ersten Theil Gesagte seine volle, ja noch vollere Wahrheit; ist uns doch für das in der Zeit dieses zweiten Theiles herrschende Gewirre von Verhandlungen und Gesandtschaften die hier gebotene, die Reihenfolge und Richtung der diplomatischen Schachzüge fixirende Erzählung von ganz besonderem Werth und zur Einreihung der bereits veröffentlichten Actenstücke fast unentbehrlich. Dieser Werth unseres Schriftstückes wird nur durch die 'Chronica actitorum tempore Benedicti XIII.' Martins de Alpartil in etwa gemindert, welche ich neuerdings aufgefunden habe. Auch sie leistet in ähnlicher Weise treffliche Dienste. Ich sage: in ähnlicher Weise, weil die beiden Schriftstücke, obwohl sie denselben Gegenstand in chronologischer Anordnung behandeln, sich doch nicht decken, sondern vielmehr vielfach ergänzen, wie ich in der Einleitung zu jener Chronik genauer dargelegt habe. Ebendaselbst habe ich das in der Chronik und das hier gebotene Material nebst einer nicht unbeträchtlichen Masse neuen, den Kammer- und Registerbänden Peters und den Registerbänden König Martins von Aragonien entnommenen Stoffes mit den bereits gedruckten Quellenangaben zu einer knappen Darstellung vereinigt. Diese bildet daher auch zu den hier unten folgenden Acten den wünschenswerthen Commentar. Ich beschränke mich daher hier darauf, jene Anmerkungen anzufügen, welche von der Eigenart dieser Acten, zu ihrer Correctur und Erklärung erfordert sind; für die Einreihung der hier gebotenen Angaben in das anderweitig Bekannte verweise ich ein für allemal die Leser auf die Einleitung zu jener Chronik. Wie in der ersten Hälfte zerlege ich auch hier den in den Handschriften ununterbrochen fortlaufenden Text in Abtheilungen und schicke einer jeden ausser einer Ueberschrift die zum leichtern Verständniss und zum eingehendern Studium wünschenswerthen Bemerkungen vorher. 8. Von der Rückkehr Frankreichs unter den Gehorsam Peters bis zu den Verhandlungen mit Gregor XII. (1403-1406). Nach weitern vier und einem halben Schismajahren hatten Frankreich und die von ihm abhängigen Länder sich von der Vergeblichkeit ihres ungeheuerlichen Planes überzeugt, durch die Obedienzentziehung ihren Papst zur Abdankung zu nöthigen. Nachdem sie ihn in den vollen Genuss seiner Hoheitsrechte wieder eingesetzt hatten, mussten sie ihm nun nothgedrungen die nöthige Zeit und Freiheit gewähren, seine eigenen Unionspläne ins Werk zu setzen. Ich habe diese Pläne an anderer Stelle dargelegt und festgestellt1. Peter wollte durch die Kraft seiner Rechtmässigkeit und seiner Ueberlegenheit sich die römische Obedienz erobern und dadurch der Kirche die langersehnte Einheit wiedergeben. Mit der ihm eigenen Energie ergriff er die Offensive, zu welcher auch die politischen Eroberungen Frankreichs in der Richtung von Italien: Savona, Genua, Livorno, ihn gewissermassen einluden. Wie immer, suchte er auch jetzt alle ihm erreichbaren Mittel zur Anwendung zu bringen: Erörterung der Rechtsgründe, diplomatische Verhandlungen und Waffengewalt. Zunächst begann er seine Arbeit in Savona und Genua, um sie für seine Obedienz zu gewinnen. Sodann ordnete er Ende August 1404 eine Gesandtschaft nach Rom ab, welche mit Bonifaz IX. und nach dessen Tod mit den Cardinälen und hierauf mit Innocenz VII. über die 'via conventionis' bis Ende 1404 verhandelten, jedoch ohne Erfolg. Hierauf brachte Peter andere Mittel zur Anwendung. Er begann durch eine Menge von Gesandtschaften die italienischen Gemeinwesen zu bearbeiten und suchte die zu einem Zuge nach Rom nöthige Kriegsmacht zu erlangen. Zu gleicher Zeit beschloss er, um seinem Operationsfeld näher zu sein, bis nach Genua vorzudringen. Aber alle diese Bestrebungen, bei welchen er eine seltene Findigkeit und Ausdauer an den Tag legte, führten schliesslich doch zu keinem entscheidenden oder bleibenden Erfolge; ja noch bevor er alle seine Mittel und Kräfte hatte in Anwendung bringen können, zwang ihn eine pestartige Krankheit zum Rückzug aus Genua (8. October 1405). Diese Misserfolge fanden in Paris ein für Peter sehr bedrohliches Echo. Bereits war Anfang 1406 eine zweite Obedienz 1 S. diese Zeitschr. VI, 185 f. entziehung zu fürchten, als der Tod Innocenz' VII., die Wahl Gregors XII. und dessen opferwilliges Anerbieten, durch seinen Verzicht auf die soeben erlangte höchste irdische Würde die Christenheit zu einigen, die Ergreifung der traurigen Massregel auf weitere zwei Jahre vertagte. Dies ist in aller Kürze der Gang der Ereignisse in unserer Periode. - Für die erste Phase derselben: die Gesandtschaft nach Rom (September 1404 bis Januar 1405) bieten die nachfolgenden Acten in reichlichem Masse neues Material. Allerdings wären nun noch zu dessen Verwerthung und richtigen Abwägung die einschlägigen Berichte und Actenstücke der römischen Obedienz zu beschaffen. Die zweite Phase (Januar 1405 bis Januar 1406) enthält in ihren wichtigsten Punkten durch die oben erwähnte Chronik Alpartils und die Kammerrechnungen mehr Licht als durch unsere Acten, obgleich auch sie für dieselbe manche werthvolle Angabe und Bekräftigung bieten. Unter diesen sind besonders werthvoll die Mittheilungen über die Gesandtschaften des Herzogs von Orleans und des Königs von Castilien und über die beiden Bullen Peters zur Einberufung eines allgemeinen Concils. F. 43. Post recessum domini Aurelianensis dominus noster transtulit se ad Massiliam et convocavit ibidem omnes dominos cardinales ac rogavit illos multum affectanter, ut consulerent ei, quid haberet facere in prosecucione ecclesie. Qui post multas collocuciones seorsim 5 ad partem inter se habitas, presente et interveniente rege Ludovico, remanserunt in conclusione et dederunt in scriptis domino nostro, quod per ipsum dominum nostrum mitteretur ambaxiata notabilium personarum ad requirendum intrusum et suos anticardinales, ut vellent convenire in aliquo loco [bono et securo, in quo offerat dominus noster 10 convenire] cum suo collegio et personaliter interesse et ea facere, que secundum Deum et bonam racionem ad utilitatem unionis erant facienda, et quod iste articulus non specificaretur ulterius, [44] quia verisimiliter omnis specificacio posset esse causa impediendi. Quorum concilio audito dominus noster uni ex ipsis dominis dixit, quod istud, quod 15 nunc consulebant, est illud idem, quod ipse dominus noster, tot anni erant, obtulerat dominis ducibus in Avinione, et quod melius fuisset tunc acceptare convencionem quam post tot tribulaciones. 1 Am 10. Februar 1404. Post que dominus noster iuxta consilium dominorum cardinalium misit ad intrusum, vocatum Petrum de Thomacellis, in Roma existentem nuncios, videlicet reverendos in Christo patres dominos Petrum tunc episcopum Sancti Poncii Thomeriarum, nunc cardinalem', Petrum tunc electum Ilerdensem, nunc archiepiscopum Terraconensem 2 ac 5 venerabiles in Christo patres dominos Antonium abbatem Sancti Facundi ordinis sancti Benedicti3, Legionensis diocesis, et Bertrandum Radulphi, sacre theologie professorem, ordinis fratrum minorum, eiusdem ordinis tunc procuratorem. Qui nuncii processerunt, ut sequitur. Deinde igitur prefati nuncii die vicesima prima mensis septembris 10 anno domini millesimo quadringentesimo quarto, post obtentum cum magna difficultate salvum conductum a Perrino de Thomacellis, sedis apostolice intruso, per manus communitatis Florencie accesserunt ante conspectum eiusdem intrusi, qui se alias nominabat Bonifacium nonum, quem reperierunt Rome in palacio Sancti Petri, et presentibus anti-15 cardinalibus ac multitudine copiosa prelatorum et aliorum multorum et birretis dumtaxat depositis inclinatisque modicum capitibus proposuerunt, quo modo dominus noster eum salutabat, monebat, requirebat et hortabatur ipsum intrusum, quod vellet considerare dampna, que universali proveniebant ecclesie ex scismate tam inveterato et que pro- 20 ventura sperabantur, nisi Christo duce de celeri provideretur remedio, consideraretque bona, que ex unitate ecclesie tandiu concupita sequerentur. Quibus specifice narratis dicti nuncii monuerunt et requisiverunt ac hortati sunt ipsum intrusum, quod predictis consideratis vellet cum domino nostro in bono et sancto proposito unanimiter concordare et 25 omnem propriam affeccionem et vanam huiusmodi gloriam postponendo tot [44] malis et periculis de celeri et sufficienti remedio providere et simul cum domino nostro in aliquo loco communi et utrique parti securo et ydoneo pro pace ecclesie convenire, ubi Deo inspirante sublato scismate per ipsos duos ecclesia debite uniretur; subiungentes quod 30 hec convencio videbatur acceptanda, quia omnium viarum est inclusiva, 1 Petrus Ravati, vgl. diese Zeitschr. VI, 224. Am 27. August 1406 wurde er zum Erzbischof von Toulouse ernannt, doch machte ihm Vitalis de Castromaurano diese Kirche streitig (s. Regest. Avenion. Bened. XIII. t. 48, f. 37). Endlich wurde er am 22. September 1408 in Perpignan zur Cardinalswürde erhoben und starb 1417. 2 Pedro de Çagariga 1403-1407, dann Erzbischof von Tarragona 1407 bis 1418. 3 Sahagun. Im Jahre 1407 finden wir ihn als Bischof von Digne, auf welchen Stuhl er am 10. März 1406 erhoben wurde, mit einer weitern Sendung nach Rom betraut. * Perrino oder Pietro Tomacelli hiess Bonifaz IX. (1389—1404). Archiv für Literatur- und Kirchengeschichte. VII. 38 dispositiva, exequtiva et nullius exclusiva. Quia, licet convencio huiusmodi de se aliquam viam non apperiret, quod nec forte expediebat pro tunc propter illos, qui pocius zizaniam quam unionem in Dei ecclesia seminare moliebantur, prout hoc forte vel experiencia probatum extiterat, 5 nullam tamen viam unionis habende excludebat, ut ad alia procedere posset ad bonum unionis oblate. Dictus vero intrusus ad proposita respondit, quod super propositis per dictos nuncios cum suis fratribus deliberaret et postea eisdem nunciis responderet sufficienter. Die vero vicesima nona dicti mensis, prefati nuncii vocati accesse10 runt ad dictum palacium, ubi repperierunt dictum intrusum cum suis anticardinalibus et multis se prelatos pretendentibus ac ceteris personis ecclesiasticis et secularibus. Et idem intrusus eisdem nunciis respondit, quod via convencionis per dictos nuncios apperta, eidem non placebat, tum propter eius impossibilitatem, tum propter infirmitates, 15 quas ipse paciebatur, tum propter aliquas alias raciones, quas, ut asserebat, posset allegare, sed illas exprimere nolebat, sed ubi dicti nuncii haberent alias vias, illas apperirent, quoniam ipse paratus erat eas audire. Eadem vero die prefati nuncii illico tria exposuerunt, et primo pro parte domini nostri pape ex vinculo caritatis benigne monuerunt 20 et hortati fuerunt ipsum intrusum, quatenus per viscera misericordie Thesu Christi iuxta dictum Bernardi ad Eugenium vellet de suo statu et modo sue assumpcionis cogitare et viam agnoscere veritatis. Nam si vellet cum ipso domino nostro in uno loco convenire, dominus noster paratus erat, ipsum de predictis clarissime informare, taliter 25 quod ipsi ambo Deo inspirante manifestissime perciperent, quomodo proprie consciencie et ecclesie Christi deberet [45] comode provideri a) et viceversa dominus noster paratus erat audire, quecunque vellet sibi dicere et super quibus eum vellet informare, ut nullus ipsorum se posset per ignoranciam excusare. 30 Secundo, si ipse intrusus hesitaret, quod in iure vel facto sit dificultas concordandi, nichilominus paratus erat dictus dominus noster post convencionem predictam et in ea certas personas Deum timentes et zelum bonum ad unitatem ecclesie habentes in certo numero eligere, et quod ipse intrusus pro parte sua totidem eligeret, que simul cum 35 electis a domino nostro convenientes, iuramento prius prestito per easdem de bene et diligenter procedendo in negocio huiusmodi, ad solum Deum et ecclesiam habentes respectum, amore, odio et timore cessantibus quibuscunque, auditis et examinatis facti et iuris utriusque partis a) Va. providere. 1 S. Bernardus, De consideratione ad Eugenium, wo diese Stelle dem Sinne nach mehrmals wiederkehrt. |