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von Atar, einer dieser Wohnstätten, der Vincent sich am meisten näherte, in einem, von zwei, von Norden nach Süden streifenden, zackigen und schwer passirbaren Höhenzügen eingeschlossenen Thal'). Eben so lernen wir nun das nähere Verhältnifs des auf A’derēr von Norden her wie ein Rückgrat aufgesetzten Höhenzuges El Akseibe 2), aber eine für die ganze Configuration dieser Landschaften sehr charakteristische Bezeichnung scheint Vincent unbekannt geblieben zu sein. Die Bewohner der Wüste nämlich beziehen die von mir (Th. V. S. 552.) angeführte Bezeichnung El Gedām, der, wie ich angab, die beiden Wüstengürtel Magh-ter und Waran, östlich von A'derer von einander scheidet, auf das zwischen diesen beiden Zonen weit nach Ost vorspringende Ende des Höhenzuges von A ́derēr, den Vincent el Gasbah oder Assāba nennt; aber die Bezeichnung dieses Felsspornes als eines in die nackte Wüste hineintretenden „Fufses" kann nur demjenigen ganz klar und lebendig werden, der von Osten kommt, während Vincent diesem östlichen Gebirgssporn fern blieb.

Minder übereinstimmend erscheint bei mir und Vincent der Landstrich Tiris, von dem die Franzosen früher nicht gehört hatten und daher die Richtigkeit des Namens bezweifelten, weshalb Vincent sich in diesen wie in anderen ähnlichen Fällen charakteristischer Weise mit einem „bien“ ausdrückt 3). Nur scheinen Tiris und der nach Norden benachbarte Strich Azemmur häufig mit einander verwechselt zu werden, wie ihre natürliche Beschaffenheit einander sehr ähnlich ist, und Vincent schränkt die Ausdehnung von Tiris nach Norden bedeutend ein, aber er hat noch nicht Nachricht von den beiden von mir erwähnten Abtheilungen dieser Landschaft in Tiris el chauāra und Tiris el firar. Jedoch möchte ich fast vermuthen, dafs die von mir als weniger trocken und wüst bezeichnete Landschaft Tiris el firār mit der von Vincent als Adrar e' suttuf oder Adrar de l'ouest „das westliche Adrar" beschriebenen (p. 457.) und mitten in Tiris angesetzten, von aufspringenden Berghöhen oder massifs montagneux, wie Vincent sie nennt, unterbrochenen Landschaft einerlei ist; denn, obgleich auch ich eine besondere Landschaft mit dem Namen A'derēr e' suttuf bezeichnen hörte *), verstand ich die Bezeichnung doch stets als eine Abtheilung des gesammten A'derer und nicht als eine, durch weite und mit ande

1) Siehe seinen Bericht, S. 474. Aber einzelne von dem Juden Mardosché aufgenommene Angaben p. 482, wie die von einer Pflanzung von 60,000 Palmen bei Atar allein, also eben so viel wie die von Suf, scheinen mir übertrieben.

2) Vincent.

3) p. 457, le 14, nous entrons dans le Tiris pays bien connu de tous les Maures de la partie occidentale du Sahara.

4) Siehe Theil V, Anhang II, S. 553.

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ren Namen bezeichnete Räume, nach Westen davon getrennte Landschaft. Uebrigens beschreibt Vincent Tiris als eine ungeheure Kiesfläche mit Unterlage von Granit daher eben die Nähe des Wassers und die beziehungsweise kurzen Brunnen, der an einzelnen Stellen hoch aufspringt, doch nur bis 50, 60 mètres und mit längsweisen Gängen von Quarz1).

Hier erreichte Vincent den nördlichsten Punkt seiner Reise und blieb so leider dem grofsen Salzlager von Idjil noch immer in bedeutender Entfernung. Dieses Lager war, seiner abgelegenen Lage halber, früher vollkommen unbekannt geblieben, und ich gab nach dem wohlunterrichteten Ueled Bu-Seba' A'hmed die erste Kenntnifs von Kukaua aus im Sommer 1852, vergl. Reisen V. Anh. II. S. 562; doch war Vincent, wie es scheint, im Stande, den dem Salzlager nach SO. anliegenden Berg Idjil, den er in ganz ähnlicher Weise wie ich als einen Tafelberg schildert, une montagne remarquable terminée par un plateau p. 459. obgleich aus sehr grofser Entfernung von verschiedenen Punkten aus zu visiren und so die Oertlichkeit chartographisch ziemlich sicher zu stellen. Vincent bestätigt die grofse Bedeutung dieses Salzlagers, indem er sie als eine unerschöpfliche Mine von Kristallsalz darstellt und die jährliche Ausbeute auf 20,000 Kameelladungen schätzt, geht aber zu weit, wenn er in den Kreis, der von diesem Lager aus versorgt wird, auch Bámbara und Másina einschliefst (p. 459.); dies ist ganz ausnahmsweise der Fall, indem diese Länder fast ausschliefslich mit dem Salz von Taödénni versorgt werden. Uebrigens beschreibt Vincent (p. 458.) die vier Lagen oder Schichten dieses Salzes von Idjil in ganz ähnlicher Weise, wie mir diejenigen des Lagers von Taödénni geschildert wurden (siehe Reisen, Bd. V. S. 24.), nur mit einigen unterscheidenden Merkmalen.

Von den östlich an Magh-ter und Waran sich anschliefsenden Gürteln der Wüste erfuhr Vincent nichts mehr, nur giebt er die Länge der Zone von Waran in dieser Richtung auf mehr als 100 lieues an2). Hier sind wir also noch auf meine Erkundigungen angewiesen, nach denen die beiden auch von Caillié passirten, aber in ihrer Eigenthümlichkeit nicht erkannten Sandzonen von Igīdi und Erghschēch die weiteren Ausläufer oder Verlängerungen der westlicheren und breiteren

1) p. 458, toute la partie de Tiris que nous venons de traverser est entièrement couverte de roches granitiques formant une nappe parfaitement horizontale, quelques têtes de roches se font jours à travers cette couche, des bancs longitudinaux de quartz opaque à grains noirs et fins, se remarquent fréquemment etc.

2) p. 485. Die von Vincent im SO. von Wadan erwähnte Landschaft Adafer ist wohl unzweifelhaft nichts anderes, als mein e' Dhahar, „der Rücken" (von Walata).

Gürtel von Magh-tēr und Waran bilden, getrennt von Süden nach Norden durch den el Chaneg genannten Gürtel, die unfruchtbare Ebene Aftōt und die günstigere Landschaft El Karth (siehe Reisen und Entdeckungen, Th. V. Anh. II. S. 566, 567.) Das Hauptinteresse aber dieser ganzen westlichen Halbe der grofsen Wüste, abgesehen von den beiden grofsen Salzlagern von Taödénni und Idjil concentrirt sich in dem Bereiche, dessen äusserste Grenze von Vincent im Norden und Mage im Süden erreicht, aber nicht überschritten ist. In diesem Bereich, wo die zum Theil ganz leidlich fruchtbare Landschaft Tagānet sich mit A'derer im Norden und dem von mittleren Höhenzügen umschlossenen „Becken" oder El Hōdh verbindet, mit ihren zahlreichen Wohnplätzen und gröfseren und kleineren Kulturstätten, können wir hoffen, nicht allein ein ergiebigeres Feld für landschaftliche Mannigfaltigkeit zu finden, sondern hier, in dem Gebiete des alten Ghánata mit der Azērsprache, suche ich auch den Schlüssel zu vielen wichtigen ethnographischen Fragen in diesem eigenthümlichen Völkergewirr. So viel Vincent für diese Seite bisher gethan hat, ist nur der Art, dafs er meine Zusammenstellungen in ihren Einzelheiten bestätigt und nur hier und da ergänzt und belebt. So bestätigt seine Beobachtung und Forschung vollkommen das Resultat der meinigen, dafs die Negerbevölkerung in früherer Zeit sich ungleich weiter nach Norden erstreckte, weit über den 20sten Grad hinaus, und dafs erst die durch die Araber von Norden herabgedrängten Berberstämme diesen einheimischen, mit den Mandi oder Wákorē eng verwandten, Stamm der Azēr oder Soanínki unterjochten und allmählig nach Süden hinabdrängten. Allerdings erscheinen diese einheimischen Namen noch nicht bei ihm, sondern die ihm von Senegal her bekannten Namen tauchen auch hier wieder auf, aber sie werden bald den einheimischen Platz machen müssen. Da liefsen sich dann die Másina aus Schētu, das die Berber in Tischit umtauften, am obern Niger nieder und legten hier den Grund zum jetzigen Reich Másina; die Wákorē flohen südwärts zum Senegal und liefsen sich in Asāba und längs dem Strome nieder. Auch gründeten nun die Berberstämme, vor Allem die Zenāgha, mächtige Reiche, in denen die schwarze Rasse die untergebene und zum Theil leibeigene Bevölkerung bildete. Aber bald entwickelte sich jene Kette blutigster Religionskriege zwischen den Merábetin und den Muáhedin, den Almoraviden und Almohaden, welche vom Senegal bis hinauf zur Meerenge von Gibraltar, ja bis ins Herz von Andalos hinein mit Feuer und Schwert wütheten, und die Folge war eine ungeheure Schwächung der Berberstämme im westlichen Theile der Wüste. So konnten diese Stämme denn dem späteren Andrange arabischer Stämme vom Maghreb herab nicht widerstehen, und, weil sie sich zum

grofsen Theil im ausgedehntesten Masse mit jenen vermischten und so das Gemisch Maurischer Stämme erzeugten, das jene Gegenden in Sitte und Sprache so merkwürdig charakterisirt, konnten die übrigen Bruchtheile einen gewissen Grad von Unabhängigkeit nur bewahren, indem sie ihren religiösen Charakter geltend machten und so als Zuaie, Merábetin oder Aníslimen fern vom Kriegsgetümmel sich eine Rolle zu bewahren suchten. Diese Stämme sind den Franzosen im Herzen befreundet, indem sie nichts mehr wünschen, als dass es den Letzteren gelingen möge, die übermüthigen Siegerhorden, die jetzt mit eiserner, blutiger Hand das Regiment hier führen, zu demüthigen und wiederum ihnen die Macht zurückzugeben. Von den gemischten Stämmen aber sind auch schon viele in eine ganz untergeordnete Rolle herabgedrückt, zu choddeman, „dienende Stämme". Aber die übermüthigen Sieger haben einen noch charakteristischeren Namen, diese Stämme zu bezeichnen. Sie nennen sie ihr Fleisch oder ihre Fleischspeise", láhame, wie Vincent sowohl wie Mage Gelegenheit hatten, sich von der Richtigkeit meiner Angabe zu überzeugen. Die Abkömmlinge aber der in volle Leibeigenschaft herabgedrückten einheimischen Bevölkerung sind die harratin, pl. von hartani, ein Ausdruck, den Mage, so wie andere Franzosen fälschlich mit „captifs" übersetzt. Auf diesem merkwürdigen Gemisch verschiedener Rassen beruhen auch die den verschiedensten Idiomen entnommenen und mannichfach corrumpirten Lokalbezeichnungen jener Gegenden.

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V.

Das Hauswesen, die Rennthierzucht und die Gewerbsthätigkeit der Samojeden der Mesen'schen Tundra.

Nach dem Russischen von Woldemar Islawin, Mitglied der Kaiserlich Russischen geographischen Gesellschaft ').

In neuerer Zeit wurde unser weit entlegener Norden und namentlich derjenige Theil desselben, auf dem die Mesen'schen Samojeden

1) Bereits vor längerer Zeit wurde diese Arbeit der Redaction zugesandt; der grofse Umfang derselben verhinderte jedoch bis jetzt ihre Publication. Um aber den Lesern diese tief eingehende Schilderung des Zustandes der Samojeden nicht gänzlich vorzuenthalten, haben wir gegenwärtig wenigstens einige Abschnitte von allgemeinem Interesse für den Druck ausgewählt.

Red.

nomadisiren, mehrfach von Reisenden besucht. Jeder derselben widmete seine Aufmerksamkeit einem besonderen Gegenstande; bald war es die kärgliche Vegetation, um durch deren Untersuchung die Flora des Nordens zu bereichern, bald die Lagerung der Gesteine, um aus ihr über längst vergangene Revolutionen im Innern unserer Erde Aufschluss zu erhalten, bald mussten die Gestirne als sichere Leiter dienen, den Lauf der Flüsse, die Lage der Berge in jener weiten Moosöde zu berichtigen, oder man lauschte den Stimmen jener über den weiten Norden verbreiteten Volksstämme, verglich sie mit den ihnen verwandten, entdeckte in ihnen Aehnlichkeit, Zusammenhang und erndtete so ein neues und reiches Material für die Linguistik und die Geschichte. Doch selbst inmitten dieser so interessanten Forschungen und Beobachtungen konnte keinem jener Reisenden die namenlose Armuth und Erniedrigung des Volkes entgehen, von dem er sich umgeben sah; er mufste seine Klagen über die schon mehr denn ein halbes Jahrhundert erduldete Bedrückung durch andere, mächtigere Volksstämme nur gerecht finden. Herrn Kastren, zum Studium der finnischen Mundarten von der Universität Helsingfors in den Norden gesandt, gebührt insbesondere das Verdienst, durch seine an Ort und Stelle gesammelten Erfahrungen diejenigen Nachrichten bestätigt zu haben, die das Ministerium der Reichsdomainen über die Bedrückungen der Samojeden schon von den örtlichen Behörden erhalten und gegen die man bis dahin nur deshalb noch keine entscheidende Massregeln ergriffen hatte, weil es an genügend bestimmten Daten fehlte, auf deren Grundlage man seine Verfügungen hätte treffen können. Diese zu sammeln, wurde mir im Jahre 1844 auf Befehl des Herrn Ministers der Reichsdomainen der Auftrag zu Theil, das Land der Samojeden zu besuchen und dann zur Ordnung ihrer Angelegenheiten der Regierung passende Vorschläge einzureichen.

In einer Gruppe von Bootsleuten, die um das lodernde Feuer ihr Nachtlager aufgeschlagen, in der gemächlichen Wohnung des begüterten Syränen, auf den eisigen Gewässern des nordischen Oceans, in dem rauchigen Tschum des Samojeden, überall boten sich neue, der Beobachtung würdige Gegenstände dar; was ich hiervon während meines halbjährigen Aufenthaltes in der Tundra dem Papiere vertrauen konnte, biete ich hiermit denen an, die für diesen Gegenstand ein Interesse hegen.

Wohnung. Ein Volk, durch die Natur selbst auf das Nomadenleben in den rauhen Oeden des Nordens hingewiesen, musste sich nothwendig eine Wohnung wählen, welche seiner umherschweifenden Lebensweise entspricht und den beiden Hauptbedingungen, ihm Schutz gegen Frost und Unwetter zu gewähren und sich leicht transportiren

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