anderes, gleichfalls an der Weser in der Gegend von Münden gelegen, die Bramburg, deren Besitzer, wie man erzählt, ihr Handwerk mit großer Umsicht trieben. Sie hatten ein Seil quer durch den Fluß gezogen und es mit einer Glocke auf der Burg verbunden, so daß sie jederzeit durch ein Glockenzeichen aufmerksam gemacht wurden, wenn ein Schiff den Fluß hinauf oder herab kam.

Neben diesen mehr zufälligen Schiffahrtshindernissen bestanden noch zwei Einrichtungen, die den Verkehrswert der mittelalterlichen Wasserstraßen ständig beeinträchtigten und, wenn sie, wie

bei der Weser, häufiger auftraten, ihn fast hinfällig machten, die Zölle und das ihnen verwandte Stapelrecht. Ohne daß hier näher auf diese beiden Einrichtungen eingegangen werden soll, mag zum besseren Verständnis des Nachstehenden einiges Wenige über sie bemerkt werden.

Ein Schiffahrtszoll wurde erhoben vom Landesherrn, der die durch sein Gebiet hindurchführende Wasserstraße als sein persönliches Eigentum ansah, und oft auch von den Städten.

Der Landesherr erhob ihn ursprünglich als Entgelt für die Erlaubnis, den Fluß zur Schiffahrt benutzen zu dürfen, auch wohl für die Verpflichtung, die Befahrer des Schiffahrtweges samt Schiff und Ladung zu beschützen, da wenigstens eine solche Verpflichtung ziemlich früh durch eine besondere Abgabe, das Geleitsgeld, erkauft werden mußte. Und zwar wurde er zunächst in Form einer einheitlichen Abgabe erhoben, wobei die Größe des Schiffes und die Art der beförderten Waren ohne Einfluß blieb.

Diese ursprüngliche Form des Zolles wurde mit der Zeit erheblich erweitert und verändert. Sie wurde erweitert zunächst dadurch, daß die Verpflichtung des Landesherrn, die Befahrer der Wasserstraße gegen alle Unbill zu schützen, wie oben bemerkt, durch eine besondere Abgabe, das Geleitsgeld1, erkauft werden mußte. Diese Abgabe scheint ziemlich früh aufgekommen zu sein. Wenn sie neben dem Zoll nicht immer genannt ist, so ist das zweifellos darauf zurück zu führen, daß die Bezeichnung Zoll (tollen, theoloneum) oft zusammenfassend für den eigentlichen Zoll und die Nebenabgaben gebraucht worden ist.

Wie Schutz und Geleit mußte in der Folge auch die Erlaubnis zur Benutzung des Wasserweges eigens erkauft werden. Man empfand offenbar nicht mehr, daß sie das Wesen des eigentlichen Zolles ausmachte, diesen überhaupt erst veranlaßt hatte. Diesem Zwecke diente das Willegeld2.

1 Was die Handhabung des Geleits betrifft, so darf man aus dem Namen nicht schließen, daß der Landesherr jedem Warentransport etwa Bewaffnete mitgab; er stellte nur einen Geleitsbrief aus, der die Gefährdung des Besitzers zu ahnden versprach, und es ist nicht einmal ganz sicher, daß der Landesherr jede Verletzung des Geleits nachträglich mit angedrohter Strenge bestrafte.

2 So wenigstens möchte ich diese Abgabe deuten. Sie wird nur Hansische Geschichtsblätter. 1913. I.

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Daß der Landesherr gegen Entrichtung des Zolles ursprünglich auch die Instandhaltung der Wasserstraße übernommen habe, ist wenig wahrscheinlich. Vielmehr blieb diese der an dem betreffenden Wasserwege interessierten Stadt überlassen, und der Landesherr unterstützte sie besten Falles dabei, indem er notwendige Ausbesserungsarbeiten erlaubte und bei Privatleuten, die den Schiffahrtsplänen der Stadt widerstrebten, für diese Fürsprache einlegte, in besonders hartnäckigen Fällen gegen sie auch mit Zwangsmaßregeln vorging. Erst im Beginn der Neuzeit, als die Städte die bisher erfüllte Aufgabe arg vernachlässigten, nahm der Landesherr sich der Wasserstraße an, fand darin aber sogleich einen Anlaß, eine neue Abgabe zu erheben, wie sie uns in der Schiffahrtsgeschichte der Aller als Schlacht- und Schleusengeld entgegentritt.

Abgesehen von diesen Erweiterungen erfuhr die ursprüngliche Form des Zolles nun aber eine erhebliche Änderung. Es ist vorhin gesagt worden, daß der Zoll ursprünglich als Abgabe für das Schiff samt der Ladung entrichtet worden sei. Die Änderung bestand nun darin, daß diese einheitliche Abgabe in einen besonderen Schiffs- und Warenzoll zerlegt wurde, wobei aber zwei Stufen zu erkennen sind. Auf beiden war der Warenzoll nach der Beschaffenheit der Waren und den dadurch bedingten Gewichts-, Maß- und Raumeinheiten, nach denen sie berechnet wurden, differenziert; der Schiffszoll dagegen war auf der einen Stufe für alle Schiffe ohne Rücksicht auf ihre Größe gleich, auf der andern zeigte auch er für die verschiedenen Schiffsgrößen verschieden hohe Sätze. Doch scheint es, daß die Zerlegung in Waren- und Schiffszoll bei gewissen Transporten nicht vorgenommen wurde; nachdem schon im Jahre 1348 auf der Ilmenau ein Waren- und Schiffszoll eingerichtet worden war, wurde noch in den Jahren 1371 und 1376 für Fischerkähne eine Abgabe erhoben, die die nach Lüneburg gebrachten Fische zollfrei ließ.

In diesen Formen und mit den genannten Nebenabgaben wurde der Zoll erhoben sowohl als Durchgangs- wie als Umschlagszoll, d. h. bei der Durchführung von Waren und in dem einmal genannt, nämlich im Zoll- und Geleitsbrief für Braunschweig aus dem Jahre 1461, kehrt aber wohl in der Abgabe wieder, die als »in die Kanzlei gehörig« in einer Celler Polizeiordnung von 1537 erwähnt wird.

Falle, daß diese erst an der Erhebungsstätte zu Schiff geladen und ausgeführt wurden. Natürlich war nicht ausgeschlossen, daß eine Zollstätte beide Bedeutungen in sich vereinigte, wie das z. B. für den Celler Zoll nachzuweisen sein wird.

Mit dem Umschlagszolle berührt sich ziemlich eng der Zoll, der von den Städten erhoben wurde und als Marktzoll bezeichnet zu werden pflegt. Er war im Grunde nichts anderes, denn die Waren, die er traf, wurden hier auch von Lande zu Wasser oder umgekehrt verfrachtet. Nur die Begründung war anders. Der Landesherr erhob den Umschlagszoll als ausgesprochenen Wasserzoll, denn er gab gegen seine Entrichtung die Wasserstraße frei, die Stadt dagegen für die Erlaubnis, Waren ein- oder ausführen zu dürfen, wobei die Wasserstraße nicht anders behandelt wurde als die Landstraßen, die der Warenbeförderung dienten.

Die Frage, ob der städtische Zoll ähnlich ausgebildet worden sei wie der landesherrliche, wird bejaht werden dürfen. Geleitsgeld und Willegeld fielen freilich naturgemäß weg, aber das Bestehen eines besonderen Schiffszolles neben dem Warenzoll kann wenigstens in Hannover nachgewiesen werden; im übrigen sind die Nachrichten zu unbestimmt, um mehr darüber zu erkennen.

Wenn vorhin das Recht der Städte, einen Wasserzoll zu erheben, aus der Bedeutung des Marktzolles hergeleitet worden ist, so hätte es auch damit begründet werden können, daß die Städte doch den Wasserweg aus eigenen Mitteln zu unterhalten hatten. Doch scheint der städtische Wasserzoll nicht mit Rücksicht darauf erhoben worden zu sein, denn als Hannover den Schiffahrtsweg der Leine auf eigene Kosten wieder herstellte, verabredete es mit Bremen die Einrichtung einer Sonderabgabe über den gewöhnlichen Zoll, die ausdrücklich und allein zur Deckung der Ausgaben dienen sollte.

Neben den vom Landesherrn erhobenen und den städtischen Wasserzöllen sind endlich zu nennen die sogenannten Gebührenzölle, die bei der Durchfahrt durch Zugbrücken und Schleusenanlagen an deren Besitzer, also an Privatpersonen, als Entgelt für die Mühe des Durchschleusens und für die Kosten der Unterhaltung gezahlt werden mußten. Doch begegnen Zölle dieser Art selten, wahrscheinlich, weil die interessierten Städte, statt sie dauernd zu

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