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Kapitel 1.
Vorbemerkungen.

§ 1. Entstehungsgeschichte der vorliegenden Arbeit.

1. Die 1798-1827 erschienene große Oxforder LXX-Ausgabe von Holmes und Parsons und die seit 1906 erscheinende große Cambridger Ausgabe von Brooke und McLean, von der bisher der Oktateuch vorliegt, sind ebenso wie die üblichen Handausgaben, von denen man heutzutage eigentlich nur noch die von Swete gebrauchen kann, keine kritischen Textausgaben und wollen das auch gar nicht sein. Denn keine von ihnen versucht, den ursprünglichen oder, besser gesagt, den ältesten erreichbaren Text der LXX herzustellen, vielmehr drucken sie entweder wie H.-P., Tischendorf u. a. den Text der LXX-Ausgabe des Papstes Sixtus V. von 1587 ab1), oder wie Sw. und B.-M. den Text der ältesten jeweils zur Verfügung stehenden Handschrift (B, S oder A), und notieren dazu einfach die Varianten der übrigen Zeugen, ohne zu fragen, welche der einander entgegenstehenden Lesarten den Vorzug verdient. Allerdings haben B.-M. von Exod. an in Fällen, wo B von erster Hand eine sehr seltene Lesart bot und eine spätere Hand in B selbst die gewöhnliche Lesart hergestellt hat, in der Regel abweichend von Sw. diese gewöhnliche Lesart in ihren Text aufgenommen; aber auch dadurch wollen sie, wie sie in der Vorrede zu Exod. bemerken, kein Urteil über den Wert dieser Lesarten abgeben, sondern nur die Notierung der Varianten einfacher gestalten, denn „it is no part of our task to construct a "true text" of the LXX."

Somit sind jene Ausgaben nur Materials ammlungen. Daß sie als solche sehr wertvoll sind, und daß insonderheit die Ausgabe von B.-M. infolge der Reichhaltigkeit und Zuverlässigkeit

1) Über die Entstehung dieses Textes s. meinen Aufsatz „Die Abhängigkeit der sixtinischen Septuaginta-Ausgabe von der aldinischen" in der Zeitschr. f. d. alttest. Wiss. 33 (1913), S. 30-46. Die dort als in der Regel zutreffend erwiesene These Lagardes, daß die Sixt. eine aus B korrigierte Ald. sei, bestätigt sich auch beim Buche Ruth. Denn das Tɛɛon, welches die Sixt. in Ruth 318 bietet, findet sich in keiner einzigen Hs. (nur 77 soll nach H.-P. tɛlɛoðɛi haben), erklärt sich aber daraus, daß die Bearbeiter der Sixt. hier das ovvtεlɛoðỹ der Ald. unvollständig nach B's reléon korrigiert haben. Über die Ald. s. die Anm. zu Ruth 112 in § 192.

Kgl. Ges. d. Wiss. Nachrichten. Phil.-hist. Klasse, 1922, Heft 1.

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ihres textkritischen Apparats eine ganz ausgezeichnete Grundlage für die Weiterarbeit bildet, kann kein Einsichtiger bezweifeln. Aber andrerseits ist auch klar, daß nur die wenigen, die sich lange und eingehend mit der LXX beschäftigt haben, imstande sind, von jenen Ausgaben wirklichen Nutzen zu ziehen; die meisten werden. schon mit Sw.'s Apparat nichts Rechtes anfangen können und vollends einem Wust" von Varianten, wie sie ihn bei H.-P. und B.-M. angehäuft finden, gänzlich rat- und hilflos gegenüberstehen. Und auch das ist ohne weiteres klar, daß eine solche bloße Materialsammlung nicht dem Ideal der Wissenschaft entspricht. Das weiß man natürlich auch in Cambridge, und man hat dort nur deshalb auf die Herstellung einer kritischen Ausgabe verzichtet, weil man entsprechend einer weitverbreiteten Ansicht die Zeit für eine solche noch nicht für gekommen hielt.

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2. Im Gegensatz dazu hat das Göttinger SeptuagintaUnternehmen die Herstellung einer kritischen Ausgabe von vornherein auf sein Programm gesetzt. Dabei war zunächst an eine große Ausgabe gedacht, die sich wie die große Cambridger auf durchaus neue und möglichst vollständige Kollation des handschriftlichen Materials gründen sollte. Und zwar wollten wir aus verschiedenen Gründen, besonders um nicht Arbeit, die in Cambridge bereits geleistet ist, nochmals zu tun 1), mit den Apokryphen beginnen, für welche B.-M. noch kein Material gesammelt hatten. Die Vorarbeiten hierfür waren vor dem Kriege so weit gediehen, daß wir gerade mit den ersten Versuchen einer probeweisen Bearbeitung zweier Bücher, eines prosaischen (Mac. I) und eines poetischen (Sap.), beginnen konnten 2). Da brach der Krieg aus und nahm dem Septuaginta-Unternehmen die beiden Hilfsarbeiter, welche die Bearbeitung jener Probeausgaben übernommen hatten. Infolgedessen blieb die Arbeit liegen und ist auch seither nicht wieder aufgenommen, da ihrer Weiterführung in der früher geplanten Weise vorläufig unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Vor allem ist uns gegenwärtig und voraussichtlich noch auf längere Zeit der Zugang zu vielen Hss. verschlossen, und auch die uns zugänglichen Hss. können wir nicht wie früher photographieren lassen, da dies bei dem gegenwärtigen Geldstande die unserm Unternehmen zur Verfügung stehenden Mittel weit überschreiten würde.

1) Vgl. den Bericht über das Septuaginta-Unternehmen in den Nachrichten von der K. Gesellsch. d. Wiss. zu Göttingen, Geschäftl. Mitteilungen 1909, S. 134 f. 2) Von beiden Büchern war im Juli 1914 je eine Probeseite gedruckt und einigen kompetenten Gelehrten zur Begutachtung vorgelegt.

3. Unter diesen Umständen haben wir die große kritische Ausgabe vorläufig vertagt und an ihrer Stelle eine kritische Handausgabe in Angriff genommen, wie sie von den verschiedensten Seiten schon oft und dringend gewünscht ist, und wie sie auch das Septuaginta-Unternehmen von jeher, allerdings eigentlich erst nach der großen Ausgabe und als eine Art Auszug aus ihr, geplant hatte. Diese Handausgabe soll sich gründen auf das bei H.-P., Sw., B.-M. und anderswo gedruckt vorliegende Material und die von uns früher gesammelten Hss.-Photographien, weiteres Material aber nur in Ausnahmefällen heranziehen. Sie wird also nur ein Provisorium sein können. Trotzdem wird sie, wie ich zuversichtlich hoffe, als erster ernstlicher Versuch, durch kritische Verarbeitung des aufgespeicherten Materials zu dem ältesten erreichbaren LXX-Texte vorzudringen, eine neue Epoche in der LXXForschung begründen.

Bei einer solchen Handausgabe lag kein triftiger Grund vor, mit den Apokryphen, die wir früher zuerst in Angriff genommen hatten, zu beginnen. Unnötige Wiederholung bereits getaner Arbeit kann hier nicht vorkommen, da das, was in der Handausgabe geleistet werden soll, von B.-M. noch nicht geleistet ist und von ihnen, wie oben erwähnt, ausdrücklich als nicht zu ihrer Aufgabe gehörig abgelehnt wird. Umgekehrt empfahl es sich nun gerade, mit dem Oktateuch zu beginnen, da wir für ihn schon die Ausgabe von B.-M. und damit die reichste und zuverlässigste Materialsammlung besitzen.

Daher habe ich, als ich an die Vorbereitung der Handausgabe ging, sofort damit begonnen, mich in das bei H.-P. und B.-M. für den Oktateuch vorliegende Material einzuarbeiten. Ich habe einzelne Kapitel aus den verschiedenen Büchern des Oktateuchs ausgewählt und über die sich darin zeigende textkritische Konstellation und deren Konsequenzen für eine kritische Ausgabe ins reine zu kommen gesucht. Schließlich habe ich mich dann eingehend mit dem Buche Ruth, dem letzten des Oktateuchs, beschäftigt, weil ich das Bedürfnis empfand, wenigstens an einem Punkte ganz gründliche Arbeit zu tun und dadurch einen festen Standpunkt zu gewinnen, von dem aus dann auch die textkritischen Probleme anderer Bücher leichter würden bewältigt werden können.

4. So ist die vorliegende Arbeit über das Buch Ruth entstanden. Sie geht allerdings über das für eine Handausgabe Erforderliche weit hinaus und gibt zum erstenmal eine Durcharbeitung des gesamten Materials, wie ich sie mir denke. Trotzdem

soll sie zunächst nur den festen Grund legen, auf dem eine kritische Handausgabe sich aufbauen kann. Darum läuft sie auch auf Vorschläge für die Gestaltung einer solchen Handausgabe hinaus.

§ 2. Übersicht über das für das Buch Ruth zur Verfügung stehende Material.

1. Sehen wir ab von der bei H.-P. kollationierten Hs. 241", die nur eine Abschrift von A ist 1), so sind bei H.-P. und B.-M. im ganzen 50 griechische Hss. des Buches Ruth kollationiert. Das sind nicht alle Hss., die es gibt 2), aber weitere stehen auch mir jetzt nicht zur Verfügung, da das Septuaginta-Unternehmen kein Material für den Oktateuch gesammelt hat.

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Über diese 50 Hss. gebe ich hier eine kurze Übersicht, indem ich für weiteres auf mein Verzeichnis der griech. Hss. des A.T." verweise. In der ersten Kolumne findet man die Sigeln der Hss., wie ich sie im Verzeichnis" festgestellt habe und auch hier verwenden werde. In der zweiten Kolumne folgt die Zeit der Hss., und zwar in drei Fällen (bei 53 56 75) das Jahr nach Angaben in den Hss. selbst, sonst das auf Grund der Schrift vermutete Jahrhundert. In der dritten und vierten Kolumne gebe ich an, unter welchen Sigeln die Hss. bei H.-P. und B.-M. kollationiert sind; ein wagerechter Strich in diesen Kolumnen zeigt an, daß die betreffende Hs. bei H.-P. oder B.-M. überhaupt nicht kollationiert ist. In der fünften Kolumne notiere ich Lücken der Hss. oder Kollationen. In der letzten Kolumne gebe ich an, welchen Textfamilien ich die Hss. auf Grund der folgenden Untersuchungen zuweise; hier greife ich also vor, doch schien es mir praktisch, die Resultate auch in dieser tabellarischen Übersicht zu verzeichnen.

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1) A. Rahlfs, Verzeichnis der griechischen Handschriften des Alten Testaments (1914), S. 114, Z. 4-1 v. u.

2) Ebenda S. 374 ff.

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Wo die Angaben über die Lesart einer Hs. bei H.-P. und B.-M. auseinander gehen, folge ich in der Regel ohne weiteres B.-M., da deren Kollationen unvergleichlich viel zuverlässiger sind

1) Verschollen, s. Verzeichnis S. 332.

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