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dorra. So verlängerte er selbst den Todeskampf des Guanchenvolkes. Nachdem die Sieger, neun Tage lang das Schlachtfeld behauptend, ihre Wunden verbunden und ihre Todten bestattet hatten, zogen sie sich in die Winterquartiere des Lagers von Sta. Cruz zurück.

Erst im Mai des folgenden Jahres, 1496, führte Lugo seine ganze Macht über das Gebirge von Esperanza, das ihn einst als Flüchtling gesehen und ihn jetzt siegesgewifs einherziehen sah. Weit und breit waren die Abhänge mit den Gerippen der der Modorra erlegenen Insulaner, deren Fleisch ihre eignen, jetzt herrenlos umherschweifenden Hunde abgenagt hatten, übersäet. Der Weg ging durch Acentejo; zum erstenmale betrat der Fufs der Conquistadoren das Eden von Taoro. Auch hier fand man ringsum, statt des erwarteten Widerstandes, nur das Schweigen des Todes. Bencomo war aus seinem Hoflager entflohen; er hatte sich mit dem Ueberreste seines Stammes und mit den verbündeten Königen auf die Höhe der Ladera von Tigayga zurückgezogen, die von den Cañadas des Piks herablaufend, als eine lange, fast unersteigliche Mauer, das Thal von Orotava nach Westen hin begrenzt. Den Spaniern blieb volle Mufse, nachdem sie so weit vorgedrungen, als die Natur der Gegend ihnen erlaubte, sich am Fusse eben dieses Berges zu verschanzen. Nicht früher als am 24. Juli, stiegen die Guanchen endlich wieder vom Gebirge herab und postirten sich, nur zwei Büchsenschüsse unterhalb des Christenlagers, an einem durch eine wenig tiefe Schlucht von jenem getrennten Orte. Zwei Städtchen, das obere und untere Realejo (Realejo de arriba und de abajo) bezeichnen noch heut genau die Stelle dieser beiden Positionen. Die Schwüle des Hochsommers lag drückend über den Menschenmassen, die durch den Ehrgeiz der Machthaber in diesen kleinen Raum am Fufs des Teyde zusammengepfercht, des Aeufsersten gewärtig, einander gegenüber standen. Von Stunde zu Stunde harrten die Conquistadoren des Angriffs. Die Guanchenfürsten rangen, noch unschlüssig, mit der Agonie der schwersten Entschliefsungen. Wie sehr sie auch Ursache hatten, am Vaterlande zu verzweifeln, es fiel ihnen darum nicht minder schwer, die Ihrigen einem gewissen Untergange zu überliefern, oder freiwillig das Todesurtheil ihrer Nationalität zu unterschreiben. Niemals hatten sie recht begreifen können, was denn diese Europäer eigentlich in die Waldwüsten ihrer von der Welt abgeschiedenen Insel geführt habe; was diese Civilisatoren denn veranlasse, ihren Frieden zu stören, sie und ihre Kinder zu erschlagen oder als Sclaven fortzuschleppen. Es ist schwer nachzufühlen, welche Gedanken Bencomo an jenem Tage in seinem erhabenen Geiste erwogen; wir wissen nur, dafs, als er mit seinen Mitkönigen den letzten

Tagoror hielt, sein stolzer Sinn gebrochen war und er für die Unterwerfung stimmte.

In Folge dessen wurden Abgeordnete an den General gesandt: sie brachten Bedingungen zurück, die von den uns bekannten, bei der ersten Zusammenkunft unfern Laguna gestellten, nicht wesentlich verschieden waren. Quebehi Bencomo, Beneharo, Acaymo, Tegueste und Zebensui ergaben sich in das Unvermeidliche; mit Zustimmung der Mehrzahl der Ihrigen kapitulirten sie. Am 25. Juli 1496 überschritten die Menceys waffenlos, mit Thränen in den Augen, jenen kleinen Barranco, der für sie ein Rubicon zwischen Dienstbarkeit und Herrschaft, sie allein von dem Conquistador trennte; sie überlieferten sich ihm freiwillig. Eine gewaltige Periode in der Geschichte der Canaren schliefst mit dieser Stunde, welche, auf der letztgewonnenen und letztverlorenen Insel, für ein edles Volk die letzte der Freiheit war.

Nur als ein leichtes Nachspiel des eigentlichen Unabhängigkeitskrieges, erscheint die Unterjochung der südlichen Guanchenstaaten: Icod, Daute, Adeje und Abona, die bisher dem Kampfe unthätig zugeschaut hatten. Sie erfolgte in nicht ganz zwei Monaten. Am 29. September kamen die Menceys Pelicar, Romen, Pelinor und Adjoña, im Lager von Realejo Lugo den Huldigungseid zu leisten.

So schlofs die Conquista, nachdem sie von Jean Bethencourt an 94, von Rejon an gerechnet, 18 Jahre gedauert. Die zunächst auf sie folgende Epoche zeigt uns ein doppeltes Bild: einerseits das melancholische einer schuldlos dem Untergang verfallenen Nationalität, andererseits das erfreuliche eines lustig emporblühenden, neuen Gemeinwesens. Alonso Lugo ward erster Adelantado von Teneriffa und verwaltete dies Amt bis an sein Lebensende. Er gründete, an den lorbeerbeschatteten Ufern des See's Aguere, San Christoval de la Laguna, fortan die Hauptstadt der Insel. Die Capitulation mit den Guanchenhäuptern, wenn sie auch nicht ganz gebrochen ward, hielt er schlecht. Alle Ländereien wurden unter die Conquistadoren vertheilt, ohne dafs man auf die Ansprüche ihrer rechtmässigen Besitzer Rücksicht genommen hätte. Vergebens hatten die Menceys sich, nebst ihren Unterthanen, taufen lassen; allerdings waren sie anfangs mit Schonung und Freundlichkeit behandelt worden, aber, unter den in Teneriffa mit Landbesitz Neubegabten, finden wir wohl Fernando Guanarteme, der einst Tenesor Semidan geheifsen, dagegen, mit Sicherheit, nicht Einen von ihnen erwähnt. Selbst Añaterve von Guimar, der doch den Spaniern zu Liebe zum Verräther am Vaterlande geworden, starb in Armuth und Dunkelheit. Härter noch war das Loos der von Lugo, als Trophäen seines Sieges, an den Hof des katholischen Königspaares geführten Fürsten: am härtesten das des ehrwürdigen Bencomo. Er,

der Urenkel Tinerfe's, der Sohn Imobach's, so lange der „grofse König“ von Taoro, ward, nachdem die Schaulust der Spanier sich an ihm satt gesehen, wie ein staunenswerthes Monstrum, nach einander dem Papste es war Alexander VI. Borgia und den Dogen von Genua und Venedig vorgeführt. In einem vergessnen Winkel der Lagunenstadt hat er geendet.

Von nun an sind die Annalen der Canaren nur noch die Chronik einer Provinz, welche willenlos den Schicksalen der spanischen Monarchie folgt. Der Raum, den diese Blätter gewähren, erlaubt uns nicht, sie in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen; nur wenige Momente kurz hervorzuheben, möge uns noch gestattet sein. Die Zeit verflofs dem Archipele, bald im glücklichen Genufs einer gewissen municipalen Selbstständigkeit, bald unter schlimmen Vögten. Man erschrickt, den Schatten des Despoten Philipp II. auf dem schönen Insellande zu erblicken; jene Berge, die bisher nur der Flammenschein der Vulkane oder des gerodeten Waldes beleuchtet, von den schauerlicheren Feuern der von diesem Fanatiker angezündeten Scheiterhaufen roth gefärbt zu sehen. Nur allzu oft, wenn Spanien unangreifbar schien, rächten sich seine zahlreichen Feinde, zugleich die des Katholicismus, an den fast wehrlosen Küsten der insularen Provinz. Diese fürchtete die Schiffe der „Lutheraner", wie man sie nannte, obwohl sie reformirten Glaubens waren, kaum minder als die Flotten der sie heimsuchenden Barbaresken. Der holländische Admiral van der Does bombardirte und verbrannte im Jahre 1599 die Ciudad de las Palmas, aber der Versuch einer Eroberung Gran-Canaria's misslang ihm. Die Hugonotten, die Engländer machten sich furchtbar. Der Name Cromwells, in Caramuel verstümmelt, schreckte die sieben Inseln; unter ihm verbrannte der Admiral Blake, 1657, die heimkehrende Silberflotte im Hafen von Sta. Cruz de Tenerife. Nichts desto weniger entfaltete das mit unerschöpflicher Fruchtbarkeit gesegnete Land damals einen fabelhaften Reichthum. Hundert Jahre nach der Conquista, soll es in Teneriffa Majorate gegeben haben, welche bis 250,000 Ducaten jährlich einbrachten. Anfangs war es der Ertrag der Zuckerplantagen, später Kornerndten und Weinlesen, aus denen solche Summen flossen. Schon zu Shakespeare's Zeit gehörten die canarischen Weine zu den unentbehrlichsten Wollüsten Englands.

Nach dem Aussterben des in Spanien herrschenden älteren Zweiges des Hauses Habsburg, mit Carl II., waren die Canaren unter den Ersten, welche den Bourbons zufielen. Die letzte Invasion der Barbaresken fand 1749 in Lanzarote statt. Napoleons Heere haben die Inseln nicht betreten; sie wurden, so lange König Joseph in Madrid regierte, von einer hauptsächlich aus Priestern zusammengesetzten Junta verwaltet.

Der Anfang des 18ten Jahrhunderts hatte die guanchische Sprache, in den Thälern Guimar's, wo sie ihren letzten Zufluchtsort gefunden, unbeachtet, und noch ehe die Wissenschaft auf sie aufmerksam geworden, erlöschen sehen.

(Fortsetzung folgt.)

IX.

Aufnahme und Erforschung des Stromlaufes des
Rio São Francisco in Brasilien.

Mitgetheilt vom Oberlieutenant Woldemar Schultz in Dresden.
Mit einem Nachtrage vom Prof. Dr. Kiepert.

(Hierzu eine Karte, Tafel II.)

Die brasilianische Regierung, welche in den letzten Jahren viel zur Verbindung der Küstenpunkte des Reiches, in ihrer ganzen Ausdehnung, durch die Errichtung regelmässiger Küstendampfschifffahrten gethan, hat in neuerer Zeit ihr Augenmerk den grofsen Wasserstrassen des Binnenlandes zugewandt. Einzelne derselben sind erforscht und aufgenommen; da, wo der Schifffahrt leicht zu beseitigende Hindernisse in den Weg traten, diese weggeräumt worden; Dampfschiffe verbinden heute deren Uferpunkte und vermitteln den Verkehr. Im Norden auf dem Amazonenstrom, dem Rio dos Tocantins, dem Rio Doce, im Süden auf dem Jacuhy und dem Oberlaufe des Uruguay.

Zu den neuerdings aufgenommenen Stromläufen gehört auch der Rio S. Francisco. Aus dem Centrum des Alpenlandes der Provinz Minas Geraes trägt er seine Gewässer dem Becken des atlantischen Oceans zu, ein Wegweiser durch das Gewirr von Gebirgen, die in ihrer Richtung als Parallelzüge der Küste des grofsen Südcontinentes folgen und gleich einer Mauer das Binnenland verschliefsen. An den Abhängen des Querjoches der Serra de Canastra sammelt der Franciscostrom seine Quellwässer und durchzieht im nördlichen Laufe eines jener Riesenthäler, die in ihrer Längenausdehnung den grofsartigen Raumverhältnissen der neuen Welt entsprechen. Die Grenzen des Stromgebietes werden somit gebildet von Parallelketten von Gebirgen, die dem Stromlaufe östlich und westlich in einer Entfernung von ungefähr 25 Legoas (21 Meilen) folgen, im Norden aber das grofse Stromthal verengend, näher an einander treten.

Die östliche dieser Gebirgsketten führt von Süden nach Norden

folgende Namen: Serra da Lappa oder Itambe, S. Branca, S. das Almas, S. Chapada, S. Tiuba und endigt nahe der Strommündung mit der Serra Trabang; die westliche: Serra Marcella, S. dos Cristaes, S. Araras, S. Tabatinga, S. Gurgea, S. Piauhy, S. dois Irmãos, S. Vermelha, S. Cayriris tritt mit der Serra Jabitaca ans Meer. Von den Abfällen jener beiden Wasserscheiden fliefsen dem Bette des Stromes zahlreiche Wasserläufe zu. So durchzieht derselbe in seinem 382 Legoas (320 deutsche Meilen) langen Laufe die Provinz Minas Geraes und bildet einen Theil der Grenze einmal zwischen den Provinzen Bahia und Pernambuco, dann zwischen Sergipe und Alagoas. Um ein Drittel grösser als unser deutscher Rhein, verdient der Rio São Francisco unter den bedeutendsten Strömen Südamerikas genannt zu werden.

Dem Relatorio, welches die trefflichen graphischen Arbeiten der detaillirten Flussaufnahme begleitet, die im Auftrage der kaiserlich brasilianischen Regierung in den Jahren 1852, 53 und 54 vom Ingenieur Halfeld unternommen und ausgeführt wurde, entnehmen wir auszugsweise Nachstehendes:

Die Schifffahrt wird mit Fahrzeugen von verschiedener Grösse auf dem Strome betrieben.

1) Canôas von 100 Palmen ') Länge und 5 Palmen Breite, gewöhnlich aus einem Stamme gearbeitet. Die hierzu verwendbaren Hölzer liefern die üppigen Wälder, die das Ufer des Stromes besäumen, in reicher Zahl und vorzüglicher Güte, als: Tamboril, Vinhatico, Paróba, zähe und leicht, und Gequitibá.

2) Ajoyos (Maschinen) von zwei oder drei vereinigten Canôas mit Brettern überdeckt.

3) Barken von 60-105 Palmen Länge und 12-16 Palmen Breite mit 34-6 Palmen Tiefgang.

Die Ersteren benutzen selten die Segel, da auf dem Oberlaufe während des gröfseren Theiles des Jahres widrige und heftige Winde wehen, während die Barken, die zumeist zwischen Paranhas und der Mündung in Gebrauch, beinahe beständig von SW. und NO. Winden begünstigt, die Segel im Gebrauch haben.

Die Ladung wird nach Rapaduras, einem Gewicht von 4-5 Pfund berechnet. Um ein Beispiel von der Tragfähigkeit der grösseren Fahrzeuge zu geben, sei angeführt, dafs es dergleichen giebt, die, aufser der Mannschaft und dem Vorrath an Nahrungsmitteln für diese, 12,000 Rapaduras, also 60,000 Pfund = 600 Zoll Centner laden.

Die Schiffer theilen den Strom nach Travessien von circa 30 Legoas Länge ein und accordiren von Strecke zu Strecke.

1) 3 Palmen = 2 Fufs; 1 Palmo 0,222 Meter 8 Pollegadas oder Zoll.

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