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Urbarien an keinem Orte zwangs- oder befehlsweise, sondern nur auf eigenes Ansuchen der Interessenten, oder bei entstehenden Dienststreitigkeiten, ingleichen wenn es auf die Erblichmachung der Rustikal-Stellen ankomme, auf die von der Regierung erhaltenen Aufträge zu errichten seien«. Damit liess sich selbstverständlich die volle Ausführung dessen, was Friedrich der Gr. gewollt hatte, durchgreifende Klärung und Recessirung der Rechtsverhältnisse zwischen Gutsherren und Unterthanen nicht erreichen. Indessen mehren sich die Zerwürfnisse zwischen beiden Parteien, und an manchen Orten, so namentlich in Oberschlesien, steigern sie sich bis zu tumultarischen Auftritten. In der Regel ist der König geneigt, bei Klagen über solche Streitfälle den grösseren Theil der Schuld auf Seiten der Gutsunterthanen zu finden; doch hemmt er andrerseits bei erwiesenen Rechtsverletzungen und namentlich Misshandlungen der Unterthanen durch die Gutsherrschaften oder Richter, auch nicht den Lauf der Rechtspflege, ja er weist in solchen Fällen die Gerichte an, mit aller Strenge zu verfahren. Eine dem Gedeihen des Bauernstandes günstige Haltung des Königs findet sich bethätigt in einer, die Vererbung der Bauernhöfe in sämmtlichen Domainenämtern betreffenden Declaration vom 25. März 1790. Durch dieselbe werden die Bestimmungen bestätigt und weiter specialisirt, die Friedrich d. Gr. durch eine an das Generaldirektorium gerichtete Kabinetsordre vom 20. Februar 1777 festgesetzt hatte, und durch welche das Direktorium beauftragt war, dafür zu sorgen, dass an allen Orten, wo die Bauernhöfe in den Dörfern der königlichen Domainenämter den Besitzern noch nicht eigenthümlich verliehen worden, denselben die Versicherung zu ertheilen sei, dass ihre Güter nach ihrem Tode ihren Kindern nicht genommen werden sollen; >> damit sie hierdurch aufgemuntert würden, besseren Fleiss aufzuwenden, um die Höfe ordentlich zu bewirthschaften, alles in gutem Stande zu erhalten und auf Verbesserung bedacht zu sein«1). Nach den Specialbestimmungen der vorgenannten Declaration von 1790 sollen die bäuerlichen Höfe mit allem dazu gehörigen Inventarium einem der Kinder des letzten Besitzers, » welches zur Wirthschaftsführung fähig ist«, in deren Ermangelung der etwaigen Wittwe, und wenn auch solche nicht vorhanden ist, einem der Geschwister überlassen werden. Ferner werden durch ein Cirkular vom 1. Juni 1790 sämmtliche Oberschlesische Landräthe auf ein »>wider alle natürlichen und positiven Gesetze laufendes Gebahren «< aufmerksam gemacht, nach welchem sehr viele Rustikal - Stellen

1) Vergl. den vorhergegangenen zweiten Theil dieser Publikationen, Leipzig 1882, S. 469, ferner Krug, Geschichte der staatswirthschaftlichen Gesetzgebung im preuss. Staate, Berlin, 1808. I, S. 139; und Dönniges, die Landculturgesetzgebung Preussens, Berlin, 1843 S. 45.

noch nicht im Besitz der Wirthe seien, sondern der Herrschaft eigenthümlich zugehörten, und manche derselben sich beikommen liessen, mit Besetzung solcher Stellen so zu verfahren, dass sie ohne die geringste erhebliche Veranlassung Wirthe von den Stellen herunter nähmen, andere darauf setzten und jenen entweder schlechtere Stellen anwiesen, oder sie gar nöthigten, zu Hofe zu ziehen oder Tagelöhner zu werden. Dieser Unfug sei abzustellen 1).

Nun treten kurz vor Abschluss der Regierung Friedrich Wilhelms II. im Bereiche des Fürstenthums Minden und der Grafschaft Ravensberg, unter Betheiligung des Freiherrn v. Stein als damaligen Direktors der Kriegs- und Domainen-Kammer zu Cleve und Hamm, Anfänge einer Lösung der gutsherrlich-bäuerlichen Frage auf, zu welchen der König sich fördernd verhält. Es handelte sich zunächst um eine Fixirung ungewisser Gefälle, mit welchen die unmittelbaren Eigenbehörigen genannter Landestheile belastet waren. Eine von Pyrmont aus an die Mindensche Kammer gerichtete Kabinesordre des Königs vom 3. August 1797 betont, dass die Erhebung dieser Gefälle mit dem Nachtheil verbunden sei, dass die eigenbehörigen Güter in der bisherigen missbräuchlichen, für das Gewerbe und den Kredit des Landes nachtheiligen Verfassung bleiben müssten. Die Aufhebung derselben werde sich ebenso dem Staatsvermögen wie den betheiligten Unterthanen günstig erweisen. Demgemäss sei der König sehr geneigt, die Güter der Eigenbehörigen zu allodificiren und ihnen dieselben unter gewissen, noch festzusetzenden Bestimmungen als ihr wahres Eigenthum zu übergeben. Bei Festsetzung der Bedingungen für die Allodifikation sei darauf Rücksicht zu nehmen, dass, ausser dem Aequivalent für die bisherigen Gefälle, noch ein zum Besten der Provinz anzuwendender Gewinn von jährlich 3000 Thlr. und die Ansiedelung von 350 Familien durch extraordinäre Beiträge der freigelassenen Bauern bewirkt und ausserdem durch schickliche Verordnungen den im Lande befindlichen 10,000 Heuerlings-Familien das Etablissement durch Abbau von grossen Colonaten und Ankauf entbehrlicher Bauerngründe erleichtert werde. Die Kammer berichtet hierauf über die Einzelheiten der Ausführung und über die Räthlichkeit, die Allodifikation auch auf die gutsherrlichen Eigenbehörigen auszudehnen, deren Zahl mit der der königlichen gleich sei, die aber in grösserem Drucke als letztere lebten. - Indessen konnten diese vielverheissenden Verhandlungen bei Lebzeiten des Königs nicht zum Abschluss gebracht werden.

Im Ganzen findet während dieser Regierungsperiode die Sache der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse nur geringe Beachtung, und diese

1) Krug, a. a. O. S. 133.

steigert sich auch dann nicht, als die hochbedeutsame Frage durch den Beschluss der Nationalversammlung in der Nacht vom 4. August 1789 eine gewaltsame Lösung in Frankreich gefunden hatte. Beim Ende der Regierung Friedrich Wilhelms II. waren von dem gesammten Flächeninhalte des preussischen Staats etwa zwei Dritttheile in den Händen der bäuerlichen Stände 1). In diesen überwog die Zahl der unfreien Bauern und somit war abgesehen von den aus der gedrückten Lage erwachsenden sittlichen Schäden durch Unterdrückung der Selbstthätigkeit, wie durch Fesselung wirthschaftlicher Kräfte die Bodenproduction eines grossen Theils des preussischen Staates schwer beeinträchtigt. Als bezeichnende Thatsache für diese Zustände darf gelten, dass beispielsweise, nach Berichten aus damaliger Zeit, in einigen Gegenden Schlesiens unterthänige Bauerngüter, denen andernfalls ein Kaufwerth von einigen tausend Thalern beiwohnte, gegen Ende des 18. Jahrhun-. derts gar keinen Kaufwerth hatten.

Den Massregeln der Regenten für das Lösen oder Lockern des Gebundenseins zwischen Gutsherrn und Hintersassen schliessen sich jene gesetzgeberischen Acte oder sonstige Verordnungen an, welche sich mit dem einen oder dem anderen Stande insbesondere beschäftigen.

Von tiefgreifendem Einfluss hatte sich das Verhalten Friedrichs des Grossen zum Adel erwiesen. Nach seinen Anschauungen war der Adel vorzugsweise für den Dienst der Armee und für die höheren Funktionen der Staatsverwaltung prädisponirt und daher in seinem Bestande möglichst zu befestigen; dies namentlich durch Erhaltung seines Grundbesitzes. Mit Ausnahme der Domainen und der, den geistlichen Stiftungen, Städten und andern Kommunen gehörigen Gütern, befand sich der Adel als Fideikommiss-Lehnsbesitzer oder freier Eigenthümer in dem Besitz der meisten Rittergüter. Indessen war der Adel tief verschuldet und wurde das noch mehr durch den siebenjährigen Krieg; während dessen derselbe in den Heerführer- und Offizierstellen sich hohe Verdienste um den Staat erworben hatte. Für die Besserung dieser Lage war nun der König in mehrfacher Weise besorgt. So u. A. durch Gründung der ritterschaftlichen Kreditverbände in mehreren Provinzen sowie durch Zuweisung von Meliorationsgeldern. Aber trotz solcher Beihilfen war dem Adel in nur zu vielen Fällen die Erhaltung seines Grundbesitzes erschwert und bot sich oft der Verkauf des Gutes als einziges Hilfsmittel gegen gänzlichen Vermögensverfall. Hier treten nun je länger desto mehr bürgerliche Käufer mit höheren Geboten auf, als sie aus den Kreisen des Adels gewährt werden konnten oder zu erlangen waren. 1) Krug, a. a. O. S. 183.

Aus dem vorgenannten Grunde wollte aber der König den Uebergang adliger Güter in bürgerlichen Besitz verhindern. Diese Abwehr tritt in fast zahllosen, bis zum Tode des Königs sich fortsetzenden Verfügungen auf. In den letzteren wechselt die Strenge des Verbotes mit mannigfachem Nachlass, ja in Perioden vorherrschender Bedrängniss der adligen Besitzer mit zeitweiliger völliger Zulassung bürgerlicher Käufer: worauf dann wieder die Abweisung aller oder fast aller derartiger Anträge folgt. Der Uebergang eines adligen Gutes in bürgerliche Hände war in jedem einzelnen Falle von dem speciellen Konsens des Königs abhängig. In Fällen nicht ausdrücklicher Koncession dafür war bei solchem Uebergang die Mitüberweisung der mit dem Rittergute verbundenen Ehrenrechte ausgeschlossen; so namentlich Jagdrecht, Gerichtsbarkeit, Kirchenpatronat, das Recht persönlichen Erscheinens auf Kreisund Landtagen; Rechte von mehr oder minder grossem Einfluss auf den Werth des Besitzes; dabei sollten überdem noch die bürgerlichen Käufer von Landtags- und Kreistagskosten alles dasjenige zu übernehmen verpflichtet sein, was die adligen Mitglieder beschlossen hatten. Innerhalb der Hauptbestimmungen bestanden mannigfache Specialvorschriften. Der Verkauf an Bürgerliche sollte dem adligen Besitzer nur in Fällen gänzlichen Abgeschnittenseins jedweder anderweiten Hilfe gestattet sein. Ferner in manchen Fällen Konsens nur dann, wenn der bürgerliche Käufer, im Fall er Söhne besass, sich verpflichtete, einen oder einige derselben dem Offiziersstande zuzuwenden. Bürgerliche Besitzer adliger Güter durften solche nicht ohne Konsens wieder an Bürgerliche verkaufen. In Schlesien bestand das strikte Verbot für »Bauergemeine«<, »adlige Güter, Dörfer oder Herrschaften an sich zu bringen«. Wenn Personen bäuerlichen Standes durch Erbschaft ein adliges Gut zufiel, waren sie verpflichtet, dasselbe binnen Jahresfrist »an eine qualificirte Person zu verkaufen«<.

Friedrich Wilhelm II. hielt im Ganzen die gleichen Maassnahmen ein; jedoch unter noch grösseren Schwankungen, als sie vorher stattgefunden hatten. Ein bald nach seinem Regierungsantritt erlassenes Publikandum sagt, es habe auch ferner bei der Regel zu verbleiben, dass ohne königlichen Konsens adlige Güter nicht an Bürgerliche verkauft werden dürften und sollte von dieser Regel nur in solchen Fällen eine Ausnahme gemacht werden, wenn ohne solchen Verkauf der adlige Besitzer oder seine Familie nicht konservirt werden könnten. Nun folgt aber in den zunächst anstehenden Jahren dieser Konsens fast ausnahmslos. Dies hat eine nicht geringe Vermehrung derartiger Anträge zur Folge, bis zu dem Grade, dass an manchen Tagen 8-10 derselben dem König

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zur Entscheidung vorgelegt werden; welche Entscheidung nur selten ablehnend ausfällt. Vom Jahre 1790 ab mehren sich dann wieder die abschläglichen Bescheide und nach einer Verfügung vom Jahre 1791 sollen Verkäufe an Bürgerliche bis auf Weiteres überhaupt nicht mehr stattfinden. Eine an den schlesischen Minister Grafen Hoym gerichtete Kabinets-Ordre vom 24. April 1792 sagt: »damit zum Nachtheil der ärmeren vom Adel der Verkauf von adligen Gütern an Bürgerliche (in Schlesien) nicht zu weit getrieben werde, resolvire der König, dass, dem Antrage Hoyms gemäss, wenigstens in einigen Jahren den Bürgerlichen keine Koncession zum Ankauf adliger Güter accordirt werden sollte«<. Indessen schon 1793 erfolgen wieder Bewilligungen. Für Südpreussen wird in diesem Jahre bestimmt, dass »ausser den qualificirten (im Lande ansässigen) Eingeborenen, denen der Ankauf adliger Güter nach wie vor frei bleiben müsse, dergleichen Ankäufe nur solchen Personen zugestanden werden solle, denen das polnische Incolat früher beigewohnt habe. Wer ausserdem ein adliges Gut in Südpreussen kaufen wolle, solle gehalten sein, »zuvörderst das südpreussische Incolat oder eine specielle Kommission dazu beim König nachzusuchen«. 1793 erfolgen wieder zahlreiche Konsense; für Schlesien insbesondere unter der Bedingung, »dass die Käufer gute Landwirthe sein müssten«<.

Die Massregel, um die es sich hier handelt, hatte mannigfache Nachtheile in ihrem Gefolge. Vor Allem auch solche für den Adel selbst, zu dessen Erhaltung und Wohlfahrt sie dienen sollte. Der Fälle, in denen schwerer Bedrängniss des Besitzers nur durch den Verkauf des Gutes abgeholfen werden konnte, waren, wie erwähnt, nicht wenige; selbstverständlich musste es sich namentlich um einen günstigen Verkauf handeln. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen hing von uneingeschränkter Konkurrenz der Käufer ab und diese wurde durch die betreffende Maassregel unterbunden. Nun fehlte in Zeiten unbedingter Abhaltung bürgerlicher Käufer nicht selten überhaupt ein Angebot aus den Kreisen des Adels, oder es musste auf ein Angebot eingegangen werden, welches keine, oder doch nur unzulängliche Hilfe für den Besitzer einschloss. So wurde überhaupt der Kaufpreis der adligen Güter gedrückt und der Kredit der Besitzer geschädigt. Aber auch die Bodenproduktion wurde oft genug dadurch gehemmt, dass hinreichendes Kapital in bürgerlichen Händen nicht an die Stelle unzureichender Betriebsmittel treten konnte.

Eine von dem vorerwähnten Zusammenhange abweichende Bewandtniss hatte es mit einer Maassnahme, welche Friedrich Wilhelm II. bezüglich des Güterhandels namentlich zu Gunsten des kleinen Adels einhielt. Eine an den Minister v. Hoym gerichtete Kabinetsordre vom

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