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Mehr Original-Urkunden befißt jedoch die Stadt nicht. Wahrscheinlich sind alle übrigen Urkunden entweder bei den kaiserlichen und polnischen Durchmärschen und Plünderungen 1659 und 1660, bei welchen die Stadtpapiere zerrissen und zu Patronen verbraucht wurden, oder in dem großen Brande vom 6. Nov. 1697, welcher auch das Rathhaus verzehrte, untergegangen und die noch vorhandenen Urkunden mit einigen alten Acten nur durch einen Zufall gerettet worden. In der ersten Hälfte des 17. Jahrh. werden die Original-Privilegien der Stadt noch wiederholt erwähnt; seitdem ist aber von denselben nicht mehr die Rede.

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Ich hatte aber das Glück, im J. 1849 sämmtliche Urkunden der Stadt in Abschrift zu entdecken. In der Stadt-Registratur ward ein altes Stadtbuch aufbewahrt, welches allein durch einen glücklichen Zufall aus den wiederholten Unglücksfällen, welche die Stadt getroffen haben, gerettet zu sein scheint. Der Herr Senator Schultetus, welcher mit besonderm Eifer die Geschichte der Stadt verfolgt, legte mir dieses interessante Buch vor, in welchem ich sogleich eine „Matrikel“ sämmtlicher Stadturkunden fand, von denen ich sodann Abschrift nahm. Im. I. 1553 legte nämlich der Stadtschreiber Sebastian Gildehof (1541 + 1558) ein neues Stadtbuch an und trug in dieses auf Begehren des Magistrates eine Abschrift sämmtlicher Stadturkunden nach ihren rechten Originalen in ihrer Originalsprache ein, von ihm selbst „Matrikel“ genannt, denen er eine deutsche Uebersetzung beifügte. Er schickte seiner Arbeit eine sehr originelle, launige Einleitung 1) (protestatio consulatus acta anno domini 1553) vorauf, durch welche er die Verdienstlichkeit seiner Arbeit begründet, über die er viele treffende Ansichten vorträgt. Außer der Abschrift der durch Schröter be reits veröffentlichten Urkunden enthält diese Matrikel noch ungefähr 25 Urkunden, welche bisher ganz unbekannt gewesen und die wichtigsten und interessantesten Urkunden sind, welche die Stadt je besessen hat. Sebastian Gildehof hat somit nach 300 Jahren seinen Zweck erreicht, nämlich daß man, wenn auch die Original-Urkunden untergehen möchten, „noch eine Anleitung zur rechten Wahrheit habe"; denn er habe die Arbeit nicht unter nommen zu Gefallen den Muthwilligen, die nichts anders „suchen, als Aufruhr zu erwecken, daß sie daraus etwas spinnen möchten, womit sie sich kiheln könnten, nicht vom Streben nach Einigung beseelt, sondern nur um Muthwillen zu erregen, Un gehorsam gegen ihre gebührliche Obrigkeit, unangesehen woher

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1) Vgl. Urk. Samml. Nr. I.

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„und von wem fie alle ihre Güter und Freiheiten erhalten, denn „man müsse sich wohl zuweilen zu einer Dienstbarkeit gebrauchen „lassen, zu der man nicht verpflichtet sei, namentlich in Betracht jener alten Zeit, in der wohl manches habe geschehen können, „dessen sich die jeßige Zeit nicht rühmen dürfe, daher man alle Dinge mit Unterschied und nach Gelegenheit behandeln und ein Ding oft anders wissen müsse: wer nicht zuweilen durch die „Finger sehen kann, der kann nicht lange regieren; wer sich zu „hart schneuzt, - dem blutet die Nase; wer oben hinaus will, stößt fich am Dache; man kann nicht immer den Sticken treffen, sondern es ist genug, wenn man zum Male schießt. Aber es gehe allen jungen Regimentern gleich; wenn sie das Amt an„greifen, so wollen fie allewege elf Kegel treffen, und es stehen „doch nur zehn auf der Bahn" u. s. w.

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Zu diesem Schaße kommen noch ungefähr 40 Urkunden des großherzoglichen Archive zu Schwerin, welche nach und nach entdeckt sind und entweder die Geschichte der Stadt berühren oder auch ganz in die Reihe der städtischen Urkunden gehören.

War früher die Armuth an Urkunden über die Stadt Plau drückend, indem nur die erste Privilegienbestätigung vom J. 1235 bekannt war, so ist es jezt der Reichthum. Jedoch soll mit den nöthigsten Forschungen das Wichtige und Bedeutende in den folgenden Zeilen zur Darstellung kommen.

2. Die Gründung und das Stadtrecht. Wahrscheinlich bestand schon vor der Gründung der deutschen Stadt ein kleinerer, wendischer Ort an der Stelle der Stadt, da der Name 1) derselben (Schwemme) noch wendisch und die Lage an der Ausströmung eines Flusses aus einem großen und schönen Landsee zu wichtig ist, als daß sie nicht Ansiedler, namentlich Fischer herbeigelockt haben sollte. Jedoch wird der Ort nicht von Bedeutung gewesen sein, da zur heidnischen Zeit eine Viertelmeile

1) Plawe oder Plawis, wie die alte Form des Stadtnamens lautet, heißt auf deutsch: Schwemme. Im oberlausißer Dialekte heißt:

plawa: die Schwemme, von

plawicz: schwemmen, von

pluwacz: fchwimmen;

im böhmischen Dialekte:

plawnice: die Schwemme, von

plawim: schwemmen, flößen, schiffen, von
plynu fchwimmen, fließen.

nördlich davon, am See, die fürstliche Gauburg Quißin 1) und eine Viertelstunde südlich, im Walde, die fürstliche Domaine Garz 2) mit einer Burg lag, welche beide erst bei der Christianifirung der Gegend untergingen. Auch wird vor der Gründung der Stadt weder der Ort Plau, noch der See nach demselben genannt, und die mittelalterliche Burg bei Plau ward erweislich erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. gegründet, obgleich die Lage derselben sehr vortheilhaft ist.

In welchem Jahre die Stadt gegründet sei, läßt sich nicht urkundlich bestimmen, da die Stiftungsurkunde schon längst verloren gegangen ist und schon im J. 1553 fehlte, indem der Stadtschreiber Sebastian Gildehof in der Rathsmatrikel ausdrücklich sagt:

Der allerirsten wendisken hern, de irstlig de stadt gesticht vnnd to bowende vorgundt hebben, de is nich vorhanden; who ouers th dar eyne geweset is, szo is de des andern, dede volget, ludesz geweset, vnnd sinth der suluigen hern veder vnnd eldern geweset, vnd werth sich velichte vp ein iar edder XVI vorlopen twisken der tydt.

Die erste Urkunde der Stadt, die Bestätigung der Privilegien, ist vom J. 1235. Die Angabe, daß die Stadt im J. 1228 gegründet sei, ist daher rein erdichtet. Diese Angabe findet sich zuerst bei v. Behr 3) und Klüver 4), darnach bei Franck 5), worauf v. Kampp6) ganz bestimmt von den ältesten landesherrlichen Privilegien von 1228 und 1235" redet, fich dabei aber nur auf die angezogenen Stellen bezieht, in denen aber von einem Privilegium" von 1228 nirgends die Rede ist. Schon Rudloff) sagt nur das allein Richtige, nämlich daß die vier fürstlichen Brüder im J. 1235 die Stadt Plau mit erweiterten Freiheiten begnadigt haben, indem er die Gründung der Stadt ganz allgemein und unbestimmt in eine etwas frühere Zeit 8) hinaufrückt. Diese ältern, falschen Angaben sind allein aus Chemnitz 9) gezogen, welcher ganz unbestimmt berichtet: „Es

"

1) Vgl. die voraufgehende Abhandlung Nr. 5.

2) Vgl. die voraufgehende Abhandlung Nr. 4.

3) v. Behr Rer. Meclenb. libr. p. 1764 und 186:

,,Condidit illud (oppidum Plawe) Henricus 1. Burwinus anno ,,1218, vel rectius ejusdem nepos Johannes II. Theologus anno ,,1228, cum communibus auspiciis provinciae praeesset".

4) Klüver Beschr. des Herzogth. Meklenb. 11, S. 306.

5) Franck U. u. N. Mekl. ¡V, S. 115.

6) Vgl. v. Kamps Civilrecht des Herzogth. Mecklenb. I, 1, S. 206.

7) Vgl. Rudloff Mecklenb. Gesch. II, 1, S. 34.

8) Vgl. das. 1, S. 209 und 241.

9) Chemnitz Genealochron. Mcclenb. in Westphalen Mon. ined. IV, p. 212.

baben aber die Brüder

eben in diesem Jahr, so baldt „ihr Vater mit Todt vorfahren, die Stadt Plawe gebawet", und dabei den Tod Borwin's II. bald in das Jahr 1228, bald in das Jahr 1235 seßt.

Es ist nun die Frage, wann die Stadt gegründet sei. Wie oben bewiesen ist, ist die Stiftungsurkunde schon im J. 1553 verloren gewesen. Die Privilegienbestätigung vom J. 1235 1), die älteste Urkunde der Stadt, giebt daher allein einen Anhaltspunct. In dieser sagen die vier Söhne Heinrich Borwins II.: Johann, Nicolaus, Heinrich (Borwin) und Pribislav, daß ihre verstorbenen Väter die Stadt Plau erbauet und mit Rechten begnadigt haben:

"patres nostri

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ciuitatem Plawe construxe

,,runt, iura ei et iudicia praestantes" etc. Hieraus geht mit Sicherheit hervor, daß schon Borwin I. und sein Sohn Heinrich Borwin II. die Stadt Plau gegründet haben, aber es ist ganz unbestimmt, wann dies geschehen sei. Daß es nicht im J. 1228 geschehen sein könne, geht daraus hervor, daß Borwin der Sohn am 4. Jun. 1226 und der Vater am 28. Jan. 1227 starb; vor der Mitte des F. 1226 muß also die Stadt gegründet worden sein. Das der Stadt Plau im J. 1235 bestätigte Recht ist wörtlich das parchimsche Stadtrecht. Die Stiftungsurkunde der Stadt Parchim 2), von Heinrich Borwin II. ausgestellt und von diesem und dem Vater Borwin I. besiegelt, ist nicht datirt, wird jedoch gewöhnlich in das J. 1218 gefeßt, sicher aber wohl einige Jahre zu früh 3); nach dem J. 1218 ist sie unzweifelhaft ausgestellt, da sie von dem Fürsten Heinrich von „Rostock" besiegelt ist, Borwin II. diesen Titel aber erst seit diesem Jahre führte. Plau ist aber jedenfalls nach Parchim gegründet. Die Zeit der Gründung der Stadt Plau läßt sich daher ziemlich genau bestimmen. Der Fürst Borwin I. schenkte nämlich mit seinen Söhnen dem DomCapitel zu Havelberg am 23. Dec. 1223 das Dorf Gardin 4) und am 29. Dec. 1223 das Dorf Gaarz 5), beide in unmittelbarer Nähe der Stadt Plau gelegen und jest zur Feldmark derselben gehörend; in beiden Urkunden wird aber der Stadt Plau nicht gedacht, was ohne Zweifel geschehen sein würde, wenn sie damals schon gestanden hätte. Die Stadt wird also in der Zeit

1) Vgl. Urk. Samml. Nr. V. Diese Urkunde ist früher schon zwei Male gebrudt in Westphalen Mon. ined. I, p. 2100 und ÍV, p. 928, beide Male schlecht.

2) Gedruckt in Cleemann's Parchim. Chron. S. 94 flgd.

3) Vgl. Beyer in Jahrb. XI, S. 46, Not. 1.

4) Vgl. Urk. Samml. Nr. 111.

5) Vgl. Urk. Samml. Nr. IV. und Rostock. Wöchentl. Nachr. 1824, S. 165.

Jahrb. des Vereins f. meklenb. Gesch. XVII.

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vom Anfange des J. 1224 bis zur Mitte des J. 1226 gegründet worden sein; wahrscheinlich ist sie um das J. 1225 gegründet, nachdem die havelberger Geistlichkeit in der Nähe den Anfang zur Cultivirung gemacht hatte.

Es ging mit der Gründung und dem Aufbau der Stadt gewiß sehr langsam, indem die Gegend noch sehr wild und verlassen war. Die Privilegienbestätigung vom J. 1235 deutet darauf hin, daß erst damals der ernsthafte Anfang zur Ordnung der Stadt gemacht ward; vielleicht war über die erste Gründung gar keine schriftliche Urkunde ausgestellt gewesen.

Daß übrigens im J. 1235 das städtische Leben schon im Gange war, beweiset der Umstand, daß am 3. Aug. 1235 der Pfarrer Hermann von Plau mit dem Pfarrer Engelbert von Kuppentin bei dem schweriner Bischofe Brunward zu Warin 1) war, um nicht allein eine Bestimmung des Sprengels der nahen kuppentiner Pfarre zu erwirken, sondern wahrscheinlich auch die Verhältnisse der plauer Pfarre zu ordnen.

Der Bau der Stadt Plau und die Cultivirung der Stadtfeldmark scheint aber erst seit dem J. 1235 mit Eifer betrieben zu sein. In diesem Jahre nämlich, ohne Angabe des Tages, bestätigten die 4 Söhne des Fürsten Heinrich (Borwin II.) von Rostock oder Werle: die Brüder Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislav, Herren von Werle, der Stadt Plau die ihr von ihren Bätern gegebenen Privilegien 2). Damals standen die beiden jüngeren Brüder noch unter der vormundschaftlichen Obhut der beiden älteren, es trat aber gerade der Zeitpunkt ein, wo der dritte der Brüder volljährig ward 2); daher existirte früher auch noch eine zweite Ausfertigung dieser Confirmation, in welcher die Fürsten die Namen Johann, Nicolaus, Borwin und Pribislav trugen 3): der dritte der Brüder erhielt den Namen Borwin mit seiner Volljährigkeit.

Das Land Plau mit der Stadt gehörte zur Herrschaft des jüngsten der 4 Brüder, des Fürsten Pribislav. Diesem war in der Hauptlandestheilung das alte Land Warnow zugewiesen, welches die Gaue Parchim mit Brenz, Ture (Lübz), Kuthin oder Quizin (Plau), Goldberg und Sternberg oder Richenberg umfaßte. Im J. 1238 trat nun der Fürst Pribislav I. von Parchim, oder später von Richenberg

1) Vgl. Urk. Samml. Nr. VI.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. V.
3) Vgl. Jahrb. X, S. 19 und 46.

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