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war nicht so ungewiß wie der Anfang so manches andern Hochstifts, ist der des Bisthums Münster, des größten in Westfalen, eines der reichsten überhaupt, und von nicht geringer Bedeutung für die katholische Kirche im Allgemeinen wie für die Geschichte Deutschlands insonderheit, doch urkundlich unbestimmbar, wenn je eine Stiftungsurkunde vorhanden gewesen. Läßt sich streng genommen dieser Schöpfung Karls des Großen kein älteres Datum als das Jahr 802 anweisen, wurde doch der Grund dazu ein paar Decennien früher gelegt, da auf des Kaisers Antrieb ein gewisser Bernrad (Bernhard) seit ungefähr 780 im heutigen Münsterlande als Missionar des Christenthums, ohne irgend einen bestimmten Wohnsiz und Ausgangspunkt, umherreiste, mit seiner Lehre dort die Bahn brach und, als ihn 791 der Tod von seinem Erdenwallen abrief, einen Boden hinterließ, auf welchem sein Nachfolger Ludger mit minderen Schwierigkeiten fortarbeiten konnte.

Ludger entstammt einer angesehenen christlichen Familie in Friesland. Seine Mutter hieß Liafborga, sein Vater Thiatgrim; das Jahr 744 wird das seiner Geburt genannt. Frühzeitig ungewöhnliche Geistesgaben und vorwaltendes Gemüthsleben verrathend, übergaben ihn seine begüterten Eltern im reiferen Knabenalter dem Abt Gregor zu Utrecht, einem Schüler des heiligen Bonifacius, damit er eine seinem Stande entsprechende religiöse und wissenschaftliche Bildung erlange. Hier in dieser klösterlichen Schule blieb er bis zu seinem zwei und zwanzigsten Jahr. Um diese Zeit kam der Mönch Adelbert aus England nach Utrecht, Gregor's Rath begehrend, auf welche Weise auch er zur Bekehrung der Heiden wirken könne. Mit seiner tiefen Einsicht in das Menschenherz hatte Gregor bald des fremden Mannes große Gelehrsamkeit und Frömmigkeit erkannt und ihn ganz geeignet gefunden die Würde eines Bischofs des Klosters zu bekleiden, welche er selbst in Demuth bisher stets zurückgewiesen, da sie ihn an der Leitung der Schule würde gehindert haben. Der Fremde war nicht abgeneigt den Vorschlag anzunehmen, sofern seine Obern ihre Zustimmung ertheilten, und man beschloß, daß Adelbert in Begleitung eines Bruders, der des Abtes Wünsche vortrüge,

nach England zurückkehren und die nöthigen Weihen empfangen solle. Für Ludger aber war England schon lange ein gelobtes Land, so daß er seinem Lehrer den Plan vortrug, die Brüder zu begleiten. Gregor gab seine Einwilligung, und nachdem auch die elterliche Zustimmung eingeholt, wie von dem besorglichen Abt ein bejahrter Bruder Namens Sigibold zur besonderen Beaufsichtigung des Jünglings gewählt, ging die in ihrem Verlauf glückliche Reise nach der weltberühmten Abtei York von dannen. Wenige Wochen reichten hin die nie erkaltete Zuneigung seines neuen Lehrers Alcuin zu gewinnen, und unter seinem Einflusse gedich in Ludger der Gedanke zur Reife, dem weltlichen Treiben für immer zu entsagen, sich völlig dem geistlichen Berufe zu widmen. Als die Stunde nahte, in welcher seine Begleiter von England Abschied nahmen, ließ er sich noch die ersten Weihen ertheilen. Doch nur zu sehr empfand er es, wie das höhere geistige und wissenschaftliche Leben in der Abtei zu York in starkem Mißverhältniß zu der bescheidenen Schule von Utrecht stand. Sie genügte ihm nicht mehr, er fühlte sich beengt in dem kleinen Kreise, es zog ihn zurück zu Alcuin. Was Gregor und seine Eltern ihm auch dagegen einwendeten, nichts brachte ihn von dem Verlangen nach Beendigung seiner Ausbildung in York ab, und so widerseßten sich denn jene nicht länger. Mit ungeheuchelter, reinster Freude nahm Alcuin den Rückkehrenden auf, und unter seiner Leitung erwarb er sich durch Fleiß und Kenntnisse in viertehalb Jahren die Liebe und Bewunderung Aller.

Unter den Fremden welche sich in York aufhielten, befanden sich einige friesische Kaufleute. Eines Tages weckte ein wilder Lärm die friedliche Stille der Bewohner; jene Friesen waren mit einem englischen Großen in Streit gerathen, und hatten ihn endlich erschlagen. Furchtbar nun entbrannte der Zorn der Bevölkerung gegen die Fremden, und um sich vor der Blutrache zu schüßen wußte Ludger, den die Erbitterung ebenfalls bedrohte, kein anderes Mittel als schleunige Entfernung. Zudem erging vom Oberhaupt der Grafschaft ein Befehl, daß alle Friesen sofort Stadt und Land zu räumen hätten. Und so betrat er denn neuerdings den heimatlichen Boden, worauf ein Zeitraum von mehreren Jahren verfloffen zu sein scheint, während welchem er ungekannt und unbeachtet von der Welt unter den Mönchen zu Utrecht verweilte. Seine Eltern scheinen auch nicht mehr am Leben gewesen zu sein, denn es wird von einer Flucht seiner Schwestern gesprochen, welche bei einem Aufstand der Heiden sich unter den Schuß der Franken begeben. Die älteste, Mechtildis, vermählte sich später mit dem sächsischen Häuptling Roibert, der eine Burg am Luisbach bei Nottuln besaß. Als Karl der Große später durch den Roiswald zog und nahe bei Darup auf die Sachsen traf, stellte sich ihm Roibert mit seinem Bruder Luibert entgegen. Ersterer wurde gefangen, seine Burg belagert und erobert. Doch in der allgemeinen Sachsenbekehrung sich zum Christenthum bekennend, erhielt er seine Freiheit zurück und obenein die Grafenwürde. Vielleicht ließ er durch seine thätige Mithülfe und reichen Schenkungen das Jungfrauenkloster von Nottuln begründen, in welchem Gerborgis, Ludger's zweite Schwester, den Schleier nahm und als erste Aebtiffin einer Schaar gottseliger Nonnen vorstand. Ebenso wählte Ludger's jüngerer Bruder Hildegrim den geistlichen Stand, und wirkte als Bischof von Chalons höchst segensreich.

In der Zeit als sich Ludger zuleßt in Utrecht aufhielt, trat ein Engländer Liafwin (Lebuin) als Lehrer des Christenthums an der Offel auf, hatte aber hier von den Verfolgungen der angrenzenden heidnischen Sachsen so viel zu leiden, daß er martervollem Tode mehr als einmal kaum durch die Flucht entgehen konnte. Die von ihm geftiftete Kirche bei Deventer ward nach seinem Dahinscheiden ebenfalls von der Erde vertilgt. Der Wiederaufbau der selben war eines der ersten Werke, die dem nach dem Tode Gregor's erwählten Bischof Albrifus von Utrecht am Herzen lagen. Er beauftragte damit Ludger. Liafwin's Gebeine, die unter den Trümmern ruhen sollten, vers nochte dieser zwar nicht aufzufinden, doch sammelte er die geringe Zahl jener zerstreuten christlichen Gemeinde und begann den Neubau der Kirche. Und bei der Aufrichtung des äußeren Mauerwerks stieß man zufällig auf das Grab des englischen Missionars, was eine Erweiterung des ursprünglichen Baues zur Folge hatte, so daß jene Begräbnißstätte in den Umfang desselben aufgenommen ward. Nach Vollendung der Kirche beorderte ihn Albrikus nach Friesland, damit er die dort noch massenhaft vorhandenen Gößengebilde und sonstige Ueberreste des heidnischen Aberglaubens zerstöre, was er mit großer Kühnheit und bestem Erfolge vollführte. Darauf sollte er als Priester einer Kirche wirken, die am Fluffe Borna unweit des heutigen Doccum, wo Bonifacius erschlagen, errichtet worden. Dieser Ort mochte ihm wohl um so lieber sein, weil er nicht fern von der väterlichen Burg lag. Er mußte deswegen den Bischof nach Cöln begleiten, wo dieser die bischöfliche Ordination empfangen und Ludger jezt die leßten Weihen erhielt. In diesem neuen Berufe entfaltete er so viel Treue und ausdauernde Besonnenheit, daß er die Liebe und Zuneigung Aller genoß. Um ferner von seinen mannigfaltigen Kenntnissen Nußen für die Schule zu ziehen, wählte ihn Albrikus zum Lehrer, und zwar so, daß er in den drei Herbstmonaten als solcher beschäftigt war. Sieben Jahre wirkte er im Ganzen unter der Jurisdiction des Bischofs von Utrecht, als ihn der Krieg der Sachsen, die Friesland überfielen und verheerten, aus seiner Stellung als Lehrer und Priester vertrieb. Er ging nach Rom, und von da in das Kloster zu Benevent, wo er sich mit der Ordensregel des heiligen Benedict genau bekannt machte. Von dort in sein Vaterland zurückgekehrt wurde er Karl dem Großen bekannt, der ihm auf Alcuin's Empfehlung 785 die Seelsorge über die fünf friesischen Districte: Hümisgau, Fivelgau, Emsgau, Fendgau und Hümerkisgau nebst der Insel Band (Helgoland) vertraute. Die siegende Wahrheit, womit er das Evangelium predigte, übte auf die Heiden einen solchen Eindruck, daß Tausende die Taufe begehrten, neue Kirchen an der Stelle zerstörter heidnischer Tempel erstanden, und sich sein Ruf weithin verbreitete.

Als nach zehnjähriger Arbeit der Missionar des Münsterlandes Bernrab die Erde verließ (791), übertrug Karl unserm Ludger auch dieses Feld als den Gegenstand seines eigenen Wunsches; denn das gleichzeitig erledigte und ihm angebotene Erzstift Trier lehnte er mit der Aeußerung ab: er fühle sich mehr zum Unterricht roher und unwissender Völker berufen. So sandte ihn denn Karl zu den Sachsen und bestimmte zu seinem Wohnsig einen Ort, genannt Mimigardévord, der sich zum heutigen Münster (von Monasterium) allmälig erweitert hat. Doch sind Diejenigen im Irrthum,

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die Ludger schon jezt als Bischof bezeichnen. Diese Würde bekleidete er noch nicht, ja er wollte sie nicht einmal bekleiden, da er sich derselben gänzlich unwerth erachtete. Mimigardevord war vorläufig nichts weiter als die Station der Südergauschen Mission. Hier baute Ludger eine gemeinschaftliche Wohnung für sich und seine Amtsgehülfen, eine Schule, ähnlich der von Utrecht, zur Bildung junger Geistlicher wie des Volks, und eine kleine Kirche, was Alles er mit einer Mauer umziehen ließ, wie es die Sicherheit erheischte. Bald wurde die Station der Kern, um welchen sich verschiedene Ansiedler lagerten. Eine Kirche reichte nicht mehr aus, und Ludger gründete daher eine zweite jenseit des Aaflusses.

Nachdem denn die ersten kirchlichen Bedürfnisse der ersten festen Missionsanstalt des Münsterlandes befriedigt, war Ludger fleißig darauf bedacht, auch in den fernern Gegenden, wozu die genannten fünf friestschen Gaue gehörten, Kirchen zu bauen und christliche Gemeinden zu bilden. Am wichtig ften jedoch ist seine aus den väterlichen Erbgütern mit des Kaisers Genehmigung und Beförderung bewerkstelligte Stiftung der Benedictinerabtei Werden an der Ruhr, deren Bau und Einrichtung im Jahr 793 vollendet war, durch Hildebold von Cöln die Weihung empfing, und durch Schenkungen bald zu einem der reichsten Klöster anwuchs. Ludger ließ sich selber als Abt vorsezen, wählte indeß aus den Brüdern einen Stellvertreter für die Zeiten seiner Abwesenheit. Die erste Abzweigung dieser Abtei war die Mission von Helmstädt, welchen Ort Karl der Große der Abtei Werden, die er 802 (Wormatia VI. Kal. Maji) bestätigte, geschenkt hatte.

Endlich mochten die religiösen und kirchlichen Verhältnisse der Ludger und seinen Gehülfen überwiesenen Gebiete derartig geworden sein, daß man diese zu einem bestimmten Sprengel abgrenzen und bei dem Umfange deffelben zu einem Bisthume erheben konnte, deffen Centralpunkt die bisherige Missionsanstalt zu Mimigardevord wurde. Erzbischof Hildebold von Cöln dürfte am Meisten dazu beigetragen haben, daß dies neue, ihm untergeordnete Bisthum, auch dem Namen nach entstand, und Ludger sich nicht länger weigerte im Jahre 802 (nach Andern erst 805) die bischöfliche Weihe anzunehmen.

Wie wir bereits wissen zerfiel die neue Diocese in zwei abgesonderte Haupttheile, wovon der eine im Sachsenland lag, der andere in Friesland, weshalb Ludger Episcopus Saxonum et Frisonum genannt wird. Er wanderte aber nach wie vor durch das Land, predigte das Evangelium und gründete Kirchen, die freilich zunächst nur unbedeutende Capellen gewesen sein mögen, an deren Stelle fich später erhabenere Tempel erhoben. Sein mühseliges, rastlos fortgesettes Werk wurde indeß mit dem besten Erfolge gekrönt, denn er genoß die allgemeine Liebe des Volks, und seine Lehre zumeist, weniger das Schwert Karl's des Großen, durfte sich rühmen, dem Christenthume unvergängliche Stätten bereitet zu haben. Er starb auf einer seiner Reisen zu Billerbeck am 25. März 809. Sein Leichnam ward nach dem Willen seines Bruders in der von ihm gestifteten Abtei Werden begraben. Außer dem ewigen Andenken, das ihm seine Missionsthätigkeit sichert, wird er auch als Biograph seines Lehrers Gregorius in der Erinnerung fortleben.

Im Uebrigen schrieb er die Vita des Bischofs Albrikus von Utrecht, und das Leben des Apostels Bonifacius.

Bevor wir uns nun seinen Nachfolgern zuwenden, betrachten wir das Bisthum selbst in seiner nachmaligen Gestaltung, zuvörderst was Umfang und Eintheilung anbetrifft. Im Allgemeinen finden wir als Grenzen angegeben gegen Morgen die Diepholzschen, Ravensbergschen, Tecklenburgschen, Lippeschen und Mindenschen Gebiete; gegen Mittag das Märksche und Clevesche Gebiet; gegen Abend die Grafschaften Zütphen und Bentheim sammt den Herrschaften Oberyssel und Gröningen; gegen Mitternacht die Grafschaften Emden und Oldenburg. Eine ziemlich genaue Abmessung des Sprengels im Sachsenlande erhalten wir durch Ledebur's Aufführung der Grenzkirchspiele. Die alten Diöcesanverhältnisse, sagt er, haben sich bis zum sechszehnten Jahrhundert ziemlich unverrückt erhalten. Die Hauptveränderung ward veranlaßt durch die von König Philipp II. 1560 vorgenommene Erhebung der Utrechtschen Kirche zur Metropolitane über zwölf neu gestiftete Suffragan-Bisthümer. Die fünf friesischen Gaue wurden nicht allein dem neuen Bisthum Gröningen einverleibt und gingen auf immer für die Münstersche Kirche verloren, sondern die zur Münsterschen Diöcese gehörige Herrschaft Borkeloh ward dem neuen Sprengel von Deventer untergeben.

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Der Sächsisch Münstersche Sprengel war eingeschlossen von den Diöcesen Cöln, Utrecht, Osnabrück und einem kleinen Theile des Stiftes Paderborn. Die Grenze gegen Cöln beginnt mit der Einmündung der Glenne in die Lippe und reicht bis Ysselburg an der sogenannten alten Yffel. Von der Glennemündung bis zu dem Städtchen Schermbeck macht die Lippe die Scheidelinie. Die Kirchspiele die von Seiten Münsters die Grenze bilden sind: Liesborn, Herzfeld, Lipborg, Untrop, Dolbergen, Heeßen, Hövel, Bockum, Werne, Alt-Lünen, Borck, Olfen, Hulleren, Haltern, Lippramsdorf, Hervest, Holsterhausen, Alt-Schermbeck. Ehe dann die Lippe als genannte Südgrenze des Münsterschen Sprengels verlassen wird, will Herr von Ledebur beweisen, daß die angrenzenden Kirchspiele: Lippstadt, Hellinghausen, Benninghausen, Horn, Destinghausen (Oftinghausen), Hultrop (Holtrop), Dicker, Marck, Hamm, Herringen, Mettler, Waldtrup (Waldtrap), Datteln Datteln (Dattelen), Flasheim, Marle (Marlere) und Dorsten in der Cölnischen Diocese gelegen haben. Von den hier gesperrt gedruckten ist dies außer allem Zweifel; nicht aber mit den andern, wofür die beigebrachten Belege keineswegs genügen können.

Von der Lippe bei Schermbeck aus zieht sich die Grenzlinie in nordwestlicher Richtung um den Demmerwald gegen die Ossel hin, die dann bis Offelburg und Anholt die Scheidung zwischen den Diöcefen von Münster und Cöln bildet. Die Münsterschen Grenzkirchspiele sind: Erler (Herlere), Raesfeld (Raasvelde), Brunen, Ringenberg, Dingden, Werth, Anholt (Bredenaslo, Bredenesse). Gegen die Utrechtschen Kirchspiele Dotekom, Doesburg, Vorden und Lochem grenzten die Münsterschen Parochien Silvolden, Zellem, Hengelo, Geysteren, Neede und Eibergen mit dem Filial

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