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und nicht auf die ebendaselbst unmittelbar vorher erwähnte Gründung von Freiburg im Breisgau zu beziehen. Wäre das Letztere der Fall, so müsste unter dem erwähnten Heinrich natürlich der letzte fränkische Kaiser verstanden werden. Fast mit Gewissheit ist anzunehmen, dass Bern 1191 von Berthold V. auch einen Stiftungsbrief ausgestellt erhalten hat, und darauf gehen in § 54 der folgenden Urkunde die Worte: illa jura et libertates, que Berchtoldus dux quondam dominus vester dedit et confirmavit; dieser Stiftungsbrief ist jedoch verloren gegangen. Nachdem Berthold V. am 18. Febr. 1218 gestorben und mit ihm das Haus Zäringen im Mannsstamme erloschen war, fiel Bern an das Reich zurück. Stälin, Wirtembergische Geschichte Th. 2. S. 299. Kurze Zeit nachher, am 15. April 1218, erhielt die Stadt von König Friedrich II. den im Folgenden mitgetheilten Freiheitsbrief, welchen man die Handfeste oder auch wohl goldene Bulle von Bern zu nennen pflegt, und welcher noch jetzt im Archiv daselbst vorhanden ist. Im Wesentlichen liegt dabei das Recht von Freiburg im Breisgau zu Grunde. Abgesehen nun von dem eignen Inhalte der Handfeste, bestätigt Friedrich II. (§ 54) der Stadt Bern darin auch alle die Rechte und Freiheiten, welche Conrad von Zäringen 1120 der Stadt Freiburg verliehen hatte, desgleichen diejenigen, welche Bern 1191 von seinem Gründer Berthold V. in dem gewiss vorhanden gewesenen, aber verloren gegangenen Stiftungsbriefe erhalten hatte; endlich alle diejenigen Rechte, welche bereits damals in den Stadtrodeln von Freiburg und Bern enthalten waren, und welche die Bürger von Bern in Zukunft nach gemeinschaftlichem Beschlusse zum Nutzen und zur Ehre der Stadt ihren Stadtrodeln noch beifügen würden. Hieraus ergiebt sich also recht deutlich, dass die Gemeinde die Befugniss haben sollte, ihr Recht auch später durch Weisthümer und Willküren selbstständig fortzubilden. Ein Rechtszug nach Cöln wird in der Urkunde nicht ausdrück

lich vorgeschrieben; wohl aber wird § 5 verfügt, dass dann, wenn zur Zeit eines Marktes Streit zwischen Bürgern und Kaufleuten entsteht, bei der Entscheidung das Gewohnheitsrecht der Kaufleute überhaupt, und namentlich das von Cöln zu Grunde gelegt werden soll; und diese Bestimmung musste, um ausgeführt werden zu können, fast nothwendig auch die Einholung von Rechtssprüchen aus Cöln zur Folge haben. Uebrigens scheinen bei jener Vorschrift hauptsächlich solche Streitigkeiten vorausgesetzt zu sein, wo sich Einheimische und auswärtige Besucher des Marktes als Parteien gegenüberstanden. Der ganze Begriff eines jus consuetudinarium mercatorum verdient aber an sich die grösste Beachtung, indem hier recht deutlich hervortritt, wie sich trotz aller Besonderheiten, welche bei jeder einzelnen Stadtgemeinde nach örtlichen Verhältnissen vorzukommen pflegten, dennoch auch im Gebiete des Weichbildrechts schon frühzeitig eine Neigung zu gewissen gemeinschaftlichen, überall anzuerkennenden Regeln entwickelte. Einerseits zeigte sich dies, insofern die staatsrechtliche Stellung der städtischen Gemeinden, die Interessen derselben, als der Mittelpuncte des gewerblichen Lebens in Frage kamen, und so bildete sich das Bewusstsein eines Inbegriffes allgemein geltender öffentlicher Marktfreiheiten. In diesem Sinne spricht z. B. die Bd. 1. S. 123 mitgetheilte Urkunde von Dürkheim an der Hart von einem privilegium forensium libertatum, ohne diese selbst im Einzelnen genauer anzugeben. Auch die so weit greifende und so allgemein anerkannte Regel, dass die Luft der Stadt frei mache, ist unter denselben Gesichtspunct zu bringen. Andererseits hat sich grade in Handelssachen am frühesten auch das Bedürfniss eines in weiteren Kreisen als gültig angesehenen Privatrechts hervorgethan, und die städtischen Gerichtshöfe sind die Hauptsitze für die Ausbildung eines solchen geworden.

Unser Handelsrecht ist zum grossen

Theile eine aus germanischen rechtlichen Gedanken herausgebildete Theorie, welche nur später von der in diesem Gebiete sehr einflussreich gewordenen ratio scripta des römischen Rechts vielfach durchwebt worden ist. Offenbar ist nun bei jenem jus consuetudinarium mercatorum vorzugsweise an Privatrecht zu denken, da dasselbe bei der Beurtheilung von Streitigkeiten gebraucht werden soll, und aus dem Vorhandensein eines solchen lässt sich schon für jene Zeiten auf eine grosse Ausdehnung des städtischen Handels in den Rheingegenden und den südlichen, Italien näher gelegenen Landschaften schliessen.

Mehrere interessante Abweichungen der Berner Handfeste von dem Freiburger Stiftungsbriefe haben ihren Grund unmittelbar darin, dass Bern als Stadt des Reiches, Freiburg nur als Territorialstadt erscheint. Natürlich hingen von dieser Verschiedenheit der Herrschaft auch sehr viele andere Beziehungen eines solchen Ortes ab. Bern wird von Friedrich II. ausdrücklich ins Eigenthum und den Schutz des römischen Reiches genommen, und seinem bestimmten Versprechen zufolge soll die Stadt niemals durch Lehnsreichung, Verkauf, Tausch oder in anderer Art aus der Gewalt des Reiches gebracht werden, sondern jederzeit in dessen Eigenthum verbleiben. Die Bürger, welche nach § 1 vorher manchen Bedrückungen ausgesetzt gewesen waren, ja vielleicht zum Theil in Unfreiheit gelebt hatten, sollten für sich und ihre Nachkommen volle Freiheit haben, auch gleich andern Getreuen und Dienstmannen des Reiches Lehnrecht geniessen, und nur verpflichtet sein, ein jeder von seiner Hofstätte (area) alljährlich zwölf Denare gewöhnlicher Münze als Zins zu entrichten. Der Bezirk, innerhalb dessen die Stadt gelegen ist, wird ausdrücklich als Reichsboden, fundus et allodium imperii bezeichnet; im Gegensatze desselben werden aber auch die Grundbesitzungen der einzelnen Bürger allodia civium genannt. Den fremden

Kaufleuten soll zur Zeit eines öffentlichen Marktes das Recht zustehen, auf den Strassen und anderem Reichsboden überall wo sie wollen, jedoch mit Ausnahme der den Bürgern gehörigen allodia, ihre Verkaufsplätze und Zelte aufzuschlagen, ohne dass sie dafür irgend etwas zu entrichten haben.

Die ordentlichen weltlichen Obrigkeiten sind im Allgemeinen den Formen der Stadtverfassung völlig angemessen, welche am Anfange des 13. Jahrhunderts in den westlichen und südwestlichen deutschen Landstrichen vorherrschten. Ein scultetus, der sehr häufig auch nur judex schlechthin genannt wird, führt den Vorsitz im Gerichte; ein Collegium von Consuln, deren Zahl übrigens nicht angegeben wird, mit denen aber wohl die jurati in § 52 gleichbedeutend sind, ist die ordentliche Verwaltungsbehörde, und ausserdem sind die Mitglieder dieses consilium in ihrer Gesammtheit oder in einzelnen Abtheilungen wohl auch hier als Beisitzer des Gerichts, d. h. als Schöffen zu denken. Der in § 7 neben den consules genannte preco ist offenbar der gewöhnliche Fronbote. Alle diese weltlichen Beamten, und ausser ihnen auch der Priester, der Scholasticus und der Sacrista, sollen frei von den Bürgern gewählt werden, und diesen bleibt es anheimgestellt, alljährlich mit ihnen allen, ausgenommen den Priester, zu wechseln; die Gewählten aber verspricht der König zu bestätigen. Ob auch der Zöllner (thelonearius) § 16, 17 als ein eigentlich städtischer Beamter anzusehen und seine Wahl ebenfalls den Bürgern frei gegeben sei, wird nicht bestimmt gesagt, ist jedoch nach dem, was die weiter unten folgende Handfeste von Freiburg im Uechtlande über diesen Beamten enthält, auch für Bern als wahrscheinlich anzunehmen. Zweifelhaft bleibt es, welches Gericht mit dem najus judicium § 53 gemeint sei, an welches der Rechtszug von dem gewöhnlichen Schultheissengerichte in Bern gehen sollte.

Sicherlich an ein solches, welches unter Königsbann gehalten wurde. Aber wo man dasselbe zu suchen habe, ob vielleicht in Cöln, darüber fehlt es an jeder Hinweisung.

Die Berner Handfeste ist übrigens auch sehr reich an höchst interessanten Bestimmungen, welche das Privatrecht betreffen. Besonders sind in dieser Hinsicht hervorzuheben die §§ 40-51, worin sich die Grundzüge des ehelichen SS Güterrechts und des Erbrechts finden. Eine lehrreiche Uebersicht der Hauptgegenstände, welche in den wichtigeren Stadtrechten der westlichen Schweiz enthalten sind, worin zugleich auf die Handfeste von Bern eine vorzügliche Rücksicht genommen wird, ist in der Abhandlung von Henke über einige Stadtrechte der westlichen Schweiz aus dem 12. und 13. Jahrhundert geliefert worden. Zeitschrift für geschichtl. Rechtswissens. Bd. 3. S. 191 fg.

Gedruckt ist die Urkunde in folgenden Werken: Gottlieb Walther, Versuch zur Erläuterung der Geschichten des vaterländischen Rechts. Bern, 1765. S. 134 fg. Dreyer, Beiträge zur Litteratur und Geschichte des deutschen Rechts. Lübeck und Leipzig, 1783. S. 49 fg. Schnell, theoretisch - praktischer Commentar über das positive Civilrecht des Kantons Bern. Bern, 1811. Heinr. Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Freiburg im Breisgau. I. 1. S. 26 fg.

Eine ältere deutsche Uebersetzung wurde schon im 4. Stück der helvetischen Bibliothek, Zürich 1736. S. 1 fg. mitgetheilt. Eingang und Schluss des lateinischen Originals finden sich auch bei Schöpflin, Codex diplom. historiae Zaringo - Badensis pag. 146 sq.

Der nachfolgende Abdruck schliesst sich im Wesentlichen an die Walthersche Ausgabe an.

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