Imágenes de páginas
PDF
EPUB

war, keinen alten Besitztitel aufzugeben und möglichst viele neue zu erwerben.

An den Namen eines dieser beiden Männer, an den Bischof Wolfgers von Passau - von Eberhard wird nachher mehrfach die Rede sein, knüpft sich die älteste Nachricht, welche wir über den Plan, in Wien ein Bistum zu errichten, besitzen. Als später Herzog Leopold VI. von Österreich und Steiermark an den Papst mit seinen Gründungsplänen herantrat, brachte er unter anderen auch ein Argument vor, welches den zu erwartenden Widerspruch des Bischofs Mangold von Passau, auf dessen Kosten das Bistum Wien errichtet werden sollte, zu entkräften geeignet war. Der Herzog behauptete nämlich, daß der Patriarch von Aquileja, Wolfger, zu der Zeit, da er noch Bischof von Passau war, selbst den Papst Cölestin um Teilung seines Bistums habe bitten wollen; denn dasselbe sei so groß, daß ein einziger Mann den Pflichten des Hirtenamtes nicht in genügender Weise gerecht werden könne1. Cölestin III. bestieg den römischen Stuhl, Wolfger den von Passau im Jahre 1191, der Papst starb 1198; zwischen diesen beiden Terminen muß also der fragliche Plan bestanden haben.

Es wird zwar nicht ausdrücklich bemerkt, wo Wolfger den neuen Sitz errichten wollte; aber ein Bistum, welches der Entlastung von Passau dienen sollte, konnte, wie ein Blick auf die Karte lehrt, nur im östlichen Teile der Passauer Diözese, also im Herzogtum Österreich liegen. Wenn also Bischof Wolfger damals an derartiges gedacht hat, so mußte er sich zunächst

1 Wir kennen die Gründe, welche für die Notwendigkeit eines Bistums in Österreich geltend gemacht wurden, aus dem Briefe, welchen Innocenz III. in dieser Angelegenheit an Bischof Mangold von Passau schrieb, und in dem er ihm von dem Gesuche Leopolds Mitteilung machte (1207 April 14, Potth. 3085). Da nun die vom Papste aufgezählten einzelnen Punkte eine genaue Vertrautheit mit den österreichischen Verhältnissen zeigen, so unterliegt es keinem Zweifel, daß dieselben aus einer schriftlichen Eingabe Herzog Leopolds übernommen sind, und daß sie deshalb auch als dessen geistiges Eigentum beansprucht werden dürfen. Dies tat auch Juritsch, a. a. O. 386. - Die hier in Betracht kommenden Worte lauten: Quod utique venerabilis frater noster . . Aquilegensis patriarcha, dum Pataviensi ecclesiae praesideret, provide circumspiciens, in votis dicitur habuisse fel. rec. C. papae praedecessori nostro cum instantia supplicare, ut in provincia seu potius provinciis tam diffusis alium praeter se antistitem ordinaret, quibus ut expertus agnoverat per unum immediate pastorem spiritualia sacramenta non posse congrue ministrari.

von

mit dem österreichischen Herzog in Verbindung setzen. Herzog Österreich und Steiermark war bis 1195 Leopold V. Nach seinem Tode folgten ihm seine Söhne, und zwar in Österreich Friedrich I. († 1198), in Steiermark Leopold VI. Daß schon unter Leopold V. wegen Errichtung des neuen Bistums verhandelt worden sei, ist deshalb so gut wie ausgeschlossen, weil dieser Herzog wegen der Gefangennahme seines Todfeindes Richard Löwenherz von England andauernd mit der Kurie auf gespanntem Fuße stand1. Daß dagegen unter Herzog Friedrich I. die Möglichkeit einer Verständigung zwischen den bei der Errichtung des geplanten Hochstiftes maßgebenden Persönlichkeiten leichter war, ist sicher. Herzog Friedrich erwies um der Seelenruhe seines Vaters willen dem Papste einiges Entgegenkommen in der Frage des englischen Lösegeldes, wegen dessen jener sich mit Rom veruneinigt hatte, und Bischof Wolfger war einerseits mit dem Herzoge sehr eng befreundet, andererseits war er bei Kaiser Heinrich VI. wie bei Papst Cölestin persona gratissima: er vermittelte seit 1195 die Friedensverhandlungen zwischen beiden, welche schließlich zu dem Kreuzzuge von 1197 führten3. Es fragt sich nun, was Wolfger denn von ihm soll die Initiative zu der neuen Gründung ausgegangen sein gewollt hat. Nach seiner herrschgewaltigen Natur zu urteilen, ist es ganz ausgeschlossen, daß er, wie Innocenz III. später behauptete, um eine Verkleinerung seines Amtsbezirkes gebeten habe, da derselbe für eines Mannes Kräfte zu groß sei. Es ist bekannt, wie Wolfger stets und mit allen Mitteln darauf bedacht war, die Macht des Passauer Bistums zu vermehren; und darüber hinaus beschäftigte er sich andauernd mit den Reichsangelegenheiten: wiederholt war er hier in hervorragendem Maße bei den wichtigsten Verhandlungen tätig*; und

1 König Richard stand als Kreuzfahrer unter dem besonderen Schutze des Papstes, und Herzog Leopold war, da er sich an jenem vergriffen hatte, seit 1192 December dem päpstlichen Banne verfallen; erst auf seinem Totenbette wurde er durch Erzbischof Adalbert von Salzburg wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen. Juritsch, a. a. O. 323–345. 2 Er leistete vor der Beisetzung seines Vaters einen Eid, den kirchlichen Forderungen in allen Punkten nachzukommen. Juritsch, a. a. O. 345. Gehalten hat er sein Versprechen allerdings nicht.

3 Kalkoff, a. a. O. 16.

Er führte die Verhandlungen in Sachen der Gefangennahme König Richards 1192-1194; er vermittelte den Frieden zwischen Heinrich VI.

später trieb ihn sein Machtbedürfnis, welches er in dem großen Passauer Sprengel noch nicht befriedigt sah, seine Wahl zum Patriarchen von Aquileja durchzusetzen, und selbst auf diesem Bischofssitze, dem ersten des Abendlandes nächst dem römischen, begnügte er sich nicht mit den Amtsgeschäften: vielmehr war er, an der Grenze Italiens und Deutschlands gebietend, mehr denn je als Vermittler zwischen dem Papste und den deutschen Herrschern tätig1; zwei Könige vertrat er als erfolgreicher Reichslegat in Italien. Das mag genügen, um die Annahme, Wolfger habe sich dem großen Bistum Passau nicht gewachsen gefühlt, in das Reich des Unmöglichen zu verweisen. Wenn er also irgendwelche Bistumspläne gehegt hat, und die Tatsache dürfen wir nicht bezweifeln, so bleibt meines Erachtens nur die eine Möglichkeit, daß er an die alte, für seinen Ehrgeiz gewiß verlockende Überlieferung anknüpfte, welche auf ein Erzbistum in Lorch oder Wien hinwies. Sollte ein solches verwirklicht werden, so mußte natürlich, um die nötigen Suffraganbistümer zu schaffen, der Passauer Sprengel geteilt werden. Bischof Wolfger mag den Herzog Friedrich für die Gründung eines Erzstiftes in Österreich interessiert haben, er hat vielleicht auch dem Papste, mit dem er im Jahre 1195 persönlich verhandelte, seine Pläne einmal vorgetragen. Über das Stadium mündlichen Meinungsaustausches hinaus wird aber die Angelegenheit nicht gediehen sein; von schriftlichen Verhandlungen wissen wir nichts. Und binnen

und Cölestin III. 1195; er verhandelte an Stelle des verstorbenen Erzbischofs Konrad von Mainz zwecks Beilegung des Thronstreites zwischen Philipp und Otto 1200 (BF. 53 a); er ist wahrscheinlich der Urheber der Fürstenerklärung von 1202 zu Gunsten Philipps (BF. 65, MG. CC. II, 5 nr. 6; vergl. Kalkoff, a. a. O. 27 ff.)

1 Wolfger ist zuerst 1205 Juni 4 in vertraulicher Mission Gesandter des Papstes an Philipp (Potth. 2529); 1207 vermittelt er den Frieden zwischen Innocenz und Philipp, sucht auch zwischen Philipp und Otto zu verhandeln; 1208 geht er als Gesandter Philipps an den Papst. 1209 und 1210 nimmt er im Auftrage Ottos die Rechte des Reiches in Italien wahr und verhandelt deshalb wiederholt mit Innocenz III.

2 Ernennung zum Reichslegaten durch König Philipp 1208 Februar (BF. 179); durch König Otto 1209 Januar 13 (BF. 259). Vergl. J. Ficker, Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens II, 152-155.

3 Kalkoff, a. a. O. 16.

kurzem konnte von der ganzen Sache überhaupt nicht mehr die Rede sein, denn es brachen zu stürmische Zeiten herein. 1197 waren Herzog Friedrich und Bischof Wolfger ins heilige Land gezogen, und dann folgten einander rasch mehrere Todesfälle: 1197 starb Kaiser Heinrich, 1198 Papst Cölestin und im gleichen Jahre, fern von der Heimat, in den Armen seines bischöflichen Freundes, Herzog Friedrich I. Als Wolfger nach Deutschland zurückkehrte, war dort der Thronstreit zwischen Philipp und Otto entbrannt, die Wirren desselben nahmen ihn zunächst ganz in Anspruch, und als ihn im Jahre 1204 sein Glücksstern auf den Patriarchenstuhl von Aquileja führte, hat er an seinen früheren Plan wohl nicht mehr gedacht. Dennoch aber trug die Anregung, die von ihm ausgegangen war, ihre Früchte. Des verstorbenen Herzogs Bruder, Leopold VI. von Steiermark, seit 1198 auch Herzog von Österreich, welcher von den Plänen Wolfgers gehört hatte, nahm den Gedanken eines österreichischen Bistums im geeigneten Moment auf und suchte ihn, freilich in einer von den Ideen Wolfgers grundverschiedenen Weise, zu verwirklichen1.

[blocks in formation]

In den ersten Jahren des Thronstreites zwischen Philipp und Otto waren alle Gemüter in Deutschland so vollständig durch die Wechselfälle und Schwankungen dieses großen Kampfes in Anspruch genommen, daß dahinter jedes politische Sonderinteresse zurücktreten mußte. Seit dem Jahre 1204 aber hatte

1 F. Blumberger, Archiv für österr. Geschichte 46, 286 ff. nimmt an, daß schon zu Ende des 12. Jahrhunderts am babenbergischen Hofe die Errichtung eines Bistums in Wien geplant gewesen sei, und daß Bischof Wolfger die berüchtigten Passauer Fälschungen begangen habe, um durch die Gründung eines Erzbistums in Lorch den Plänen der Herzöge von Österreich entgegen zu wirken oder sie zum eigenen Vorteil auszubeuten. Gewiß ist Blumberger darin rechtzugeben, daß Wolfger von Passau schon eine Fälschung zuzutrauen sei, wenn sie nur dem Gedeihen seines Bistums diente (S. 291, Anm. 2), aber die ganze Konstruktion wird hinfällig durch den von W. Hauthaler (Mittheilungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung 8, 604—609) erbrachten, von M. Tangl in der Hauptsache wenigstens bestätigten Nachweis, daß die Handschriften, aus denen wir die Passauer Fälschungen kennen, schon der ersten Hälfte oder der Mitte des 12. Jahrhunderts entstammen (vergl. E. Dümmler, Berliner Sitzungsber. 47, 765 f.).

sich das Übergewicht so vollständig auf die Seite des Staufers gelegt, daß es nur eine Frage der Zeit zu sein schien, wie lange sein welfischer Gegner den ungleichen Kampf noch fortzuführen im Stande sei. Schon 1205 glaubte Philipp zum entscheidenden Schlage ausholen zu können; er wollte die ihn bekämpfende welfisch-englische Koalition in ihrem Herzen treffen, er unternahm es, den Gegnern die mächtige Stadt Köln zu entreißen. Auch Herzog Leopold VI. leistete ihm mit stattlichem Aufgebot Heeresfolge. Allerdings gelang die Bezwingung der wohlbefestigten Stadt in diesem Jahre noch nicht; aber die große Machtentfaltung der staufischen Partei hatte den Gegnern doch einen schweren Stoß gegeben; ohne des Babenbergers weitere Hilfe vermochte Philipp den Kampf in den nächsten Jahren zu Ende zu führen. Leopold konnte, da er den Sieg in Philipps Händen wußte, sich nach dem Feldzuge von 1205 wieder ganz der Regierung seiner Herzogtümer widmen1. Jetzt schien es ihm an der Zeit, auf den Plan, in seinen weiten Ländereien einen bischöflichen Sitz zu errichten, zurückzukommen.

Wenn nicht alles trügt, so hat der Zug gegen Köln wesentlich dazu beigetragen, seine Aufmerksamkeit auf diesen Punkt zu richten. Er war durch einen großen Teil des Reiches gezogen, hatte dabei sicher mehrere Bischofssitze berührt, um schließlich als einziger Fürst von Philipps Gefolge die unbezwungene Feindesstadt zu betreten er sollte mit dem Gegenkönig Verhandlungen anknüpfen, ein Auftrag, zu welchem ihn seine Redegewandtheit besonders geeignet erscheinen ließ3: dabei hatte er den Eindruck bekommen, daß nächst Köln doch keine Stadt im Reiche sich mit seiner Hauptstadt an

[ocr errors]

1 Er ist von 1205 Oktober bis zum Tode Philipps nicht wieder am Königshofe erschienen; er hat, so weit wir sein Itinerar verfolgen können, in diesen Jahren seine Herzogtümer nicht verlassen.

2 Chron. reg. Col. (MG. SS. rer. Germ.) 223; es ist zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber nicht zu bezweifeln, daß Herzog Leopold und König Otto in und nicht etwa vor den Toren von Köln verhandelten; denn Otto, welcher wenige Tage vorher bei einem Ausfall schwer verwundet war (1. c. 177), lag deshalb sicher in der Stadt auf dem Krankenbette.

3 Arnold von Lübeck nennt den Herzog bei der Schilderung des Reichstages zu Würzburg (1209 Mai 24), wo Leopold als Sprecher der Reichsversammlung auftritt, einen vir facundissimus et litteratus (Arn. Lub. MG. SS. rer. Germ. 291).

« AnteriorContinuar »