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Inhalts-Verzeichnis.

I. Die gefälschten Bleidenstadter Traditionen und ihre Verwendung in der
älteren nassauischen Geschichtsforschung. Von Archivdirektor a. D.
Geh. Archivrat Dr. Paul Wagner in Wiesbaden

II. Das Idsteiner Ketzergericht. Von Rektor M. Ziemer in Idstein
III. Das Koblenzer St. Kastorstift in seinen Beziehungen zur Vogtei Ems.
Von Dr. Adolf Bach in Wiesbaden

Seite

1-15

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24-56

IV. Geschichte der Elkerhäuser Burgen (1352-1396). Von Studienassessor
F. A. Schmidt in Hersfeld

57--80

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DD 491 нь

N27 v.46 no.1

Die gefälschten Bleidenstadter Traditionen und die nassauische Geschichtschreibung.")

Von

Paul Wagner.

Es ist eine Binsenwahrheit, dass der Geschichtschreiber von den Quellen abhängt, aus denen er die Kenntnis der Dinge schöpft, die er darstellen möchte. Da diese Quellen aber von ganz verschiedenem Werte sein können, ist Quellenkritik die unerlässliche Vorbedingung jeder Geschichtschreibung; nur will sie mit Vorsicht und den erforderlichen Vorkenntnissen betrieben sein. Sie kann auch zur Hyperkritik werden; dann richtet sie kaum geringeren Schaden an, wie Kritiklosigkeit.

Die geschriebenen Quellen für die älteste, etwa vom 8. bis zum 12. Jahrhundert reichende Geschichte der zum Herzogtum Nassau vereinigten Ländergebiete sind zum überwiegenden Teile Urkunden. Aus Chroniken, Annalen, Biographien, Legenden und ähnlichen darstellenden Arbeiten ist für jene Zeit wenig zu entnehmen. Ausschliesslich aber sind es die Klöster, durch die uns die Urkunden erhalten sind; nicht als ob Urkunden nur für sie ausgestellt wurden. Auch Weltliche hatten ein Interesse daran, den Nachweis ihrer Rechte mittelst geschriebener Dokumente zu führen; doch konnten sie für ihre Aufbewahrung weniger sorgen wie jene. So ist das meiste verloren gegangen und, von Ausnahmen abgesehen, nur das erhalten, was in den Archiven der Klöster Aufnahme fand, aber auch das keineswegs in irgendwelcher Vollständigkeit.

Nur wenige unserer nassauischen Klöster reichen in jene frühsten Zeiten, von denen hier die Rede ist, zurück: das Stift Dietkirchen und das Benediktinerkloster Bleidenstadt, von denen ersteres vermutlich,

1) Der Aufsatz, ursprünglich ein in der Donnerstaggesellschaft des nassauischen Altertumsvereins gehaltener Vortrag, möchte auf die Notwendigkeit eines neuen Aufbaus der Geschichte Nassaus in ihren frühmittelalterlichen Abschnitten jetzt nach dem Wegfall der Bleidenstadter Traditionen hinweisen und vor diesen, die als solche in der Literatur des letzten Jahrhunderts nicht immer gleich kenntlich sind, warnen. Der ursprüngliche Zweck mag die Erwähnung mancher, dem Sachkundigen längst bekannten Dinge, wie die flüchtige Behandlung anderer entschuldigen.

Annalen, Bd. XLVI.

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das andere ganz sicher im 8. Jahrhundert errichtet wurde, ferner das Stift Gemünden auf dem Westerwald aus dem 9. Jahrhundert, die beiden Stifter zu St. Georg in Limburg und St. Walpurgis in Weilburg aus dem 10., aus dem 11. endlich das Augustiner- (nicht das Cistercienser-) Kloster in Eberbach und das Benediktinerkloster auf dem Johannisberg. Alle übrigen stammen aus späterer Zeit. Übersieht man nun den Vorrat an Urkunden und urkundlichen Aufzeichnungen jener Klöster aus den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens, so ist er der Menge nach ungemein dürftig. Ein glücklicher Umstand aber fügte es, dass auswärtige Klöster, namentlich Lorsch und Fulda, auch in unseren Gauen zahlreiche Landschenkungen erhielten und darüber Aufzeichnungen machten, die man in die zu diesem Zweck angelegten Traditionsbücher eintrug. Es sind nicht Urkunden im strengen Sinne dieses Wortes, wie sie früher und wieder später abgefasst wurden, sondern kürzere, in weniger feierlicher Form gehaltene Dokumente, sogenannte Notitiae, die in jener Zeit die eigentlichen Urkunden stark verdrängt hatten. Sie enthalten neben dem Namen des Ausstellers, also des Schenkenden, in der Regel nur Angaben über den Ort, die Lage und Grösse des geschenkten Landstückes, die Namen der bei dem Akt gegenwärtigen Zeugen und das Datum der Schenkung. Damit aber treten vielfach Personen und Örtlichkeiten unserer nassauischen Gegenden vom 8. bis 11. Jahrhundert aus dem Nebel blitzartig, zusammenhanglos, in das Licht der Geschichte, um freilich gleich wieder zu verschwinden.

Als im 18. Jahrhundert diese immerhin äusserst wertvollen Quellen durch den Druck veröffentlicht wurden, hielten die Gelehrten, die die Geschichte der nassauischen Länder und des nassauischen Fürstenhauses behandelten, ein Reinhardt, Kremer, Wenck, Arnoldi vielfach Umschau nach solchem Materiale aus nassauischen Klöstern, von denen ja ein Teil damals noch nicht aufgehoben war. Einiges für die frühste Zeit fand man wohl. Die Stifter Limburg, Weilburg und Gemünden boten einige wenige Urkunden. Auffallend war, dass ein so uraltes Kloster wie Bleidenstadt, die Ruhestätte des ritterlichen Märtyrers Ferrutius, vom Mainzer Erzbischof Lullus gestiftet, von Karl d. Gr. der Überlieferung nach reich beschenkt, fast gar keine eigenen Urkunden aus den ersten fünf Jahrhunderten seines Bestehens aufzuweisen hatte, während Lorsch und Fulda sie in reicher Fülle besassen. Hatte Bleidenstadt nicht auch Güter von frommen Christenleuten erhalten? War es weniger sorgfältig mit den urkundlichen Aufzeichnungen darüber umgegangen? Hatten unglückliche Zufälle sie vernichtet? Keiner konnte und kann auch heute auf diese Fragen Antwort geben. Da erschien im Jahre 1819 Bodmanns bekanntes Werk, die Rheingauischen Altertümer. Sein Leben hindurch hatte dieser Mainzer Professor, Tribunalspräsident und zuletzt Stadtbibliothekar in den Urkundenschätzen der Gegenden des Mittelrheins und weit darüber hinaus gearbeitet. Ihm hatten die Archive des Erzstifts und der Mainzer Klöster zur Verfügung gestanden; er hatte auch eine grosse Sammlung von Urkunden und Handschriften aller Art als sein Privat

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