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Portugal

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Quellen und Hülfsmittel. Dumont, Corps diplomatique vol. VI. und Rousset Supplement au Corps diplomatique vol. I. J. J. Schmauss, Corpus juris gentium academicum, Leipzig 1730, vol. I. und vol. II. Dufau Collection des constitutions, Paris 1823 tom. V. Carta de lei 19. April 1826, Lisboa 1826. La charte constitutionelle de Portugal, du 19. April 1826, Paris 1826. - Pölitz, Europæische Staatsverfassungen Bd. II. S. 295–342. Neueste Staatsacten, Tübingen, 1825-26, Band I., IV., V. und VI. E. Münch, Grundzüge einer Geschichte des Repräsentativsystems von Portugal, Leipzig, 1827, 8vo. Schäfer, Geschichte Portugals, Hamburg, 1836-50, 3 Bde. 8vo.; dies treffliche Werk reicht indess erst bis zum Jahre 1580.

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In der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts begann der Kampf von dem christlichen Königreiche Leon aus, um das Land zwischen dem Miño und Duero den Arabern abzugewinnen, und König Alfonso III. drang bereits über den Duero, eroberte 871 Coimbra und behauptete das Land an beiden Ufern des Duero, für welches nach dem Hauptorte, dem Hafen Cale, der Name Portucalia der übliche wurde. Sehr langsam gingen die Eroberungen weiter, unter stets wechselndem Glücke im Kampfe zwischen den Christen und Arabern, in der Richtung auf den Tejofluss, wie dieser in Portugal stets statt des Spanischen Namens Tajo genannt wird. Als aber die Eroberungen in dem benachbarten Spanien von dem inzwischen vereinigten Reiche Leon-Castilien auf Kosten des Islam rascher fortschritten, setzte dessen König Alfonso VI. (1065-1109) mit grossem Glücke auch den Kampf auf dem linken Ufer des Tejo fort, und hatte in dem Grafen Heinrich von Burgund, dem Enkel des Herzogs Robert I. von Burgund und Urenkel des Königs Robert II. von

Frankreich, mit einem stattlichen Französischen Kriegsgefolge den bewährtesten Helfer. Als Lohn dafür erlangte Heinrich die Tochter des Königs zur Gemahlin und die Landschaft Portugal als eine Lehnsgrafschaft Castiliens *) (1093), mit dem später (1107) erweiterten Rechte, dieselbe auf seine Nachkommen vererben zu lassen. Bereits der tapfere Sohn des Grafen, Alfonso I. Henriquez, benutzte die inneren und äusseren Kriege Castiliens zur Erlangung seiner Selbständigkeit, indem er im Jahre 1137 unter päpstlicher Vermittelung mit König Alfonso VII. von Castilien Frieden schloss, dabei zwar zur Entrichtung eines Jahrgeldes an den päpstlichen Stuhl sich verpflichten musste, aber auch die völlige Unabhängigkeit von dem benachbarten Reiche sich erwarb. Durch seinen glänzenden Sieg auf den Feldern zwischen Ferreira und Ourique im Jahre 1139 trieb er die Araber bis hinter die Sierra de Monchique in Algarve, und liess sich von dem begeisterten Heere zum König von Portugal ausrufen. Die Bestätigung dieser erhöhten Würde für sich und seine Nachkommen suchte er nach den damaligen staatsrechtlichen Begriffen, da er schon aus der Lehnsverpflichtung zu einem andern Staate ausgetreten war, wieder bei dem Römischen Stuhle nach. Papst Innocenz II. ertheilte im Jahre 1142 seine Genehmigung zur Beibehaltung der königlichen Würde, wie er denn aber auch die fernere Zahlung des Jahrgeldes nach Rom sich ausbedang. Im Jahre darauf wurden der höhere Klerus, der Adel, Abgeordnete der Städte und viele Geistliche und Mönche zum ersten Reichstage nach Lamego berufen, um das erste Reichsgrundgesetz aus gemeinschaftlicher Berathung hervorgehen zu lassen, in welchem die noch jetzt bestehenden Bestimmungen für die Thronfolge, neben den ausbedungenen Rechten des Adels und der ferneren Verwaltung der

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I. Leges Lamecenses de regni Lusitanici successione et juribus. A. 1143. **)

I. In Nomine sancte et individue Trinitatis, Patris et Filii et Spiritus Sancti, Trinitatis inseparabilis, que nunquam separari potest. Ego Alfonsus, Comitis Henrici et Regine Tareje filius, magnique Alfonsi Imperatoris Hispaniarum nepos, ac pietate divina ad regium solium nuper sublimatus, quoniam nos concessit Deus quittari et dedie victoriam de Mauris, nostris inimicis, et proptera habemus aliquantum respirationem, ne forte nos tempus non habeamus postea, convocavimus omnes istos: Archiepiscopum Bracharensem, Epis

*) Vergl. meine Staatskunde, Band III. Portugal, S 268-69. **) Abgedruckt in Lateinischer Sprache bei Schmauss Corp. jur. gent. I. S. 4-7 und bei Rousset Suppl. au Corps, diplom. vol. I. S. 37 in Französischer Sprache.

Rechtspflege festgestellt wurden. Wir theilen daher dasselbe in der Sprache des Originals *) nebst einer genauen Deutschen Uebersetzung mit, da dieses Grundgesetz in wesentlichen Bestandtheilen noch jetzt gültige Kraft besitzt, in den sieben Jahrhunderten während seines Bestehens so häufig als der Angelpunkt des politischen Lebens in Portugal betrachtet ist, auf welchem die gegenseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen der Regierung und der Regierten sich stützten, und da es überdies eben sowohl wegen seines hohen Alters als wegen seiner einfachen eigenthümlichen gesprächs- und vertragsweisen Form als staatsrechtliches Document beachtet zu werden verdient. In der Urkunde selbst befindet sich weder das Jahr noch der Tag der Ausstellung vermerkt, aber jenes ist unzweifelhaft 1143,**) wie nicht nur die Eingangsworte des Art. I. und II. der Urkunde (die frische Erinnerung an den Sieg bei Ourique und die päpstliche Bestätigung der königlichen Würde) erweisen, sondern auch die beständige und allgemeine Uebereinstimmung der Portugiesischen Regierung und Stände vollkommen bekundet, welche diese Verhandlungen der Cortes von Lamego zu allen Zeiten und unter den verschiedensten Umständen als die Grundgesetze des Staates ansah. ***)

I. Die Gesetze von Lamego über die Thronfolge und die Rechte im Königreiche

Portugal, aus dem Jahre 1143.

I. Im Namen der heiligen und untheilbaren Dreieinigkeit, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, untrennbare Dreieinigkeit, welche niemals getrennt werden kann. Wir ****) Alfonso, Sohn des Grafen Heinrich und der Königstochter *****) Theresia. Enkel Alfonso's des Grossen, Königs von Spanien, durch die göttliche Gnade jüngst auf den königlichen Thron erhoben, haben, da uns Gott vergönnt hat zur Ruhe zu kommen und einen Sieg über die Mauren, unsere Feinde, verliehen hat, und wir deswegen einige Erholung haben, und wir später etwa eine solche Zeit nicht haben dürften, alle nachstehende Männer zusammenberufen: den Erzbischof von Braga, den Bischof

*) Die Lateinische Sprache blieb in Portugal bis in das vierzehnte Jahrhundert die allgemein übliche für die Schlussergebnisse der Staatsverhandlungen. **) Man nahm früher das Jahr 1181 an, aber Hugo a. a. O. S. 1. nach Brandao und Schäfer a. a. O. 1. S. 53 nach Sousa und Figueiredo's Untersuchungen widerlegen bereits diese Zweifel.

***) Schäfer a. a. O. I. S. 53.

****) Der König fängt an mit Ich, geht dann aber in demselben Satze in die Pluralperson Wir über, so dass in der Uebersetzung der Deutlichkeit wegen gleich mit Wir angefangen wurde.

*****] Sie hatte bald nach dem Tode ihres Gemahls Heinrich (1112) den Titel Königin angenommen, wie er in mehreren Urkunden seit dem Jahre 1115 unzweifelhaft vorkommt, Schäfer I., S. 24.

copum Visensem, Episcopum Portuensem, Episcopum Colimbriensem, Episco pum Lamecensem, Viros etiam nostre Curie infra positos, *) et procurantes bonam prolem per suas civitates, per Colimbriam, per Vimaranes, per Lamecum, pcr Viseum, per Barcellos, per Portum, per Trancosum, per Chaves, per Castrum regis, per Boucellas, per Parietas Vetulas, per Senam, per Covilhanam, per Montemagiore, per Isgueiram, per Villam regis, et pro parte Domini Regis Laurentius Venegas. Et multitudo ibi erat de Monachis et Clericis, et congregati sumus Lamegum in ecclesia Sancte Marie Almacave, seditque Rex in solio regio sine insigniis regis, et surrexit Laurentius Venegas Procurator Regis, et dixit:

II. Congregavit vos Rex Alfonsus, quem vos fecistis campo in Auriquio, ut videatis bonas literas Domini Pape, et dicatis, si vultis, quod sit Ille Rex. Dixerunt omnes, nos volumus, quod sit Rex. Et dixit Procurator: Quomodo erit Rex, Ipse et filii ejus, aut Ipse solus Rex? Et dixerunt omnes, Ipse in quantum vivet, et filii ejus posteaquam non vixerit. Et dixit Procurator, si ita vultis date illi insigne. Et dixerunt omnes, demus in Dei nomine. Et surrexit Archiepiscopus Bracharensis, et tulit de manibus Abbatis de Laurbano coronam magnam auream cum multis margaritis, que fuerat de Regibus Gotorum et dederant Monasterio, et posuerunt illam Regi. Et Dominus Rex cum spata nuda in manu sua, cum qua ivit in bello, dixit: Benedictus Deus, qui mc adjuvavit. Cum ista spata liberavi vos et vici hostes nostros, et vos me fecistis Regem et socium vestrum. Siquidem me fecistis, constituamus leges, per quas terra nostra sit in pace. Dixerunt omnes, volumus Domine Rex, et placet nobis constituere leges, quas vobis bene visum fuerit, et nos sumus omnes cum filiis filiabus neptibus et nepotibus ad vestrum mandare. Vocavit citius Dominus Rex episcopos, viros nobiles et procuratores **) et dixerunt inter se faciamus in principio leges de hereditate regni et fecerunt istas sequentes.

III. Vivat Dominus Rex Alfonsus et habeat regnum. Si habuerit filios varones, vivant et habeant regnum, ita ut non sit necesse facere illos de novo reges. Ibunt de isto modo. Pater si habuerit regnum, cum fuerit mortuus, filius habeat, postea nepos, postea filius nepotis, et postea filius filiorum in secula seculorum per semper.

IV. Si fuerit mortuus primus filius, vivente rege patre, secundus erit Rex, si secundus tertius, si tertius quartus, et deinde omnes per istum modum.

*) Sie sind nicht näher zu bezeichnen, da die Zeugenunterschriften oder Namenangaben am Schlusse dieser Urkunde nicht hinzugefügt sind.

**) Schon in dieser ältesten Urkunde werden also die Abgeordneten mit der Benennung procuratores, Procurantes bezeichnet, eine Bezeichnung, die bekanntlich auch in Spanien bis auf die heutige Stunde üblich geblieben ist.

von Viseu, den Bischof von Porto, den Bischof von Coimbra, den Bischof von Lamego, auch die unten aufgeführten Männer unseres Hofes, und die wackeren Abgeordneten aus ihren Städten, für Coimbra, für Guimaraes, für Lamego, für Viseu, für Barcellos, für Porto, für Trancoso, für Chaves, für Castello real (Rodrigo), für Braganza, für Torres vedras, für Sines, für Civilhão, für Montemor o Velho, für Isgueira und für Villa real, und von der Seite des Königs den Lorenzo Venegas. Und es war daselbst noch eine Menge von Mönchen und Geistlichen, und wir sind versammelt zu Lamego in der Kirche der heiligen Maria Almacave, und der König sass auf dem königlichen Throne ohne königlichen Schmuck, und es erhob sich Lorenzo Venegas, der Procurator des Königs, und sprach:

II. Der König Alfonso, den ihr auf dem Felde zu Ourique zum König gemacht habt, hat euch versammelt, damit ihr das günstige Schreiben des Herrn Papstes sähet und saget, ob ihr wollt, dass Jener König sei. Alle haben gesprochen: wir wollen, dass er König sei. Und der Procurator hat dann gesagt: auf welche Weise soll er König sein, er selbst und auch seine Söhne, oder er selbst allein nur König? Und alle haben gesprochen: Er selbst, so lange er leben wird, und seine Söhne, nachdem er nicht mehr am Leben sein wird. Und der Procurator hat dann gesagt: wenn ihr so wollt, so gebt ihm den königlichen Schmuck. Und alle haben gesprochen, so lasst ihn uns in Gottes Namen geben. Und der Erzbischof von Braga hat sich erhoben und aus den Händen des Abtes von Lorvao eine grosse goldene Krone mit vielen Perlen genommen, welche von den Königen der Gothen herrührte und die sie dem Kloster gegeben hatten, und hat die Krone dem Könige aufgesetzt. Und der Herr König mit dem blossen Schwerte in seiner Hand, mit welchem er in den Krieg ging, sagte: Gelobt sei der Herr, welcher mich unterstützt hat. Mit diesem Schwerte habe ich euch befreit und unsere Feinde besiegt, und ihr habt mich zu euerm Könige und Genossen gemacht. Da ihr aber mich dazu gemacht habt, so lasst uns Gesetze feststellen, durch welche unser Land in Frieden bleiben soll. Alle haben darauf gesagt, wir wollen es Herr König, und es gefällt uns, Getetze festzustellen, welche vorzuschlagen Euch gut dünken wird, und wir sind alle bereit mit Söhnen, Töchtern, Enkeln und Enkelinnen es Eurer Ansicht zu überlassen. Der Herr König rief darauf schnell die Bischöfe, die Männer vom Adel und die Abgeordneten der Städte zusammen, und sie haben mit einander abgemacht: lasst uns zuerst Gesetze über die Erbfolge im Königreiche feststellen, und sie haben diese nachfolgende gemacht.

III. Der Herr König Alfonso soll so lange er lebt, die königliche Herrschaft behalten. Wenn dieser Kinder männlichen Geschlechts erhalten *) hat und sie bleiben leben, so sollen sie die königliche Herrschaft haben, so dass es nicht nöthig ist, von neuem Könige zu machen. Sie werden aber auf nachstehende Weise auf einander folgen. Wenn der Vater, der die königliche Herrschaft gehabt hat, gestorben ist, so soll sie sein Sohn erhalten, darauf der Enkel, nach diesem der Sohn des Enkels und demnächst der Sohn dieses Sohnes und so von Jahrhundert zu Jahrhundert in allen Zeiten fort.

IV. Wenn der älteste Sohn bei Lebzeiten des Vaters gestorben sein sollte, so wird der zweite König sein; wenn der zweite gestorben, der dritte; wenn der dritte gestorben, der vierte und demnächst alle in derselben Folge.

* Varo, noch im jetzigen Spanischen Varon erhalten, bedeutet einen Menschen männlichen Geschlechtes.

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