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Nähe angewiesen werden, damit sie seinen Leuten um so besser bekannt werden. Hier bemerkt man also schon den Anfang einer gewissen Stadtaristokratie. Mit Ausnahme der Münzer und verschiedener Handwerker, welche besondere Verbindlichkeiten zu erfüllen haben, sollen alle einzelnen Bürger fünf Tage im Jahre arbeiten in dominico opere. Die Verpflichtungen aber, die jenen hiervon befreiten Handwerkern obliegen, führen uns in Mitten eines noch ganz patriarchalischen Zustandes hinein. Um nur Einiges hiervon anzuführen, so sollen zwölf Kürschner, jedoch auf Kosten des Bischofs, so viel Pelze anfertigen, als derselbe nöthig hat. Den Schmiden liegt es ob, beim Zuge des Bischofs zur Heerfahrt des Kaisers oder an den kaiserlichen Hof eine gewisse Anzahl von Hufeisen mit ihren Nägeln, den Sattlern in denselben Fällen eine bestimmte Zahl von Saumsätteln zu liefern; die Schwertfeger müssen eben dann den Hofbeamten und der ganzen täglichen Dienerschaft des Bischofs die Schwerter und Helme putzen; die Küfer sollen alle Weinfässer des Bischofs, jedoch auf dessen Kosten, binden und für denselben, wenn er daheim ist, desgleichen für den etwa anwesenden Kaiser oder Kaiserin die nöthigen Badewannen verfertigen, wozu ihnen aber das Holz geliefert werden muss. Zu solchen Bestimmungen treten andere, die sich auf die Bestellung der bischöflichen Felder, auf das Dreschen seines Getraides, auf Vieh- und Ackergeräthschaften beziehen. Man wird hier vielfach an die Gesetzgebung Karls des Grossen in dem berühmten Capitulare de villis er

innert.

Die staatsrechtlichen, durch kaiserliche Verleihung an den Bischof gelangten Befugnisse finden ihren Hauptausdruck in der hohen Vogtei, und sie entspricht dem, was sonst gewöhnlich die Grafschaft genannt wird. Vermöge

derselben setzt der Bischof einen Vogt (advocatus) ein, soll aber dabei nicht willkürlich verfahren, sondern ist an die Kur und Zustimmung der Domherren, Ministerialen und Bürger gebunden (§ 43). Mithin hat sich noch keine Erblichkeit der Vogtei ausgebildet. Der Vogt, welcher die Stellung einnimmt, die namentlich in Cöln und in Magdeburg vom Burggrafen bekleidet wird, muss aber dann den Blutbann (gladii vindictam) vom Kaiser selbst erhalten ganz so wie wir dies noch im Sachsenspiegel, III. 64. § 5, finden und hält sein Gericht in der Pfalz des Bischofs. Abgesehen vom Vogte, liegt die Regierung der Stadt hauptsächlich in den Händen von vier Beamten, welche der Bischof einsetzt, und dies sind der Schultheiss, Burggraf Zöllner und Münzmeister. Sie alle sollen, so wie vielleicht auch der Vogt, zur familia ecclesiae gehören, und hierin erkennt man recht deutlich, wie sehr die patrimonialen und die staatsrechtlichen Elemente dieses Stadtregiments mit einander verschmolzen sind.

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1. Der Schultheiss, welcher auch causidicus heisst, richtet über Diebstahl, Frevel und Geldschulden gegen alle Bürger der Stadt, und der Regel nach auch gegen alle Fremde, die aus dem Bisthum in dieselbe hineinkommen. Ausgenommen von seiner Gerichtsbarkeit sind die Ministerialen der Kirche, die familia episcopi und die bischöflichen Beamten. Den Bann empfängt der Schultheiss nicht vom Bischofe, sondern vom Vogte; folglich ist dies kein Königsbann, denn ein solcher durfte binnen einer Vogtei nur einmal vorhanden sein. Sachsensp. I. 59. § 1. Der Schultheiss setzt aber dann noch zwei Vicarien, Judices ein, deren Gerichtsbarkeit sich aber nur auf Geldschulden erstreckt. Schultheiss und Judices halten ihr Ding auf dem Markte bei Sanct Martinus.

2. Der Burggraf hat eine ganz eigenthümliche Stellung, völlig abweichend von der Bedeutung dieses Amtes

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in verschiedenen andern Städten. Ihm ist Vieles von demjenigen Zweige der Stadtverwaltung übergeben, den wir unter dem Namen der Polizei zu begreifen pflegen; innerhalb dieses Geschäftskreises hat er auch eine gewisse Gerichtsbarkeit, und sein Gericht hält er gleich dem Vogte in der bischöflichen Pfalz. Er setzt die Meister über die verschiedenen Handwerksämter oder Innungen ein, und richtet über Vergehen in der Ausübung der Handwerke und gegen die innere Ordnung der Aemter. Er hat dafür zu sorgen, dass die Mauern und Wälle der Stadt nicht beschädiget, die Strassen durch Bauten nicht verengert werden; er soll die Brücken der alten Stadt bauen und in sichrem Zustande 、erhalten, und die Errichtung von Mühlen ist an seine Erlaubniss gebunden. Ausser gewissen Strafgeldern, welche in Uebertretungsfällen an ihn gezahlt werden müssen, sind ihm auch die Zölle von manchen auf dem Markte feil gebotenen Gegenständen angewiesen.

3. Der Zöllner (telonearius) soll alle Masse, deren man sich im Handel und Wandel bedient, mit einem glühenden Eisen zeichnen; ihm liegt der Bau und die gute Erhaltung der Brücken in der neuen Stadt ob, und er bezieht die Zölle von allen zollbaren Gegenständen, so weit dieselben nicht dem Burggrafen gebühren oder dem Bischofe selbst (§ 55) vorbehalten sind.

4. Der Münzmeister (magister monetae) hat zu wachen, dass Niemand mit verbotener Münze verkehre; er hat Gerichtsbarkeit über alle Münzfälscher in der Stadt und im ganzen Bisthum, und unter ihm stehen die Münzer, welche zur familia ecclesiae gehören und eine eigne Genossenschaft bilden (bekanntlich in vielen Städten, und eben so auch in Strassburg nach späteren Urkunden mit dem Namen der Hausgenossen bezeichnet). Wer das Recht der Münzer erwerben will, muss dem Bischofe, dem Münzmeister und den Münzern selbst bestimmte Geldsummen entrichten; was

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etwa sonst noch für Bedingungen dazu gehörten, wird nicht angegeben. Alle Gewichte, deren man sich im Verkehr bedient, müssen von dem Münzmeister geformt oder amtlich anerkannt sein.

Von einer collegialischen Stadtbehörde, einem collegium scabinorum oder collegium consulum findet sich in dem alten Statut noch nichts. Denn wenn es in § 61 heisst, dass im Falle einer Münzverfälschung die Münze per consilium sapientum gewandelt werden solle, so ist hierbei doch wohl nicht an eine Behörde zu denken, sondern nur gemeint, dass dies nach dem Rathe weiser, sachverständiger Leute geschehen solle, und eben diese Erklärung wird auch durch die alte deutsche Uebersetzung bestätigt. In § 35 ist. einmal von dem judicium et dictum populi die Rede, und darüber kann wohl kein Zweifel sein, dass die eigentliche Findung des Urtheiles auch hier nicht von den mit Gerichtsbarkeit bekleideten Beamten, sondern von der Gemeinde oder einzelnen Abtheilungen derselben ausging.

An diese kurze Uebersicht sind nun noch einige allgemeine Bemerkungen über die Entwickelung der Strassburger Verfassung überhaupt anzuknüpfen.

Zunächst drängt sich die Frage auf, wie sich die freilich nur sehr mässige Dienstbarkeit erklären lasse, in welcher sich nach § 93 sämmtliche burgenses dem Bischof gegenüber befinden? Dass sich die ganze Stadtgemeinde jemals in einem Zustande anerkannter persönlicher Unfreiheit aller ihrer Mitglieder befunden habe, lässt sich nicht annehmen; ja nicht einmal bei den Handwerkern scheint eine solche Folgerung aus den ihnen obliegenden Verpflichtungen gerechtfertigt. Wollte man der alamannischen Besitznahme des Landes, den Römern gegenüber, oder dann wieder dem Siege der Franken über die Alamannen einen Einfluss dieser Art zuschreiben, so käme man hier wenigstens ins Gebiet reiner Hypothesen, die sich eben nur noch anneh

men, aber nicht mehr begründen liessen. Allein auch die Ansicht können wir nicht theilen, wonach das älteste deutsche Weichbildrecht überhaupt für ein erweitertes, durch seine Anwendung auf bisher freie Leute gemildertes Hofrecht zu halten sein soll. Denn solche vereinzelte Leistungen, wie wir sie in dem ältesten Strassburger Rechte bei allen burgenses ohne Ausnahme antreffen, sind an sich noch nicht geeignet, um die Anwendung des Begriffes Hofrecht zulässig zu machen. Ausserdem aber fehlt es an jedem Grunde, der uns nöthigen könnte, die ältesten deutschen Stadtrechte ganz allgemein diesem Begriffe unterzuordnen.

Es scheint, dass man hier von folgendem Gesichtspunkte ausgehen müsse. Die Auflösung der Volks- und Gauverfassung bestand hauptsächlich darin, dass das demokratische Element im germanischen Staatsleben mehr und mehr an Bedeutung verlor, und bekanntlich ging diese Veränderung in den neustrischen Theilen des grossen fränkischen Reiches noch früher, als in den austrasischen vor sich. Mit jenem Zurücktreten der alten volksthümlichen Verfassung, welches sich namentlich in dem allmähligen Eingehen der grossen, ganze Völkerschaften umfassenden Landesgemeinden äusserte, war überall ein Wachsthum der monarchisch- aristokratischen Elemente der Verfassung eng verbunden; das aristokratische aber trat selbst wieder sehr bald in der Form von lauter kleinen Monarchien hervor, die sich auf der Grundlage ausgedehnten Grundeigenthums mit Immunitätsrechten über zahlreiche Unfreie und bald auch Freie, und mit weithin greifender Beamtengewalt zu Gunsten der geistlichen und weltlichen Herren entwickelten. In dieser Periode der Entwickelung, die bereits mit dem neunten Jahrhundert beginnt, standen die einzelnen freien Ortsgemeinden, die ländlichen und bald auch die städtischen, den mächtigen geistlichen oder weltlichen - Herren, welche vom Kaiser die Grafschaft oder hohe

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