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den Stuhl festgebunden und unter denselben wird ein Körbchen mit gekochtem Reis gestellt. In dieser Form bleibt der Stuhl mit der Leiche so lange stehen, bis sie zur Ruhestätte gebracht werden soll. Inzwischen erheben der Gatte, die Kinder und nächsten Blutsverwandten ein schreckliches, von herzzerreissenden Gebehrden begleitetes Geschrei. Ist die Zeit des Begräbnisses da, dann werden dem Wittwer von einer alten Frau einige Tücher über den Kopf gehangen, und in dieser Trauerkleidung wird er zu der Leiche geführt. Nachdem er derselben ein Stückchen Pinang gegeben und ihr Glück und Segen gewünscht hat, wird er mit Gewalt hinweggezogen und durch die alte Frau hinaus und unter das Haus gebracht, wo er sich mit den Füssen in Reis niedersetzen mufs, um hier zu trauern und zu weinen. Nachdem auch die Kinder mit Gewalt von der Leiche fortgerissen und in das Haus gebracht sind, welches fortan von ihrem Geschrei und Geheul wieder- .. schallt, erzählen die Priester von den Voreltern der Verstorbenen. Sodann wird das Geschlechtsregister der Verstorbenen bis zu EmpongLumimu-ut hergezählt und die Ahnen werden angefleht, diese Seele in ihre Gesellschaft aufnehmen zu wollen, damit sie in der Wüste nicht allein umherirre. Einer der Priester nimmt hierauf ein Stückchen Pinang, und dasselbe murmelnd fortwerfend, jagt er damit die abgeschiedene Seele aus ihrer Gesellschaft, während er mit dem Schwerdte in der Hand droht, sie ermorden zu wollen, wenn sie wieder zurückkäme. Der Aufenthaltsort der Seelen ist nach dem Volksglauben das Gebirge Sinajowan. Nach diesen Ceremonien wird der Stuhl mit der Leiche unter dem furchtbarsten Geschrei aus dem Hause gebracht und auf eine grofse Tragbahre gesetzt; die Kinder und einige der Blutsverwandten stellen sich auch wohl auf dieselbe rings um die Leiche, und wehklagen weinend und heulend über den grofsen Verlust, der sie betroffen, während die Leiche unter dem fürchterlichsten Geschrei und fortwährendem Ausstreuen von Reis zu Grabe getragen wird. Dort angekommen wird die Leiche, nachdem ihr die Zierrathe und Schmucksachen abgenommen worden sind, durch zwei Personen in einen grofsen, viereckigen, ausgehöhlten Stein gelegt. Zum Gebrauch für die Todte werden zugleich einige Schüsseln, eine Kruke mit Palmwein, ein Topf mit Kaffee und Zucker, sowie auch ein Päckchen mit Kleidungsstücken, Leinwand, einer Scheere, Nadeln, Zwirn u. s. w. niedergelegt. Durch die Familie wird alsdann ein Stück rothes Tuch über die Oeffnung des Steines gebreitet, und dieser Steinsarg durch einen nach oben spitz zulaufenden Deckel geschlossen, auf welchem gewöhnlich einige Figuren ausgehauen sind. In einen solchen Stein kommen oft drei, vier bis fünf Leichen; ist derselbe gefüllt, so wird er wieder geleert; die früheren Leichen aber werden, in Gemutu gewickelt, neben dem Steine begraben. Der

Begräbnissplatz wird noch einige Tage mit den Schmucksachen verziert. Während der ersten fünf Tage mufs ein Licht neben dem Grabe brennen und durch einige Menschen bewacht werden. Während der Zeit, wo die Leiche zur Ruhe gebracht wird, führt die mehrfach erwähnte alte Frau den Wittwer auf sein Zimmer, das er jedoch vor der von ihm bestimmten Zeit, es sei fünf, sieben, neun oder elf Tage, nicht verlassen darf. Auch darf er während dieser Zeit nichts von der Nahrung geniessen, welche im Sterbehause zubereitet worden ist, weil dieses den Antheil der Verstorbenen vorstellt; Niemand darf sich ihm nähern, bevor nicht der Kommende seine Hände gewaschen hat, oder mit Wasser besprengt worden ist, weil derselbe etwas von der im Sterbehause bereiteten Nahrung genossen oder berührt haben könnte, der Wittwer aber dadurch verunreinigt und die Krankheit der Verstorbenen auch über ihn gebracht werden könnte. Die Familie, die Priester und die Häupter der Negorie essen während der ersten Tage nach dem Begräbniss im Sterbehause, und am dritten Tage hält beinahe die ganze Negorie für ihre gehabte Mühe dort den Todtenschmaus. Wenn der Wittwer seine grofsen Trauertage auf neun Tage bestimmt hat, dann wird am achten Tage durch die Familie und die Bekannten der „Menggolong“, d. i. der Trauertanz, gehalten. Zu diesem Zwecke werden einige Fruchtbäume entwurzelt und vor das Trauerhaus gepflanzt. Ueber den Ursprung dieses Trauertanzes erzählt man Folgendes: Vor einer Reihe von Jahren war einer ihrer Vorväter, nachdem er bereits einige Tage in dem Steine beigesetzt worden war, wieder zum Leben erwacht. Die Ursache seiner Wiederkehr war aber die, dafs seine Familie keinen Trauertanz nach seinem Begräbniss gehalten hatte, sowie dieses im Reiche der Geister beim Absterben stattfindet. Nachdem der Scheintodte sie nun damit bekannt gemacht hatte, wollte man sogleich den Menggolong aufführen, er widersetzte sich dem aber, indem er sagte: „Das Leben ist zu süfs, wartet, bis ich wieder gestorben sein werde.“ Sein wirklicher Tod trat aber erst nach drei Jahren ein, und seit dieser Zeit ist der Trauertanz bei den Alfuren gebräuchlich. Am Abend dieses Tages wird der Wittwer, dessen Haupt mit Tüchern umhangen ist, durch die mehrfach erwähnte alte Frau aus dem Hause nach dem Orte, wo die Heirathen geschlossen zu werden pflegen, geführt, um sich feierlich von seiner verstorbenen Frau zu scheiden. Die Kinder und Blutsverwandten folgen und machen die Luft von ihrem Geschrei wiederballen. Am genannten Orte angekommen, bittet die alte Frau, nachdem sie sich die Hände gewaschen hat, den Geist der Verstorbenen, er möge sich entfernen und nimmer wiederkehren, um nicht den Wittwer und die Kinder zu plagen und zu beschämen. Hierauf kehrt der ganze Zug mit der gröfsten Ruhe wieder nach Hause zurück.

Am folgenden Tage werden diese Feierlichkeiten wiederholt; man geht aber nicht wieder an denselben, sondern an einen anderen geheiligten Ort. Hier nimmt der Priester ein Stückchen Pinang, schneidet es durch und überreicht dem Wittwer die eine Hälfte, während er die andere mit der bereits erwähnten Bitte gleichgültig fortwirft. Am darauf folgenden Tage geht der ganze Zug in den Garten des Wittwers, wo die Familie einige Gemüse und Früchte pflückt, um diese nach dem Begräbnisplatze zu tragen, weil dieses den Antheil der Verstorbenen vorstellt. Ueber den Grabstein wird später ein kleines Häuschen gebaut und in dasselbe ein Tisch mit einigen Tellern, Gläsern und anderen Bedürfnissen gesetzt, damit die Verstorbene nach Gefallen darüber verfügen könne. Der Wittwer, die Schwiegerkinder, die Brüder, sowie Onkel und Tante des lebenden Gatten dürfen das Grab nie besuchen; die Kinder aber, sowie die übrige Familie können dort nach Belieben verweilen.

VI. Eidschwüre und einige abergläubische Gebräuche.

Bei kleinen Uneinigkeiten erhebt der Alfure sogleich seine Hände und bittet den Empong, denjenigen mit bösartigen Geschwüren, ja selbst mit dem Tode strafen zu wollen, welcher die Unwahrheit gesprochen und sich eines Betruges schuldig gemacht habe.

Bei belangreichen Streitigkeiten aber wird ein Priester gerufen, der eine Lanze und ein kleines Schwerdt kreuzweise in die Erde steckt. Nachdem er ein geladenes Gewehr quer vor diese Waffen niedergelegt und alle Namen der Götter genannt hat, giebt er den Streitenden zu erkennen, dafs derjenige, welcher lügt und betrügt, gestraft und platzen werde, und dafs der böse Gott ihn so tief schneiden und stechen werde, als diese Lanze und dieses Schwert in die Erde gesteckt seien. Nachdem das Gewehr abgeschossen ist, müssen die streitenden Personen dreimal über die gekreuzten Waffen hinwegschreiten. Hiermit ist der Eid abgelegt. Diese Ceremonie findet jedoch nur sehr selten

statt.

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Bei einer anderen Streitigkeit wird durch die Wasserprobe entschieden. Hierzu wird wieder ein Priester gerufen. Derselbe nimmt ein Stück Gaba-gaba (einen Zweig vom Areng -Baum) und einen Stein, nennt alle Namen der Götter und spricht zu den Streitenden: Auf wessen Seite das Unrecht ist, der wird, wenn er in und unter das Wasser geht, eben so schnell, wie dieses Stück Gaba-gaba, wieder nach oben kommen, weil das Wasser in seine Nase und in seine Ohren dringen wird; aber derjenige, welcher Recht hat, wird gleich wie dieser Stein ohne Gefahr unter dem Wasser bleiben können." Nachdem er nun bis neun gezählt hat, wirft der Priester die genannten Gegenstände in

den Flufs, und zugleich eilen die Streitenden in das Wasser; derjenige von ihnen aber, welcher zuerst wieder heraufkommt, hat Unrecht.

Wie weit der Aberglaube der Alfuren geht, zeigen noch folgende Beispiele. Der Alfure wird nie Gärten anlegen, Häuser bauen, oder auf Reisen gehen, bevor er nicht einen gewissen Vogel auf eine ihm Glück verkündende Weise hat schreien hören. Wenn er auf der Reise, oder nach dem Garten gehend, eine Schlange sieht, ohne dieselbe tödten zu können, oder den Vogel durch sein Geschrei Unglück verkünden hört (hört er nämlich den Vogel zu seiner Rechten schreien, dann verkündigt er ihm Glück, von der linken Seite her aber das Gegentheil), dann mufs er, wenngleich er seinem Bestimmungsorte schon nahe ist, wieder zurückkehren und darf erst am folgenden Tage seine Reise wieder antreten; aber in den Garten darf er erst nach drei Tagen wieder gehen. Wenn er eine Schlange in seinem Garten sieht, ohne sie tödten zu können, so darf er von der ganzen Erndte dieses Jahres nichts geniefsen, sondern mufs dieselbe vertauschen oder verkaufen. Bei Sterbefällen wird Niemand in den Garten gehen, aus Furcht, dafs die Pflanzung verderben, oder dafs er mit derselben Krankheit heimgesucht werden könne, die der Verstorbene gehabt hatte. Wird der Alfure vom Fieber befallen, so versteckt er sich, damit derjenige, welcher es ihm angethan, sei es der böse Geist, oder eine abgeschiedene Seele aus seiner Familie, ihn nicht finden könne.

Diese Mittheilungen dürften hinreichend sein, um von dem Glauben der Alfuren eine Vorstellung zu gewinnen. Es ist klar, dass durch diese Gebräuche das Seelenheil der Leute nicht gefördert wird, und dafs sie zugleich der Bildung des Volkes grofse Hindernisse in den Weg legen. Wie viel kostbare Zeit wird nicht durch die mannichfachen Opfer nutzlos verschwendet! Zugleich wird das geringe Eigenthum, wofür sie sich viele Jahre gequält haben, dadurch verzehrt und der Opfernde in Schulden gestürzt.

In den Monaten December und Januar 1848 1849 wurden in der Negorie Tomohon, die ungefähr 600 Familien zählt, 124 PrivatOpfer gebracht, deren Kosten sich auf circa 20,000 holländische Gulden belaufen haben. Jedoch werden selten so viele Opfer in so kurzer Zeit gebracht, und nirgends ist dieser Gebrauch so häufig als gerade an diesem Orte.

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IV.

Der Aufschwung der französischen Colonien in Algerien und am Senegal in Bezug auf ihre Beziehungen zum Innern Nord-West-Afrika's.

Von Dr. Heinrich Barth.

Von dem grofsen Rückschlag, der Algerien in Folge der Revolution von 1848 betroffen, hat die Colonie in den letzten Jahren angefangen, sich vollkommen zu erholen und die letzte Zählung vom 30. Juni 1860 ergab die Summe von 208,476 Köpfen der europäischen Bevölkerung, mit einem Zuwachs im letzten Halbjahr von 5980. Bei diesem Zuwachs ist das Bedeutungsvolle und ein Umstand, der wenigstens mässige Hoffnungen für die Colonie begründet, dafs von diesen 5980 die Summe von 1295 ein Zuwachs durch Geburt im Lande ist. Man sieht also, dafs die Grundlage eines, wenn auch schwachen, so doch stätigen Fortschrittes durch eigene Kräfte gewonnen ist und dafs der gröfsere Zuwachs sich nicht etwa allein an den durch die grofsen Eisenbahn - Unternehmungen hervorgerufenen, vorläufig nur ganz imaginären Aufschwung der Colonie anlehnt. Zwar ist die LandbauBevölkerung in dieser, an industriellen Beziehungen sonst baaren Colonie immer noch schwach, aber auch sie nimmt doch stetig zu und belief sich nach obiger Zählung auf 53,194. Von den erst in Angriff genommenen Eisenbahnen wollen wir nicht reden, wir wollen nur das andere grofsartige Geschenk kurz erwähnen, womit europäische Civilisation den Südosten Algeriens ausgestattet hat, nämlich die auf die Zahl 50 vermehrten artesischen Brunnen der Provinz Constantine, die zusammen das erstaunliche Quantum von 36,421 Litres Wasser per Minute liefern, so dafs die bestimmte Aussicht vorhanden ist, dass wenigstens alle jene Strecken dieser Zone, die einst künstlichem Anbau offen standen, ihm allmählich wieder zurückgegeben werden.

Wie nun so diese Colonie am Nordgestade Afrika's, die durch ihre Lage am Mittelmeer Frankreich gegenüber für dieses auf grofse Macht nach Aufsen bestrebte Land eine so gewichtige politische Bedeutung hat, allmählich in eine gesundere Fortentwickelung einzutreten scheint, schwingt sich auch die Colonie der Franzosen am Senegal empor. Hier ist auf eine höchst schlaffe und erniedrigende Regierung durch den neuen Gouverneur Colonel Faidherbe eine ganz andere kräftigere Handhabung aller Beziehungen gefolgt, aber eben dadurch ward

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