Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Zuschauer eine klare Vorstellung davon gehabt, daß Chremes, um die Amme herbeizuholen, erst weit weg aufs Land gehen mußte, dann hätte sein Verhalten in dem Augenblick, wo er diesen Entschluß ausspricht, womöglich noch verwunderlicher wirken müssen als es ohnehin tut. Da suchte Terenz vorzubeugen, indem er eine deutliche Anschauung von dem Wohnsitz der beiden von vornherein nicht aufkommen ließ - wahrlich: magna oeconomia, im Stil der Scholiasten zu reden.

Wir stehen am Ende unserer Untersuchung, im letzten Teil des Stückes sondern sich die beiden Originale verhältnismäßig leicht. Bei der Beurteilung des Schlusses darf die Tatsache der Nachahmung1) in Demophilos' "Ovayoos 2) nicht übersehen werden: das wird bewahren vor einer Ansicht wie die, daß die Ausbeutung des miles (1070 ff.) Zutat des Terenz sei). Eher halte ich für erwägenswert, ob die Art wie der Parasit seine zolazɛía ablegt, und überhaupt sein etwas klägliches Ende nicht vielleicht auf Rechnung des römischen Dichters kommt, wenigstens scheint es mir fraglich, ob ein solcher Ausgang vereinbar ist mit der Größe der Figur des Schmeichlers wie wir sie für den Träger eines ganzen Dramas annehmen möchten und wir sie nach den Kóla-Versen 70 ff. ahnen. Doch das bleibt vorläufig eine rein persönliche Empfindung. Meine Absicht war es nicht das ganze Terenz-Stück zu zerlegen, sondern vor allem an den Teilen die der Analyse Anhaltspunkte bieten, das Verfahren des römischen Dichters ins Licht zu stellen. Seine Arbeitsweise ließ sich stellenweise mit überraschender Deutlichkeit verfolgen. Daß sie auch inbezug auf die Kontamination grundverschieden gewesen sein muß von der des Plautus, diese allgemeine Einsicht ergeben die Stücke der beiden auf den ersten Blick; wir sehen nun auch das Einzelne. Während Plautus im Augenblicke lebt und immer im kleinsten Punkte die sprudelnde Fülle seiner Kunst versammelt, wenig bekümmert um Plan und Zusammenhalt des Ganzen, finden wir bei Terenz ein hohes Maß von sorglicher Umsicht und planvollem Vorwärtsschauen, freilich ohne besonderes Geschick in der Szenenführung oder überhaupt im Technischen. Er bedenkt auch das Kleine, aber er arbeitet zu viel mit kleinen Mitteln und erzielt so ein verhältnismäßig wohlgeordnetes Ganze, das aber vielfach aus Halbheiten besteht auch hierin der dimidiatus Menander.

1) Adoites für Leo 276 A. 1 (anerkannt von Leo Plaut. Forsch.2 147 A. 6). 2) So dürfen wir das Original der plautinischen Asinaria nun wohl nennen: Meister Festschr. f. Bezzenberger (Göttingen 1921) 103 ff.

3) Braun Quaest. Terent. (1877) 40.

Zur Eggjuminschrift.

Von

Rudolf Meissner in Bonn.

Vorgelegt in der Sitzung vom 28. Oktober 1921.

Magnus Olsens geniale Deutung des 1917 entdeckten merkwürdigsten aller Runendenkmäler (Norges Indskrifter med de ældre Runer III, 2. Kristiania 1919.) geht von der unteren (C) der beiden längeren Linien der Inschrift aus, wo bis auf eine kleine Stelle die Runen deutlich sind, die Worte sich meist von selbst darbieten und der Zusammenhang sich ohne Zwang ergibt. Die Zeile C lautet nach Olsens Lesung (unsicheres unterpungiert): nissolusotuknisaksestainskorinnisatimaRnakdanisnareRniwiltiRmanRlagi 1), d. h. ne's sólu sótt ok ne saxi steinn skorinn: ne'seti madr nokđan, ne snarir, ne villtir menn leggi: nicht ist es von der Sonne getroffen, nicht ist der Stein mit dem Messer geschnitten, nicht soll man entblößen (den Stein), nicht sollen (ihn) scharfäugige (hvassøiede) oder Leute, deren Sinn verwirrt werden könnte (for Synk verving udsatte Mænd) legen a. a. O. S. 111. Gegen die Lesung der unsichern Runen nur auf Grund des Facsimiles einem so geübten und sorgfältigen Runenforscher gegenüber Zweifel zu erheben kann mir nicht in den Sinn kommen, ich nehme die Lesung als richtig an. Daß dem wiltir ein Plural sn. r. R. vorhergeht, ist sicher, das zweifelhafte sati (Olsen S. 107, 173) glaube ich durch meine Deutung des Satzes stützen zu können.

Die Zeile C zerlegt sich in zwei Teile, im ersten wird in negativer Form etwas berichtet, was geschehen ist, im zweiten ein Gebot ausgesprochen, daß etwas nicht geschehen soll. Wir haben vier rhythmisch gehobene, durch Allitteration gebundene Sätze: ne's sólu sótt ok ne saxi steinn skorinn

ne seti madr nøkdan ne snarir ne villtir menn leggi Feinsinnig bemerkt Olsen, daß wohl die durchgehende Verwendung

1) Ich scheide nicht zwischen a und nasaliertem a.

des Zischlautes wie in dem Schlußabschnitt der Buslubon (Edd. minora 128) beabsichtigt ist. Bericht und Gebot sind zweigliedrig, und beide Male sind die zweiten Glieder gegenüber den ersten gemäß einem allgemein gültigen Prinzip beschwert. Es ist dieselbe Gewichtsverteilung wie sie in Zwillingsformeln üblich ist (vel ok skorulega).

Der Bericht ist klar: der Runenmeister versichert, daß er sein Werk bei Nacht ausgeführt hat, kein Sonnenstrahl hat die Zaubergewalt der Runen schwächen oder vernichten können (a. a. O. 95). Die Runen und die magische Zeichnung sind nicht mit Eisen eingeritzt, denn Eisen wirkt dem Zauber entgegen (Olsen ebenda). Was ist als Subjekt zu ne's sólu sótt zu denken 1)? Gewiß nicht nur das Einritzen der Runeninschrift, sondern ebenso die in Linie A geschilderten rituellen Handlungen, d. h. nach Olsens sinnreicher Deutung die Weihung durch Blut, dann das Heranschaffen des Steins auf einem Schlitten, wobei die Zauberkraft der auf den keipar des Schlittens angebrachten Runen (etwa eines Futharks) auf den sich an den keipar scheuernden Stein übergeht. So ist wohl auch die Meinung Olsens, wenn er in seiner Übersetzung der Linie C den ersten Satz mit d. e. Solen har ikke faaet skinne ved Runestenens Tilveiebringelse' erläutert (S. 111)2). Die Deutung des zweiten Teils aber scheint mir bedenklich. Nach Olsens Lesung wird im ersten Gliede gesagt, daß niemand den Stein entblößen soll, d. h. man soll nicht die mit Runen beschriebene

1) Burg will (Zeitschr. f. d. Alt. 58, 288) die Inschrift mit der Linie ( beginnen. Da es für die hier behandelte Interpretations frage gleichgültig ist, ob die Zeile C am Schluß oder Anfang steht, lasse ich Burgs Darlegungen, die mich nicht überzeugen, unberücksichtigt. Jedenfalls würde die Inschrift mit dem unbestimmten nissolusot nicht minder seltsam beginnen als mit dem hin der Zeile A. Bei hinn denkt man ohne weiteres an den Stein, wie man in folgender Inschrift zu τήνδε ein στήλην ergänzt: Ἕρμων εὐξάμενος Διονύσωι τήνδε ἀνέθηκεν xai Ilaquévizos xai Nínavdoos A. Wilhelm, Beiträge zur griech. Inschriftenkunde 305.

2) Daß eine geheimnisvolle Handlung wie das Ritzen dieser Inschrift nicht bei Sonnenlicht vorgenommen werden darf, ist an sich begreiflich; die von Olsen verglichenen Gebräuche gehören aber nicht alle hierher. Wenn die erste Milch nach dem Kalben zugedeckt werden soll (Olsen a. a. O. 95; Feilberg in der Z. f. Vk. 11, 329), liegt eine ganz andere Vorstellung vor. Nicht vor dem Tageslicht sondern vor der Gefahr des bösen Blicks soll sie geschützt werden. Daß die Sonne dem Kinde, das über den Kirchhof zur Taufe getragen wird, nicht ins Gesicht scheinen darf, erklärt sich aus der Vorstellung, daß das ungetaufte Kind noch unheimlichen, bösen Gewalten zugehört und aus diesem Grunde durch das Sonnenlicht gefährdet ist.

Fläche nach oben kehren, so daß sie vom Licht getroffen wird. Das entspricht ja durchaus der Bestimmung der Runeninschrift und der Lage, in der der Stein gefunden worden ist. Er liegt im Hügel mit der Runenfläche nach unten als Decke des eigentlichen Grabes. Olsen verbindet nun damit aufs engste den letzten Satz und zwar etwa in folgendem Sinne (S. 109): der Runenmeister hat sein Werk vollendet, die Ritzung darf von niemandem als ihm gesehen werden, damit sie nicht ihre Kraft verliert oder Schaden anrichtet. Der Runenstein ist mit der Runenfläche nach unten hingelegt. Nun soll er auf das Grab gebracht werden, ohne daß die Runenfläche nach oben gewendet wird, und zwar nur von solchen, die weder durch ihren Blick die Kraft der Runen mindern (snarer), noch durch die Runen eine Sinnesverwirrung erleiden könnten (villtir). Gegen diese Auffassung sind verschiedene Einwände zu erheben, die in der Situation, der ganzen Haltung der Inschrift und in sprachlichen Bedenken begründet sind.

Olsen selbst hebt mit Recht scharf hervor, daß auch das Heranschaffen des Steines zur Grabstelle mit zum Ritual gehört, dazu hatte der Runenmeister natürlich Gehülfen nötig, an Ort und Stelle wurde dann die Ritzung vorgenommen, denn die magische Einwirkung der keipar muß ihr vorhergehen. Soll man nun annehmen, daß der ritualkundige Runenmeister mit der Ritzung sein Geschäft beendet hat und andern das Anbringen der Grabplatte überläßt, obgleich er mit seinen Gehülfen zur Stelle ist? Scheint es nicht natürlicher, diesen bedeutsamen und entscheidenden Schlußakt mit zur rituellen Handlung zu ziehen, sodaß der Runenmeister die Schließung des Grabes mit der nach unten gekehrten Runenfläche so vornimmt, daß die Runen im Reiche des Dunkels ihre Wirkung ausüben können? Dann bedarf es keiner Anweisung über des Legen' der Grabplatte und der Satz ne seti madr nøkđan ne snarir ne villtir menn leggi muß einen andern Sinn haben. Wäre es übrigens so, wie Olsen annimmt, daß der Stein nach der Ritzung mit der Schriftfläche nach unten gekehrt auf dem Boden liegt, so ist die Gefahr überhaupt nicht groß, daß beim Legen des Steines die Träger einen Blick auf die Runeninschrift werfen können.

Die ganze Inschrift des Eggjumsteines ist nicht dazu bestimmt, von Menschenaugen gelesen zu werden. Im Geheimnis nächtigen Dunkels, im geschlossenen Grabe soll wie bei den antiken Fluchtafeln 1) eine magische Wirkung von ihren Runen aus

1) Eine Formel, aus der hervorgeht, daß die Verwünschung unwirksam wird, wenn das Sonnenlicht auf sie fällt, habe ich auf den Tafeln nicht gefunden. Die

gehen. Ich empfinde es als einen Widerspruch zu dieser Bestimmung, als einen Mißklang in dem grimmigen Ernst der feierlichen Sätze, wenn am Schluß eine Anweisung für das Anbringen des Steines gegeben würde; besonders ist die Rücksichtnahme auf die der Sinnes verblendung ausgesetzten, die stakkels villtir menn, so nennt sie Olsen selbst (108), gradezu ein peinlich störender Zug. Auch dieser Satz muß dem übrigen Gedankeninhalt angeschlossen werden.

Auf einigen Grabsteinen finden sich am Schluß der Inschrift Warnungen gegen Verrückung oder Beschädigung des Denkmals 1): uirþi at rata huas ub briuti Glemminge (Wimmer, Runemind. 3, 78) at rita sa uarþi is stain þansi ailti ipa aft anan traki Glavendrup. Wimmer, a. a. O. 2, 379. sa uarpi at rita is ailti stain pansi ipa hipan traki. Tryggevælde. Wimmer a. a. O. 392. Daß in den drei Inschriften rita und rata dasselbe, nämlich rétta bedeutet, ist sicher. Der Sinn ist: er soll wieder ausgleichen, was er verbrochen hat, er soll sühnen durch Buße oder Strafe (sone sin brøde ved at udrede den bod, eller lide den straf, som loven har fastsat. Wimmer, De danske Runemind. 2, 176). Ebenso allgemein ist die Drohung gehalten auf dem Stein von Skærn (I): sipi sa manr is pusi kubl ub biruti, wenn Wimmers Deutung des sidi als eines zu einem Verbum sida (von sidr) gehörenden Konjunktivs richtig ist (Runenschrift 368; Runemind. 2, 175)). elta will Wimmer im allgemeinen Sinn,von Gewalt ausüben gegen nehmen (Runenschrift 366; Runemind. 2, 381), indessen ist doch offenbar ein Gegensatz zu draga beabsichtigt, dem,ziehen, schleppen' steht ein,stoßen' d. h. umwerfen gegenüber. Das liegt dem gewöhnlichen Sinn von elta (drücken, treiben) jedenfalls näher als die von Wimmer angesetzte Bedeutung. Der Stein soll weder umgeworfen noch ver

Inschriften sind aber jedenfalls ursprünglich an die Unterirdischen, die Gottheiten des Grabesdunkels gerichtet, sollen von ihnen wie Briefe gelesen werden; jedes Grab ist dazu geeignet, mit diesen Mächten in Verbindung zu treten; vgl. Wünsch in seiner praefatio zu den Defixionum Tabellae Atticae p. II ff. (CIA appendix. Berlin 1897).

1) Am Schluß z. B. steht die Warnung auf dem Stein von Stentofta (Noreen, Altisl. Gramm. 3 343), am Anfang der Inschrift auf dem vom Björketorp (ebenda 335).

2) Der Ausdruck rétta erinnert in merkwürdiger Weise an die auf zahlreichen, besonders kleinasiatischen Grabinschriften für die Grabverletzung (tvußoovxía) angedrohten Geldstrafen. Die ursprüngliche Vorstellung, daß die durch den Frevel beleidigte Gottheit die Strafe erzwingen wird, tritt in älteren Inschriften, in denen bestimmt wird, daß die Strafe einem Tempel zufallen soll, noch deutlich hervor. K. Latte, Heiliges Recht (1920) 88 ff.

« AnteriorContinuar »