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übrigens nicht allzu gross. Es sind in unseren Archiven genügend Akten vorhanden, die authentische Unterschriften aufweisen, z. B. Schuldscheine, Bürgschaften, etc. Sehr viele ächte, authentische Unterschriften aus den Jahren 1600-1830 finden sich in den „Mannlehenbüchern", den Fascikeln Krankheiten unter Menschen, Erziehungswesen, Gewerbe, Aufsicht über Ärzte," sämmtliche im StArchiv. Einzig in zwei Fällen habe ich auch Kopien verwendet, im IV. Kapitel, und zwar aus besondern Gründen. Im ersteren Falle wollte ich damit einen Beleg dafür geben, dass um 1551 niemand mehr die reinen Längen schrieb, im andern wollte ich den Unterschied zwischen ländlicher und städtischer Schreibweise dartun. Ich musste auch aus einem andern Grunde in jedem Falle wissen, was ich für eine Persönlichkeit vor mir hatte. Es kommt nämlich für meine Abhandlung auch auf den Stand, die Bildungsstufe des Autors an, siehe unten (§ 8).

§ 6. Ich durfte nur solche Schriftwerke verwenden, die den Stempel absoluter Originalität an sich tragen. Daher musste ich vor allem eine grosse Zahl von Akten ausschliessen, da solche häufig nach Vorlagen gearbeitet sind.

§ 7. Endlich mussten meine Quellen einen bestimmten grössern Umfang haben. Doch gab es auch Fälle, wo Schriftwerke geringern Umfanges brauchbar waren. So beweist mir der Brief des Dekans Mattmann, Kap. IV., obschon er nur ein paar Zeilen umfasst, hinlänglich, was er beweisen soll, nämlich, dass sein Autor das Suffix - ist noch nicht aufgegeben hatte.

§ 8. Den Grundstock für meine Untersuchung bildeten die Schriftwerke gebildeter Persönlichkeiten. Es sind das Private aus vornehmeren Familien, die eine bessere Erziehung genossen haben, die regierenden Kreise der Kapitale, höhere Beamte in den Landstädten Sempach, Sursee, Willisau und aus dem Flecken Beromünster, Geistliche und Ärzte. Neben diesem Grundstocke kommen zur Behandlung einerseits Repräsentanten höherer Bildung, bedeutende Staatsmänner wie Melchior Hartmann, Dichter wie Öhen und Krauer,

Gelehrte wie die beiden Lang, Kappeler, Schnyder und Balthassar; und andererseits Vertreter geringerer Bildung, meist Beamte in den ländlichen Kommunen. Auch auf die sprachlichen Verhältnisse bei ganz Ungebildeten werde ich hie und da einen Blick werfen.

§ 9. Von den Quellen, die ich für meine Abhandlung verwendet, bedarf eine noch einer speciellen Schilderung. Es sind das die Neunerbücher. Ich habe diese gewählt, weil sie von 1605 bis 1795 ununterbrochen fortlaufen, also gerade durch die Zeit hindurch, die ich zu behandeln habe. Sie sind somit dienlich, den Stamm für meine Untersuchung zu bilden, um den sich die andern Quellen gruppieren. Die Neunerbücher sind das Protokoll des „hohen inappellabeln Gerichtes der Neunmänner, vor welchen leichtere Polizeifälle, Übertretungen der Kleidermandate u. ä. zur Aburteilung kamen. Wie schon bemerkt, beruht ihre Hauptbedeutung für mich darin, dass sie von 1605-1795 ununterbrochen fortlaufen. Wichtige Umstände sind ferner, dass sie immer von gebildeten Männern, häufig von den Unterschreibern der betreffenden Jahre geschrieben wurden, dass sehr viele verschiedene Hände daran tätig waren, und dass der Umfang nicht zu bedeutend ist (1900 Seiten).

§ 10. Ich werde im Verlauf meiner Abhandlung fortwährend auf M Rücksicht nehmen müssen, besonders da K in einem gewissen Abhängigkeitsverhältniss zu derselben steht, siehe § 25. Nun wird im ganzen Kanton die gleiche Mundart gesprochen, mit Ausnahme des Entlebuchs. Schriftwerke aus dem Entlebuch bedürften also einer besonderen Untersuchung. Da mir aber dies zu wenig wichtig erschien, habe ich den Ausweg gewählt, Quellen, von Entlebuchern verfasst, einfach auszuschliessen.

§ 11. Wenn ich unter irgend einem Datum von M spreche, so meine ich natürlich nicht die jetzt lebende M, sondern die jenes Datums. Bisher habe ich allerdings zu einer Geschichte der Luzerner Mundart bloss die Prolego

mena verfasst, allein ich habe seither die betreffenden Studien weiter geführt, ich bin daher auch im Stande, in vielen Fällen das Sprachgut von M zu einer bestimmten verflossenen Zeit richtig angeben zu können. Bin ich irgendwo im Zweifel oder weiss ich etwas gar nicht, so melde ich es jedesmal ausdrücklich. Übrigens sei hier bemerkt, dass der Lautstand (und diesem wende ich die Hauptaufmerksamkeit zu) in M sich seit 1600 nur sehr wenig geändert hat.

§ 12. Sämmtliche Texte sind diplomatisch genau abgedruckt. Nur in zwei Hinsichten nehme ich keine Verantwortlichkeit auf mich. Einmal sind bei einigen Autoren, z. B. bei Krauer, einzelne Majuskeln fast gar nicht von den dazu gehörigen Minuskeln verschieden. Daher ist ganz wohl möglich, dass ein anderer Leser z. B. altar lesen wird, wo ich Altar angenommen habe. Der zweite Punkt betrifft das uo und zwar gerade bei der Trias. Das Ringlein auf dem ů wird oft ganz nachlässig geschrieben, es fällt fast mit dem Häubchen des u zusammen. Bei Renward Cysat und Niklaus Krus sind die beiden Zeichen meist unterscheidbar, und so habe ich denn uo gesetzt (ausser hie und da bei der Präposition zu) dagegen nicht bei Rudolf Enders, daher schreibe ich in Enders'schen Texten z. B. gut, nicht guot.

§ 13. Es giebt eine Reihe von Erscheinungen, die man in Abhandlungen, wie die meinige ist, wenig berücksichtigen kann, vergl. von Bahder, Grundlagen des nhden. Lautsystems, Einleitung. Hieher gehört z. B. die Doppelsetzung gewisser Konsonanten, u. ä. Hier herrscht, und zwar nicht nur in Luzern, reine Willkür. Renward Cysat und Niklaus Krus beobachten zwar eine gewisse Mässigung, aber Rudolf Enders treibt die Sache ins Aschgraue, er schreibt willkürlich: alt, allt, altt, alltt. Es ist nicht unmöglich, dass er dieses absichtlich getan hat, in der Meinung, damit eine gewisse zierliche Verschnörkelung zu erreichen. Wenn also ein Schreiber in der Zeit der Trias bald sy gand, bald sy gandt setzt, so ist das nicht weiter zu beachten, schreibt er aber sy gant, so hat er einen direkten Fehler

zu

-

gemacht, denn das Verhältniss von d (dt) zu t unterliegt in K 1600 bei diesem Verbum bestimmten Regeln.

§ 14. Zum Schluss noch ein paar Worte über die Texte in Kapitel II und IV. Ich habe auch darauf geschaut, solche Textproben zu geben, die inhaltlich, kulturhistorisch ein gewisses Interesse beanspruchen können. Allein in mehreren Fällen waren mir die Normen § 4 und § 6 ein Hinderniss. So durfte ich u. a. von Kappelers wertvollen wissenschaftlichen Abhandlungen nichts bringen, denn sie sind nur noch im Druck vorhanden, da ich aber eine so bedeutende Persönlichkeit nicht übergehen konnte, so musste ich mich begnügen, ein sehr wenig interessantes medizinisches Gutachten von ihm, das aber im Originalmanuskript im StArchiv liegt, aufzunehmen.

$ 15. Noch einige andere Bemerkungen betreff meiner Methode finden sich § 35 und § 57 Ende (wo ich es für nötig gefunden habe, auch das Lebensalter der betref fenden Autoren anzugeben) und § 59 und 60.

§ 16. Ich habe von meiner Methode absichtlich einlässliche Rechenschaft gegeben, denn ich glaube, dass der wissenschaftliche Wert einer Abhandlung nicht nur in den gewonnenen Resultaten liegt, sondern eben auch in der Methode, und es dürfte immerhin einige Bedeutung haben, zu wissen, ob die Kritik die meinige billigt oder nicht, damit fernere ähnliche Arbeiten, mögen sie von mir oder von andern verfasst werden, im klaren seien, wonach sie sich zu richten haben.

II. Kapitel.

Die Luzerner Kanzleisprache um 1600,

unmittelbar vor dem Eindringen des Neuhochdeutschen,

§ 17. In meinen „Prolegomena" habe ich gezeigt, dass wir bei den ältesten in deutscher Sprache abgefassten Schriftwerken Luzerns (ca. 1250) zwei gleichzeitig neben einander laufende Richtungen unterscheiden können. Die eine schreibt in den Endungen volle Vokale, und hat daher ein ahdes. Gepräge, die andere meidet diese vollen Vokale und gleicht ziemlich der normalen mhden. Schriftsprache, wie wir sie in den Klassikerausgaben und Grammatiken vor uns haben. Beide Richtungen, besonders die zweite sind von M, auch wie sie um 1250 in Luzern gesprochen wurde, wesentlich verschieden.

Als Typus der ersteren Richtung diene:

Ein jecherta an enre chivrza.) Ein helbiv jucherte ob herren huges seligen matten. Des hores matten dero sint IIII. ircherten vnd daz hie gescriben ist de hort allez an dise matten. Ein acher gab herrv vlrich hara der schiezo an dz liecht. ca. 1280.

Als Typus der zweiten Richtung diene:

Orch ist der Rat über ein komen. Sienne sich der Schultheisse vnd der Amman zro dem Rate gesetzend, daz si von dem Rate nüt sollen gan bi der buosse, als der Rat über sich gesetzet hat. Dar zvo sullen si zvo dem Rate komen, swenne man nach inen sendet. ca. 1310.

§ 18. Von 1300 an verliert sich die erstere, ahd. gefärbte Richtung allmälig, und die zweite bleibt fortan Luzerner Kanzleisprache. Sie erhält sich aber nicht unverändert, sondern unterliegt mancherlei Wandlungen. Nach 1400 findet man nur noch selten slahen, es heisst jetzt schlahen

1) Flurname.

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