Imágenes de páginas
PDF
EPUB

des funfzehnten Jahrhunderts ernstliche Händel mit dem damaligen Scholasticus Hermann Dwerch; worauf wir indessen hier nicht weiter eingehen wollen.

In Hamburg (42) begann man am Anfange des funfzehnten Jahrhunderts deutsche Schulen anzulegen, aber im Widerspruch mit dem Scholasticus Friedrich Deys, der deshalb bei dem Papste klagte. Und Bonifacius IX. erließ im Jahre 1402 eine Bulle zum Schuße des hergebrachten Privilegiums der Scholasterie, wonach alle geheimen und ungewöhnlichen Schulen geschlossen werden sollten, und die Widerseßlichen mit Interdict, Suspension und Excommunication bedroht wurden. Die desfallsigen Streitigkeiten haben in der That bis zur Reformation nicht ganz aufgehört. Aber gewiß ist es, daß seit 1432 mit Bewilligung des Rathes in Hamburg solche deutsche Schreibschulen bestanden, wenn auch mit dem Scholasticus deshalb noch viel gestritten ward. Die Geschichte dieser Streitigkeiten, die manches Merkwürdige berichtet, müssen wir jedoch übergehen. Daneben gab es, was urkundlich feststeht, noch allerlei Privatschulen, Winkelschulen, Klippschulen.

Was den Mädchenunterricht betrifft, so geschieht in Hamburg schon vor der Reformation der dafür vorhandenen Privatanstalten besondere Erwähnung. Wie weit daselbst die Beghinen sich der weiblichen Kindererziehung angenommen haben, ist nicht klar. Daß sie es anderwärts gethan haben, ist aber bekannt, und das gilt vielleicht auch von mehreren kleineren Städten in Holstein. Es ist kaum zu bezweifeln, daß auch bei uns in einzelnen Beghinenhäusern oder Schwesterconventen für den Unterricht der Mädchen gewirkt worden ist. Daß das Hamburgische Nonnenkloster zu Harvstehude mit seiner weiblichen Erziehungsanstalt sich einen guten Namen ge= macht hat, ist oben in der Geschichte dieses Klosters nicht unerwähnt geblieben. Von dem mit der Stadt Hamburg in genauer Ver= bindung stehenden Kloster zu Reinbek möchte Aehnliches gelten. Aber gleichfalls in den übrigen Nonnenklöstern unseres Landes werden solche Erziehungsanstalten oder Töchterschulen gewesen sein. Das Verhältniß und die Benennung der Schulfräulein" in den Damenstiftern nach der Reformation erinnert bei uns noch daran. Im S. Johanniskloster der Benedictinerinnen zu Schleswig war eine

(42) E. Meyer S. 143 ff.

Lese- und Schreibschule für Kinder. Man erfährt beiläufig aus einem bischöflichen Schreiben, daß am Ende des funfzehnten Jahrhunderts in diesem Nonnenkloster im Lesen und Schreiben Unterricht ertheilt ward. Der Lehrer war zu der Zeit ein in Kiel als Vicar angestellter Cleriker Namens Nicolaus Heitmann. Der Bischof Eggert von Schleswig richtete im Jahre 1494 ein Schreiben (43) aus Flensburg an den Rath zu Kiel mit dem Ersuchen, dem Priester Heitmann zu erlauben, noch ein Jahr lang im Schleswiger Jungfrauenkloster zu unterrichten; wobei ausdrücklich von den Kindern die Rede ist, denen Unterricht zu geben war. Eine interessante Notiz ergiebt sich nebenher aus einem Artikel im Sachsenspiegel (I, 24), worin aufgezählt wird, was in einer Erbmasse zur FrauenGerade gehörte. Danach gehörten aber zum speciell weiblichen Geräthe auch die Andachtsbücher und alle Bücher, welche Frauen zu Lesen pflegen (saltere unde alle böke de to godes deneste höret, de vrowen pleget to lesene). Hieraus geht unstreitig hervor, daß schon zu Anfange des dreizehnten Jahrhunderts die norddeutschen Frauen durchweg haben lesekundig sein müssen und daß sie in christlichen Erbauungsbüchern zu lesen pflegten. Zugleich müssen sie der Lateinischen Kirchensprache mächtig gewesen sein. Der Sachsenspiegel ist bekanntlich auch für die Sachsen in Nordalbingien verfaßt, wo er noch heutiges Tages als gemeines Landrecht Geltung hat. In Lübeck, als dort noch im Jahre 1502 das Nonnenkloster zu S. Annen gegründet ward, wurde von den Bürgern darauf Rücksicht genommen, daß ihre Töchter in diesem Kloster eine gute Schule und zweckmäßigerc Erziehung finden sollten. In Hamburg werden Mädchenschulen vor der Reformation öfter erwähnt, es waren aber Privat= anstalten.

Aus Dithmarschen, dem republikanischen Gemeinwesen freier Landleute, welches mit den Hansesstädten, zunächst Lübeck und Hamburg, stets in der genauesten Verbindung stand, tritt schon lange vor der Stiftung des Dominicanerklosters zur Marien-Aue in Meldorf ein Geistlicher als theologischer Schriftsteller auf, der in lateinischer Sprache ein Andachtsbuch verfaßte (44): Arnold von Mel

(43) Noodt's Beitr. II, S. 119.

(44) W. H. Kolster in den Jahrb. für die Landeskunde der Herzogth. III, S. 51.

dorp, um 1248 Pfarrer zu Wilster, nachher Domherr in Hamburg. Und wenn in den lezten Zeiten der Republik ihre Schreiben und öffentlichen Actenstücke sich nicht selten durch ihren Vortrag und ihre Schrift besonders auszeichnen, was von Kennern anerkannt ist, so mag das vielleicht zum Theil einer guten Klosterschule in Meldorf als Verdienst anzurechnen sein. Für die Geschichte des dortigen Unterrichtswesens in weiteren Kreisen vor der Reformation ist ein Artikel (45) des ältesten geschriebenen Landrechts von 1447, der bisher in solcher Beziehung nicht beachtet worden, von entschie= dener Wichtigkeit. Es ist der dritte Artikel, welcher bestimmt, daß ein jedes Geschlecht im Lande, welches Studierende oder Pfaffen habe, es sei groß oder klein, gehalten sein und dafür verantwortlich sein solle, daß diese Geistlichen sich dem Landrechte unterwürfen, also nicht unter kirchlicher Jurisdiction, sondern unter den Landesgerichten stehen sollten. Wer sind nun diese Schöler efte Papen"? Es sind Lehrer der Jugend und etwa auch Capellane an einzelnen Capellen, welche die Genossenschaften der Geschlechter hielten. Eine solche Auslegung jenes landrechtlichen Artikels, der ganz im Geiste der Landesgemeinde abgefaßt ist, welche aller Einwirkung und Erweiterung geistlicher Macht im Lande eifrig und kraftvoll widerstrebte, kann dem wirklichen Kenner der älteren Geschichte Dithmarschens gar nicht auffallend sein. Denn es ist bekannt, wie umfassend dort früher die Bedeutung und Wirksamkeit jener Geschlechtsvereine (46) war, so daß sie nach verschiedenen Seiten hin gewissermaßen an die Stelle der Bauerschaften und selbst der Kirchspiele traten.

[ocr errors]

Die Dithmarscher ließen ihr geschriebenes Landrecht, welches jen en beachtenswerthen Artikel enthält, bereits zwischen 1483 und

(45) Michelsen's Samml. altdithmarscher Rechtsquellen (Altona 1842) G. 2.

(46) Es mag damit in einem gewissen Zusammenhange ein Stipen dium für Dithmarscher auf der Universität Löwen stehen. Dasselbe ist in der Reformationszeit von einem Dithmarscher, Chriftianus Becken, der in Löwen studirt hatte und daselbst Canonicus zu S. Peter geworden war, für vier Stipendiaten gestiftet. Es nimmt aber eine bestimmte Rücksicht auf die Angehörigen des berühmten Vogdemannengeschlechts. Vgl. Dr. Paulsen (Director des Taubstummeninstituts in Schleswig), Die Stipendien in den Herzogthümern Schl. - Holst. und Lauenb. (Schleswig 1863), S. 244-245. W. Dührssen über das Vogdemannen-Stipen= dium in den Jahrb. f. d. Landeskunde II, 428 ff.

1489 drucken (47); vermuthlich in Lübeck. Diese älteste Folioausgabe des altdithmarscher Landrechts ist leider gegenwärtig nicht blos eine typographische Seltenheit, wie die Quartausgabe von 1539, von der nur ein halbes Dußend Exemplare bekannt sind, sondern als untergegangen anzusehen (48). Wir werden aber durch sie hier gelegentlich veranlaßt, vorliegendes Capitel mit ein paar Angaben über die frühesten Leistungen der Buchdruckerkunst, welche bald der stärkste Hebel für alles Unterrichtswesen wurde, auf dem Gebiete der Kirche zu schließen.

Bereits im Jahre 1486 hat in Schleswig das erste gedruckte Werk (49) die Presse verlassen. Es ist ein Missale für die Schleswigische Diocese, in Folio, mit roth gedruckten Anfangsbuchstaben und Ueberschriften. Der Titel zu Ende des Buches lautet, nach Auflösung der darin gebrauchten Abbreviaturen, folgendermaßen: ,,Missale secundum ordinarium et ritum ecclesiae Slesvicensis feliciter explicit, per illuminatum virum Dominum et Magistrum Jacobum Horstman, Sacrae Theologiae Baccalaureum formatum, summa cum diligentia examinatum et correctum, impressumque in Sleswick ad laudem Dei arte et ingenio Stephani Arndes. Anno Domini MCCCCLXXXVI". Demnach war der Verfasser Jacob Horstmann, ein gelehrter Theologe, gewiß Domherr in Schleswig, und der Buchdrucker war Stephan Arndes, der schon im nächstfolgenden Jahre nach Lübeck ging, wo mehrere Jahre früher bereits eine Druckerei bestand. Das Werk ist 1486 gedruckt, das ist gerade dreißig Jahre nach dem Erscheinen des ersten großen Werkes der hohen Kunst der Buchdruckerei mit beweglichen Typen, jenes Gutenbergischen, aber von Gutenberg's Rivalen herausgegebenen lateinischen Bibeldrucks, welcher in der Buchdruckergeschichte als die 42zeilige Bibel bezeichnet wird.

(47) Michelsen, a. a. D. Vorr. S. XIV, XVIII.

(48) Es sind nur ein paar Blätter, zufällig an einem Bücherdeckel gefunden, jezt davon bekannt, welche sich in der Kieler Universitätsbibliothek befinden.

(49) Vgl. J. A. Bolten, Entwurf einer Schleswig - Holsteinischen Buchdruckergeschichte, in A. Niemann's Miscellaneen. (Altona 1800) S. 163 ff.

Es ist das Schleswigische Missale übrigens wieder 1512 in Paris, woselbst 1514 auch die in unserm obigen Capitel von den Bischöfen und Erzbischöfen gerühmten Statuta Synodalia bes Lundischen Erzbischofs Johannes von Brockdorf gedruckt worden, und abermals 1522 zu Rostock herausgekommen. Das Missale für das Stift Lübeck wurde zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts in Lübeck, das für das Stift Hamburg von dem hochberühmten Albert Krank verbesserte Missale 1509 in Straßburg gedruckt. Ein Liber Breviarius für die Schleswigische Kirche und Diöcese kam 1512 in Paris heraus, und zwar auf Veranlassung des lezten katholischen Bischofs von Schleswig Gottschalk von Ahlefeld, über dessen Wahl zum Bischof wir in unsern urkundlichen Beilagen ein NotariatsInstrument nach der Urschrift mittheilen. Die Kosten des Druckes wurden aber von den Domherren Johannes Tetens und Andreas Frederici in Schleswig, sowie des Bürgers Weffel Goldschmidt in Husum getragen (50). Vor Ablauf des funfzehnten Jahrhunderts waren bei uns auch sogenannte gedruckte Donate, lateinische Gramma= tiken und dergleichen Hülfsbücher der damaligen Gelehrtenschulen in Gebrauch.

XII.

Das kirchliche Gut.

.

[ocr errors]

In allen Ländern, wo der Grundbesiß die Grundlage aller Lebensverhältnisse bildet — und wir wissen, in welchem Grade dies bei uns von jeher der Fall gewesen ist - fonnte die Kirche erst von da an eine Macht werden, wo sie in die Reihe der Grundbefiger eintrat. Sie gewann dadurch erst einen Plaß im Raume, möchte man sagen, gewann Boden, auf welchem sie freie Hand hatte, ihre Schöpfungen in ihrer Weise zu vollbringen, weniger eingeengt,

(50) Vgl. R. Nyerup, Skildring af Danemarks äldre og nyere Tilstand (Kopenhagen 1804) II, S. 430 ff. Bogtrykkerkonstens Ind= förelse i Danmark.

« AnteriorContinuar »