Imágenes de páginas
PDF
EPUB

strömt, die vielfache Ueberbrückungen nothwendig machen und meist in der Waldregion ihren Ursprung aus Quellen, Madres del Agua oder Nacimientos genannt, nehmen. Zur heifsen Sommerszeit versiegen diese Bäche im unteren Theile ihres Laufes, so dass sie nicht bis zum Meere gelangen und man ihre Mündungen trockenen Fufses überschreiten kann; sie lassen auch wohl eine Reihe von Lachen und hie und da von tieferen Felsenkesseln (Chupaderos) zurück, in denen das befruchtende Nafs der Verdunstung trotzt. Diese Bäche werden durch ein überaus künstliches und bewundernswürdiges System von Wasserleitungen über Felder und Ackerland verbreitet, in Teichen gesammelt, und zur Berieselung der Culturen verwendet. Die Aquäducte (Tajeas) laufen meilenweit an den Flanken des Gebirges entlang, von einem Thal in's andere, wölben sich über Schluchten und durchbrechen in unterirdischen Gallerien ganze Berge; sie sind es auch, welche den Küstenstädten Trinkwasser, oft aus weiter Ferne, zuführen. Aufserdem sammelt man das Regenwasser in Cisternen oder Algiben. Fuertaventura und Lanzarote befriedigen ihren Trinkwasserbedarf fast nur auf diese Weise, da beide Inseln, sowie Hierro, Mangel an fliefsendem Wasser leiden. Dagegen gelten Gomera und Canaria für die wasserreichsten unter den Inseln. Mineralquellen sind zwar in einiger Anzahl vorhanden und die berühmteste derselben, die Fuente Santa auf Palma, wurde zu ihrer Zeit sogar von Badegästen aus Europa besucht; sie ward jedoch schon im 17ten Jahrhundert durch einen vulkanischen Ausbruch vernichtet. Jetzt werden zwar einige Quellen, z. B. die von Ucanca und der Sauerbrunnen von Teror, noch zum Trinken oder Baden benutzt, indefs ist keine mit Kurgebäuden oder sonstigen, den Gebrauch erleichternden und verschönernden Bequemlichkeiten versehen.

Der physiognomische Charakter der Landschaft, wie verschieden er sich auch innerhalb der Grenzen des Archipels darstellen möge, zeigt ein Bild jener gepriesenen Schönheit, welches die Reisenden in ihren Schilderungen nicht übertrieben, nur selten veranschaulicht haben. Er beruht auf einer der atlantischen Inselwelt eigenthümlichen, wunderbar gezackten Form der Bergkämme, auf dem Contraste pflanzenloser, rother und schwarzer Felsmassen mit der schwellenden Ueppigkeit einer subtropischen Vegetation, endlich auf dem feuchten Schmelz der immergrünen Lorbeerforsten. Die Durchsichtigkeit der gleichsam in Licht getauchten Atmosphäre, die Allgegenwart des Meeres und eine fast überall zerstreut auftretende ländliche Cultur vermischen, in ihren Eindrücken auf das Gemüth, die Erhabenheit der Elemente und den Frieden rein menschlicher Zustände mit der starren Gröfse der unorganischen Natur. Von dem Volksgewühl der Häfen, von den stillen Basaltgestaden, schweift das Auge hinauf zu dem allbe

herrschenden, erhabenen Pik mit seinem im Aether schwimmenden Gipfel, zu jenem Teyde, bei dem die Guanchen einst schworen, und wieder abwärts senkt sich der Blick zum Ocean, aus dem am Horizonte die violetten Umrisse irgend einer Nachbarinsel aufdämmern. Und in gröfserer Nähe trifft das Auge auf senkrecht ansteigende Ufer, die hie und da, von Coreichen oder blumenumkränzten Grotten unterbrochen, allmählich zurückweichen und den ersten Terrassen, auf denen der Anbau einen günstigen Boden fand, Raum gewähren. Dahinter ragen bald kahle, bald waldbedeckte, höhere Gebirgszüge empor, und zwischen diese drängen sich, von der Cumbre zum Meere niedersteigend, jene tiefen, das Land strahlenförmig durchfurchenden Thalschluchten der Barrancos, die mit ihren Bächen, Wasserfällen und Basaltwänden eine Haupterscheinung der canarischen Scenerie bilden, ja fast allein hinreichen würden, dieselbe zu charakterisiren. Um das Gemälde zu vervollständigen, denke man sich weifsschimmernde, in breiten Bändern vom Gebirge sich herabwindende Tuffablagerungen und mäandrisch gewundene Lavaströme hinzu, deren Lauf sich bis zu dem Aschenkegel, dem sie entströmten, verfolgen läfst. Dazu die einheimische Pflanzenwelt, unter der die Euphorbien, die Plocamen und Kleinien, an den Küsten entlang zwischen dem Gestein mit ihrem bleichen Grün hervorschauend, dominiren und dem anlangenden Fremdling schon von fern die ersten Eindrücke canarischer Vegetation darbieten u. s. w. Diese Reize seines Vaterlandes schildert der Geschichtsschreiber Viera mit folgenden Worten: Vögel, Blumen, Saatfelder, wohlriechende und heilkräftige Kräuter, welche das Meer auf zwei Meilen hinaus mit einer Atmosphäre von Duft schwängern, Alles trägt dazu bei, die Schönheit dieser Inseln zu vollenden."

Das Klima der Canaren entspricht seinem Rufe als eines der angenehmsten und gesündesten der Welt. Es kann, bei der Abwesenheit fast aller Schädlichkeiten, Brust- und Nervenleidenden nicht genug empfohlen werden. Ungeachtet der sehr südlichen Lage des Landes ist es eben so mild und gemässigt, als von den Extremen der Temperatur gleich weit entfernt. Während der warmen Jahreszeit kühlen Seewinde die Hitze so bedeutend ab, dafs man in der heifsesten Gegend des Archipels, auf Fuertaventura, während der Hundstage unendlich weniger als z. B. in Madrid von derselben zu leiden hat. Dagegen sind im Winter innerhalb der bewohnten Striche Schnee und Eis unbekannte Erscheinungen und das Thermometer sinkt nicht unter 15 bis 18° R. Die gelinde Wärme der Wintermonate macht jedwede Vorkehrung gegen die Kälte, sogar den Brasero des Mutterlandes, überflüssig. Schnee fällt nirgends unter 4000 Fufs Höhe und selbst da nur spärlich. Es ist die Region der Winterregen, in welcher die Inseln

liegen; aber diese atmosphärischen Niederschläge, weit entfernt, mit derselben Vehemenz wie zu anderer Jahreszeit unter den Tropen aufzutreten, fallen hier vom November bis zum März in linden Schauern, die Erde in frisches Grün kleidend und je nach ihrer Dauer und Reichhaltigkeit die Hoffnungen des Landmanns auf eine ergiebige Ernte entweder ermuthigend oder niederschlagend. Mit Eintritt des März steht der Frühling in vollem Flor; was aber der Frühling auf den canarischen Inseln" sagen will, mufs man selbst erlebt haben; Worte reichen nicht aus, den paradiesischen Zauber dieser Jahreszeit unter einem solchen Himmel zu schildern. Allerdings stellen, wie im Winter, so auch noch jetzt die rinnenden Barrancos dem Verkehr im Innern manche Schwierigkeit in den Weg, stürzen losgeweichte Felsblöcke donnernd in die Tiefe, und die Brisen, welche von nun an zu wehen beginnen, bringen noch manchen trüben, wolkigen Tag; aber man hält sie für nothwendig, um die Ueberfülle der Blüthen von den Obstbäumen abzustreifen. Vom April an, wo die Bäume längst vollkommen belaubt dastehen und die Ernte der Cerealien in der Küstenregion stattfindet, herrscht den Sommer und Herbst durch eine grofse Trockenheit und eine in ihrer Unwandelbarkeit fast ermüdende Heiterkeit der Atmosphäre. Während dieser Zeit wehen die Nordostwinde bis zum August mit ziemlicher Regelmässigkeit; gewöhnlich erheben sie sich Vormittags zwischen 10 und 11 Uhr und halten bis 5 oder 6 Uhr Abends an. Sie werden darauf vom Landwind (Tiempo de arriba, im Gegensatz zum Seewind: Tiempo de abajo) abgelöst, und dieser pflegt bis zu den späteren Morgenstunden seine Herrschaft zu behaupten. Diese Winde sind eine grofse Wohlthat, indem sie zugleich die Luft reinigen und die angenehmste Frische überall verbreiten. Die Ostwinde, welchen im Juni und Juli entgegengesehen wird, führen zeitweise trüben, bedeckten Himmel mit sich und rauben der Atmosphäre vorübergehend die wundervolle Klarheit und Durchsichtigkeit, welche sie sonst auszeichnet. Ihre Dauer erstreckt sich indefs selten auf mehrere einander folgende Tage. Als die heifsesten Monate gelten nicht Juli und August, sondern September und October, in denen sich deshalb auch, bei 26 bis 31° R., die Bevölkerung der Städte am eifrigsten dem Vergnügen der Seebäder hingiebt. Während dieser Zeit, ja schon vom Juni an, ist der Grasteppich und mit ihm die gesammte krautartige Vegetation verdorrt und blumenleer; es würde ein Bild des nordischen Winters darstellen, ständen nicht viele Bäume mit abfallenden Blättern noch belaubt da. Zuletzt lassen auch diese ihren Blätterschmuck fallen und nun ist, mit geringen Ausnahmen, die Pflanzenwelt in einen Schlaf gesunken, aus welchem sie erst der unter dem Einfluss der Nordwinde statthabende Beginn der Winterregen wieder erwecken wird. Um

:

diese Zeit bietet die Landschaft, wie lebhaft und strahlend immerhin die Fülle des sie umfliefsenden Lichtes sein mag, ein trauriges Bild dar. Nur wo künstliche Bewässerung möglich, hat sich noch Grün erhalten alles Andere ist erdgrau, fahl, staubig geworden. Dies ist die Epoche, in der die gefürchteten Levantewinde erscheinen, obwohl sie sich auch früher einstellen können und in diesem Falle noch mehr schaden. Es sind dies Südostwinde, die, von der Wüste herüberwehend, auf dem Wege über die schmalen Meeresarme nicht Zeit gehabt haben, sich abzukühlen. Wenn sie auch keine Sandwolken mit sich zu führen pflegen, ist ihre Wirkung auf den Menschen, sowie auf die Thierund Pflanzenwelt doch gleich lähmend und verderblich. Die Luft wird drückend schwül, im Freien fast irrespirabel, und hüllt selbst die nächsten Gegenstände in undurchsichtige Schleier. Wie ein strahlenloser Feuerball schwimmt die Sonne in dicken Nebeln. Die Hitze ist so gluthhauchend, dafs junge zarte Pflanzentriebe, wie von Nachtfrösten, schwarzgesengt werden. Die vierfüfsigen Thiere und die Vögel suchen sich zu verbergen. Der Mensch verschliefst sich in seine Wohnungen; man besprengt den Estrich mit Wasser und vermag doch weder die gereizten Nerven zu beruhigen, noch die Erquickung des nächtlichen Schlummers zu finden; dabei entzünden sich die Augen und die Haut der Lippen springt auf und blättert ab '). Merkwürdig ist, dafs dieser Gluthwind sich in dem sonst kühleren oberen Lande mit noch grösserer Intensität als in dem an sich heifseren Littoral geltend macht. Dauert er an, was zum Glück sehr selten ist, so pflegt er Wassermangel und Heuschrecken in seinem Gefolge zu haben. Diese letzteren, Landplage, der die östlichen Inseln mehr als die übrigen ausgesetzt sind, werden auf den Fittichen des Levantewindes in dichten Schwärmen von Afrika her herübergetrieben. Die Mehrzahl derselben verschlingt allerdings das Meer, es gelangen aber noch genug der gefrässigen Insecten an das Ziel ihrer Reise, um in Feldern und Pflanzungen die gröfsten Verwüstungen anzurichten. So war das Jahr 1812 für Fuertaventura ein Heuschreckenjahr, in welchem diese Thiere die Ebenen der Ostküste in so unglaublicher Menge bedeckten, dass sie an einigen Stellen eine 4 Fufs hohe Masse bildeten. Die gröfste Hitze, deren man sich auf den Canaren erinnert, war die des 26. Juli 1704. Dieselbe war so aufserordentlich, dass das Harz des Fichtenholzes an Gebäuden, Thüren, Wasserleitungen u. s. w. zu schmelzen begann, ja, der Tradition zufolge, soll sich sogar auf Teneriffa eine Weinkelter von selbst entzündet haben. Gerade die Treue indefs, mit der das Andenken an dergleichen Naturereignisse bewahrt wird, legt

1) Viera nennt den Levante den grausamsten Feind der Canaren.

eine

Zeugnifs ab für deren ungemeine Seltenheit. In der Regel endet die Trockenheit des Jahres Anfangs November, seltener schon im October; dann führen Nord-, Nordost- und Nordwestwinde, falls ihre Wirksamkeit nicht um jene Zeit von Südwinden paralysirt wird, den erwünschten Regen mit sich. Lanzarote und Fuertaventura werden bisweilen von durchaus regenlosen Jahren heimgesucht, die unfehlbar Hungersnoth und grenzenloses Elend aller Art in ihrem Gefolge haben; doch litten diese Inseln in der Neuzeit seit einer Reihe von Jahren nicht mehr unter dieser Calamität. Gewitter (Truenos) gehören zu den grofsen Seltenheiten und werden fast eben so sehr wie Erdbeben gefürchtet; wenn sie aber heraufziehen, so geschieht dies im Winter, nie im Sommer. Die Wintermonate hindurch liegen der Pico de Teyde und die hohe Cumbre Palma's, seltener die Berge Canaria's, unter einer tiefen Schneedecke begraben. Orkane und Wolkenbrüche kommen auf den Canaren höchst selten und nur nach langen Zwischenräumen, öfters von einem Jahrhundert, vor. Ein solcher wüthete am 25. October 1722; ein nicht minder heftiger, mit entsetzlichen Verwüstungen verbundener im Jahre 1826, bei welchem Letzteren allein in Canaria 253 Menschen und 1176 Stück Vieh um's Leben kamen und 651 Häuser vom Wasser fortgespült wurden.

Was bisher über das Klima bemerkt wurde, gilt, wie bei der Höhe des Landes selbstverständlich, vorzugsweise für die untere Zone, als die am dichtesten bevölkerte und angebaute und die meisten Städte und Ortschaften umschliefsende. Ihr haben Webb und Berthelot den Namen des ersten Klima's beigelegt. Sie hat die meiste Analogie mit den Temperaturverhältnissen des südlichen Mauritaniens und umfasst die Gegenden vom Meere an bis gegen 2500 Fufs aufwärts, also die ganze breite Basis des Archipels. Was höher hinauf liegt, bis 4500 oder 5000 Fufs, gehört dem zweiten Klima, der Zone der immergrünen Waldungen, an und ist während eines grofsen Theiles des Jahres in Wolken und Nebel gehüllt und von diesen in eine bewunderswürdige Frische getaucht. Hier ist die Wärme des Sommers sehr gemässigt, während andererseits die Wintertemperatur noch nicht auf Null herabsinkt, obwohl an der oberen Grenzscheide leichte Reife vorkommen. Dies ist das für die Vegetation förderlichste und im Sommer angenehmste Klima. Eine dritte Zone bildet die Hochregion; sie liegt grofsentheils über den Wolken erhaben und enthält, ihrer durchweg vulkanischen, sehr sterilen Beschaffenheit wegen, keine bleibenden Niederlassungen mehr. Sie zeichnet sich durch Dürre und einen zwar kurzen, aber drückend heifsen Sommer mit kühlen Nächten aus, dem ein lange andauernder, schneereicher Winter folgt. Zu letzterer Region erheben sich nur die drei höchsten Inseln: Teneriffa, Palma und

« AnteriorContinuar »