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auf den letzten Punkt dürfte diese Meinung mehr oder weniger auf Willkür beruhen.

Die Abneigung, die Verbindlichkeit der Verträge Englands mit Deutschland und Belgien anzuerkennen, wurzelt in der allgemeinen Stimmung in Kanada. Dieselbe möchte am liebsten (so wie sich die Dinge heute darstellen) die Tarifermäfsigungen auf England beschränken. Die Regierung nimmt eine vermittelnde Stellung ein. Der Handelsminister Cartwright erklärte Ende April im Senat: „Die Regierung ist der Ansicht, dass, da das Anerbieten der Gegenseitigkeit auf Grundlage des neuen Tarifs, der ganzen Welt gemacht werde, dieser (der Tarif) nicht unter die Wirkung der Handelsverträge falle. Einstweilen habe man entschieden, dafs nur Grofsbritannien und Neu-Süd-Wales die Vorteile des neuen Tarifs geniefsen können. Wenn ein anderes Land die Bedingungen des Tarifgesetzes annehme, so werden ihm dieselben Zugeständnisse gemacht."

Die Schwierigkeiten, welche die Vertragskontroverse bietet, wurden gleich nach dieser Erklärung von dem Senator Boulton aus Manitoba betont, welcher, in seiner Antwort an den Minister, die Meinung aussprach: „Die britische Regierung müsse entweder die ihr von Kanada angebotene Vergünstigung ablehnen oder ihre Handelsverträge mit anderen Ländern, die Kanada unter der Klausel der meistbegünstigten Nation einschliefsen, kündigen." - Die Mehrheit im kanadischen Unterhaus will Deutschland und Belgien von den Zollermäfsigungen, die an England gewährt werden, ausgeschlossen wissen. Der Minister für Fischerei und Marine, Mr. Davies, gab Ende Mai die Erklärung ab: „Die Regierung stehe auf dem Standpunkt, dafs die von Grofsbritannien mit Deutschland und Belgien abgeschlossenen Handelsverträge Kanada nicht binden. Danach verfahre schon heute jedes kanadische Zollhaus." Der Finanzminister Fielding schlug den besonderen Zusatz zu dem Tarifgesetz vor: „Der Gouverneur ist befugt, die Wohlthaten ermäfsigter Zölle auf jedes Land auszudehnen, das gemäfs den mit Ihrer Majestät abgeschlossenen Verträgen dazu berechtigt ist."

Am 26. Mai lehnte das Unterhaus einen Antrag des früheren Premierministers Tupper ab, wonach: ,,Kanada die Regierung Grofsbritanniens benachrichtigen soll, dafs Kanada bereit sei, das Uebereinkommen bezüglich der Vorzugstarife mit England abzuschliefsen, sobald die vorliegen den Schwierigkeiten beseitigt sind."

Sir Charles Tupper vertritt den Standpunkt, dafs die Verträge Englands mit Deutschland und Belgien die Gewährung von Vorzugstarifen an England, unter Ausschliefsung von Deutschland und Belgien, nicht zulassen. Aus der Ablehnung des Antrags Tupper's geht hervor, dafs seine Auffassung von der Mehrheit des kanadischen Unterhauses nicht geteilt wird.

In letzter Linie liegt die Entscheidung der Vertragskontroverse bei der englischen Regierung. Sie hat sich über die Auslegung ihrer Verträge mit Deutschland und Belgien zu entscheiden: ob die Verträge Anwendung auf Kanada finden oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dafs

sie für die Anwendung der Verträge auf Kanada sich ausspricht. In diesem Falle würden alle Vorteile, welche Kanada an England gewährt, auch Deutschland und Belgien zu gute kommen. England würde auch in diesem Fall einen ansehnlichen Vorsprung von den genannten Ländern behalten. Die Regierungen Kanadas und Englands werden sich über die Kontroverse voraussichtlich verständigen, so dafs Fragen wie: ob ein Zollkrieg zwischen Kanada und Deutschland und Belgien zu erwarten wäre, der Erörterung sich entziehen. Ersichtlich ist, dafs die handelspolitischen Beziehungen Englands zu Deutschland und Belgien wichtiger sind als die zu Kanada. Sieht man über den Rahmen dieser Kontroverse hinaus, so bemerkt man, dafs in England in dem Anerbieten Kanadas vielfach der Boden einer Zollunion der britischen Kolonien mit dem Mutterland erblickt wird. Man giebt aber gleichzeitig zu, dafs diese Dinge noch in weiter Ferne liegen.

Inzwischen hat England seine Verträge mit Deutschland und Belgien gekündigt; hauptsächlich, um den Kolonien, insbesondere Kanada, freie Hand ihrer Zollpolitik zu verschaffen.

VIII.

Die zur Förderung der Landwirtschaft in den letzten Jahren in Preussen ergriffenen Mafsnahmen.

Von M. Conrad.

Unter obigem Titel hat das preufsische Ministerium der landwirtschaftlichen Angelegenheiten soeben eine Schrift veröffentlicht, welche mit folgenden Worten aus der Thronrede vom 15. Januar 1896 beginnt.

,,Die andauernd ungünstige Lage der Landwirtschaft nimmt fortgesetzt die volle Aufmerksamkeit der Staatsregierung in Anspruch. Sie ist entschlossen, alle Mittel in Anwendung zu bringen, welche zur Abhilfe geeignet sind und eine Besserung der Lage dieses für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse so hochwichtigen Gewerbes gewährleisten."

Nachdem durch diese Worte die Stellung bezeichnet ist, welche die Staatsregierung zur Lage der Landwirtschaft einnimmt, wird dann hervorgehoben, wie die ungünstige Lage besonders dadurch zum Ausdruck kommt, dafs in den letzten 9 Jahren jährlich 175 Mill. M. Realschulden auf ländlichen Gebietsteilen Preufsens mehr eingetragen als gelöscht worden sind, und zwar obgleich der Wert von Grund und Boden in der gleichen Zeit meistens gefallen oder wenigstens stehen geblieben ist.

Als die Ursachen dieser beklagenswerten Erscheinung werden bezeichnet: das herrschende gesetzliche Erbrecht; die zu geringe Anzahlung beim Ankauf; vor allem aber das Sinken der Getreidepreise.

Als Gründe für den Preisrückgang des Getreides werden aufgeführt Ueberproduktion; Ueberfüllung der europäischen Märkte infolge Ausdehnung und Verbilligung der Frachtgelegenheiten; Demonetisierung des Silbers; internationale Spekulation und Börsenspiel.

Da nun eine Steigerung der Getreidepreise durch Erhöhung der Zölle während der Dauer der Handelsverträge ausgeschlossen ist, so ist die Regierung auf solche Mafsnahmen der Gesetzgebung und Verwaltung beschränkt, welche die Rentabilität der Landwirtschaft dadurch zu heben trachten, dafs die landwirtschaftliche Produktion in allen ihren einzelnen Zweigen gehoben wird, soweit dies nicht schon durch die Vermehrung der Produktion eintritt, auch dadurch verbilligt wird, dafs der Landwirtschaft möglichst billige Betriebsmittel zur Verfügung gestellt und die auf ihr

ruhenden Lasten vermindert werden. Hand in Hand hiermit müssen die Massnahmen zur besseren Ausnutzung der vorhandenen Naturschätze und zur Erleichterung des Verkehrs, sowie zum Schutz der Landwirtschaft gegen Verlust durch Seuchen u. s. w. und diejenigen gesetzlichen Einrichtungen gehen, welche unter Rücksichtnahme auf die besonderen Verhältnisse der Landwirtschaft die Herstellung eines Rechtszustandes bezüglich des Eigentums und der Belastung des Grund und Bodens bezwecken, der die Schaffung und Erhaltung richtiger Wirtschaftsgröfsen zu sichern und eine Ueberschuldung des ländlichen Besitzes in Zukunft zu verhindern geeignet ist.

Auf alle diese Gebiete hat sich die Thätigkeit der Staatsregierung erstreckt, und nachstehende Mafsnahmen sind zur Ausführung gekommen: Börsenreform, von welcher aber wohl noch in Frage steht, ob sie der Landwirtschaft irgendwelchen Nutzen bringen wird.

Branntweinsteuergesetz, nebst Novelle dazu vom 16. Juni 1895.

Zuckersteuer. Aufhebung des Identitätsnachweises. Beschränkung der Zollkredite. Aufhebung eines Teils der gemischten Privattransitlager. Gesetzliche Regelung des Verkehrs mit Handelsdünger, Kraftmitteln in Saatgut. Die Untersuchung ausländischen Getreides. Das Unterstützungswohnsitzgesetz vom 12. März 1894, in welchem die Altersgrenze von 24 auf 18 Jahre herabgesetzt wird.

Gewerbenovelle. Die Erlaubnis, ausländische Arbeiter vorübergehend zu beschäftigen. Erlaubnis des Molkereibetriebes am Sonntage.

Entlastung infolge der Steuergesetzgebung. Es wird hier hervorgehoben die Ermäfsigung der Einkommensteuersätze bei einem Einkommen bis zu 8000 M. Aufhebung der staatlichen Grund- und Gebäudesteuer, wodurch dem platten Lande 281/ Mill. M. an Steuer erlassen werden. Erleichterung der Volksschullasten, besonders durch widerrufliche Beihilfen an leistungsunfähige Schulverbände, dieselben beliefen sich 18911892 auf 5 524 800 M., 1895-1896 auf 5 845 300 M.

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Kosten der Stempelgesetzgebung. Es bleiben frei Kauf und Lieferungsverträge des Produzenten über eigene Produkte.

Eisenbahnen. Es sind in den letzten 10 Jahren 4598,5 km Eisenbahnen ausgebaut. Aufserdem zur Anlage von 143,3 km Kleinbahnen, 712 050 M. Staatszuschufs gezahlt.

Ermäfsigung des Tarifs für Kunstdünger um 20 Proz., sowie auch Ermäfsigungen einiger anderer Tarife, und Verbilligung der Kalisalze. Zu Kornhäusern wurden der Regierung 3 Mill. M. zur Verfügung gestellt.

Ferner Ankauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse seitens der Staatsbehörden direkt von den Produzenten,

Bei Renten- und Ansiedelungsgütern wurde durch Gesetz vom 8. Juni 1896 das Anerberecht eingeführt.

Auch das Bürgerliche Gesetzbuch ist hier aufgeführt.

Ein Hochwasserausschufs ist im Jahre 1892 zusammengetreten behufs Prüfung und Beantwortung der Fragen: a) Welches sind die Ursachen der in neuerer Zeit vorgekommenen Ueberschwemmungen u. s. w. b) Welche anderweitige Mafsregeln können angewendet werden u. s. w. Recht be

bedeutend ist was der Staat behufs Förderung des Meliorationswesens jährlich anwendet, seit dem 1. April 1891 sind 27 103 414 M. dazu verwendet.

Von grofser Bedeutung besonders für den Osten ist das Gesetz vom 27. Juni 1890 über die Rentengüter. Es sind seitdem 7723 Rentengüter mit einem Areal von 82 380 ha errichtet.

Ferner sind 3000 ha von Domänen und fiskalischem Besitz zur Kolonisation überwiesen.

Auch mufs hier genannt werden die Ansiedelungskommission mit ihrem 100 Mill.-Fonds.

Die Thätigkeit der Generalkommissionen wird besonders im Osten vielfach in Anspruch genommen. So wurden in den letzten 5 Jahren 442 Gemarkungen mit einem Areal von 156 000 ha zusammengelegt, wodurch die einzelnen Parzellen um 25 Proz. vermindert wurden.

Zu der geologischen Landesaufnahme erhalten die Provinzen Staatszuschufs. Das Landwirtschaftskammergesetz wurde erlassen, um ein auf öffentlich-rechtlichem Grunde ruhendes Organ der Berufsgenossen zu schaffen.

Der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft sind wiederholt Preise für ihre Ausstellungen zugewandt.

Die verschiedenen Fonds zur Förderung der Landwirtschaft im allgemeinen sind in den letzten Jahren ansehnlich erhöht.

Sehr viel geschieht für das landwirtschaftliche Schulwesen. Die Winterschulen sind sehr viel zahlreicher. Wanderlehrer, 1890 77, sind jetzt 100. Ganz besonders geschieht viel für die landwirtschaftlichen Hochschulen und Versuchsstationen.

Zur Veredelung der Pferdezucht wurden in 17 Landgestüten im Jahre 1887 2273 Hengste aufgestellt, deren Zahl jetzt auf 2603 gestiegen ist. Die Remontean kaufkommission hat im Jahre 1885 7182 Remonten angekauft, im Jahre 1895 8758. Aufserdem werden jährlich zinsfreie Darlehen zum Ankauf von Hengsten an Pferdezuchtvereine gegeben; so 1890/91 26 795 M., 1895/96 48 820 M.

Auch zur Hebung der Rindvieh-, Schaf-, Ziegen- und Schweinezucht, sowie des Molkereiwesens werden jährlich ansehnliche Mittel verwandt, besonders durch Erteilung von Prämien bei Ausstellungen.

Einer ganz besonderen Pflege seitens der Verwaltung erfreut sich die Moorkultur und sind in derselben recht erfreuliche Resultate zu verzeichnen.

Die Mittel zur Förderung des Garten-, Obst- und Weinbaues sind im letzten Jahre um 100 000 M. vermehrt.

Die Bestimmungen des Reichsviehseuchengesetzes wurden durch Gesetz vom 1. Mai 1894 ergänzt, durch Abänderung des Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. Die Einfuhr von Tieren aus dem Auslande wurde seit 1893 von der Untersuchung durch einem beamteten Tierarzt an der Grenze abhängig gemacht.

Der Vertilgung der schädlichen Tiere und der dem Pflanzenreich angehörenden Schädlinge ist fortdauernd besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Auch zur Förderung der Fischerei ist namhaftes geschehen.

Seit dem Jahre 1895 ist ein neues Normalstatut für Viehversicherungen

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