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RESTE ALTCHRISTL. KUNST IN GRIECHENLAND.

VON

JOSEPH STRZYGOWSKI.

(Fortsetzung u. Schluss).

II. Sculptur.

Unter den in Griechenland zu Tage getretenen Resten altchristlicher Plastik sind an erster Stelle zwei Statuetten des guten Hirten zu erwähnen. Die eine (Taf. IV, n. 1) zuerst 1876 von Homolle als im Museum zu Patissia befindlich besprochen 1) befindet sich heute noch in dem inzwischen Kentrikon "9 genannten Centralmuseum in Athen. Sie ist 44 Cm. hoch und in Marmor gearbeitet. Die jugendliche Gestalt des Hirten ist in eine bis an die Kniee reichende tunica mit weiten Aermeln gekleidet; das Kleid, durch einen vorn geknoteten Gürtel zusammengefasst, fällt in breiten, natürlichen Falten herab. Der Hirt hat das Lamm mit dem Kopfe nach links über die Schulter geworfen, und hält dessen vier Beine mit der rechten Hand vor der Brust zusammen. Der Kopf und rechte Arm des Hirten sind stark zerstossen, die Beine und der linke Arm fehlen gänzlich; doch lässt sich aus den Resten des Aermels schliessen,

1) Revue archéologique, November 1876, S. 297 ff.
RÖM. QUARTALSCHRIFT, Jahrg. IV.

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dass der linke Arm erhoben war. Vom Lamme ist der Kopf abgeschlagen, die Vorderbeine abgestossen. Die Rückseite der Figur ist kaum aus dem Rohen herausgearbeitet; die Mitte durchzieht von oben nach unten ein schmaler Ansatz von viereckigem Durchschnitt, der oben ein Klammerloch zeigt, und unten mit dem Gewande abgebrochen ist.-Die zweite Stattuette (Taf. IV, n. 2), von der zuerst Dressel Nachricht gegeben hat 1), befindet sich im Museum zu Sparta. Sie ist nur bis ungefähr an die Hüften erhalten, 0,28 M. hoch und ebenfalls in weissem Marmor gearbeitet. Die erhaltenen Theile sind in besserem Zustande als dies bei der Athenischen Statue der Fall ist. Auch hier steht der Hirte en face, in die tunica mit weiten Aermeln gekleidet. Der leider etwas abgestossene Kopf zeigt ein von langen Locken umrahmtes Knabengesicht mit flüchtig angedeuteten Augen und geschlossenem Munde. Die Composition entspricht auch sonst derjenigen der Athenischen Statue die Rechte fasst die vier Beine des auf den Schultern des Hirten liegenden Widders zusammen, dessen Kopf gesenkt und direkt nach Aussen gerichtet ist. Der linke Arm des Hirten ist abgebrochen; doch lassen auch hier die Ansätze der Falten vermuten dass er erhoben war. An der unbearbeiteten Rückseite finden wir wieder den vertikal durchgehenden Ansatz, der hier mit geneigten Seitenflächen, die am Grunde 0,11 M. abstehen und bis zur Breite von 0,07 M. zusammenlaufen, gebildet ist.

Zur Besprechung dieser Statuetten ist es notwendig, die übrigen Repliken des guten Hirten in Constantinopel, Rom und Spanien heranzuziehen. De Rossi hat dieselben kürzlich mit umfassender Angabe der Literatur zusammen ge

1) Mittheilungen des Instituts II, N. 32; Bull. di archeologia cristiana 1879, S. 34 ff.

stellt 1). Er unterscheidet mit Recht zwei Gruppen derselben: eine ältere, welche den Hirten in der tunica exomis zeigt, wie er mit der einen Hand die Vorder -, mit der andern die Hinterbeine des Lammes hält. Bekannt ist das einzige, prächtig erhaltene Exemplar dieser Gruppe im Lateran-Museum in Rom. Die zweite, jüngere Gruppe ist es, welche uns hier näher angeht, und welche sich nach autoptischem Studium der griechischen Originale präciser bestimmen lässt. Charakteristisch sind für sie die Merkmale der beiden beschriebenen Statuetten, von denen ich die wichtigsten unten zusammenfassen werde. Als weiterer Vertreter gesellt sich zu ihnen eine Statuette im Museum des Tschinili-Kiosk zu Constantinopel. Der Fundort derselben ist unbekannt 2). Sie ist 0,54 M. hoch, aus weissem Marmor, und stimmt Zug für Zug mit den griechischen Statuetten überein; nur ist der Kopf des Hirten ein klein wenig nach rechts gewendet, und der Kopf des Widders nach rückwärts statt nach aussen gekehrt. Abgeschlagen sind der rechte Arm, der offenbar wieder erhoben war, und die Beine. Die Vorderseite ist stark abgerieben; die Rückseite hat wieder den viereckigen, von oben nach unten sich hinziehenden Ansatz mit dem Klammerloch; derselbe ist an der Wurzel 0,12 M. und aussen 0,095 M. breit. Das wichtigste Exemplar dieser Gruppe befindet sich wieder in Rom im Lateranmuseum, und ist nach de Rossi ohne Ergänzung (Taf. V). Ist dies

1) Bull. di archeol. cristiana, Ser. IV, anno V (1887) S. 136 ff.; vgl. Bull. archeol. communale 1889, S. 131 ff.

?) Dumont (Revue archéologique, October 1868, S. 255) vermuthet sie stamme aus Thracien; E. Goold (Catalogue explicat. 1871 p. 13) früher Direktor der Sammlung, sagt: « Provenance inconnue ». A. de Ceuleneer (L'Atheneum belge, II année 1879): « Elle est originaire de Chypre ». Reinach (Catalogue 1882): « Provenance, Constantinople. Man sieht wie es um diese Nachrichten bestellt ist.

unbedingt richtig 1), so gibt uns diese Statuette die Lösung der Frage wie die andern Exemplare zu ergänzen sind. Wir bemerkten dass bei allen die Falten des weiten Aermels auf einen erhobenen linken Arm hinwiesen. Die Ergänzung kann nicht natürlicher sein als sie die Statuette des Lateranmuseums gibt der Hirte stützt sich auf seinen langen, oben gekrümmten Hirtenstab 2) (pedum); an den Beinen trägt er eine bis an die Knie reichende Bekleidung; und, was nicht unwichtig ist, auch er hat an der Rückseite den länglichen Ansatz. Herr Theod. Wiegand hatte die Freundlichkeit mir darüber mitzutheilen: Der Ansatz hat rundlichen, nach hinten abgeglätteten Durchschnitt; er reicht vom Kopf bis zum Ende des kurzen Gewandes. Von da bis zum Boden ist er in Gestalt eines Baumstammes ergänzt

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Wir haben somit hier eine Gruppe, für die nicht nur, wie de Rossi auch bereits angenommen hat, der Typus bei allen charakteristisch ist, sondern für die auch die gleiche Art der Aufstellung angenommen werden muss. Für den Typus sind charakteristisch strenge en face - Haltung, geschlossene, kurze tunica mit weiten Aermeln, Zusammenfassen der Beine des Lammes mit der rechten Hand vor der Brust, der erhobene linke und sehr wahrscheinlich auf das pedum gestützt Arm. Die

1) H. Theod. Wiegand hat die Statuette auf meine Bitte nochmals untersucht. Er schreibt darüber : « Stab und Arm sind aus elf Stücken zusammengesetzt und mit einem kalkigen Ueberzug überdeckt, grade wie die sicher ursprünglichen Theile; derselbe ist hier von gelblicher Farbe. Als deutlicher Beweis dass der linke Arm ergänzt ist, dient wol der Umstand, dass derselbe grösser und in den Formen voller, gerundeter ist. Die linke Hand besonders zeigt nicht nur eine weit fortgeschrittenere Behandlungsweise, sondern die Entfernung von der Spitze des Zeigefingers bis zum Handgelenk beträgt 0,10 M. bei der rechten Hand aber bloss 0,07 M. »

2) Auch die mehrfach am Arm oder an der Seite erhaltenen puntelli an den griechischen Statuen weisen darauf hin.

ältere Gruppe hat dagegen: Wendung des Kopfes nach rechts hin, Exomis, Hirtentasche, beide Arme erhoben zum Festhalten der Beine des Lammes. Vergleichen wir darnach die neuerdings in Rom vor porta S. Paolo gefundene und von de Rossi veröffentlichte Statuette 1), so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass sie den Uebergang von der ältern zur jüngern Gruppe bildet. Noch hat sie vom ältern Typus die Wendung des Kopfes nach rechts, noch fehlt ihr der für die zweite Gruppe so charakteristische Ansatz auf der Rückseite, und doch zeigt sie schon von den wesentlichen Merkmalen der. selben den geschlossenen Rock, das Zusammenfassen der Widderbeine mit der Rechten, die erhobene Linke. Ein ähnliches Verhältniss tritt auch bei näherer stilistischer Vergleichung hervor. Die ältere Lateran-Statuette ist ganz antik in der Ausführung der Körpertheile sowohl als des Gewandes. Neben ihr erscheint die neu gefundene Statuette plump; aber sie ist voll Leben gegenüber den streng schematisch durchgebildeten Vertretern der spätern Gruppe. Dort ein derb modellirter Kopf und plumpe Falten, verbunden mit jener Unsicherheit in der Bewegung, die deutlich zeigt, wie der Bildhauer das neue Motiv des erhobenen und aufgestützten linken Armes in seiner Rückwirkung auf den Oberkörper mit Mühe auszudrücken suchte; hier die unveränderliche Ruhe des spätern Typus. Nur das Constantinopolitanische Exemplar zeigt zwei unwesentliche Abweichungen, von denen die eine, die Wendung des Kopfes des Hirten nach rechts, noch auf einen Einfluss der ältern Gruppe hindeutet, wesshalb sie wohl älter als die griechischen Repliken sein dürfte 2). Gegenüber der

1) Bull. di archeol. cristiana 1887, Taf. XI-XII.

2) In welchem Verhältniss die von Ficker in Spanien photographirte Statuette des guten Hirten zu diesen beiden Gruppen steht, lässt sich nach der kurzen Beschreibung bei de Rossi (Bull. 1. c. S. 141) nicht sicher feststellen. Die Vermuthung dass der Hirte bärtig

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