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der von einem Manne, quasi Minister, Namens Abu Roasch aufs Kräftigste darin unterstützt wurde und von seiner Residenz Maikaba aus sich einen furchtbaren Namen machte. Doch ist mir kein Fall bekannt, dass jemals eine Handelskarawane oder ein Reisender von ihm geplündert wurde, er trieb den Raub stets im Grossen und unter dem Vorwand, die eigentlich ihm gebührende Steuer einzuziehen. Im Februar 1861 hatte Abu Roasch auch einen solchen Streifzug ausgeführt und war im Begriff, mit der reichen Beute heimzukehren, als er von den erbitterten Arabern, die inzwischen Zeit gehabt, sich zu sammeln, in einem Hinterhalt überfallen, er selbst mit einem Neffen des Mek und 15 seiner Leute erschlagen und sämmtliche Beute zurückgenommen wurde. Seine übrigen Begleiter retteten sich durch die Flucht. Die moralische Wirkung dieses Sieges war eine grosse, denn die Kunde davon verbreitete sich auch mit Blitzesschnelle unter den räuberischen Stämmen der Basen, welche die treuesten Bundesgenossen des Mek (wenn er von Ägyptischen Truppen bedroht oder gar verfolgt wurde, zog er sich stets in ihr Gebirgsland zurück, wohin ihm zu folgen sich bis jetzt noch Niemand getraut hat) und dadurch ebenfalls etwas eingeschüchtert sind. Sie sind der gerade Gegensatz des ersteren und erscheinen stets nur in kleiner Zahl bei Nacht, tödten nur aus dem Hinterhalt und verschwinden wieder mit unbegreiflicher Schnelligkeit. Grössere Räubereien sind nie von ihnen zu fürchten, aber wehe dem Einzelnen, der sich in der Nähe ihres Gebiets von den Seinigen entfernt! Am anderen Morgen wird er vermisst und höchstens ein verstümmelter Leichnam gefunden.

Das andere Ereigniss, von dem ich in Kassela Kunde erhielt, war die Vernichtung Agha Negussi's, des Neffen Ubie's, durch Theodor in Hamasen. Agha Negussi, des ewigen Fliehens müde, fasste den Entschluss, eine Schlacht zu wagen, und nahm desshalb eine feste Position ein, in der er den ihm auf dem Fusse folgenden Feind erwartete. Am Abend des folgenden Tages kam dieser auch mit seinem Heere an und wusste sofort geheime Unterhandlungen mit den Generälen Negussi's anzuknüpfen, denen er durch klingende Münze das gehörige Gewicht zu geben verstand. Unter den Soldaten seines Gegners liess er sein Anerbieten auf Generalpardon bekannt machen für Jeden, der bis zum nächsten Sonnenaufgang sich in eines der vier von ihm als Asyle bezeichneten und in der Nähe gelegenen Klöster flüchtete. Jeder Andere aber, gleichviel ob mit oder ohne Waffen in der Hand ergriffen, würde lebendig geschunden werden. Unter den durch Jahre lange stete Flucht demoralisirten Soldaten Negussi's konnten solche Anerbietungen und Drohungen nicht fruchtlos bleiben, um so mehr, als

man wusste, der Kaiser werde unter allen Umständen Wort halten im Guten wie im Schlimmen.

Negussi, von allen diesen Intriguen Nichts ahnend, hatte sich bei Zeiten zurückgezogen, um am anderen Morgen desto fähiger zur Schlacht zu sein. Früh um 2 Uhr stand er auf, um die noch nöthigen Anordnungen zum einzuleitenden Gefecht selbst zu überwachen, doch siehe, sein Heer war verschwunden bis auf wenige Getreue, die einige hundert Mann nicht überstiegen. Voll Verzweiflung floh auch er und lebt nun in der Verborgenheit der Abessinischen Alpen, während der Kaiser die Nachricht von seiner Gefangennahme und Hinrichtung geflissentlich verbreiten liess, um seinen etwaigen Anhängern auch den letzten Rest von Hoffnung zu benehmen. Negussi selbst wird schwerlich je wieder daran denken, die Fahne des Aufstandes zu erheben, ein Anderes aber ist es mit Marit, dem schon oben erwähnten, von ihm eingesetzten Statthalter von Hamasen, der zwar vorläufig flüchtig ist, der aber, falls es ihm gelingen sollte, eine Handvoll Leute zusammenzubringen, da er bei weitem fähiger ist als Negussi und es versteht, durch seine unbegrenzte Freigebigkeit sich zum Abgott der Soldaten zu machen, dem Kaiser bei weitem ernstlichere Schwierigkeiten zu bereiten im Stande sein würde. Hailu (der von Theodor eingesetzte Statthalter von Hamasen) ist zwar mit seinem Sohn je mit einem Heerhaufen ausgezogen, um ihn gefangen zu nehmen, doch dürfte ihr Unternehmen schwerlich mit Erfolg gekrönt werden.

Gegen Ende März war ich inzwischen wieder so weit hergestellt, die Weiterreise unternehmen zu können, und ging nun nach den Bogos-Ländern, wo ich in Keren mit dem Pater Stella und Herrn W. Munzinger zusammentraf. Während eines Aufenthaltes von 10 Tagen, den ich zu Streifereien in die Umgegend benutzte, auf denen Herr Munzinger die Güte hatte mich zu begleiten, hatte ich vollständig Gelegenheit, mich von der Zweckmässigkeit der Lage dieser Gegenden vollkommen zu überzeugen, so wie von der Gutmüthigkeit der Bevölkerung, die Nichts sehnlicher wünscht, als dass sich Europäer unter ihnen niederlassen möchten. Das ehrenhafte und menschenfreundliche Benehmen des Pater Stella, dessen kräftiges Einschreiten einen grossen Theil der Bevölkerung unentgeltlich aus der Türkischen Sklaverei errettet hat, als Ellias Bey von Kassela aus im Jahre 1853 einen grossen Raubzug in das Land unternommen hatte, ist wohl die nächste Ursache hiervon, da die Eingebornen jetzt ihren Schutz gegen die Ägypter in den Europäern sehen. Nachdem ich mich in den Bogos-Ländern genügend orientirt hatte, setzte ich meinen Weg über Massaua fort, von wo ich dann über Djedda und Sues nach Europa zurückkehrte.

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Bergstraesser's und Kostenkoff's Untersuchungen des Manytsch in der PontoKaspischen Niederung.

Nachdem wir in den vorhergehenden Abschnitten 1) die letzten durch Dr. Bergstraesser veranlassten Forschungen und Erkundigungen erledigt haben, geben wir den Bericht über die Kostenkoff'sche Expedition und knüpfen am Schluss einige Bemerkungen daran.

5. Bericht über eine Reise am östlichen und westlichen Manytsch, im Septbr. und Oktbr. 1860, von K. Kostenkoff, N. Barbot de Marny u. J. Kryshin.

Die Gegend, in welcher sich der Manytsch befindet, legt dem Forscher an vielen Stellen ihrer Beschaffenheit wegen grosse Hindernisse in den Weg und war noch vor Kurzem eine wahre terra incognita.

Pallas, der diese Gegend durchreiste, sah den Manytsch als einen Fluss an, der nach Westen fliesst und seinen Ursprung an der Grenze des Landes der Donischen Kosaken mit dem Gouvernement Astrachan hat, später aber glaubte er, dass sein Lauf in der Nähe des Kaspischen Meeres beginne.

Parrot spricht in seinen Mittheilungen die Meinung aus, dass der Manytsch eine Strömung nach zwei entgegengesetzten Seiten habe, dass die östliche Strömung durch den See Koikussu (wahrscheinlich Keke Ussun 2)) verlaufe und dass dieses Wasser sich ehemals ins Kaspische Meer ergossen habe, in der deutlich wahrnehmbaren Vertiefung, welche den Beloserskischen Meerbusen erreicht.

Die Reise des Französischen Ingenieurs Hommaire de Hell zum Manytsch ist ohne Erfolg geblieben; seine Beschreibungen sind so abgefasst, wie sie nach Baer's Bemerkung Einer gemacht haben würde, der sie nach Hörensagen zusammengestellt hätte.

Dem Akademiker Baer gebührt die Ehre der ersten allgemeinen Beschreibung des Manytsch, welche der Wirklichkeit entspricht. In seinem Berichte, der im VI. Heft des Bulletin der Geographischen Gesellschaft für das Jahr 1856 erschien, hat Baer bewiesen:

1) dass es ausser dem Flusse Manytsch, welcher beinahe vollständig dem Lande der Donischen Kosaken angehört und nach Westen fliesst (Westlicher Manytsch), noch einen anderen Fluss im südlichen Theile des Gouvernements Astrachan giebt, ebenfalls Manytsch genannt (Östlicher Manytsch), der nach Osten fliesst (er bildet jetzt die natürliche Grenze zwischen den Gouvernements Astrachan und Stawropol);

2) dass die Wasserscheide dieser Flüsse sich ganz in der Nähe, und zwar ein wenig nach Westen, von der Mündung des Flusses Kalaus in den vom Östlichen Manytsch gebildeten See Schara Chulussun befindet;

3) dass das Wasser im Westlichen und Östlichen Manytsch sich nur im Frühjahr hält, wobei diese Flüsse merkwürdiger Weise unter einander bei ihrem Ursprung in Verbindung stehen.

Akademiker Baer hat diesen Scheidepunkt des Manytsch selbst besucht, aber leider fand er damals, im Anfang Mai, wo das Wasser schon zu fallen begann, sehr wenig Frühjahrswasser im oberen Theile sowohl des Westlichen als des Östlichen Manytsch vor. Die Besichtigung des Östlichen Manytsch übertrug er dem Feldmesser Iwanow und Herrn Tscherkassow, welcher schon lange in den Ulussen der Kalmücken diente; diese beiden Beamten begannen ihre Reise von der Salz-Sastawa von Mosharsk(Modschar) und verfolgten den ganzen Östlichen Manytsch bis zur Mündung des Kalaus, wo sie mit Baer zusammentrafen. Ihre Berichte sind in so fern von Wichtigkeit, als sie die ununterbrochene Strömung des Östlichen Manytsch im Frühjahr vom Kalaus beinahe bis zum Kaspischen Meere bezeugen; dagegen findet man aber auch wieder im Berichte des Feldmessers Iwanow Aussagen, welche einige Zweifel

1) S.,,Geogr. Mitth." 1861, Heft IX, SS. 338 bis 347. A. P. 2) Die Schreibart Kostenkoff's, welche von der des Dr. Bergstraesser bisweilen differirt, ist in diesem Bericht beibehalten. A. P.

erwecken; so z. B. sagt er, dass der Manytsch an einigen Stellen östlich von den Olon-Chuduki beim Austreten eine Breite von 150 Werst einnehme, es fragt sich aber, auf welche Weise diese grosse Breite bei ihrer schnellen Durchreise hat bestimmt werden können. Wenn diese Breite in der Wirklichkeit Statt fände, so müsste dieses Wasser wenigstens bis zum Orte Jaschkoll reichen, was niemals Statt findet und auch nicht Statt finden kann, denn wenn ein so hoch gelegener Ort wie Jaschkoll von dem Austreten des Manytsch erreicht würde, so müssten alle Häuser der Salz-Sastawa von Mosharsk unter Wasser stehen und das Wasser sich gerade ins Meer ergiessen. Über die Unwahrscheinlichkeit einiger anderer unter ihren Angaben soll weiter unten die Rede sein.

Obgleich Akademiker Baer in seinem oben erwähnten Aufsatze, das allgemeine Interesse auf die Wichtigkeit der näheren Kenntniss der Manytsch-Niederung lenkend, vollkommen bewiesen hatte, dass die Annahme der leichten Ausführbarkeit einer Vereinigung des Azow'schen und des Kaspischen Meeres durch den Manytsch eine ganz unbegründete ist, so scheint es doch dessenungeachtet, dass Herr Tscherkassow und Herr Bergstraesser, Direktor der Astrachan'schen Salzverwaltung, diese Annahme für begründet ansehen, so dass ersterer im Jahre 1858 auf eigene Kosten eine kleine Reise in die Steppen unternahm, und letzterem glückte es sogar im Jahre 1858, beim Finanz-Ministerium drei Feldmesser-Abtheilungen zu erbitten, um den Manytsch in den Grenzen des Astrachan'schen Gouvernements aufzunehmen.

Herr Tscherkassow hat die Früchte seiner neueren Untersuchungen über den Manytsch zugleich mit den Erinnerungen aus seinem Dienste in den Steppen und ohne alle Unterscheidung vermischt mit den Mittheilungen der Kalmücken in einer besonderen Abhandlung: „Beschreibung des Astrachan'schen Gouvernements in statistischer und landwirthschaftlicher Hinsicht" (1859), dargelegt. Die kritische Behandlung der Data fehlt ihr ganz und diese setzen Einen dermaassen in Verwunderung, dass wir es für gut halten, uns nicht weiter dabei aufzuhalten 1). Als Beleg dafür, wie gross die Einbildungskraft des Herrn Tscherkassow ist, führen wir seine Behauptung an, dass der Don sich nicht ins Azow'sche Meer ergiesse, sondern sich nach der Manytsch-Niederung richtend mit der Kuma sich vereinige und die Kalmücken-Steppe nördlich bis zu den See'n der Ssarpa durchschneidend in der Nähe von Astrachan in die Wolga einmünde. Als Beweis, wie genau Herr Tscherkassow in seinen Berichten ist, mag bemerkt werden, dass der am Manytsch gelegene bekannte Ort Ontschigin Buluk bei ihm nicht östlich, sondern westlich von den Olon Chuduki (S. 24 der Beschreibung des Gouver nements Astrachan) angezeigt wird.

Die Untersuchungen der von Herrn Bergstraesser abgeschickten Feldmesser haben nicht allein zu keinen neuen Resultaten geführt (wie aus Herrn Bergstraesser's eigener Abhandlung, Marine-Journal 1859, Nr. 11, zu ersehen ist), da sie nur das wiederholten, was über den Östlichen Manytsch seit der ersten, durch Baer veranlassten Besichtigung bekannt war, sondern manche Punkte sind von ihnen ganz entstellt worden; so z. B. hat Herr Bergstraesser, sich auf diese Untersuchungen berufend und sich mit den Meinungen Baer's nicht begnügend, angefangen, die Bildung der westlichen und östlichen Strömung des Manytsch dem Umstande zuzuschreiben, dass der Kalaus sich bei seiner Mündung an einen Bergrücken, welcher unter einem spitzen Winkel bis an die Strömung des Flusses reicht, stossen und sich dadurch in zwei Arme theilen soll, von denen der eine nach Osten, der andere nach Westen fliesst.

Die von Herrn Bergstraesser entworfenen Karten haben eine so auffallende Ähnlichkeit mit älteren Karten und zwar namentlich mit der Rekognoscirungskarte der Länder der Kalmücken, welche sich im Astra chan'schen Domänenhofe befindet, ihre Unrichtigkeiten sind so gewissenhaft wiederholt, dass wir glauben, ein vollkommenes Recht zu haben, den Eifer der Feldmesser des Herrn Bergstraesser zu bezweifeln. Es scheint uns sogar, dass beim Entwerfen dieser Karten durch

1) Baer (im Bulletin der Geographischen Gesellschaft, S. 239) spricht auch von der Unzuverlässigkeit der Berichte des Herrn Tscher

kassow.

unsere

sichtiges Glas mehr im Spiele war, als die Natur der im Sommer wasserlosen und von der Hitze erglühenden Steppe, in welcher geodätische Arbeiten bei den schwachen Mitteln, mit denen man Feldmesser versieht, höchst schwer ausführbar sind. Die Abbildung der Bifurkation des Kalaus, wie sie Herr Bergstraesser in seiner Abhandlung giebt, können wir, nachdem wir uns an Ort und Stelle davon überzeugt haben, ein Kind der Einbildungskraft nennen. Als Beweis dafür, wie leicht es Herr Bergstraesser mit geographischen Dartellungen nimmt, kann seine Karte der ganzen Kuma-Manytsch-Niederung dienen; auf dieser Karte bezeichnet er die Flüsse Ulan Saucha und Chara Saucha als Flüsse, welche in der niedrigen Astrachan'schen Steppe entspringen und dann über Berge laufen, von denen sie sich endlich in den Manytsch ergiessen; kurz, Herr Bergstraesser kennt keine Hindernisse, die Flüsse fliessen bergauf und können im Nothfall sich an einer nicht vorhandenen Bergkette zertheilen und hiermit den einzigen Fall der Bifurkation auf Erden bilden.

Statt Herrn Bergstraesser's kartographischer Arbeiten haben wir eine Karte des südlichen Ufers des Westlichen Manytsch, die im J. 1857 vom Stawropol'schen Feldmesser Makejeff entworfen wurde und welche naturgetreuer ist, obgleich auch nicht ganz frei von Unrichtigkeiten.

Von dem Gedanken einer Vereinigung des Kaspischen und Azow'schen Meeres ganz eingenommen, hat Herr Bergstraesser sich im J. 1859 bei seiner Regierung neue Mittel verschafft, um zwei Boote von ziemlicher Grösse auszustatten, welche beim Hochwasser beinahe die ganze Ponto-Kaspische Niederung durchfahren sollten, und zwar vom See Keke Ussun am Kaspischen Meer bis zum Don. Es fragt sich nun: Zu welchen Resultaten konnte eine solche Expedition führen, welche von Männern geleitet wurde, die weder die nöthigen Tiefenmessungen anstellen, noch eine ausführliche Beschreibung des von ihnen verfolgten Weges, noch eine richtige Ansicht über den Manytsch in hydrographischer Hinsicht geben konnten? Wir wollen hier Einiges über die Art und Weise, wie diese Expedition vor sich ging, hinzufügen. Unweit des See's Keke Ussun wurden die Boote ins Wasser gesetzt und langten glücklich in den Ssasta-See'n an (circa 15 Werst), hin und her irrend, die hier vorhandenen Flussbetten und Vertiefungen nicht findend und auf Bugors und Sandbänke stossend '). Jenseit der Ssasta-See'n fanden sie,,Fluthen von sehr verschiedenen Tiefen" vor. Wie tief sie waren, kann man daraus ersehen, dass die Boote, nachdem man das Gepäck auf Kameele geladen hatte, entweder durch Stäbe weiter gestossen oder aber vom Lande aus an Stricken gezogen wurden, bis auf diese Weise die Mündung des Kalaus erreicht war und folglich die Entfernung von Keke Ussun 112 Werst betrug. Des Wassermangels im oberen Theile des Westlichen Manytsch wegen wurden die Boote von der Mündung des Kalaus bis zum Staromanytschskoi-Cordon, wo sie in den See Bolschoi Liman herabgelassen wurden, auf Ochsen transportirt. Was die Entfernung zwischen diesen Punkten den Manytsch entlang anbetrifft, so erwähnt Herr Bergstraesser ihrer in seiner Abhandlung im MarineJournal nicht, wahrscheinlich desshalb, weil sie nicht unbedeutend ist; Akademiker Baer schätzt sie auf 80 Werst (,,Kaspische Studien", II, S. 196), was vollkommen mit der Karte stimmt.

Auf dem stürmischen See Bolschoi Liman hatten Herrn Bergstraesser's Abgesandte viel auszustehen, da sie mit der Schifffahrt weniger als im Übrigen erfahren waren, und es ging ihnen bei Sturm und Wellen ein Boot verloren, welches zertrümmert auf eine Sandbank geschleudert wurde. In Betreff des noch gebliebenen Bootes spricht Herr Bergstraesser nur kurz und oberflächlich; am 4. Mai benutzte es den einigermaassen günstigen Wind, um den Liman zu verlassen, ging noch an demselben Tage in den Westlichen Manytsch ein und erreichte am 13. Mai das Azow'sche Meer. Eine solche einigen Verdacht erregende Kürze des Berichtes war von Seiten Herrn Bergstraesser's nicht ohne Grund, denn aus den von uns in derselben Gegend gesammelten Nachrichten geht hervor, dass das Boot aus dem Bolschoi Liman nur bis zum Dorf Kriwoi Chutor gehen konnte und folglich vom Staromanytschskoi-Cordon nicht mehr als circa 144 Werst zurückgelegt hat. Weiterhin war aber der Westliche Manytsch so flach, dass man genöthigt war, das Boot bald durch Menschen, bald durch Ochsen und meistens an der Erde zu schleppen, ein Schauspiel, welches sich bis zur Brücke von Tschaplak wiederholte, an welcher durch das Eintreten des Don-Wassers genug Wasser sich fand, dass das Boot die 114 Werst bis zum Don ohne Hindernisse zurücklegen konnte. Aus dem oben Gesagten lässt sich folgende Tabelle entwerfen:

1) wie aus den Berichten des Herrn Sitnikoff vom 12. April (Marine-Journal 1859, Nr. 11, S. 206) zu ersehen ist.

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Aus dieser Tabelle sieht man, dass die Boote nur die Häfte der von Herrn Bergstraesser angegebenen Entfernung schwimmen konnten, und sie sind weder für die Wissenschaft noch für einen praktischen Zweck von Nutzen gewesen. Dessenungeachtet schien es Herrn Bergstraesser, dass er eine Wasserstrasse, welche eine grosse Einwirkung auf den Welthandel und die Industrie haben könnte, entdeckt habe und dass diese Wasserstrasse vom Azow'schen zum Kaspischen Meere die Richtung einer ehemaligen Meerenge, welche versandet sein soll, beibehalte. Diess kam in allen Russischen und vielen ausländischen Zeitungen in Druck, Russland wurde von Herrn Bergstraesser mit seiner Entdeckung beglückwünscht und er bat um die allgemeine Theilnahme in einer Frage von solcher Wichtigkeit für das Volksleben und den Staat. Da nun aber das Finanz-Ministerium die Mittel zur Absendung dieser zwei Boote gegeben und folglich den Anfang zu einer allgemeinen Frage gemacht hatte, so ersuchte er genanntes Ministerium, ob es nicht vielleicht diese Frage auch zu seinem Ruhme beendigen und sich die unbegrenzte Dankbarkeit der Nachkommen erwerben wollte; zu gleicher Zeit suchte er das Ministerium zu einer Auszahlung von 25.000 Silber-Rubel, über die er Rechenschaft ablegen wollte, zu bewegen, um einige Vorbereitungsarbeiten in Betreff der Stauung der Seitenbetten und der Vertiefung mehrerer Thäler zu machen.

Um die Aufmerksamkeit der Regierung noch mehr auf die Vereinigung der beiden Meere zu lenken, legte Herr Bergstraesser Berichte vor, in denen er sich namentlich bemühte, ihr zu beweisen, dass die Gegend, in welcher der Östliche Manytsch fliesst, keine todte Wüstenei sei, sondern im Gegentheil alle Vortheile für eine Kolonisation darbiete, und glaubte damit der sich an dieser Frage interessirenden Welt alle Zweifel, dass der Kanal durch eine unbewohnbare Gegend verlaufen würde, genommen zu haben. Als Grundlage zu seinen Berichten dienten die Aussagen seiner Untergebenen. Wir wollen hier einen Bericht des Conducteurs Nasaroff folgen lassen, einen Bericht, der sich besonders durch seine beispiellose Verdrehung der wahren Ansicht über den Manytsch und durch rückhaltslose Unwahrheit auszeichnet. Er wurde am 15. November 1859 sub Nr. 74 an Herrn Bergstraesser adressirt: ,,Auf Befehl Ihrer Hochwohlgeboren habe ich die Ehre zu berichten, dass die Gegenden am Manytsch-Flusse und in anderen Theilen der Astrachan'schen Steppe, von der Mündung des Kalaus in den Manytsch an bis zum See Ssasta, zur Bevölkerung vollkommen geeignet sind. Die ganze hiesige Gegend mit Ausnahme einiger Hügel (Bugors) ist von einer üppigen Vegetation bedeckt und zwar namentlich von Federartigem Pfriemengras 2) und Timotheus-Gras 3), Kennzeichen, dass der Boden dem Baue aller Cerealien zuträglich sei. Bei diesen Eigenschaften des Bodens, für den Acker-, Gemüse- und Gartenbau so geeignet, kann die Anlegung neuer Dorfschaften in diesen Gegenden keine Hindernisse von Seiten der Natur finden, wofür die ausgezeichneten Weiden, welche hunderttausend Stück Horn- und anderes Vieh ernähren, und der blühende Zustand der in der Nähe befindlichen Staniza Diwnaja und anderer Ortschaften, die ihren Reichthum dem Boden verdanken, als Beleg dienen können. Ausserdem kommen hier See'n, reich an ver

1) Man versicherte uns sogar auf der Salz-Sastawa von Mosharsk, dass die Boote gar nicht im Maschtyk-Gol und dem Keke Ussun ins Wasser gesetzt worden sind, sondern in der Ssasta.

2) Stipa pennata.

8) Phleum pratense.

schiedenen Fischarten, vor. Obgleich eigentlich kein Mangel an Wasser Statt findet, so wird es doch manchmal bei Mangel an Regen und in der heissen Jahreszeit unzureichend; dem wird aber durch eine Menge Gruben abgeholfen, die man sehr leicht verbessern kann, indem man aus ihnen Brunnen mit dem zu allen Bedürfnissen nöthigen Wasserquantum macht. Den totalen Waldmangel in dieser Gegend kann der Reichthum an Schilf ersetzen, ausserdem lässt sich ja auch die Waldkultur einführen, wenn nur Arbeit, Kraft und fester Entschluss nicht mangeln. Ausserdem erlaube ich mir zu versichern, dass der Boden dieser Gegend jede Mühe des Ansiedlers lohnt und ihn bereichert, wozu als Beweis der grosse sogenannte Zarizyn'sche Weg auf dem Kaukasus dienen kann, da er jetzt fast ganz bevölkert ist; die Ansiedler leiden an Nichts Mangel und sind so gut installirt, wie man solche Ortschaften sogar in unseren mittleren Gouvernements nicht oft zu sehen bekommt, obgleich die am Fusse der Ergeni-Berge gelegenen Ortschaften oder Stanizen Krestowaja und Kormowaja nur sehr flache Brunnen haben."

Dergleichen Berichte, alle in ein und demselben Geiste geschrieben und gleichsam durch die Hände ein und desselben Redacteurs gegangen, hat uns Herr Bergstraesser über eine Gegend vorgelegt, welche in keiner Weise zu irgend einer Ansiedelung geeignet ist und welche sogar von den Nomaden-Stämmen in den Sommermonaten ́verlassen wird, über eine Gegend, welche im Sommer gar kein Wasser hat, da der Manytsch austrocknet, das Grundwasser der Gruben beinahe immer salzig und das Wasser der Ssasta- und Maili-Chara-See'n so bitter (von dem darin faulenden Schilf) und verdorben ist, dass man es nicht trinken kann, über eine Gegend, in welcher der Boden sehr salzhaltig ist, so dass Futterkräuter nur auf den Hügeln und auch da nur in sehr geringer Menge vorkommen, über eine Gegend, in welcher Schilf nur an zwei oder drei Stellen wächst und wo an Waldkultur auch nicht zu denken ist.

Gesetzt den Fall, dass Herr Bergstraesser, der niemals am Manytsch gewesen ist '), sich irren konnte, da er die Gegend nicht gesehen hatte, so können wir es dennoch nicht billigen, dass er so wenig auf die Frage eingegangen ist und die von ihm benutzten Nachrichten nicht einer kritischen Beurtheilung unterworfen hat. Es ist nicht glaublich, dass Jemand, der viele Jahre in Astrachan lebte, nicht wüsste, dass die in jenem Berichte so gerühmten Ansiedelungen Staniza Diwnaja, Krestowaja und Kormowaja und andere durchaus nicht am Fusse der Ergeni-Berge, d. h. nicht in der Tiefebene der Steppe, liegen, sondern die erstere (Diwnaja) auf den Vorbergen des Kaukasus und die beiden übrigen (Krestowaja und Kormowaja) auf der sich zum Don hinziehenden Hochebene der Steppe, folglich nicht am Manytsch sich befinden; es lässt sich kaum glauben, dass er nicht wüsste, dass die zahlreichen Heerden mehrerer Viehzüchter (Gombarow's und anderer) nicht am Manytsch weiden, sondern auf den Vorbergen des Kaukasus, welche an einigen Stellen sich dem Manytsch-Thale sehr nähern; eben so wenig glaublich ist es, dass er nicht wissen sollte, dass die Stanizen am Czarinsko-Stawropol'schen Wege ihren blühenden Zustand nicht dem Ackerbau, sondern der Viehzucht verdanken; eben so schwer ist es anzunehmen, dass Herr Bergstraesser nicht einsehen sollte, dass die Nachrichten über das Austreten des Manytsch, wie sie ihm vom Aufseher der Salz-Sastawa von Mosharsk, Herrn Tichanoff, mitgetheilt wurden, gar kein Gewicht haben.

Im Bericht vom 14. April 1859 sagt Herr Tichanoff, dass, nachdem er vom See Mosharsk circa 25 Werst in NW.-Richtung in die Gegend, welche die Kalmücken Torzchak nennen, zurückgelegt hatte, er auf eine Stelle traf, die ungemein weit überfluthet war, so dass man das gegenüberliegende Ufer kaum sehen konnte, und dass sich diese Überfluthung von hier aus nach Westen bis auf 60 Werst ausdehnte. Es fragt sich aber, mit welchem Rechte Tichanoff, welcher die Gegend nur flüchtig untersucht hat, behaupten konnte, dass das Wasser an dieser Stelle auf eine solche Strecke austrete, und ferner, ob man diesen Behauptungen Glauben schenken darf.

Die Vereinigung des Kaspischen mit dem Azow'schen Meere und die Kolonisirung der Gegend am Manytsch wurde von Herrn Bergstraesser vorgeschlagen und dann endlich als vollständiges offizielles Projekt vorgestellt. Das Ministerium für Wege- und Wasser-Kommunikationen fand bei der Durchsicht desselben 2), wie es nicht anders

1) obgleich er in seinem Berichte an die Regierung, 10. Aug. 1859, sagt, dass die jährliche Abnahme des Ertrags der Salzsee'n ihn zu wiederholten Malen genöthigt habe, die Niederung des Manytsch bis an die Grenze des Landes der Donischen Kosaken zu besichtigen.

2) Journal für Wege- und Wasser-Kommunikationen 1860, Heft 2, SS. 118 und 119.

sein konnte, dass die Manytsch-Niederung durchaus nicht günstig zur Anlegung einer Wasserstrasse sei und dass an der Mündung des Kalaus-Flusses ein Reservoir gemacht, ein Kanal im Sandboden gezogen und mit Schleusen versehen werden müsste. Diese Arbeiten würden grosse Summen in Anspruch nehmen und dessenungeachtet könnte man nicht sicher sein, dass das Wasser, namentlich im östlichen Theile, nicht in den Grund einsickern und der Kanal folglich trocken liegen werde. Ausserdem ist diese Gegend vollkommen unbewohnt und selbst die Waaren, welche man aus dem Kaspischen Meere ins Azow'sche transportiren wollte, können viel leichter nach Astrachan, die Wolga hinauf bis Zarizyn und dann per Eisenbahn zum Don gehen. Genannte Umstände und Meinungen haben die Hauptdirektion der Wege- und Wasser-Kommunikationen zur Überzeugung geführt, dass die zu diesem Unternehmen nöthigen Ausgaben sogar bei aller Sicherheit auf Erfolg, was die technische Seite anbetrifft, dennoch nicht den Nutzen bringen können, den man von ihnen erwarten möchte. Bei Vorlegung des Projektes zur Kenntniss des Kaisers haben Ihre Majestät geruht zu befehlen,,Der Vorschlag einer unmittelbaren Vereinigung des Kaspischen Meeres mit dem Azow'schen soll unberücksichtigt gelassen werden, nachdem man dem Minister der Reichsdomänen die Resultate der Untersuchung der Manytsch-Niederung in Hinsicht auf Bewässerung und Bevölkerung dieser Gegend mitgetheilt haben wird."

Die zweite Frage, in Betreff der Kolonisirung der Gegend am Manytsch, bildete eine der Aufgaben der auf Allerhöchsten Befehl vom Ministerium der Reichsdomänen ausgerüsteten Expedition zur Untersuchung der Kuma-Manytsch-Niederung und der Steppen der Kalmücken zwischen der Wolga und dem Don.

Bei dieser Expedition mitwirkend haben wir Gelegenheit gehabt, im vorigen September und Oktober auf trockenem Wege längs des ganzen Östlichen und Westlichen Manytsch, von der Salz-Sastawa von Mosharsk an, also 80 Werst vom Kaspischen Meere, bis zur Staniza Manytschskaja, an der Mündung des Westlichen Manytsch in den Don gelegen, zu fahren, und vollkommen einsehend, wie sehr die richtige Vorstellung, wie sie durch Akademiker Baer über die Gegend am Manytsch gewonnen war, in den letzteren Jahren durch die Berichte der Herren Tscherkassow, Bergstraesser und Anderer verdunkelt ist, halten wir es für unsere Pflicht, einige unparteiische Bemerkungen zu veröffentlichen, welche wir während unserer Reise gemacht haben. Der Zweck dieser Reise war, zur Überzeugung zu gelangen, ob man in Wirklichkeit Stellen finden würde, welche zur Kolonisation fähig wären.

In der Salz-Sastawa von Mosharsk langten wir aus Astrachan kommend am 16. September an und beendigten daselbst die Vorbereitungen, ohne welche eine solche Steppenreise, bei der man nicht allein nicht wusste, wo man Unterhalt für sich und die Pferde, sondern sogar wo man Trinkwasser finden würde, unmöglich ist.

Die Salz-Sastawa von Mosharsk liegt in einer Niederung, welche mehrere, wie man sagt, bis zum Kaspischen Meere sich hinziehende Bodeneinrisse, Guiduk genannt, zeigt. Obgleich in diesen Einrissen sogar im Frühjahr kein Wasser ist, so könnte man doch nicht ohne Grund annehmen, dass der Guiduk ehemals ein Arm der Kuma war. Diese Bodeneinrisse sind (wie einer von uns schon früher Gelegenheit hatte, sich zu überzeugen) von hohen Sandhügeln, Dünen ähnlich, umgeben und an einigen Stellen vom Sande ganz verschüttet.

Am 17. September verliessen wir in Begleitung von Kosaken und mit Kalmücken als Führern die Sastawa, während unser Gepäck, Instrumente, Lebensmittel, Hafer, Wasserfässer, Dsholon 1) u. s. w. auf Pferde und Kameele, welche wir zur Reise angekauft hatten, geladen waren. Wir nahmen unsere Richtung nach Westen zu den See'n, welche die östliche Grenze der Frühjahrs-Überschwemmung des Manytsch bilden und Maili-Chara, Keke Ussun und Ssasta heissen. Zuerst fuhren wir in der Niederung, in welcher Mosharsk liegt, aber bald näherten wir uns einer von Westen nach Osten sich hinziehenden Hochebene, welche hier die austretenden Gewässer der Kuma von denen der oben genannten See'n scheidet. Nachdem wir diese circa 10 Werst breite Ebene überschritten hatten, kamen wir an den unansehnlichen, von Schilf umgebenen See Maili-Chara. Sein Wasser ist bitter und salzig, so dass die Pferde es nur ungern tranken. Dieser See erhält sein Wasser durch einen Zufluss aus dem Ssasta-See, doch geschieht diess nicht alle Jahre, so dass z. B. das Wasser, welches wir in ihm vorfanden, vor drei Jahren aus dem Ssasta zugeflossen war. Maili-Chara liegt 18 Werst von der Salz-Sastawa Mosharsk entfernt und von hier sind es noch 15 Werst bis zu den Ssasta-See'n. Es giebt viele grössere

1) Dsholon heisst der obere Theil einer Kalmücken-Kibitka (Zeltes), welcher sehr gut selbst als Zelt dienen kann.

und kleinere Ssasta-See'n: der östlich gelegene, circa 2 Werst lange Dordo-Uslur, hinter ihm der Ergete-Ssasta und andere, in deren Wasserbecken von SW. aus das eigentliche Flussbett des Manytsch mündet. Obgleich das Wasser einen unangenehmen Geschmack hat, so sollen sich doch an einigen Stellen, wie man erzählt, Fische aufhalten. In diesen See'n sammeln sich die Frühjahrsfluthen aus dem Manytsch. Der Überschuss an Wasser, nach Anfüllung der Ssasta-See'n, geht in die Steppe und durch Zuflüsse in den Maili-Chara, aber hauptsächlich nach Osten hin zum See Keke Ussun und der kesselförmigen Niederung Torzchak. Wir bezweifeln sehr, ob das Wasser des Manytsch, welches im Frühjahr sich in den Ssasta-See'n, dem Maili-Chara, dem Keke Ussun und der ganzen angrenzenden Niederung verbreitet hat, sich noch weiter nach Osten ausdehnen und das Kaspische Meer erreichen könne. Eben so bezweifeln wir, dass das Wasser aus dem Maili-Chara und dem Keke Ussun in den Abflüssen weit gehen und gegen Südosten die Kuma erreichen könne, da die Kuma-Niederung von diesen See'n durch die ziemlich hohe, hügelige Steppe getrennt ist.

Jenseit der Ssasta-See'n erblickten wir zum ersten Mal den Manytsch und konnten in ihm kein Flussbett, sondern nur eine Reihe von Salzpfützen oder Chaki sehen. Dieser Streifen bestand aus einem schwarzen, thon- und sehr salzsaltigen, vollkommen kahlen Boden, von rothen Salsolaceen eingekantet; von Weitem glich er einem breiten, viel befahrenen Wege. Die Salzpfützen nahmen die Vertiefungen von unansehnlicher Grösse, welche die einzelnen sogenannten Bugors oder unbedeutenden ovalen Erhöhungen trennen, ein. Wo die Entfernung zwischen den Bugors gross war, bildeten die Chaki eine breitere Fläche und einen sich schlängelnden Streifen; an einigen Stellen, namentlich in den Krümmungen, bildeten sich Einrisse in den Boden bis 11⁄2 Arschin Tiefe; Wasser war sogar in diesen Awragen (Bodeneinrissen) nicht zu sehen. Das Austreten der Frühjahrsfluthen jenseit der Grenzen der Chaki konnte man am Streifen des zurückgelassenen Niederschlags sehen, aber nirgends erblickte man ein Absetzen düngender Substanzen, eben so wenig sahen wir die gepriesenen Weiden, obgleich wir übrigens auch auf den Hügeln, die hier niemals vom Wasser überfluthet werden, einzelne kleine Pfützen mit Timotheus- und Pfriemengras antrafen, welche eben nur spärlich unseren Pferden und Kameelen Unterhalt gewähren konnten. Auf unsere Frage, wohin im Frühjahr der Manytsch fliesse, gaben uns die Kalmücken einstimmig die Antwort, dass er nach unten fliesse, und bezeichneten dabei die Richtung nach dem Ssasta und dem Keke Ussun.

Die oben genannten Hügel hatten die Richtung S0. 110° 1), und da sie nicht hoch waren, so trugen sie durchaus nicht zur Abwechselung in dieser nach allen Richtungen hin unbegrenzten, bis zum Ermüden gleichförmigen, unbewohnten Steppe bei. Die Dünen oder vom Winde zusammengewehten Sandhügel, welche wir zwischen Guiduk und MailiChara fanden, kamen gar nicht mehr vor und nur die Kurgany zogen sich unveränderlich in parallelen Linien von Osten nach Westen hin.

Chuduki oder Gruben zum Ansammeln des Grundwassers kamen zwar an einigen Stellen vor, allein das Wasser in ihnen war salzhaltig und kaum tranken es die Pferde, wir mussten das im Fasse mitgeführte Wasser trinken. Dieser Wassermangel erlaubt eben den Kalmücken erst im Spätherbst, wenn sie das Regenwasser aus den Pfützen (Tsandyki) benutzen können, oder im Winter, wo ihnen der Schnee das Wasser ersetzt, in diese Steppen zu ziehen. Als Ursache des Wassermangels glauben wir nennen zu können, dass der stark thonhaltige Boden dieser Gegend das Wasser schwer durchlässt und hiermit Gelegenheit zu einer stärkeren Verdunstung und einem leichteren Abfliessen zum Wasserbecken der Ssasta-See'n giebt; der grosse Salzgehalt aber in diesem Thon verdirbt auch den Theil des Wassers, welcher sich in den Boden eingezogen hat. In der ganzen angrenzenden Steppe sind nur zwei gute Tränkstellen und zwar Ontschigin-Buluk mit einem für Menschen kaum trinkbaren Wasser und Olon-Chuduki mit ziemlich gutem Wasser.

Ontschigin-Buluk führt seinen Namen zu Ehren des Saissang des Erketenew'schen Ulusses Ontschiga. Im Volke geht die Sage, dass er in dieser Gegend mit seinem Aimak 2) bei völligem Wassermangel in Folge der Dürre bis zum Äussersten getrieben war und das ganze

Volk schon kein Rettungsmittel mehr sah; da soll eben Ontschiga mit seinem Volke bei Anstrengung der letzten Kräfte angefangen haben, eine

1) 1st uns unverständlich, soll aber wahrscheinlich heissen O. 20° S., indem die Grade von N. an über 0. gezählt werden. A. P.

1) Ein Aimak wird aus mehreren nomadisirenden Kalmücken-Familien gebildet, die einem Saissang gehorchen.

Grube zu graben, in welcher mit einem Mal, wie durch Zauberspruch, eine Ader süssen Wassers zu Tage gekommen sei. Die Kalmücken nennen dieses Wasser Quellwasser, es ist aber schwer zu entscheiden, ob es Grundwasser ist, da der Boden an dieser Stelle sehr locker ist, oder ob es wirklich Quellwasser ist, obgleich es übrigens hier nicht Wunder nehmen dürfte, auf eine wahre Quelle gestossen zu sein, da man in der Richtung nach Süden von Ontschigin-Buluk in der Ferne die Vorberge des Kaukasus sieht, deren festes Gestein das Wasser wohl bis hierher leiten könnte.

Westlich von Ontschigin-Buluk fing die Gegend an, allmählich zu steigen, die Bugors wurden höher und grösser und die Vertiefungen zwischen ihnen erschienen tiefer. Von diesen Bugors aus sah man in einer Entfernung von 80 Werst gegen Süden die jenseit der Kuma liegenden Berge, von den Kalmücken Chalchurgin-Chamur genannt, und im NW. sah man in Form einer Terrasse denjenigen Theil der Ergeni oder der am Don gelegenen Hochsteppe, welche Tschalon-Chamur genannt wird.

Die Wassergruben von Olon befinden sich in der Nähe des ManytschFlussbettes und sind in dem grauen, thonhaltigen Sande gegraben; nach ihnen richtet sich auch der grosse Weg, der unter dem Namen,,Tomskoi Trakt" bekannt ist und der von Zarizyn durch die tief liegende KalmückenSteppe an die Kuma führt. Auch bei den Olon Chuduki behält der Manytsch sein früheres Bild und stellt einen Streifen von Salzpfützen dar, der 5 bis 40 Faden Breite hat; an manchen Stellen verzweigt er sich in mehrere unbedeutende Arme, welche die Bugors umgeben, oder bildet kleine Nebenbuchten. Die Ufer der Salzpfützen sind meistentheils ganz niedrig, nur selten erreichen sie 1 bis 2 Arschin Höhe. Diese Pfützen ziehen sich, wie oben gesagt wurde, zwischen den in parallelen Linien stehenden Bugors hin und die Höhe der Frühjahrsfluthen lässt sich deutlich an den Abhängen der Bugors durch die Farbe des überstauten Grases erkennen, sie übersteigen nirgends die Höhe von 2 bis 3 Arschin. Die Breite der am Rande stehenden Bugors ist circa 14 Werst, die Breite der zwischen ihnen liegenden Niederungen, auf denen sich die Reihe Salzpfützen des Manytsch hinzieht, beträgt ebenfalls 14 bis 2 Werst; die Höhe der Bugors über diesen Niederungen wechselt von 2 bis 4 Sashen. Nehmen wir nun auch an, dass die Salzpfützen des Manytsch nebst ihren Armen und Nebenarmen im Frühjahr voll Wasser sind, so wird dessenungeachtet die Fläche, welche östlich von Olon Chuduki überschwemmt sein wird, nicht viel mehr als 10 Werst Breite haben. Wo finden wir denn die Breite von 150 Werst überschwemmten Landes und dabei eine Tiefe von mehreren Sashen? Wir können diess Alles nicht anders erklären, als dass die in den Steppen vorkommende Fata Morgana Herrn Tscherkassow und Herrn Bergstraesser's Feldmessern Alles in hyperbolischer Form hat erscheinen lassen, denn sonst wüssten wir nicht, wie man dergleichen Berichterstatter nur einigermaassen entschuldigen könnte; übrigens mussten sie überall den Wasserreichthum zu dem vorgeschlagenen Kanal finden. In Betreff der Theilung des Manytsch in 2 Arme (Bifurkation) östlich von Olon Chuduki, welche Herr Tscherkassow und Herrn Bergstraesser's Abgesendete behaupteten, können wir nur bescheinigen, dass, obgleich wir das Vorhandensein dieser Theilung nicht unwiderruflich absprechen, wir ausser den oben genannten konstanten kleinen Verzweigungen keine anderen Arme gesehen haben und auch Nichts von ihnen, trotz aller möglichen Nachfragen, von unseren geübten Führern, den Kalmücken, erfahren konnten. Im Gegentheil, wir überzeugten uns, dass der Manytsch sich westlich von Olon Chuduki in 2 Arme theilt, von denen weiter unten die Rede sein wird. Unter Anderm sagten unsere Führer aus, dass der Angi Chak, welchen Herr Tscherkassow und Herrn Bergstraesser's Abgesendete sich bemühten ebenfalls zu den grossen Armen des Manytsch zu zählen, durchaus nicht ein Arm desselben, sondern ein einziger grosser, vollkommen isolirter Salzsee sei, welcher durch das im Frühjahr von den ihn umgebenden Bugors herabfliessende Wasser angefüllt werde.

Von den Ssasta - See'n bis Olon Chuduki kann man längs des Manytsch circa 45 Werst rechnen. Von diesen Wassergruben aus besuchten wir den Tschalon-Chamur (steinerne Nase) oder die südöstliche Spitze der hier herannahenden Hochebene der Ergeni, welche vollkommen dem Namen,,Hochsteppe", wie er noch bei Pallas vorkommt, entspricht. Diese Spitze ist 8 Werst nördlich von Olon Chuduki und von ihr aus geniesst man einen ausgezeichneten Blick auf die niedrige Steppe, welche wir durchreisten. Man sieht, wie diese Steppe westlich von Olon Chuduki allmählich schmäler wird und in ein breites Niederungsthal übergeht, welches im Süden durch die Vorberge des Kaukasus und im Norden durch die Abhänge der Höhen der Ergeni begrenzt ist; man sieht ebenfalls, wie die Salzpfützen des Manytsch aus der offenen niederen Steppe sich in schlängelnder Linie auch in das Thal herüber

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