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Die Nachrichten über das Leben Busbecqs fließen nicht eben reichlich. Die beste Quelle bleiben seine Briefe, eine gute Zusammenfassung bietet der Artikel von Gachard in der Biographie nationale T. III (Bruxelles 1872), 180–191; in dem zweibändigen Werke von Charles Thornton Forster u. F. H. Blackburne Daniell, "The life and letters of Ogier Ghiselin de Busbecq' (London 1881) besitzen die Untersuchungen über die Familie, der unser Autor als unechter, erst spät legitimierter Sproß entstammte, eigenen Wert, auch die Übersicht über die Drucke (II, 288 ff.) verdient Anerkennung; den meisten Raum nimmt die Uebersetzung der Briefe ein.

Busbecq, geboren 1522 zu Comines, gestorben am 28. Oktober 1592 an den Folgen eines Reiseunfalls in der Nähe von Rouen, war als Briefschreiber und Publizist ein Meister des lateinischen Stils, hat sich aber allem Anschein nach damit begnügt, seine Ausarbeitungen handschriftlich im Kreise urteilsfähiger Freunde zirkulieren zu lassen, wie das in der Renaissance vielfach so Brauch war: soviel ich sehe, hat er selbst nie etwas in Druck gegeben, auch für seinen wertvollen litterarischen Nachlaß keine Fürsorge getroffen. Die vier Briefe aus und über die Türkei, welche uns Germanisten am meisten interessieren (denn Nr. IV enthält die wichtigen Mitteilungen über die krimgotische Sprache), hat er in der Zeit vom 1. Sept. 15551) bis zum 16. Dez. 1562 (wo er den letzten in Frankfurt a. M. zum Abschluß brachte) geschrieben und an seinen Freund und Studiengenossen Nicolas Michault Herrn von Indeveldt adressiert, der, Humanist 2) und Diplomat wie Busbecq, als Vertreter zweier verwittweter Königinnen am portugiesischen Hofe weilte - jedenfalls bis zum J. 1558, in welchem seine beiden Herrinnen starben: Eleonore von Frankreich und Maria von Ungarn, die Schwestern Karls V., der im gleichen Jahre verschied. Nach 1562 blieb Wien, dessen Sammlungen er durch eine Fülle wertvoller Handschriften und viele andere Seltenheiten bereicherte, zunächst Busbecqs Wohnsitz: als Hofbeamter und Prinzenerzieher hat er das Vertrauen dreier Kaiser besessen, der vierte (Matthias), dessen Thronbesteigung er nicht

lich übernimmt und seinerseits geneigt ist, den Lesarten später Ausgaben Wert beizulegen (S. 202 Mitte u. unten).

1) Über den durch alle Ausgaben fortgeführten Druckfehler '1554' s. S. 5 Anm. 3. 2) Justus Lipsius war ein Freund wie Busbecqs so auch Michaults: zwei Briefe an diesen stehn in J. L. Epist. chilias, Cent. III ep. 69 u. Cent. II ad Belgas ep. 66; das Symbolum welches er ihm ins Stammbuch schrieb, in Justi Lipsi ,Flores' (Antv. 1616) S. 346.

erlebte, war sein spezieller Schüler. Wiederholt führten ihn wichtige Aufträge für längere Zeit an die Höfe von Madrid und Paris: mit dem September 1574 beginnen die Briefe aus Frankreich an K. Maximilian II. Spätestens im J. 1582 nahm B. seinen Aufenthalt dauernd in Frankreich, vorzugsweise mit den Vermögensangelegenheiten der Königin-Wittwe Elisabeth, der Tochter K. Maximilians II., beschäftigt, daneben aber mit Berichten über die politischen Zustände dieser bewegten Zeit in Frankreich und die Vorgänge am Hof und in der Gesellschaft betraut, die er in formgewandten Briefen, wie früher an K. Maximilian II., so jetzt an K. Rudolph II. niedergelegt hat. Den Wohnsitz hat er dabei öfter wechseln müssen. Er galt vielfach als kaiserlicher Gesandter, was er aber in Wirklichkeit nicht gewesen ist1). Als B. sich nach dem Tode seiner fürstlichen Herrin im Herbst 1592 in die flandrische Heimat zurückziehen wollte, erlebte er einen Ueberfall durch liguistische Soldaten, dessen Aufregungen seinen Tod herbeiführten.

Ich gebe nun eine Uebersicht über die Drucke seiner Briefe und Denkschriften, die notwendig ist, um über die Natur unserer Ueberlieferung des krimgotischen Glossars Klarheit zu schaffen.

I. a) Im J. 1581 erschien zu Antwerpen bei Christoph Plantin ein dünnes Bändchen m. d. T. 'Itinera Constantinopolitanum et Amasianum ab Augerio Gislenio Busbequij &c. D. ad Solimannum Turcarum Imperatorem C. M. oratore confecta. Eiusdem Busbequij De acie contra Turcam instruenda consilium'. Es war die erste der türkischen Episteln und ihr angehängt eine ebenso ehrliche wie gescheite Denk- oder Mahnschrift ('exclamatio') über die Türkengefahr, welche aber so wenig wie der Brief für die Oeffentlichkeit bestimmt war. Herausgeber war der Philologe Louis Carrion 2), der damals in Bourges juristische Vorlesungen hielt, einige Jahre später aber er als ao. Professor an die juristische Fakultät zu Löwen übersiedelte, wo er 1586 Ordinarius wurde, 1591 das Rektorat bekleidete und 1595 starb.

Carrion widmete das Heft dem Nic. Michault von Indeveldt, der kurz vorher in Orléans einen Sohn verloren hatte, und begründet nach einigen Worten des Beileids die Dedikation damit, daß er erfahren habe, Michault sei der Adressat des Busbecqschen Briefes gewesen. Zugleich hofft er, B. selbst werde die ohne seine Erlaubnis geschehene Publikation ohne Groll aufnehmen, wenn

1) Vgl. hierüber den Brief XIV an K. Maximilian II.

2) Biographie nationale de Belgique III, 352 ff.; wie Löwe dazu kommt, den Editor einen Anonymus zu nennen (a. a. O. 133), ist mir unverständlich geblieben.

sein Freund M. sich die Widmung gefallen lasse. Carrion, der sich anderwärts der persönlichen Bekanntschaft B.s rühmt (S. 5 Anm. 1. hat die Schriftstücke, die offenbar mit Wissen Busbecqs und Michaults in Kopieen zirkulierten, keinesfalls von Busbecq selbst erhalten (cum in manus meas incidissent').

Das R. von seinen Briefen, die er durchaus als litterarische Kunstwerke schuf und gewiß selbst so wertete, Abschriften oder meinetwegen die Brouillons) zurückbehielt und dann wieder andern Kopieen schenkte oder solche zu nehmen gestattete, ist nach den Gepflogenheiten dieser humanistischen Epistolographen von vorn herein wahrscheinlich, und wird uns noch ausdrücklich bestätigt durch die (größere) Publikation der Briefe aus Frankreich, welche J. B. Houwaert zu Brüssel 1632 aus seiner eigenen Bibliothek veranstaltete: hier ist S. 170 eine Lücke der Korrespondenz von B. selbst markiert und durch eine kurze Inhaltsangabe des fehlenden Briefes ausgefüllt.

b) 1582 brachte ein zweiter Druck von Plantin im Anhang (d. h. hinter der 'Exclamatio'!) 'Eiusdem Busbequij secunda in Thraciam profectio', d. i. den zweiten, kürzesten, Türkenbrief. Es scheint daß diese Zugabe des Neudrucks erst während des Satzes einlief, denn das zuerst gedruckte Titelblatt der 'altera editio' kündigt das Plus nicht an.

Aus einem Brief den Justus Lipsius am 22. August 1584 von Leiden aus an Busbecq schrieb, wissen wir, daß man damals von ihm selbst eine vollständigere Edition seiner Reisebriefe erwartete, J. L. Epistolarum selectarum chilias (Aven. 1609), Cent. I ep. 63: Itineraria tua Plantinus si accipiet, edet; nos qualecumque augmentum avide expectamus'. Zu dieser vom Autor besorgten oder doch autorisierten Ausgabe ist es nicht gekommen.

II. Statt dessen erschienen alle vier türkischen Briefe und im Anhang wieder die Denkschrift vereinigt:

A. Paris 1589 1) ('apud Aegidium Beys, via Jacobaea ad insigne Lilii albi'): 'Augerii Gislenii Busbequii D. legationis Turcicae epistolae quatuor. Quarum priores duae ante aliquot annos in lucem prodierunt sub nomine Itinerum Constantinopolitani et Amasiani. Adiectae sunt duae alterae. Eiusdem de re militari contra Turcam instituenda consilium'. Hier steht zuerst auch der Bericht über die Krimgoten: Bl. 135-137; R. Löwe hat ihn danach

1) Im Grundr. d. germ. Phil. I2 16 wird die erste Ausgabe noch wie bei Maßmann ins J. 1595 gelegt.

S. 127-130 (und nach ihm W. Streitberg, Got. Elementarbuch3 S. 286-288) sorgfältig wieder abgedruckt.

Der sehr ungeschickte Titel erweckt von vorn herein den Eindruck eines rein buchhändlerischen Unternehmens, und dieser wird durch weitere Beobachtungen verstärkt. Auch vor dieser ersten vollständigen Ausgabe der Türkenbriefe treffen wir wieder das Kondolenz- und Widmungsschreiben des Carrion an Michault vom 1. Febr. 1581, das sich doch allein auf die editio princeps des ersten Briefes bezog und eigentlich wohl nur angebracht war, um dem ersten Unwillen des Briefschreibers über die unbefugte Edition vorzubeugen. Wenn wir dem, freilich oft scharf zugespitzten, Zeugnis des Jos. Scaliger glauben dürfen, so stand Carrion überhaupt nicht im besten Rufe: 'Carrio estoit bien docte, mais mechant... Est doctus sed summus fur librorum' (Scaligerana, Col. 1695, S. 81). An dieser neuen Edition wird er, der damals längst in Löwen weilte, schwerlich Anteil haben nur an den Kreis, welchem Carrion in Paris angehört hatte, wird man denken dürfen: derselbe Drucker hat 1583 auch des Carrion Ausgabe von Censorinus 'De die natali' hergestellt 1).

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Am wenigsten können wir Busbecq selbst einen unmittelbaren Anteil daran zuschreiben, obwohl er damals sicher in Frankreich und vielleicht sogar in Paris lebte 2). Wie sollte er es über sich gebracht haben, jene aus einem bestimmten Anlaß entstandene (oder damit drapierte) und nur für eine Teilpublikation bestimmte Widmung des Freibeuters Carrion beizubehalten? Es wäre ihm auch gewiß nicht passiert, daß er die falsche Datierung des ersten Briefes: 1. Sept. 1554 (statt 15553)) stehen ließ, die nun in alle weiteren Ausgaben überging. Und der Mann der in Griechenland und Kleinasien eifrig Handschriften sammelte und Inschriften kopierte, der noch in seiner Pariser Zeit für Justus Lipsius den

1) Im Vorwort dazu (datiert aus Orléans, 25. Okt. 1582) zählt C. eine lange Reihe von französischen Freunden auf, die er seit 1579 kennen gelernt habe, und an der Spitze dieser Liste heißt es: 'Nolo unicum illud et singulare seculi nostri decus Augerium Busbequium heroëm sapientia, doctrina, omni virtutum denique genere viris maximis parem, humanitate superiorem, Flandria vindicias contra agente, nominare'.

2) Wir besitzen aus dem November und Dezember 1589 drei Briefe von ihm an K. Rudolph II.: bei Houwaert (Brux. 1632) Lib. II Nrr LIV-LVI, die aber begreiflicherweise für unsere Frage nichts enthalten.

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3) B. erhielt den Auftrag zur türkischen Legation am 3. November 1554 in Lille, brach Anfang Dezember von Wien auf und traf am 20. Januar 1555 in Konstantinopel ein (Ed. 1589 fol. 20b); Ep. I ist erst nach der Rückkehr von der türkisch-kleinasiatischen Reise zu Wien am 1. Sept. 1555 abgeschlossen.

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