haben. Urban II. hatte das von Graf Roger I. von Sizilien in Troina, dem Sitz seiner Herrschaft, gegründete Bistum bald nachher in die altberühmte Bischofstadt Messina verlegt 1). Hier geschieht das Umgekehrte. Tres Tabernae war kein Messina, und so verlegt Calixt II., als er auf seiner süditalischen Reise auch das wiedererrichtete Bistum besucht, den Sitz des Bischofs in die Marienkirche zu Catanzaro, eine Stiftung Radulfs von Loritello und seiner Gemahlin, und erweist damit ihren Verdiensten um die Romanisierung des Sprengels eine Aufmerksamkeit 2). So leichten Kaufs kam indes das neue Bistum Catanzaro nicht davon. Petrus, der Bischof der Nachbardiözese Squillace, erhebt Einspruch, auch der Baron Hugo Rubeus erklärt sich mit der Unterstellung seines Gebiets unter das neue Bistum nicht einverstanden 3). Bischof Johann muss erst auf einer Synode, die Calixt II. in Cotrone abhält, den Zeugenbeweis dafür antreten, welches Gebiet dem alten Bistum Tres Tabernae gehört habe 4). Es gelingt ihm dank der Aussagen eines griechischen Priesters, dessen Vater noch Archipresbyter des letzten griechischen Bischofs Basilius gewesen war. So fügen sich die Widerstrebenden, die, ein Zeichen schlechten Gewissens, zur Verhandlung gar nicht erschienen waren, Hugo Rubeus freilich erst auf erneute besondere Mahnung des Papstes hin. Le Das ist der Inhalt der Chronik von Tres Tabernae. normant 5) nannte sie «<eine elende Fälschung aus leeren Prätensionen lokaler Eitelkeit », Fabre ") meinte, die ganze Frage nach der Echtheit der Chronik und der Bullen habe «keine grosse Wichtigkeit », und Batiffol 7) beeilte sich, ihm darin beizustimmen. Fabre 8) sprach dann nochmals seine Verachtung 1) S. Roger II. Exkurs S. 619. 2) Chron. c. 19. 3) Ibid. c. 20 *) Ibid. c. 21 ff. 5) La Grande Grèce II 249. ") Revue des questions historiques LIII 519. 7) « La question soulevée n'a pas, j'en conviens, une grande importance ». Ibid. S. 522. *) Mélanges d'archéologie et d'histoire XV 194 not. 1. aus über die abgeschmackte Kompilation, in der sich die ausserordentlichsten Erfindungen breitmachten». Wenn diese Forscher sich also gleichsam entschuldigten, dass sie ihren Scharfsinn an solch ein Machwerk verschwendeten, so ging der neueste Historiker der Geschichte Süditaliens in der Griechenzeit, J. Gay, an der Chronik sogar vorbei, ohne sie überhaupt eines Worts oder Blicks zu würdigen, und schrieb, wo er von dem Lobe berichtete 1), das der Verwaltung des Nikephoros Phokas in Süditalien selbst gezollt sein sollte: « Unglücklicherweise haben wir nicht eine einzige Quelle italienischer Herkunft, die uns über die Verwaltung des Nikephoros belehrte und uns gestattete, durch genauere Einzelheiten diese allzukurzen Angaben nachzuprüfen ». Ich meine, diese Nichtachtung ist keineswegs am Platz, und besonders die Darstellung Gays hätte an Farbe und Inhalt gewonnen, wenn er die Chronik von Tres Tabernae benutzt hätte. Es ist nur eine lokalgeschichtliche Quelle, die wir in ihr besitzen, aber sie ist für die Geschichte der süditalischen Kirchenreorganisation von typischer Bedeutung, und es erhöht ihren Wert noch, dass ihre Nachrichten in den ersten Partieen in eine Zeit hinaufreichen, aus der uns jede unmittelbare Überlieferung fehlt, die Zeit der Griechenherrschaft in Calabrien. Mag hier in den Angaben der Chronik noch so vieles unklar und mit Sagen und chronologischen Irrtümern durchwoben sein, wir müssen froh sein, wenn aus einer Zeit, über der das tiefe Schweigen der Vergessenheit liegt, Etwas, und sei es auch nur ein verworrener Klang, zu uns herüber dringt. 1) L. c. S. 135. ANHANG. I. Die Chronik. Die Ausgabe der Chronik von Tres Tabernae bei Ughelli Italia sacra 2 IX c. 358 ff. gehört zu den schlechtesten unter den berüchtigt schlechten Texten, die er abdruckte, wie sie ihm von seinen Gewährsmännern übersandt wurden. Um zu einem Urteil über die Chronik zu gelangen, war es daher unerlässlich, auf die Handschriften zurückzugehen, und da ich gezeigt zu haben hoffe, dass hier eine nicht unwichtige Quelle zur Geschichte Süditaliens vorliegt, zögere ich nicht, sie in reinerer Gestalt von neuem herauszugeben. In reinerer Gestalt, leider nicht in der urprünglichen. Anfangs haben der Darstellung die Bullen Calixts II. im Original lose beigelegen, wie oben gezeigt wurde, und das gleiche gilt für die Mandate des Papstes, denn sie sind, ausser in der uns vorliegenden Chronik und von ihr unabhängig, noch einmal überliefert in einer Supplik der Leute von Taverna aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts, durch die sie den Papst veranlassen wollten, den Bischof an die lange versäumte Visitationspflicht in dem ursprünglichen Sitz seines Bistums, Tres Tabernae, zu mahnen (vgl. Anhang II). Damals hat also jedenfalls eine ältere, vielleicht die ursprüngliche Überlieferung der Chronik noch in Calabrien existiert. Das ergibt sich auch aus Schriftstellern jener Zeit, Gualtieri Glorioso trionfo dei martiri di Calabria (Napoli 1630) und Amato Memorie storiche di Catanzaro (Napoli 1670) (s. oben S. 19 Anm. 1), welche die Chronik im Archiv von Catanzaro benutzten. Es verlautet endlich, dass eine alte Überlieferung der Chronik sich noch heute in Calabrien, im Privatbesitz des Grafen Capialbi, befinde (vgl. Klinkenborg in Gött. Nachr. 1898 S. 344). Wahrscheinlich ist dies die im 17. Jahrhundert noch zugängliche, möglicherweise ursprüngliche Überlieferung der Chronik. Heute ist, wie mir in Neapel versichert wurde, der Versuch, Einsicht in diese Handschrift zu erlangen, aussichtslos. Wenn Herr Capialbi, wie es heisst, selbst eine Ausgabe veranstalten will, so wird sich ja zeigen, ob bei der Gelegenheit auch die Originalbullen Calixts II. wieder einige Trümmer der so arg zerstörten urkundlichen Überlieferung Calabriens zu Tage kommen. Somit standen mir nur zwei vatikanische Handschriften, die eine aus dem 17. Jahrhundert, vermutlich auch Ughellis Quelle, die andere etwas älter, aber dafür unvollständiger, zur Verfügung. Die erstere steht im Cod. Vat. lat. 4936 f. 27 ff., die andere bildet jetzt den Cod. Ottobon. 2306, welcher den Vermerk trägt: «<ex codicibus illmi et excellmi dni Ioannis Angeli ducis ab Altaemps »; am Ende ist ein Notariatsinstrument von 1536 angeheftet. In die gleiche Zeit wird man etwa die Handschrift setzen dürfen 1). Der Ausgabe habe ich Cod. Vat. 4936 zu Grunde gelegt [A], der Text ist vollständiger und besser. Cod. Ottobon. 2306 [B] hat in den ersten Partieen zuweilen die besseren Lesarten, gegen Ende wird aber diese Handschrift immer flüchtiger und lückenhafter, und hört, als ob dem Schreiber die Geduld ausgegangen wäre, vor dem Schluss auf. Wo sie den längeren Text bietet, habe ich ihn gleichwohl in den Varianten belassen, denn eine Stelle erweist sich offenbar als späterer Zusatz: auch S. Eufemia soll von den Sarazenen zerstört worden sein (c. 4), doch ist dies Kloster erst in normannischer Zeit gegründet worden. Die Urkunden, die, wie ich meine, lose Beilagen waren, habe ich in kursivem Druck, die Interpolationen in Petitdruck wiedergegeben. Der Übersichtlichkeit wegen habe ich Absätze und eine Einteilung in Kapitel durchgeführt. 1) Potthast Wegweiser s. v. verzeichnet noch zwei Handschriften der Pariser Nationalbibliothek 5911 (saec. XVI) und 6176 (saec. XVII); ein selbständiger Wert kommt ihnen kaum zu. Eine Abschrift s. XVII-XVIII aus Cod. Vat. lat. 4936 in Neapel Bibl. Nazion. VG 31 citiert Capasso-Mastroianni Le fonti della storia delle provincie Napoletane (Napoli 1902) S. 83 not. 1. Incipit cronica Trium Tabernarum et de ciuitate Catanzarii quomodo fuit aedificata a) Minimo) praecipis, venerande pater Rogeri ©) Catacensis ecclesiae praeposite ), quoniam, graecam ut noui ) linguam, quaequae excellentis memoriae Gaufridus illustris Catacensis comes pro restauratione et aedificatione Trium Tabernarum episcopii graeca undique et uetera coadunauit ) scripta et priuilegia, collecta in unum in latinitatis transferam ") locutionem. Me autem quantum ad hoc, quod praecipis, perficiendum inscientiae meae ") ariditas) prohibet, tamen paternitatis tuae praeceptum et eiusdem ecclesiae, cui Dei gratia seruio *), charitas admonet ). Idcircom) tuam, reuerende pater "), deprecor sanctitatem, quatenus tuis precibus ab omnipotenti Deo obtineas o), qui linguas balbutientes disertas et per ora animalium brutorum humanos sermones emictere facit, ut, quod me paruitatis ") debilitas denegat, ipse sua pietate ) contribuat "). Verum quia ne aemuli ) quique aliquid '), quod ueritate ") careat, in hoc opusculo ob amorem praefatae ecclesiae me composuisse arbitrentur, ipsum testor, cuius uero et districto ") iudicio non solum ex nostra ") actione, sed *) ex omni sermone reddituri sumus rationem. Rogo igitur non fastidiosos lectores, in quorum manibus opusculum istud uersabitur, ut, siquid obscurum aut inconsuetum ob rusticitatem meam uel ob expressionem alicuius ") proprii nominis me scripsisse 2) conspexerint, non statim, quaeso, in facillimum prorumpant aa) clamorem, ne tanto facilius incassum clamasse uideantur, quanto b) pro h) me B. 9) feram A, a) in B lautet der Titel: Historia Trium Tabernarum et oppidi Catanzarii in Brutiis quomodo aedificatum fuit. b) Himino A. c) Rogerii A. d) postulavit A B. e) novit B. f) coadhunauit A. i) hariditas A. *) per Dei gratiam deseruio A. n) reuerenda paternitas B. °) optineas B. 4) pietati A. r) contribuit B. 8) humili A B. t) aliqui B. ) instructo A; edistricto B. w) uestra A. 2) subscripsisse A B. aa) prorumpantur A B. m) iccirco A. 1) ammonet A. P) prauitatis B. u) ueritati A. *) et B. v) alicui A. bb) quantum A. |