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grösstentheils Mark gewesen, und es kann wohl nicht zweifelhaft sein, dass sich jene den Markgrafschaften überhaupt angehörende Eigenthümlichkeit der Gerichtsverfassung auch hier vorgefunden hatte; die obige Frage scheint also in der That ziemlich nahe zu liegen. Innere Gründe sprechen offenbar für die Fortdauer des früheren Verhältnisses, denn sicher sollten die Rechte, welche bereits in der Markgrafschaft gelegen hatten, bei jener Erhebung zum Herzogthum eher vermehrt als vermindert werden, und hiernach ist also anzunehmen, dass es auch in dem letzteren, mindestens soweit es unmittelbar aus einer Mark hervorging, keinen Königsbann gegeben hat. Man könnte sich aber dafür auch auf ein ausdrückliches Zeugniss berufen, indem es in dem grossen österreichischen Hausprivilegium von 1156 (Pertz Monum. Germ. Leg. T. II. p. 100) heisst: Cuncta eciam secularia judicia in ducatu Austriae debent jure feodali a duce Austriae dependere. Allein die Echtheit dieses Privilegium, für welche sich unter den lebenden deutschen Gelehrten freilich ein Paar Männer wie Eichhorn und Pertz erklärt haben, ist von andern wohl mit gutem Grunde in Zweifel gezogen worden 1), und wir

Sachs. III. 53. sagt) nicht mehr Könige hiessen, noch immer die Fürsten zu Mannen und die Fahnlehen unter diesem Namen. Später aber haben ihnen die Kaiser Beides, die Fürsten und die Fahnlehen abgebrochen, wozu die Erhebung der österreichischen Mark zum Herzogthum einen treffenden Beleg liefert. Wenn übrigens sieben ursprünglich die normale Zahl von Fahnlehen in einem einzelnen Volkslande gewesen zu sein scheint, so dürften auch die sieben Seelande in Friesland auf einer ähnlichen Grundlage beruhen.

1) In neuster Zeit besonders von Joh. Fr. Böhmer, Regesta imperii von 1198–1254. Abth. I. S. 199. 232., welcher dasselbe als eine Verunechtung des uns noch erhaltenen echten Privilegium bezeichnet, worüber a. a. O. gleichfalls nähere Auskunft zu finden ist. Auch Chmel (Sitzungsberichte 1850. December S. 814) nimmt eine Fälschung an, und dem Urtheil Böhmers tritt Waitz Gött. G. A. 39. St. 6. März 1852 vollkommen bei.

können sonach in Betreff der oben hervorgehobenen Frage einen Schluss nur aus dem innern Zusammenhange der Sache selbst ziehen.

Als der ordentliche Richter der Stadt wird wiederholt der judex genannt, welcher wohl ohne Zweifel vom Herzog eingesetzt wurde. Das Amt desselben aber scheint sehr viel Drückendes gehabt zu haben, da es der Herzog (§ 27) den Bürgern als Gnade zusichert, er wolle keinen von ihnen zwingen, Richter zu werden. Unter dem judex kommen auch noch ein subjudex und praecones (Frohnboten) vor (§ 29), und diesen Personen sind von den Wetten oder Geldstrafen, welche an das Gericht gezahlt werden, gewisse gesetzliche Antheile zu entrichten. Die eigentliche Gemeindebehörde aber bilden die sechs Geschwornen, welche berechtigt sind über den Markt und Alles, was zum Nutzen und Frommen der Stadt gereicht, Beschlüsse zu fassen, denen der Richter nicht widersprechen darf § 25. Unverkennbar liegt in ihnen der Keim eines wahren Stadtraths (collegium consulum), oder sie sind in der That selbst schon als solcher zu betrachten, aber wie sie ernannt wurden und ob sie mit dem Amte von Rathsherrn auch das von Schöffen verbanden, erfährt man nicht.

Im Strafrechte verdient es besondere Hervorhebung, dass bei solchen Vergehen, für welche Geldstrafen entrichtet werden müssen, die Busse, welche an den Verletzten fällt und die Wette, welche dem Richter zu Theil wird, regelmässig gleich hoch bestimmt sind, was in andern Rechtsquellen durchaus nicht immer der Fall ist. § 5. 7. 8. 10. 11. Hat das Verbrechen dem verletzten Theile ein Glied gekostet, und kann der Thäter Busse und Wette nicht entrichten, so gilt das strenge Recht der Talion, Aug' um Auge, Hand um Hand, Fuss um Fuss, u. s. w. § 5. Bei der Nothzucht wird ein besonderes Gewicht darauf gelegt, dass die Frauensperson das Gerüchte erhoben habe, und

dies erinnert ganz an ähnliche Bestimmungen des Sachsenspiegels II. 64. Störung des Hausfriedens wird auch hier mit dem bekannten Namen Heimsuchung bezeichnet; die Worte in § 19 aber: unicuique civium domus sua sit pro munitione, drücken die Heiligkeit jenes Friedens in derselben Weise aus, wie die gefeierte englische Redensart: my house is my castle.

Im Strafverfahren nehmen als Reinigungsmittel ein Paar Gottesurtheile, das des glühenden Eisens und das Wasserurtheil eine wichtige Stelle ein § 12. 19; ob jedoch mit dem letzteren das jud. aquae ferventis oder frigidae gemeint sei, bleibt zweifelhaft. Nächstdem kommt auch der Eid mit Eidhelfern vor, an welchen doch offenbar gleich in § 1 zu denken ist. Unter den domestici aber sind hier wie an andern Stellen des Stadtrechts Bürger, welche in der Stadt mit Häusern angesessen sind, zu verstehen, § 11. 19. Wenn also jemand eingesteht, einen andern getödtet zu haben, zugleich aber behauptet, dass er dies in der Vertheidigung seines eigenen Lebens gethan habe, so soll er dies eidlich erhärten, und sieben glaubwürdige Hausbesitzer der Stadt sollen schwören, dass sein Eid sei reine und unmeine. Sachsensp. III. 83. § 3. In § 1 wird die dem Angeschuldigten obliegende Beweisführung mit den Worten: probet hoc cum septem domesticis, ausgedrückt, während in § 9 für denselben Fall gesagt ist: expurget se testimonio septem credibilium virorum; beide Formeln werden also offenbar in demselben Sinne gebraucht. Wenn aber jemand bei Nachtzeit innerhalb des Stadtgebiets einen andern getödtet oder an einem Gliede verstümmelt hat, zu seiner Entschuldigung jedoch ebenfalls anführt, dass es in der Selbstvertheidigung geschehen sei, so soll das testimonium duorum vel plurium hinreichen, und wenn der Angeschuldigte behauptet, die That sei in campo, d. h. in einem Zweikampfe verübt worden, so soll sogar das testimonium unius genügend sein.

Hier liesse sich wohl fragen, ob die Schwörenden in diesen letztgenannten Fällen für Eidhelfer oder für Zeugen (qui rem viderunt) zu halten seien? Ich kann nur das Erstere als richtig ansehen, weil ja sonst die Möglichkeit einer solchen Beweisführung stets von reinen Zufälligkeiten abgehangen hätte, und eben so darf bei den sieben glaubwürdigen Männern, mit denen nach § 12 eine wegen an ihr ver-` übter Nothzucht oder Raubes klagende ehrbare Frauensperson den Angeschuldigten überführen soll, wohl nur an Eidhelfer gedacht werden. Es muss also zunächst ein Ueberführungseid der Klägerin selbst vorausgegangen sein, auf den sich dann erst die Eide der Consacramentalen bezogen. In der einzigen Stelle des Sachsenspiegels, welche die Formel des Eidhelfereides enthält, III. 88. § 3, ist der Haupteid, dem die Bekräftigung durch die Consacramentalen zu Theil wird, auch nicht ein Reinigungseid des Verklagten, sondern ein Ueberführungseid des Klägers.

Bei schwerem Ungericht, namentlich bei Mord und Todtschlag wurde übrigens der Angeklagte gefangen gesetzt, wenn er nicht unbewegliche Güter im Werthe von 30 Pfund besass, oder wenn er nicht in Ermangelung eines solchen Grundbesitzes einen Bürgen finden konnte, welcher ihn auf sein eigenes Leben, d. h. bei Gefahr desselben zu stellen versprach. § 1. 3. Gewährte aber der Angeschuldigte in der einen oder der andern Art die verlangte Sicherheit, so blieb er ungefangen und wurde dreimal vor Gericht geladen, um sich zu verantworten. Erschien er auf diese dreimalige Aufforderung nicht, dann sollte ihn der Richter als einen proscriptus verkünden. Offenbar ist hiermit die Verfestung gemeint; der Richter sollte ihn verfesten, wie dies der Sachsensp. I. 67 genauer angiebt: Svene man aver beklaget um ungerichte, deme sal man degedingen dries, immer over virtennacht. Klaget man ungerichte over enen vrien scepenbaren man, deme sal man degedingen dries,

immer over ses weken under koninges banne unde to echter ding stat. Sve nicht vore ne kumt to deme dridden degedingen, den vervest man. Ein anderes Verfahren trat jedoch jederzeit bei einem in handhafter That ergriffenen Mörder oder Todtschläger ein, indem gegen einen solchen als gegen einen Ueberführten, ohne alle Rücksicht auf sein vielleicht sehr beträchtliches Vermögen, sofort gerichtet werden sollte. § 4. In gewissen Fällen wird auch auf den Ort der Vollstreckung einer Strafe ein besonderes Gewicht gelegt, und es giebt sich darin ein sittlicher Gedanke von allgemeinerem Interesse kund. Wenn jemand einen andern verwundet, dieser aber ohne Schaden an seinen Gliedern wieder geneset, so soll der Thäter dem Richter 2 Pfund als Wette, und dem Verwundeten 2 Pfund als Busse bezahlen. Kann er aber dieses Geld nicht erlegen, so soll er mit Hieben und an Haut und Haar bestraft, diese Strafe jedoch im Gerichte, und nicht an demjenigen Orte vollzogen werden, wo man die Diebe zu hauen pflegte.

Wie in vielen Privilegien des Mittelalters, welche Städten ausgestellt wurden, so erklärt auch hier der Verleiher des Stadtrechts (§ 14), dass er gegen Wittwen verstorbener Bürger, so wie gegen Töchter und Nichten eines Bürgers weder einen Zwang zur Abschliessung einer Ehe ausüben, noch auch dieselben an Eingehung einer solchen hindern wolle. Hat ein Bürger Frau und Kinder, oder auch wohl nur eine oder die andern, so sind diese seine regelmässigen Erben, und wenn sich bei seinem Tode der Nachlass im Besitze dieser Personen befindet, so soll sich der Richter in denselben nicht einmischen. Stillschweigend scheint zugleich vorausgesetzt zu werden, dass bei dem Vorhandensein solcher nächsten Angehörigen eine letztwillige Verfügung als unstatthaft zu betrachten sei. Fehlt es einem aber an solchen nahen Personen, dann steht es ihm frei, über sein Vermögen beliebige Anordnungen zu treffen.

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