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fort das Gedichtchen auf Agathon. Wohl möchten wir es alle seiner bestrickenden Schönheit halber gern dem Plato zusprechen. Aber nur aus der Person des Sokrates könnte der es gedichtet haben, und hiergegen entsteht sofort ein Bedenken. Das ihm zugrunde liegende Bild kehrt in der jüngeren Poesie mehrfach wieder (Meleager A. P. V 170, 3 εἴθ ̓ ὑπ ̓ ἐμοῖς νῦν χείλεσι χείλεα θεῖσα átvevőtì yvyàv tàv ev ¿μoì xолíο, Propeгz I 13, 17 et cupere optatis animam deponere labris verbis Hss. et quae deinde meus celat amice pudor, A. P. V 13, 3, Bion Epit. Ad. 47). Ein altalexandrinisches Vorbild erschließen wir mit Sicherheit, doch könnte dies nach dem bösen Witz des Aristophanes (Wolken 712) sehr wohl an eine ältere attische Dichtung anschließen; in dem AgathonEpigramm ist der Gedanke schon umgebogen 1). Aber die Vorstellung gehört der Schilderung der äußersten ¿owroμavía, nicht der Seelenfreundschaft an. Sollte gerade der Verfasser des Symposion seinen Sokrates so sprechen lassen? Den Beweis schließt das Liedchen, in dem Xanthippe genannt wird, das wieder notwendig sein schöneres Gegenbild (Tộ μýλo ßáhlo 6ɛ) nach sich zieht. Es scheint mir bei dem Zusammentreffen dieser drei Namen untunlich, in jedem Einzelfall zu der Annahme einer Homonymie die Zuflucht zu nehmen. Von Sokrates oder, wenn das gleich zurückgewiesen wird, aus der Person des Sokrates sind diese Epigramme gedichtet, und das Archeanassa-Gedicht ordnet sich ihnen gut ein.

Auf Plato entfällt das Dio-Epigramm, das in der tiefen Erschütterung nach der Katastrophe, wie mich nach v. Wilamowitz besonders M. Pohlenz überzeugt hat, für ihn besser als für irgend jemand begreiflich ist. Aus dem Charakter der literarisch erhaltenen athenischen Epigramme der Zeit fällt es nicht heraus, wiewohl der wohl aus einer Tragödie entnommene Anfang und der Schluß ganz individuell empfunden sind; die Überschwänglichkeit des letzten Verses entspricht der Seelenstimmung, und begreiflich ist, daß sich der Schmerzensausbruch in der geschichtlichen Lite

zogen wäre das Gedicht kaum weniger unbegreiflich als eine Klage Platos, daß der schöne Alkibiades ihm untreu geworden sei.

1) Die Lesung des Diogenes sizov ist an sich begreiflich, ja zunächst als einfachster Ausdruck des ursprünglichen Gedankens ansprechend, aber sie schädigt den Anschluß des Pentameters. Die besser bezeugte Lesung oxov läßt den Liebenden über die návrolμos vzń, die er beinahe verloren hätte, zürnen (die byzantinische Schreibung Svaigos kommt nicht in Frage). Das Grundempfinden, das in der Quelle des Meleager und Properz noch zum Ausdruck gekommen sein wird, ist umgebogen, anders, doch ähnlich wie das Empfinden in dem ArcheanassaEpigramm.

ratur oder den Streitschriften der Schulen erhalten konnte. Aber schon bei den beiden Gedichten auf den unbekannten schönen Jüngling würde ich weniger zuversichtlich sprechen. Stimmungsvolle Situationsschilderung, die sich ja leicht ersinnen läßt, genügt mir nicht zum Beweis; die Erhaltung ist schwerer zu erklären, und der Verdacht liegt nahe, daß das zweite nur zugefügt ist, um den anmutigen Gedanken steigernd zu variieren (vgl. die beiden ApfelEpigramme).

Wie der Verfasser jenes Schwindelbuches verfuhr, ist nun wohl klar. Er fand drei Epigramme dem Plato zugeschrieben, die eine gehässige Deutung zuließen, aber freilich durchaus nicht erforderten. So nahm er eine, vielleicht mit ihnen irgendwie verbundene Reihe aus der Person des Sokrates geschriebener Gedichtchen hinzu, ohne sich um die chronologischen Schwierigkeiten groß zu kümmern, und erreichte nun wundervoll sein Ziel: mit der späteren Frau seines Lehrers und den Hauptpersonen seines den Eros preisenden Dialogs hat der gefeierte Philosoph in unwürdigen Beziehungen gestanden 1). Man kann die Steigerung noch aus dem pathetischen &λlà μǹv xaí des Diogenes herausfühlen.

Freilich das Rätsel, das diese Epigramme dem Philologen aufgeben, ist damit noch nicht gelöst. Auch in der Sokrates-Reihe stehen zwei wundervolle Gedichte. Die Annahme, daß sie ersonnen sind, um den Philosophen herabzusetzen, wird auch in dieser Umbildung Vielen widerstreben. Ich denke, hier bringt das Archeanassa-Epigramm,, auf das ich im Eingang näher eingegangen bin, eine einfache Erklärung. Der Fälscher hat sich gar nicht die Mühe gegeben, selbst zu dichten. Er nahm ein oder das andere ältere Gedicht, wie sie noch immer oder schon wieder bei Gelagen vorgetragen wurden 2), und übertrug es auf den Meister der Liebeskunst Sokrates 3). Dazu mochte bei dem einen einfach der Name (Xanthippe) Anlaß bieten, bei anderen werden die Namen des sokratischen Kreises eingesetzt sein (etwa Agathon und Phaidros). Was er sonst etwa noch änderte, läßt sich so wenig mehr sagen, wie wir es für das Archeanassa - Epigramm feststellen könnten,

1) Der gealterten Dirne tritt die Jungfrau, dem Dichter der Redner gegenüber; jedes Gedicht bringt eine neue Person in der Aufzählung dieses omnivolus. 2) So bei den Stoikern nach dem Zeugnis Posidipps (A. P. V 133). Etwa gleichzeitig dichten die Söldner des Ptolemaios (Berliner Klassikertexte V S. 56 ff.). 3) Er wird also einem philosophischen Kreise angehört haben. Liegt in diesen Gedichtchen wirklich noch eine Art Angriff oder wenigstens Herabsetzung, so ist sie doch unendlich viel harmloser, als sie es durch deren Zuweisung an Plato wurde.

wenn das Vorbild nicht erhalten wäre. Der ganze Hergang wäre leicht zu begreifen, wenn damals wirklich noch, wie ich das vor dreißig Jahren für den Zwoós des Asklepiades, Posidipp und Hedylos vermutet habe, größere oder kleinere Sammlungen solcher лalyvia ohne Verfassernamen umliefen.

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Ein kurzes Wort verlangt noch das Verhältnis des Dioskorides zu diesen Epigrammen, da ich es vor fast dreißig Jahren zu Unrecht benutzt habe, um sie erst dem Ausgang des dritten Jahrhunderts zuzuschreiben, während man es neuerdings gerade dazu verwendet, ihr hohes Alter, ja womöglich ihre Echtheit" zu erweisen (v. Wilamowitz, Plato I 360, 1). Für beides scheint mir der Anhalt jetzt wegzufallen. Die Worte des Dioskorides V 55 ἀλλὰ τί μηνύω κυσὶν ὀστέα bezeugen nicht mehr notwendig das Alter des Phaidros-Gedichtes, sondern können auch aus dessen Original stammen; Antipater von Sidon und Philodem benutzen ja nachweislich nicht das platonische Archeanassa-Gedicht, sondern dessen Vorlage. Daß Dioskorides das Wort Exuaível, das er von der rein sinnlichen Empfindung gebraucht, dem Dio-Epigramm Platos entnommen haben müsse, in welchem es in eine ganz andere Sphäre übertragen ist, wird man jetzt nicht mehr behaupten können. Es hat in der von Dioskorides gewählten Verwendung nichts Auffälliges und liegt dem Plato voraus. Schwerer wöge es, wenn

wir wirklich in einem nicht in dem Loghistoricus überlieferten Plato-Epigramm“ A. P. IX 506 Εννέα τὰς Μούσας φασίν τινες ὡς ὀλιγώρως· Ἀνίδε καὶ Σαπφὼ Λεσβόθεν ἡ δεκάτη (nachgeahmt von Antipater von Sidon IX 66 und einem Anonymus IX 571) eine Vorlage für Dioskorides VII 407 sehen müßten, wie v. Wilamowitz (Sappho u. Simonides 41, 1) behauptet. Gewiß ist das Gedichtchen eine Art Apophthegma, und auch Apophthegmata können echt sein. Nur fehlt ein Beweis, daß Apophthegmata derart schon zu Platos Zeit sich in Epigrammform kleiden, und das Wort bietet gar nichts Individuelles. In das Wörtchen tivés braucht man, wie mir ein Mitglied unseres Seminars, H. Drexler bemerkte, nicht zu viel hineinzudeuten; es bezeichnet lediglich geringschätzig die Tollоí, ohne daß wir dabei daran zu denken brauchen, daß über die Zahl der Musen in älterer Zeit größere Unsicherheit bestand. Bietet wenigstens Dioskorides wirklich für das Alter des Epigramms ein Zeugnis? Vergleichen wir! "Hdiotov qiλéovói vέois л00бανάκλιμ ̓ ἐρώτων, Σαπφώ, σὺν Μούσαις ἡ ῥά σε Πιερίη Ἢ Ἑλικὼν εὔκισσος ἴσα πνείουσαν ἐκείναις Κοσμεῖ, τὴν Ἐφέσῳ μοῦσαν ἐν ἐγολίδι, Ἢ καὶ Ὑμὴν ̔Υμέναιος ἔχων εὐφεγγέα πεύκην Σὺν σοὶ νυμφιδίων ἵσταθ ̓ ὑπὲρ θαλάμων, Ἢ Κινύρεω νέον ἔρνος ὀδυρομένῃ

Αφροδίτη Σύνθρηνος μακάρων ἱερὸν ἄλσος ὁρᾷς; Πάντῃ, πότνια, χαῖρε θεοῖς ἴσα· σὰς γὰρ ἀοιδὰς Αθανάτας ἔχομεν νῦν ἔτι θυγατέρας. Auf einem religiösen Glauben beruhende Bilder (vgl. Bücheler, Carm. lat. epigr. II 1109, 31 and 1233, 17) 1) werden in Erinnerung an bestimmte Lieder der Sappho gezeichnet und dieser Glaube selbst in der Pointe rhetorisch gerechtfertigt. Die Reigentänze der Musen auf dem Helikon hat Sappho geschildert (fr. 147), scheint aber auch, wenn wir Dioskorides mit fr. 68 vergleichen, Pierien als Heimat der Musen anerkannt zu haben; den Hymenaios hat sie (vom Helikon) herbeigerufen und hat Aphrodite in dem Hain auf der Insel der Seligen (Managía) um Adonis klagen lassen (fr. 62). In diesem Zusammenhang heißen die Worte τὴν Ἐρέσῳ μοῦσαν ἐν Alolide wohl nur: in ihrer Heimat lebt sie selbst als Muse weiter; in ihr erschien ja die Muse in der Lesbierstadt (in jenen anderen Liedern erschien Sappho in die fernen Gegenden entrückt). Dieser Zug muß ebenfalls auf irgend ein Wort in den Gedichten selbst Bezug nehmen; für das „Plato-Epigramm" könnte er Quelle gewesen sein, aus ihm stammen kann er nicht. Auf ein bestimmtes Gedicht der Sappho geht ja auch A. P. IX 189 "Eidete nods tέuevos ταυρώπιδος ἀγλαὸν Ἥρης, Λεσβίδες, ἁβρὰ ποδῶν βήμαθ' ἑλισσόμεναι· Ἔνθα καλὸν στήσασθε θεῇ χορόν· ἔμμι δ ̓ ἀπάρξει Σαπφώ χρυσείην χερσὶν ἔχουσα λύρην. Ὄλβιαι ορχηθμοῦ πολυγήθεος· ἡ γλυκὺν ὕμνον Εἰσαΐειν αὐτῆς δόξετε Καλλιόπης. Der Verlockung, dies Gedicht mit fr. 82 Avra de où Kallióлα zu verbinden, möchte ich widerstehen; woher der Gedanke des Dioskorides stammt, scheint mir auch ohne das klar.

Die an sich noch harmlosere Fälschung von Sokrates-Epigrammen hat erst durch deren Übertragung auf Plato die ganze Niedrigkeit erhalten, die den Verfasser des Loghistoricus auszeichnet. Aber gerade seine Gemeinheit hat uns Perlen spätattischer und frühhellenistischer Dichtung erhalten, die niemand gern missen möchte. Nur auf die Namen Agathon oder Phaidros kommt mir wenig an, und auf den Namen Plato - nicht allzuviel. Freilich hat solch ein Erklärungsversuch bei der eigentümlichen Lage der Dinge nur den Wert einer Hypothese; sie ist aufzugeben, wenn sich eine andere findet, welche die Widersprüche leichter erklärt. Aber auf eine Erklärung, die alle acht Gedichte berücksichtigt, kommt es an, nicht nur auf die ästhetische Würdigung einzelner.

1) Mit ihnen verwandt empfindet Dioskorides die Vorstellung der Lyrik, daß der Dichter bei Lebzeiten auf den Helikon zu den Musen oder in den Kreis des Bakchos entrückt wird.

Athenisches Gesetz über Hestiaia um 445 v. Chr.

Von

F. Hiller v. Gaertringen.

Vorgelegt von R. Reitzenstein in der Sitzung vom 27. Mai 1921.

Der Epigraphiker war lange Zeit durch neue Funde verwöhnt. Aber wer jetzt nach einem Kulturlande wie Griechenland kommt, wird leicht finden, daß dort schon die einheimischen Gelehrten, besonders die eifrigen und mit recht achtbaren Kenntnissen und Fertigkeiten ausgerüsteten Ephoren, selbst ihre Schuldigkeit tun, das Neue finden, in Sicherheit bringen und verwerten. Aber hat der von auswärts kommende Philhellene darum weniger Arbeit? Ist denn aus den längstbekannten Steinen schon alles herausgeschöpft, was darin ist? Manche sind auch durch den Ort ihrer Veröffentlichung so vergraben, daß ein umsichtiger Gelehrter wie E. Preuner kommen muß, um diese edita inedita in der Studierstube wieder auszugraben. Andere mögen in den Scheden hervor ragender Forscher seit Jahrzehnten in unnachahmlicher Weise behandelt sein, aber die Fachgenossen können nur aus gelegentlichen Andeutungen erraten, was da ihrer noch an guten Dingen harrt. Noch anderes, was schon längst an einem exiqavéбtatos tóлos steht, σκοπεῖν τῷ βουλομένῳ, bleibt nichtsdestoweniger verwahrlost, weil man allgemein zu glauben scheint, daß da, wo die Meister bescheiden versagt haben, für die Epigonen erst recht nichts mehr zu holen sein könne. Dazu dürfte eine Stele gehören, die Percy Clinton Viscount Strangford auf der athenischen Akropolis fand und seiner Sammlung einverleibte. Dort schrieb sie der Däne Bröndsted ab und benachrichtigte Böckh, der die disiecta membra nicht fortlaufend zu ergänzen wagte, aber was er aus der Fülle seiner Gelehrsamkeit bereit hatte, zur Erklärung anmerkte (CIG II add. p. 893, 73 c). Als später der Stein ins Britische Museum gekommen war, wurde er von Hicks neu verglichen und neu herausgegeben (Coll. of ancient greek inscriptions in the British Museum I 4). Kirchhoff hat ihn im attischen Corpus zweimal behandelt,

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