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denn ein König von Österreich und Steiermark konnte schon verlangen, in seinen Ländern ihm untertänige Bischöfe zu haben, so wie die Kirchen von Prag und Olmütz dem Böhmenkönig gehorchten; denn darin ging Friedrich von vornherein über die Absichten Leopolds hinaus, daß er mehrere Bistümer errichten wollte. So verhandelte er in der gleichen Zeit, in der ihm der Kaiser die Königskrone bot, auch mit Papst Innocenz IV., welcher in Lyon residierte. Die Kurie kam allen Wünschen des Herzogs bereitwillig entgegen: hoffte sie doch, ihn so vom Kaiser abzuziehen. Die Lage schien jetzt wie geschaffen zur Gründung einer österreichischen Landeskirche; weder vom Kaiser noch vom Papst war Widerspruch zu erwarten. Der greise Eberhard von Salzburg aber und Bischof Rudiger von Passau waren wegen ihrer unwandelbaren staufischen Gesinnung vollständig mit dem Papste zerfallen; beiden drohte fortwährend die Absetzung, eine Strafe, welcher Eberhard schließlich nur durch den Tod entging1, während Rudiger wirklich von ihr betroffen wurde. Für diese beiden Männer das war sicher würde sich an der Kurie keine Hand regen3, wenn der Herzog daran ging, seine Pläne auf Kosten ihrer Sprengel zu verwirklichen. Soweit wir sehen, hatte man am Wiener Hofe einen sorgfältig vorbereiteten Plan ausgearbeitet, nach welchem das künftige Königreich in verschiedene kirchliche Sprengel geteilt werden sollte. Störend freilich war es, daß in Steiermark der Bischof von Seckau saß, welcher von Erzbischof Eberhard die Regalien empfing. Aber

Kaiser in Aussicht gestellte Königskrone bereits verhandelt, ehe Heinrich von Bamberg im April 1245 in seines kaiserlichen Herrn Auftrag dem Herzog einen Königsring überbrachte. Ich glaube nicht fehlzugehen in der Vermutung, daß die scheinbar dicht bevorstehende Rangeserhöhung den Herzog auf den Gedanken gebracht hat, die kirchenpolitischen Pläne seines Vaters in großem Stile wieder aufzunehmen.

1 Eberhard starb 1246 Dezember 1 im Banne der Kirche, vergl. P. Aldinger, Die Neubesetzung der deutschen Bistümer unter Papst Innocenz IV. 1243-1254 (1900), S. 63.

2 Über die Kämpfe, unter denen Rudiger aus Passau vertrieben wurde, vergl. Aldinger, a. a. O. 89-92, 119-124, 135-138.

3 Dafür sorgte ihr Todfeind, der Archidiakon Albert von Passau; vergl. dessen Biographie von Ratzinger, Forschungen zur bayrischen Geschichte, S. 1-321; hier kommen besonders in Betracht S. 175-224. Wie überhaupt der Herzog in seinen letzten Jahren als ein reiferer und verständigerer Mann erscheint; vergl. Juritsch, a. a. O. 628.

das Glück war ihm günstig, im Oktober 1243 starb Bischof Heinrich von Seckau1, und der Herzog bewog den alten Erzbischof, zum Nachfolger des Verstorbenen den Magister Ulrich zu ernennen, den Protonotar der herzoglichen Kanzlei; hier saß also jetzt ein Mann, auf den sich Friedrich unbedingt bei Durchführung seiner Pläne verlassen konnte. Zwar stellte er dem Erzbischof bereitwilligst am 24. April 1244 den erbetenen Revers aus, es sollte durch die Beförderung des herzoglichen. Kanzleichefs zum Bischof von Seckau kein Präjudiz geschaffen werden 3. Das mochte Friedrich ruhig tun, wenn er hoffte, bald werde ihm das Bistum doch rechtlich unterstellt werden.

Aber Herzog Friedrich II., der, wie bemerkt, über eine größere Anzahl von Bistümern herrschen wollte, ging bald weiter. Zwei seiner Kanzleibeamten, der neue Protonotar Leopold und Notar Gottschalk, reisten im Auftrage ihres Herrn nach Lyon, um dort die babenbergischen Pläne vorzulegen und zu fördern 4. Mehrere Bistümer sollten gegründet werden; ja man hatte sogar schon einen im Lande bekannten Heiligen bereitgestellt, dessen Leib an einen der geplanten Bischofssitze überführt werden sollte, um so die Neugründung rascher beim Volke populär zu machen, den heiligen Koloman 5. Einst hatte, etwa im Jahre 1011, das Volk den frommen Palästina-Wallfahrer, den es für einen Spion hielt, kurzer Hand an einen Baum gehängt; später war dann der Leichnam in Melk beigesetzt worden. Innocenz IV. ernannte nun eine Kommission, bestehend aus den Äbten von Heiligenkreuz, Zwettl und Rein; sie sollten ihm berichten, einmal

1 Er starb am 7 Oktober; vergl. Aldinger, a. a. O. 34.

2 Meiller, Bab. Reg., S. 316; Ulrich war Protonotar seit 1241. 3 J. v. Zahn, Urkundenbuch des Herzogthums Steiermark II, 546 nr. 432. Juritsch, a. a. O. 634; die persönliche Anwesenheit Leopolds und Gottschalks an der Curie ist nicht zu bezweifeln; anders ist es schwer zu begreifen, daß sie, die vielbeschäftigten Kanzleibeamten Herzog Friedrichs II., in der kritischen Zeit vollständig verschwinden, um nachher wieder aufzutauchen; vergl. Meiller, Bab. Reg. S. 316. Ich verbessere hier einen kleinen Lapsus von K. Uhlirz, der, über die Beziehungen Herzog Friedrichs II. zur Kurie handelnd, den Sitz derselben nach Rom verlegt, Mittheilungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung, 21, 161. 5 Für diesen Heiligen hatte man eben damals begonnen, sich wieder lebhafter zu interessieren; vergl. Juritsch, a. a. O. 629.

Juritsch, a. a. O. 33 f.

Archiv. XCIII. Band. I. Hälfte.

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wo der heilige Koloman am besten eine neue Ruhestätte fände1, und dann, wie viele Bistümer der Herzog zu errichten gedenke und wo dieselben geplant seien2.

Man geht gewiß nicht fehl in der Annahme, daß die beiden Boten des Herzogs, der Protonotar und der Notar, ausersehen waren, die Leitung von Bistümern zu übernehmen 3: beide waren Geistliche und bekleideten die Magisterwürde. Der Papst erwies sich ihnen auch ungemein gnädig; Protonotar Leopold, welcher der Pfarre zu Wien vorstand, erhielt die Erlaubnis, außer dieser Pfründe noch eine zweite zu bekommen1; SO waren ihm von vornherein größere Einkünfte gesichert, wenn seine Pfarre Wien zum Bistum ausgebaut wurde. Und dem Notar Gottschalk wurde gestattet, neben seiner Pfarre Hollabrunn auch weiterhin die zu Klamm5 in Steiermark, welche er früher verwaltet hatte, zu behalten. So sicher schien bereits die Errichtung eines Bistums zum mindesten in Wien, daß der Protonotar nach Heimkehr der Boten seine Kanzlei

1 Berger 1102, 1245 März 8; am 7. März hatten übrigens dieselben drei Äbte den Auftrag erhalten, gegen Rudiger von Passau eine Untersuchung einzuleiten (Berger 1101); der Zusammenhang liegt auf der Hand: hatte man einen Grund gefunden, mit Kirchenstrafen gegen den Passauer Bischof vorzugehen, so konnte man bei der Gelegenheit am besten auch gleich die Beschneidung des Passauer Bistums vornehmen. Berger 1103, 1245 März 8.

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3 Als Eberhard II. von Salzburg das Bistum Seckau gründen wollte, ließ er die Verhandlungen in Rom durch den Propst Karl von Friesach führen, denselben, welchen er zum ersten Bischof ausersehen hatte. Ein ähnlicher Zusammenhang wurde oben S. 25 vermutet in Bezug auf die römische Mission von Leopolds VI. Leibarzt, Magister Gerhard, welcher vielleicht vom Herzog zum Bischof von Wien bestimmt war.

4 Berger 1047, 1245 Februar 22, siehe Urkundenanhang nr. 2. Die Abschrift der drei im Anhange mitgeteilten, bisher nur aus dem Regest Bergers bekannten Urkunden besorgte mir das Kgl. Preußische historische Institut in Rom; für die Kollation habe ich Herrn Dr. Schellhass zu danken. 5 Die in Anmerkung 7 zitierte Urkunde nennt de Holeprunne ed de Clamin ecclesias Salseburgensis et Pataviensis diocesum; Hollabrunn liegt in Passau, folglich muß,Clamin' zur Diözese Salzburg gehören; ich möchte vermuten, daß es sich um Klamm in Steiermark (heute Niederösterreich) südwestlich von Wiener-Neustadt handelt (vergl. SprunerMenke, Karte 38).

Als Pfarrer von Klamm ist Gottschalk, damals noch nicht Notar, schon 1239 April 22 nachweisbar (vergl. v. Zahn, Urkundenbuch des Herzogthums Steiermark II, 484, nr. 372).

1 Berger 1046, 1245 Februar 22, siehe Urkundenanhang nr. 1.

würde niederlegte, um nur noch die Pfarre, die ja demnächst zur Hochkirche erweitert werden sollte, zu verwalten1. Sein Nachfolger als Kanzleichef wurde nun Gottschalk 2. Wie erwähnt3, wollte Leopold VI., als er im Jahre 1207 die Errichtung eines Wiener Bistums plante, zum Sitze desselben das Schottenkloster erheben; ob Herzog Friedrich II. ein gleiches vorhatte, wissen wir nicht; jedenfalls aber fürchteten es die Schottenmönche. Denn ebenso, wie sie im Jahre 1207 durch Innocenz III. zum Schutze gegen die Absichten des Herzogs ihre Rechte und Besitzungen feierlich hatten bestätigen lassen, so traten sie auch jetzt von neuem, um für alle Fälle gesichert zu sein, unter päpstlichen Schutz 5. Zwar erhielten sie nur eine schlichte Urkunde, zur Ausstellung eines großen Privilegs hatte man an der Kurie im Frühjahre 1245 wohl keine Zeit; denn es gab dort, nachdem eben erst in Lyon die Kanzlei neu eingerichtet war, alle Hände voll zu tun zur Vorbereitung des allgemeinen Konzils, welches der Papst für den Sommer ausgeschrieben hatte. Aber die Schottenmönche waren jedenfalls durch die Urkunde vom 7. März 1245 gedeckt.

Noch eine weitere päpstliche Maßregel hatte Herzog Friedrich erwirkt, welche mit seinen kirchenpolitischen Plänen in

1 Leopold urkundet als Protonotar zuletzt 1244 Juli 1 (Meiller, Bab. Reg., Friedrich II. nr. 136), also vor der Lyoner Reise; nach derselben erscheint er nur als Wiener Pfarrer, 1246 Januar 8 (nr. 151). Oder legte er etwa sein Kanzleiamt nieder, weil er Erzbischof von Wien werden sollte und als solcher nicht gut Protonotar bleiben konnte? Siehe unten S. 37.

2 Gottschalk erscheint als Protonotar zuerst 1245 April 11, also unmittelbar nach der Lyoner Reise (Meiller, a. a. O. nr. 145).

3 Siehe oben S. 22 f.

4 Siehe oben S. 22, Anm. 3.

5 Potth. 11579, 1245 März 7; die Urkunde für die Schotten wurde am gleichen Tage ausgestellt, an dem der Prozeß gegen Rudiger eingeleitet wurde, und am nächsten Tage (vergl. oben S. 34, Anm. 1, 2) ergingen dann die päpstlichen Aufträge, welche die Gründungspläne des Herzogs betrafen; so zeigt auch hier der chronologische Zusammenhang der Urkunden deutlich den sachlichen.

• Von 1244 Ende Juni bis Anfang Dezember hat, wie das päpstliche Register Innocenz IV. zeigt, eine geordnete päpstliche Kanzlei überhaupt nicht bestanden. Auch wurde seit Innocenz IV. das große Privileg eine viel seltenere Form der Urkunde als unter seinen Vorgängern. 7 Das Konzil war ausgeschrieben 1245 Januar 3 (BFW. 7497); die Sitzungen fanden statt 1245 Juni 28, Juli 5 und 17.

Zusammenhang zu stehen scheint: der Abt von Kremsmünster erhielt für seine Person die Erlaubnis, sich der bischöflichen Insignien, der Mitra und des Anulus, zu bedienen1. Zwar ist im 13. Jahrhundert an und für sich eine derartige Auszeichnung für einen Benediktinerabt ebenso wenig etwas Ungewöhnliches, wie die Verleihung mehrerer Pfründen, welche den beiden herzoglichen Kanzleibeamten zuteil wurde; aber da alle diese Maßregeln mit besonderer Bezugnahme auf den Herzog geschahen und das gerade in dem Augenblick, als derselbe seine kirchenpolitischen Pläne verwirklichen wollte, so läßt sich hier ein ursächlicher Zusammenhang doch nicht ganz von der Hand weisen: wie es scheint, sollte bei Durchführung des Projektes auch Abt Heinrich von Kremsmünster zum Bischof erhoben werden.

Hält man alle Nachrichten zusammen, so kann man in den Umrissen wenigstens erkennen, wie der Herzog seine Länder kirchlich einzuteilen gedachte 2. In Österreich ist es offenbar der Pfarrer von Wien, Protonotar Leopold, welcher zum Bischof ausersehen ist; sein Sitz sollte natürlich Wien sein. In Steiermark saß bereits südlich der Tauern Bischof Ulrich von Seckau; sein Bistum konnte ohne Schwierigkeit der Landeskirche eingegliedert werden. Zwei Teile aber von Steiermark ließen sich kaum von Seckau aus kirchlich leiten, die Mark Pütten und der Traungau. Beide Gebiete waren durch hohe Gebirgsrücken von der Hauptmasse des steirischen Landes geschieden und beide wurden denn auch wenige Jahre nach dem Tode des letzten Babenbergers politisch vom Herzogtum Steiermark gelöst und zu Österreich geschlagen. In der Püttener Mark, deren Mittelpunkt die kräftig emporstrebende Wiener-Neustadt geworden war, lag dicht bei der Hauptstadt die Pfarre Klamm, der alte Sitz des Notars Gottschalk; in ihm darf man den in Aussicht genommenen Bischof von Wiener-Neustadt sehen. Für den Traungau endlich bot das zum Hochstift erhobene Kremsmünster den geeigneten kirchlichen Vorort. Erhielt dann der

1 Berger 1446, 1245 August 29, siehe Urkundenanhang nr. 3.

2 Ich möchte, um mich gegen den Vorwurf der Phantasterei zu decken, ausdrücklich betonen, daß ich mir in diesem Punkte der Kühnheit meiner Kombinationen wohl bewußt bin; ich glaube aber doch, daß dieselben nach dem Stande unserer Kenntnisse durchaus nicht unwahrscheinlich und zum mindesten diskutabel sind.

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