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wirst du so stehen bleiben wie ein haubenstock?« (S. 132.) Dass aus alopex fuchs werden kann, erzählt man als etymologischen scherz; wie indes aus einem abgestochenen schwein ein haubenstock werden soll, das wird keiner so leicht austüfteln. Überhaupt scheinen Trebitschens zoologische kenntnisse nur noch von seinen linguistischen überboten zu werden. In der szene vor dem gerichtshof lässt der held seinen witz in allen farben leuchten; da er doch gehängt wird, kommt es auf ein freches wort mehr nicht an: "I may as well be hanged for a sheep as a lamb" (p. 62); bei Trebitsch: Es ist doch egal, ob ich als stier oder kalb aufgehängt werde.< (S. 224.) Nein, er wird als mensch aufgehängt, aber es ist gleich, ob es nun ein schaf oder ein lamm gilt. Einem sextaner, der solches blech übersetzte, würden seine mitschüler mit einer lachsalve antworten; Trebitsch darf seines bei Cotta verewigen! - Der weltmännische general weist die grossschnauzigkeit des todeskandidaten in die gebührenden grenzen zurück : "Why should you cry out robbery because of a stamp duty and a tea duty and so forth?" (p. 63); bei Trebitsch: >>Warum wollen Sie raub und mord schreien wegen einer lediglichen formsache, einer pflicht, die wir zu erfüllen haben«? (S. 226.) Er kennt bloss eine bedeutung von duty: pflicht, enträtselt aber damit nicht den sinn der stelle; folglich fallen die stempelsteuer und der teezoll einfach unter den tisch.

Damit können wir von diesem Teufelskerl abschied nehmen. Wenn nach all dem noch eine steigerung im bereich des möglichen ist, mag man sie im letzten stück Arms and the Man suchen. Doch wahrhaftig, ich würde schändlicheren missbrauch mit meiner zeit treiben als Siegfried Trebitsch mit der englischen sprache, wollte ich einem toten noch zweiundvierzig wunden beibringen. Berlin, Juli 1903. Max Meyerfeld.

NEUERE ERZAHLUNGSLITERATUR.

H. G. Wells, The Sea Lady. Tauchnitz Edition, vol. 3618. Leipzig 1902. Preis M. 1,60.

Rhoda Broughton, Lavinia. Desgl., vol. 3626. Leipzig 1903. S. Levett-Yeats, The Lord Protector. Desgl., vol. 3625. Leipzig 1903.

W. R. H. Trowbridge, A Girl of the Multitude. Desgl., vol. 3595. Leipzig 1902.

The Sea Lady ist eine Undinengeschichte. Das weib aus der see folgt aus weiter ferne der spur eines mannes, greift mit storender hand und unmotiviert in sein liebesglück ein, und rückgratlos, wie er ist, folgt er der Undine in die flut. Wir brauchen aber gar nicht zu glauben, dass dieser mann liebesglück gekannt und genossen hatte: er und sie, die ihm verlobt war, sind so papierne und kraftlose figuren und in ihrem ganzen wesen so wenig sympathisch, dass wir ihn, den helden, ohne leid verschwinden sehen und für sie, die heldin, kaum mehr als ein oberflächliches, recht fluchtiges bedauern übrig haben. Und die Sea Lady selber? Der schrifsteller hätte mit allen machtmitteln bezaubernder sprache und fiktion auf gehirn und gemüt des lesers einwirken können: er hat es für gut befunden, darauf zu verzichten, und bietet zum ausgleich eine gute portion sein sollenden witzes und (in der ketzten halfte) einen kram philosophisch klingender, mysteriöser, symbolistischer expektorationen. Vielleicht kann ein anderer leser mehr mit ihnen anfangen; manche der gedankensplitter in den Fliegenden Blättern nehmen sich m. e. aber viel besser aus. In den ersten teil ist wie gesagt viel fun gepfropft: im grossen ganzen recht hausbacken und ledern; freilich mögen manche pointen darin stecken, die nur für den englischen leser verstandlich und reizend sind; einzelne sachen aber haben doch auch unsereinen zum lachen gebracht. Kurz, wenn es andern geht wie mir, legen sie schliesslich das buch aus der hand und grämen sich nicht, dass der roman »schon aus ist. Aber eines noch: der geist und gedankenlose dialog moderner konversation ist vielleicht ausserordentlich gut getroffen: »Yes?« »Oh! Precisely.»?« — u. dgl. sind nicht übel abgelauscht, und die vielen punkte, die hinter den abgerissenen satzstücken stehen, machen die lekture des buches noch leichter, als sie ohnehin ist: in solcher gesellschaft darf man immer denken oder auch nicht denken, soviel man just will.

Rhoda Broughton's Lavinia ist aus einem andern gusse. Der roman ist eine love-story gangbarster art. Aber die sprache der geschatzten schriftstellerin ist edel und getragen, die durchfahrung des romans schlicht und einfach und doch ansprechend. Lavinia ist ein pflegekind; sie ist dem sohne des hauses verlobt. und will ihn heiraten, nicht weil sie ihn liebt, sondern weil sie damit ihre schuld seiner familie gegenüber abzutragen gedenkt; in eliter stunde erscheint der unvermeidliche dritte, und er wird

der held ihres herzens. Die emsige pfarrerin und freundin Lavinia's, mrs. Darcy, der pflegevater, ein polternder alter, der mit heldennimbus ausstaffierte dritte, ein offizier aus Südafrika, Lavinia selbst in ihrem liebesbegehr und ihr verlobter endlich mit seinem weichen, weiblichen temperament sind gelungene, lebenskräftige und plastische gestalten; die szene, wo im schattigen waldesdunkel, inmitten der sprossenden, in üppiger maienkraft treibenden natur Lavinia heiss ihren mund auf den des geliebten drückt, ist wirkungsvoll und frisch. Aber gewisse unebenheiten lassen ein volles behagen nicht aufkommen. Wenn Lavinia so angstbedrückt und so wenig vertrauensvoll zu sich selbst an das krankenbett des dritten herankommt, würde ihr der leser den nüchternen rat geben, eben wegzubleiben. Auch bemüht sich Rh. Broughton merkwürdig, die verantwortung für alles, was später geschehen wird, von ihrer heldin wegzuwälzen und den umständen und verhältnissen zuzuschieben. Der roman hat mit dem vorigen gemein, dass sie beide als im schönen Kent und in jüngster vergangenheit sich abspielend zu denken sind; der krieg bildet für Broughton's roman den leichten hintergrund. Die exzentrisch-hysterische miss Prince, die in ihrer heldenverehrung heiratsofferten nach Afrika sendet, wird in einigen jahren als ebenso abstossend wie lächerlich empfunden werden; die kriegspielenden pfarrerskinder sind lieb gezeichnet. Der offizier aus Afrika mag achtundzwanzig jahre lang ein gentleman gewesen sein; intellektuell und moralisch steht. weit über ihm der bräutigam Rupert, auf dessen kosten der trumpf ausgespielt wird; er bleibt uns trotz all seiner mängel sympathisch, und wir bezweifeln, ob die dichterische wahrheit est verlangt hat, dass er dem andern den platz räumen sollte.

Die beiden übrigen romane sind historische romane. Der titel des einen, The Lord Protector, lässt erraten, dass wir in die grandiose zeit von Oliver Cromwell zurückgeführt werden. buch, erinnere ich mich, ist bei seinem erscheinen vielfach und lobend in England besprochen worden. Wer sich ein historisches gemälde im grossen stile verspricht, wird sich aber getäuscht sehen. Cromwell's stern ist im bleichen begriffen; es beginnen bereits reaktionen gegen ihn einzusetzen; die krone wird ihm angetragen, und in tiefer nacht kämpft er in mächtiger brust die regungen des herzens nieder: ein bedeutungsvoller moment sicherlich; aber in der struktur des romanes ist das alles nur rankendes beiwerk, nicht wichtig genug, um die historisch imposante figur

Lauy

rer partnerin, der priesterstochter Patience Burnside, n recht scharf geschnitten. Der roman setzt mit chen und farbenreichen sprache ein, die wohltuend t; das interesse ist nicht immer gleichmässig

der bücher, das von Trowbridge, hat auch bei ktüre am meisten von allen mich angesprochen rch historische romane erwärmt werden kann). Wir chreckenstage der grossen revolution zurückversetzt. straff gezogen, die form ist ohne prätention, die genussreich wie anregend, das ganze kraftvoll. Die gewisse Eglée, ein kind der revolution, eine "fille ubourg St. Antoine; kaptiviert von dem eindruck, inette auf sie gemacht hat, kämpft sie mit wahrem e königin gegen die canaille und unterliegt. Ausser moiren scheint diese heldenfrau sonst noch nirgends den zu haben (Trowbridge, Introd.). Die revoamboss, auf dem charaktere gehämmert wurden < feine kenner der revolutionszeit (und ein solcher idge) spricht von einer blassen ähnlichkeit Eglées le Méricourt. Der gute zufall hat es gewollt, dass res 1902 Paul Hervieu mit einem historischen revolutionszeit, Theroigne de Méricourt, hervore beiden stücke zu vergleichen wäre nicht wenig de aber über den rahmen des referates hinausmich aber fast bedünken, als ob die epische bengländers in der impressionistischen wirkung des rischen gemäldes kraftvoller und in der zeichnung einer hauptheldin viel schärfer sei als die dramades Franzosen. Die szenen der begegnung mit ondere die schilderungen des berauschten strassenreiben in der conciergerie sind mit meisterstrichen a da ist alles in bewegung und lebt und wir aus dem untergrunde treten die charaktere der rfem relief heraus; ob Trowbridge mit seiner akter der Eglée und der revolution das richtige 74 ff.), werden ihm nur menschenkenner mit rfahrung sagen können.

Mit den drei zuletzt besprochenen büchern sind also für die Tauchnitz-sammlung nicht unglückliche erwerbungen gemacht

worden.

München, Mai 1903.

Theodor Prosiegel.

VERWANDTE SPRACH- UND LITTERATURGEBIETE.

J. C. Poestion, Lehrbuch der norwegischen sprache für den selbstunterricht. Nach den neuesten und besten quellen bearbeitet. Zweite, vermehrte auflage. Wien, Pest, Leipzig, Hartleben's verlag.

-, Norwegisches lesebuch. Lesestücke in der norwegischen reichssprache. Mit einem anhange von lesestücken im Landsmaal<, nebst grammatikalischen vorbemerkungen über »Landsmaal<< und zwei glossaren.

Ebenda.

Die obengenannten bücher sind dringend allen denjenigen zu empfehlen, welche die norwegische sprache studieren wollen. Der verfasser zeigt sich darin als ein vorzüglicher kenner dieser sprache und der einschlägigen literatur. Es erfreut das herz eines Norwegers, zu sehen, wie gut und richtig er auf allen punkten die finessen der sprache bemeistert, und besonders wie gut es ihm gelungen, das speziell Norwegische im gegensatz zum Dänischen zu treffen.

Das Lehrbuch orientiert in einer einleitung zuerst über die norwegischen sprachverhältnisse, gibt dann im ersten abschnitte eine ausgezeichnete darstellung der aussprache (jedoch ohne durchgeführte lautschrift) und rechtschreibung, darunter auch erläuterungen über den accent und den musikalischen wortton. Es folgt im zweiten abschnitte die formenlehre mit vielen syntaktischen bemerkungen und zuletzt in einem dritten abschnitte einige lesestücke.

Besonders zu loben ist, dass der verf. nicht nur die formen der schriftsprache gibt, sondern auch die der alltäglichen umgangssprache. Auch gibt er die meisten von den doppelformen wie blo und blöde (»bluten« in eigentlicher und figürlicher bedeutung). Es würde aber zu weit führen, alle guten seiten des buches hervorzuheben; es genügt, zu sagen, dass die darstellung sich überall durch erstaunenswerte genauigkeit auszeichnet. Einige wenige verstösse, welche nur als inkurien zu betrachten sind, mögen hier verzeichnet werden.

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