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Frühzeitig ist die neuerfundene Buchdruckerkunst nach Basel verpflanzt worden und frühzeitig ist sie hier auch in vorzüglichen Flor gekommen, was wohl hauptsächlich einer doppelten Ursache zuzuschreiben ist. Erstlich nämlich genoss die engverwandte Kunst der Papierbereitung schon seit längerer Zeit in Basel einer besondern Pflege. Bereits vor 1440 besass Hans Halbysen vor dem Riehenthor eine Papiermühle, wie solches aus dem betreffenden Kaufbriefe noch zu ersehen ist. Einen neuen Schwung erhielt jedoch die Papierfabrikation zu Basel durch die Brüder Antonius und Michael, bekannt unter dem Namen der Gallicionen, welche um das Jahr 1470 aus Spanien hieher gekommen sind und dies Gewerbe allhier mit grossem Erfolg betrieben und in Uebung gebracht haben. Kam nun in Basel die Papierbereitung der Buchdruckerkunst mit einem sorgfältig bereiteten, schönen und dauerhaften Stoff) zu Hülfe, so war andrerseits durch die Stiftung unsrer Universität im Jahr 1460 für die nöthige Theilnahme und Intelligenz gesorgt, ohne deren getreue Pflege in jener Zeit, als die Kunst noch in der Wiege lag, ihre incunabula die Presse nicht hätten verlassen können.

Bekanntlich hat die Erstürmung von Mainz durch Adolf von Nassau im Jahre 1462 jene beiden Werkstätten, in welche das Geheimniss der neu erfundenen Kunst noch eingeschlossen war die des Erfinders Johannes Guttenberg und die der von ihm getrennten alleinigen Theilhaber Fust und Schöffer

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*) Man vergleiche nur das prächtige Papier der meisten jener alten Drucke mit demjenigen, welchem der Graf von Platen in seiner verhängnissvollen Gabel, Act 2, Scene 3, ein so wohl verdientes Denkmal gesetzt hat.

und die dort beschäftigten Druckergehülfen und mit ihnen das bisher sorgfältig bewahrte Geheimniss nach allen vier Winden zerstreut. Diesem Sturme verdankt es auch Basel, dass die Buchdruckerkunst so früh daselbst aufgeblüht und in einem unsrer ersten Buchdrucker, welcher unter dem Namen Bertoldus de Basilea bekannt ist, haben wir nachweislich einen Druckergesellen des Johann Guttenberg erhalten. In dem «laudum inter Jac. et Joh. Faustos ex una, et Jo. Gutenbergium ex altera parte» vom Jahr 1455 findet sich nämlich folgende Stelle: «Noch solcher schickung und fragung ckwamen in den gemelten refender der ersame Herr Heinrich Chünter etwan pffarrer zu sant Christofer zu Mentz, Heinrich Keffer und Bertolff von Hannauwe diner und knecht des genannten Johann Guttenberg.») Ein Bertoldus aber hat um das Jahr 1473 zu Basel gedruckt und vom Jahr 1477 meldet das rothe Buch auf unsrer Kanzlei: «lt. Berchtold Ruppel von Hannouw der Trucker emit civilegium et juravit quod moris est die Veneris proxima die Sti Valentini LXXVII.» Da nun die alte Druckergeschichte Basels keinen Buchdrucker kennt unter dem Namen Ruppel, wohl aber unter dem Namen Bertold, so lässt sich wohl nicht bezweifeln, dass jener Bertolff von Hanau, welcher Guttenbergs Knecht war, und jener Berchtold Ruppel von Hanau, welcher im Jahr 1477 zu Basel das Bürgerrecht kaufte, eine und dieselbe Person gewesen seyen.")

Es wäre nun äusserst interessant von den ersten Anfängen die Fortschritte der Buchdruckerkunst in Basel zu verfolgen, allein auch in dieser Geschichte tagt es nur allmählig. Es ist nicht anders zu erwarten, als dass die ersten unsrer Buchdrucker ihre Kräfte zuerst an kleinern Werken versuchten, und es ist natürlich, dass solche um ihrer geringern Bedeutung willen nicht so sorgfältig sind aufbewahrt und auf unsere Zeiten erhalten worden, als grössere Drucke.

*) S. Meerman orig. typ. p. 34.

*) Oft wird auch unserm Bertoldus der Zunamen Rodt gegeben. Es gründet sich dies auf eine Stelle in Gesneri bibl. univ., wo die Anzeige der Sermones von Meffret mit den Worten schliesst: Basileæ olim apud Bertoldum Rodt. Diese Benennung ist indessen durchaus durch nichts Weiteres motivirt, auch ist zu bemerken, dass sich jene Worte s. v. Meffret in der ältesten von Gesner allein besorgten Ausgabe von 1545 noch nicht finden, sondern erst in den spätern durch Josias Simler und Jacob Fries mit Zusätzen vermehrten, weshalb nicht einmal Gesner als Gewährsmann für jenen Zunamen angeführt werden kann.

Sodann ist uns wieder eine beträchtliche Anzahl der ältesten Drucke erhalten, welchen weder die Jahrzahl, noch der Druckort, noch der Name des Typographen beigefügt ist, oder wo doch das eine oder andere mangelt. Und auch wo die Jahrzahl zu lesen ist, kann sie oft nur den Zeitpunkt bezeichnen, da der Druck vollendet worden, welcher Vollendung oftmals eine jahrelange Arbeit mag vorangegangen seyn. So kommt es, dass wir auf die Frage: «welches ist der älteste Basler Druck gewesen?» keine Antwort erhalten, und uns begnügen müssen, anzugeben, welches der älteste Druck ist, von dem sich nachweisen lässt, dass er zu Basel erschienen sey. Was darüber hinausliegt, fällt der Vermuthung anheim, welcher denn auch bei der Bestimmung alter Drucke ein weiter Spielraum verstattet wird. Aus der ganzen Beschaffenheit des Druckes schliesst man auf dessen ungefähres Alter, und aus der Gestalt der Lettern sucht man durch Vergleichung mit solchen Drucken, deren Urheber bekannt ist, den unbekannten Meister zu errathen.

Solchen Vermuthungen dankt es unser Bertoldus und mit ihm ein andrer der ersten Basler Drucker, Bernhard Richel, dass ihnen gemeinschaftlich eine sehr alte Bibelausgabe zugeschrieben wird, von welcher sich ein Exemplar auf der hiesigen Bibliothek zur Mücke befindet. Bertold soll den ersten, Richel den zweiten Theil dieser Bibel gedruckt haben. Der erste Theil nämlich, welcher 220 Blätter stark ist und mit den Sprüchwörtern Salomonis schliesst, ist mit fetten, sehr ungleichen Lettern der grössern gothischen Schrift gedruckt. Das Papier ist weiss, stark aber etwas rauh. Jede Seite enthält zwei Columnen, deren jede aus 50 Zeilen besteht. Von Unterscheidungszeichen finden sich Punkt, Colon und Fragezeichen. Custoden, Signaturen und Seitenzahlen fehlen. Die Anfangsbuchstaben sind im Drucke ausgelassen und vom Rubricator eingemalt. Weder die Capitel noch die ganzen Bücher sind mit Titeln versehen, auch ist kaum Platz genug gelassen, um solche einzuschreiben. Die Abkürzungen sind äusserst häufig. Die Lettern dieses ersten Theils kommen nun mit denen überein, mit welchen Bertold ungewiss zu welcher Zeit das Repertorium des Conradus Thuricensis zu Basel gedruckt hat, woraus eben geschlossen wird, dass auch der erste Theil jener Bibel von ihm zu Basel gedruckt worden sey. Der zweite Theil, welcher die übrigen Bücher des alten Testaments und das ganze neue

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enthält, besteht aus 216 Blättern. Jede Seite hat zwei Columnen, jede Columne 48 Zeilen. Hinsichtlich des Papiers und der Unterscheidungszeichen gleicht dieser Theil dem vorigen; Custoden etc. etc. und Ueberschriften fehlen auch hier. Die Schrift ist auch die grössere gothische, allein die Lettern sind von denen des vorigen Theils verschieden, nicht mehr so roh und sind denen gleichgestaltet, mit welchen Bernhard Richel 1476 das decretum Gratiani gedruckt hat, weshalb man für gewiss erachtet, dass er auch den zweiten Theil dieser Bibel zu Basel gedruckt habe. Dass beide Bände dieser Bibel zusammen eine Ausgabe bilden, kann wohl nicht bestritten werden, da in allen Exemplaren derselben beide Theile als zusammengehörig betrachtet, in einigen sogar zusammengebunden sind. Was das Alter betrifft, so versichert Braun, (s. dessen notitia historicolitteraria etc. etc. I. p. 53 sq.) dass wohl alle Sachkundigen dahin übereinkommen, den Druck dieser Bibel zwischen die Jahre 1460 und 1465 zu setzen. Und nun legt sich Braun die Sache so zurecht: Bald nach der Erstürmung von Mainz seyen Bertold und Richel nach Basel gekommen, und hätten, weil jeder für sich allein einem solchen Werke noch nicht gewachsen gewesen, dasselbe gemeinschaftlich übernommen und auf oben angegebene Weise unter sich getheilt. Wenn nun nur diese ganze Kette von Vermuthungen und Schlüssen fest und sicher geschlungen ist, so hat die Buchdruckergeschichte Basels ein ausserordentlich altes Denkmal aufzuweisen. Dass Helmschrodt am Ende des zu Füssen befindlichen Exemplars von der Hand des Rubricators die Jahrzahl 1474 eingeschrieben sah, würde noch wenig dagegen entscheiden, denn die Angaben der Rubricatoren oder Guldenschreiber beziehen sich nur auf die Ausfüllung der beim Druck leer gelassenen Initialen, nicht auf den Druck selbst, und es liesse sich am Ende denken, dass ein und das andre Exemplar eine Reihe von Jahren liegen geblieben und erst nachher, als man es in Gebrauch genommen, ausgefüllt worden sey. Was uns die Freude an jenem günstigen Resultate verkümmert, ist vielmehr die Erwägung, dass die Annahme des hohen Alters jener Bibel, und die Annahme, dass Bertold und Richel sie gedruckt, statt einander zu unterstützen, vielmehr einander in den Weg zu treten scheinen. Denn je auffallender die Aehnlichkeit ist zwischen den Lettern jener alten Bibel und den Lettern, mit welchen Bernhard Richel im Jahr 1476 gedruckt, um

so unwahrscheinlicher wird der bedeutende Unterschied des Alters, und je eher wiederum die Gestalt der Lettern einen solchen Unterschied annehmen lässt, um so schwankender wird die angenommene Identität der Typographen. So sind auch noch andere alte Drucke, welche wegen der Aehnlichkeit ihrer Lettern mit denen des repertor. Conradi dem Bertold zugeschrieben werden, bei denen allen aber weder der Druckort, noch Jahrzahl, noch der Drucker genannt ist. Nämlich:

1) S. Gregorii M. moralia in librum Job. fol. mag. sine loco, anno et typographo.

421 Blätter.

2) Digestum novum s. Pandectarum Juris civilis T. III. cum glossis. (a libro 39 ad lib. 50.) fol. max. sine loc. ann. et typogr. (Soll noch vor 1470 gedruckt seyn.) 3) Viola Sanctorum fol. sine 1. a. et typogr. 93 Blätter. Panzer schwankt indessen, ob dieser Druck nicht dem Bernh. Richel zuzuschreiben sey. 4) St. Thomae Secunda Secundæ. fol. s. 1. a. et typ.

5) Meffret Sermones. (vid. Gesner bibl. univ.)

6) Panzer führt auch noch an: Wilhelmi Episcopi Lugdunensis Summa de viciis. fol. s. a. 1. typ.

Immer aber ist ausser dem Repertorium Conradi kein Druck bekannt, welchem Bertold Namen und Druckort beigesetzt hat. Dieses Werk, zu dessen Beschreibung wir nun kommen, ist in Folio gedruckt mit gothischer Schrift. Custoden, Signaturen, Seitenzahlen fehlen. Die Seiten sind ungespalten und zählen 36 Zeilen. Die erste Seite des ersten Blattes ist leer gelassen, auf der zweiten steht oben folgender Titel:

Repertorium vocabulorum equisitorum oratoriæ poeseos et historiarum cum fideli

narratione earum rerum quæ ambiguitatem ex hujusmodi vocabulis accipiunt, per quod fere omnes occultæ et difficultates et subtilitates in studiis humanitatis facile juxta alphabeti ordinem inveniuntur. editum a doctissimo literarum amatore Magistro Conrado Turicensis ecclesiæ Cantore*) et completus anno Domini Mcclxxiij in vigilia assumptionis beatæ Mariæ virginis indictione prima incipit feliciter.

*) Conradus a Mure war um 1273 Domherr und erster Domsänger zu Zürich.

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