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Alles aber scheint mir dafür zu sprechen, daß er ein Deutscher war. Mehrere Zettel sind in die Bände der Uebersetzung eingeheftet, sie enthalten irgend welche Bemerkungen in deutscher Sprache. Bei Pred. Salom. 2 steckt der Rest eines Briefes, den ein Herr von Eytersdorff doch wohl an Bretke gerichtet hat; im 35. Kapitel des Jeremias stehen im Text durchgestrichene Bemerkungen, deren Inhalt unter Umständen irgend eine Beziehung zu dem Leben Bretkes hat. Leider kann ich den vorkommenden Ortsnamen, weil die Zeilen stark durchgestrichen sind, nicht zuverlässig entziffern: „Einnahm Regiester wy(?) ich alß ein schaffer aus Pudwerch (?) von meinem Heren empfangen klerlichen Verzeichnus. Eß sey an gelde, Sagen, Axen, Klumbeil Feilen". Von besonderer Wichtigkeit scheint mir zu sein, daß Blothno mit ihm in deutscher Sprache verkehrt hat. Seine Randbemerkungen sind, abgesehen von lateinischen Notizen, stets deutsch gehalten, auch eine andre Hand hat deutsche Randbemerkungen gemacht, z. B. zu Tobias 3 Vers 8: „tai ist ein Demonstratiuum und heißt das, tai ist ein Datiuus und heißt der, tei ist coniunctio copulativa", oder zu Tobias 5 Vers 18 Anonijes sunus: „Aonijes so gebrauch ich (alweg wieder weggestrichen) den (Fal auch wieder durchgestrichen) Genitiuum in dem vocabulo,"

Recht verräterisch ist ein kleines Versehen, das Bretke in dem Verzeichnis zu seinen Giesmes Duchaunas passiert ist. S. 118 No. 73 steht die Uebersetzung von dem Lied Nu höret zu jr Christen Leut: Klausikite ius nu ẞmones, kaip...; in dem Register aber ist das Lied zitiert als: klausiket ius nu kriksch; d. h. er zitiert so, als sei der deutsche Text wörtlich ins Litauische übersetzt. Das war nur möglich, weil ihm der deutsche Text besser im Gedächtnis war als der litauische. Wäre das einem Litauer wohl passiert?

Auch was mit seinem Namen zusammenhängt, läßt deutlich erkennen, daß er nicht litauischer, sondern deutscher Nationalität war. Bezzenberger konnte sich in seiner Einleitung zu den Beiträgen zur Geschichte der litauischen Sprache zwischen Bretke, Bretkius und Bretkunas nicht entscheiden und germanisierte daher das litauische Bretkunas in Bretken; Gerullis nennt ihn in seiner Mos vidausgabe Bretkun. Ich glaube zuverlässig nachweisen zu können, daß er Bretke hieß, so wie ihn auch Bezzenberger in der Kultur der Gegenwart I, IX S. 358 genannt hat.

Wenn er sich litauisch benannte, schrieb er sich Bretkunas mit Zunamen; aber seinen Vornamen schrieb er sehr ungleichmäßig. Hinter den Sprüchen Salomonis hatte er Johan. Bretkunas geschrieben; das ist wieder durchgestrichen worden. Auf dem Titelblatt sowohl des Alten wie des Neuen Testaments ist per Ioana Bretkung verbessert in per Jana Bretkuna. Hinter dem 1. und 2. Korintherbrief, auf dem Titelblatt der Psalmen und mehrerer Teile des Alten Testaments ist die Form Ionas in Janas umgeändert. War so etwas bei einem geborenen Litauer möglich? Uebrigens hat er Luk. 1, 13 den Namen des Täufers erst Ioannes geschrieben und dann lanas daraus gemacht.

Bezeichnend ist vielleicht auch, wie er sich auf dem Titelblatt

des Pentateuch verschrieben hat. Weil im Lateinischen und Litauischen per gleichmäßig gebraucht werden, fuhr er nach dem litauischen Anfang per Ioana (verbessert zu lana) fort: Bretkium. Sollte dem Schreiber das Latein näher gelegen haben als das Litauische?

In deutscher Sprache wurde sein Name vor Bezzenberger immer als Bretke gegeben und war so richtig. Rhesa, der 1626, also 24 Jahre nach dem Tode des Bibelübersetzers, die Psalmen nach der Bibelhandschrift mit Verbesserungen herausgegeben hat, wußte sicher richtig, wie der Uebersetzer der Bibel hieß; er nennt ihn im Obliquus Bretken. Der Königsberger Professor Behm, der ein Vorwort zu Rhesas Psalmen zu schreiben hatte, nennt ihn im Nominativ Bretke. Vor allen anderen wird Bretke selber doch gewußt haben, wie er hieß. In die Königsberger Matrikel (bei G. Erler die Matrikel der Albertus-Universität zu Königsberg i. Pr. I, 18) ist er unter Nummer 1 des Sommersemesters 1555 eingetragen als Johannes Bretke, Friedlandensis, natus in pago vicino Bamlen, pauper, pupillus. Zur Zeit der Immatrikulation war er also Waise; vielleicht erklärt sich daraus, daß sein Litauisch mit Polonismen verbrämt ist: wir wissen ja nicht, wo er aufgewachsen ist.

Nicht ohne Bedeutung ist unter Umständen, worauf mich Alfred Bertholet bringt, daß er in den verschiedenen Sprachen nicht gleich deutlich schreibt: Der litanische Text ist fast überall leicht zu lesen; aber was er deutsch geschrieben hat, ist oft derartig flüchtig, daß ich die bewährte Hülfe der Herren Crome und Hessel, die mich auch beim Entziffern der nicht von Bretke stammenden Zettel zu Dank verpflichtet haben, in Anspruch nehmen mußte. Deutsch zu schreiben, scheint ihm geläufiger gewesen zu sein als Litauisch.

Noch etwas dürfte mit seiner deutschen Herkunft in Zusammenhang stehen, ohne daß es bisher aufgefallen zu sein scheint. In seiner Postille, die er 1591, d. h. 11 Jahre nach Vollendung des Neuen Testaments, veröffentlicht hat, sollten naturgemäß die Texte der Evangelien und Episteln ungefähr mit dem Wortlaut seines Neuen Testaments übereinstimmen. Das ist aber nicht der Fall. In der Bretkeschen Bibel lautet z. B. Matth. 13, 24: kita Priliginima padeio (pasake) iemus, bilodams. Dangaus Karalista ligus ira szmogui, kursai gierą sekla ant sawa lauko seio. Bet kada szmones miegoio, ataijo io neprietelius. Dagegen in der Postille I 205 heißt dieselbe Stelle: Iesus sake iemus kitta priliginima. Priliginta ira Dangaus karalista szmogui, seienczem gera sekla ant dirwos sawa. A kaip szmones miegoia, ataia neprietelius io. Schon diese kleine Probe, die durchaus charakteristisch ist, läßt die gewaltigen Abweichungen erkennen. Warum hat Bretke seinen Text nicht beibehalten? Willents Evangelien und Episteln geben die Antwort. Obige Probe lautet dort in der Ausgabe Bechtels S. 64: Iesus sakie ghiemus kita priliginima, Priliginta jra dangaus karalista ẞmogui, seienczem giera siekla ant dirwas sawa. Akaip ẞmones miegoia, ataia neprietelis io. Bretke hat also nicht seinen eigenen Text verwandt, sondern

120 Eduard Hermann, Bemerkungen zum altlitauischen Schrifttum in Preußen.

den Willents. Er folgt ihm aber nicht sklavisch, er ändert an manchen Kleinigkeiten um, zum Teil zu Gunsten seines Bibeltextes. Man vergleiche z. B. Lukas 8, 4 in der Bibel: Ir kaip pulkas didis sussieija ir iapi skubinoiosi (verändert aus skubinase) eiti, bilaia per priliginima. Ischeia seieias setų sekla sawa, ir kaip seia, kita pole pas keli (verändert aus prieg kielia), ir suminta tapa, in der Postille I, 239: Kaip daug szmoniu sussieia, ir isch miestu steigesi iop, biloia Iesus perpriliginima. Ischeia sæicias Sætu sekeli (verdruckt für sekla) sawa, ir seiant iam nekuri pole pas klair (verdruckt für keli ir) tapa paminta und bei Willent S. 68: AKaip didy pulkai ẞmoniù sussieia, ir isch miestu steigesi iop biloia per priliginima. Ischeia seieges ssetu sieklas sawa, a kûmetu sseya nekuri půle pas kiele ir buwa paminta. Wie kam Bretke dazu, den eigenen Text zu verlassen, um Willent zu folgen? Sollte er nicht etwa das Litauisch Willents für besser als sein eigenes gehalten haben?

Von hier aus erleidet Leskiens Verfahren bei seiner Arbeit über litauische Partikeln und Konjunktionen Idg. Forsch. XIV, 89 fg. eine Kritik. Leskien suchte nach einem möglichst einwandfreien altlitauischen Text und glaubte ihn in Bretkes Postille, und zwar nicht in den Perikopen, sondern in den Predigten zu finden. Er beachtete dabei nicht genügend, daß Bretke in dem Vorwort zu der Postille S. VII sagt: hanc explicationem ex clarissimorum Theologorum commentariis desumptam. Es steht demnach ohne vorausgegangene Untersuchung über seine Quellen gar nicht fest, was er selbständig geschrieben, was er übersetzt hat. Jedenfalls hat also der Text der Perikopen in der Postille den Anspruch auf zuverlässigeres Litauisch als die Predigten; denn die Perikopen haben als Grundlage die Uebersetzung des geborenen Litauers Willent. Nach diesen Feststellungen wird man in Zukunft gut daran tun, bei Benutzung der Bretkeschen Texte vorsichtig in der Bewertung der Sprache zu sein.

A. O. Meyer und L. Morsbach besprechen die Sammlung 'Englischer Kulturunterricht' herausgegeben von Prof. Roeder.

E. Wiechert legt vor:

G. Angenheister, Die erdmagnetischen Störungen nach den Beobachtungen am Samoa-Observatorium. (Nachrichten, math.-phys. Kl., 1924, H. 1.)

M. Lidzbarski, Epigraphisches aus Syrien. (Nachrichten, phil.-hist. Kl., 1923, S. 101.)

Ordentliche Sitzung am 4. März 1924

G. Misch, Die Idee der Lebensphilosophie in der Theorie der Geisteswissenschaften. (Vorbericht zu W. Diltheys Gesammelten Schriften Bd. V u. VI.) W. Heubner, Eiweißfällung und Gewebsdichtung. (Erscheint in der Klinischen Wochenschrift.)

Ordentliche Sitzung am 21. März 1924

E. Schröder, Die deutsche Marienlegende vom Bischof Bonus. (Für die Nachrichten, phil.-hist. Klasse.)

G. Tammann legt vor:

R. Lorenz (Frankfurt a. M.), Einige Bemerkungen zur Theorie der Dampfspannungskurve. (Für die Nachrichten, math.-phys. Klasse.)

Für die Redaktion verantwortlich: E. Schröder, Sekretär d. hist.-phil. Kl. d. K. Ges. d. Wiss. Ausgegeben am 28. März 1924.

Druck der Dieterichschen Universitäts-Buchdruckerei (W. Fr. Kaestner) in Göttingen.

Neue Erscheinungen:

Geschichte der römischen Kaiserzeit

Von Hermann Dessau

I. Band: Bis zum ersten Thronwechsel

Gr.-8°. (VIII u. 585 S.) Geh. 18 M., geb. 20 M.

In dem hier angezeigten, auf 3 bis 4 Bände berechneten Werke will der Verfasser unser gesamtes gegenwärtiges Wissen von der römischen Kaiserzeit in gemeinverständlicher Form zur Darstellung bringen. In sechs Kapiteln wird in diesem Bande die Geschichte der ersten 50 Jahre dieser Periode, die Zeit des Kaisers Augustus von dem Aufstieg des jungen Octavianus und der Begründung seiner Monarchie bis zu seinem Tode, erzählt. Bei võlliger Beherrschung des gewaltigen Stoffes hat der Verfasser das Leben des römischen Volkes unter Augustus nach allen Seiten erschöpfend dargestellt.

Die griechischen Dialekte

Von Friedrich Bechtel

Dritter Band: Der ionische Dialekt / Gr.-8. (XI u. 353 S.) Geh. 12 M. Früher erschienen:

Erster Band: Der lesbische, thessalische, böotische, arkadische und kyprische Dialekt. Gr.-8. (VÍ u. 477 S.) 1921. Geh. 15 M.

Zweiter Band: Die westgriechischen Dialekte. Gr.-8°. (VII u. 951 S.) 1923 Geh. 24 M.

>>Dieses Werk kann mit Recht als die Lebensarbeit des berühmten Linguisten und Erforschers der griechischen Sprach- und Mundartengeschichte bezeichnet werden. Es ist zwar als Einführung für die Philologen gedacht, die sich für die Geschichte der griechischen Sprache interessieren; aber auch der langjährige Arbeiter auf diesem Gebiete wird angenehm überrascht durch die große Fülle neuer einleuchtender Erklärungen wie überhaupt durch den Reichtum des schon in diesem ersten Bande Gebotenen «. Deutsche Literaturzeitung.

Die Geographie des Ptolemaeus

Galliae Germania Raetia Noricum Pannoniae Illyricum Italia Handschriften, Text und Untersuchung

Von Otto Cuntz

Professor an der Universität Graz

Mit 3 Karten. Gr.-Lex.-8°. (VII u. 226 S.) Geh. 10 M.

Das Buch beabsichtigt, durch die Bearbeitung eines größeren Abschnittes das kritische Fundament für die ptolemaeische Geographie zu legen. Er stellt das Verwandtschaltsverhältnis der Handschriften fest und charakterisiert den Archetypus, das Handexemplar des Ptolemaeus. Der Verfasser hofft, nicht nur den Altertumsforschern und Geographen, sondern auch den Germanisten durch die neue Textgruudlage der ptolemaeischen Germania eine willkommene Gabe zu bringen.

Einladung zur Subskription auf das Werk
INSCRIPTIONES

LATINAE CHRISTIANAE VETERES
Edidit Ernestus Diehl

Das Werk erscheint in Lieferungen von je 80 Seiten (5 Bogen); der Umfang wird voraussichtlich etwa 800 Seiten (50 Bogen) Text und 400 Seiten (25 Bogen) Indices betragen. Der für alle Lieferungen gültige Subskriptionspreis beträgt 0,75 Goldmark für den Bogen; nach Erscheinen der zweiten Lieferung tritt eine Erhöhung des Verkaufspreises ein. Dieses Werk vereinigt sämtliche lateinischen christlichen Inschriften des ganzen Orbis Romanus von den Anfängen bis zum Beginn des VII. Jahrhunderts, soweit sie unter sachlichen oder sprachlichen Gesichtspunkten von Bedeutung sind. Es bringt also alles Wesentliche in bequemer Zusammenfassung, was bisher an den verschiedensten Stellen zerstreut war. Die erste Lieferung gelangte soeben zur Ausgabe.

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