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Der Handel ist heutigen Tags derart organisiert, dafs er alle Bedürfnisse des Publikums auf bequemste Weise befriedigen kann. Sollte dies aber wirklich in gewissen entlegenen Gegenden nicht der Fall sein, dann sind die Vereinigungen der Konsumenten berechtigt. Ferner ist der Handel gezwungen, die gröfstmöglichste Billigkeit zu gewähren, weil infolge der scharfen Konkurrenz die Preise ganz von selbst heruntergedrückt werden. Eine Erhöhung des Nationalwohlstandes wird durch die Konsumvereine nicht erreicht. Die Vorteile, welche sie ihren Mitgliedern im günstigsten Falle gewähren können, sind immer so gering, dafs sie auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Einzelnen einen bemerkbaren Einflufs nicht ausüben. Der Gewinn, welchen die weitaus gröfste Zahl der Konsumvereine zahlen, besteht in der sogenannten Dividende. Die Höhe derselben ist allerdings sehr verschieden, indessen bewegt sie sich immer in bescheidenen Grenzen. Von den zu einem Verbande zusammengeschlossenen Konsumvereinen der Provinz Sachsen verteilten z. B. im Geschäftsjahre 1895/96 135 Vereine mit 49 344 Mitgliedern eine Dividende von insgesamt 1 361 423 M., das sind ca. 28 M. pro Mitglied, also noch nicht 0,50 M. für eine Woche. Eine wöchentliche Ersparnis von 50 oder 25 Pfg. kann aber in keiner Wirtschaft, auch nicht in der des Arbeiters (ganz zu schweigen von den wohlhabenderen Klassen) irgendwie förderlich auf die Verhältnisse wirken.

Um eine wirkliche Ersparnis im Sinne des Wortes handelt es sich dabei überhaupt nicht. Schon häufig ist aus den Kreisen der Interessenten darauf hingewiesen worden, dafs die Konsumvereine nur Dividenden verteilen können, wenn sie die Verkaufspreise entsprechend erhöhen. Wir behaupten, dafs diese Verteuerung der Preise die Regel bildet. Den Vorteil, dafs die infolge gröfseren Umsatzes billiger einkaufen, können die Konsumvereine schon längst nicht mehr für sich in Anspruch nehmen. Die Wareneinkaufsvereine der Kaufleute bieten diesen Vorteil in weit höherem Mafse, dazu kommt, dafs der Kaufmann infolge seiner Warenkenntnisse die Garantie für den Bezug guter und preiswerter Waren bietet. Die Geschäftsunkosten der Konsumvereine sind in der Regel höher als die der Kaufleute, und was letztere für sich und ihre Familien brauchen, das müssen die Konsumvereine für ihr Personal und für Vergütungen an Vorstände und Aufsichtsräte aufwenden.

An Brot und Schnaps, diesen Hauptkonsumartikeln der ärmeren Bevölkerung, nehmen die Konsumvereine einen Nutzen von teilweise 15-25 Proz., während sie höchstens 10 Proz. als Dividende wieder darauf zurückerstatten und den übrigen Teil des zu viel genommenen Nutzens dazu verwenden, um auf Kolonial waren eine Dividende verteilen zu können, welche sie in solcher Höhe an diesen Artikeln nicht verdient haben und nicht verdienen können."

Einen ungesunden Auswuchs in unserem Erwerbsleben bilden in gleichem Mafse wie die eigentlichen Konsumvereine die

Konsumanstalten und Kantinen,

welche grofse industrielle Unternehmungen (staatliche sowohl, als private) für ihre Angestellten errichten.

Als Wohlfahrtseinrichtungen können solche Institute nur insoweit angesehen werden, als sie die Befriedigung augenblicklicher Bedürfnisse der Angestellten bezwecken. Diesen Charakter verlieren sie aber, wenn sie sich zu reinen Handelsgeschäften ausbilden, weil sie alsdann irgendwelche Wohlthat von Belang dem Angestellten nicht mehr bieten können. Die vermeintliche Verbilligung der Waren ist auch hier nur Einbildung, es ist durchaus nicht einzusehen, inwiefern diese Anstalten, die ja ebenfalls Verwaltungskosten verursachen, billiger sollten verkaufen können, als der Kaufmann, dessen geschäftliche Beziehungen ihm guten und preiswerten Einkauf ermöglichen.

Hier thut also Abhilfe ebenfalls dringend not, und diese wird erreicht,

wenn der Betrieb von Konsumanstalten und Kantinen nur soweit zugelassen wird, als es sich um die augenblickliche Befriedigung von Bedürfnissen an der Arbeitsstelle handelt, während die Ausbildung dieser Institute zu reinen Handelsgeschäften zu untersagen ist.

Auf Grund der Generalversammlung des Verbandes in Halle ist 1896 folgende Resolution beschlossen worden:

,,Die Generalversammlung erkennt dankend die Fürsorge an, welche die hohen Regierungen und der Reichstag in diesem Jahre dem deutschen Mittelstande in Handel und

Gewerbe gewidmet, und welche Verbesserungen in der gewerblichen und genossenschaftlichen Gesetzgebung herbeigeführt haben. Die gesetzlichen Aenderungen in letzterer Beziehung sind indessen nicht ausreichend, die soziale Gefahr, welche in der auch jetzt noch fortdauernden Ausdehnung der Konsumvereine liegt, zu beseitigen.

Der Centralvorstand wird deshalb ersucht, an den Fürsten Reichskanzler das dringende Ersuchen zu richten:

Im Interesse der Erhaltung des deutschen Mittelstandes eingehende Untersuchungen über den angeblichen wirtschaftlichen Nutzen der Konsumvereine, über die Bedürfnisfrage etc., wie die Schäden der Konsumvereine durch Zertrümmerung selbständiger Existenzen, Schwächung der Steuerkraft und Hinleitung zum sozialistischen Staat anstellen zu lassen

und Kommissionen einzuberufen, wie dies bei den Gesetzentwürfen über den unlauteren Wettbewerb, die Sonntagsruhe, die Neuorganisation des Handwerks etc. geschehen, und wie dies zur Erbaltung des deutschen Mittelstandes in dieser Frage ganz besonders notwendig ist.

Die Anträge des Centralverbandes lauten:

1) Eintragung aller Konsum- und ähnlichen Vereine ins Genossenschaftsregister;

2) Beseitigung der Bevorzugungen, welche die Konsumvereine gegenüber den Einzelkaufleuten geniefsen, wie die Befreiung von Staats- und Gemeindeeinkommensteuern für viele Konsumvereine, Hergabe billiger Räume oder gar ohne Entgelt seitens der Behörden, Befreiung von der Mafs- und Gewichtsordnung und vom Gesetze betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln etc., wenn nur an Mitglieder verkauft wird;

3) Verbot der Dividendenverteilung;

4) Verbot der Beschäftigung von Staats- und Gemeindebeamten, oder von Offizieren in Konsumvereinen, sei es als Leiter oder in sonst welcher Stellung;

5) Zulassung von Konsumvereinen nur nach Bedürfnis, und Auflösung aller Vereine dieser Art, welche den Bedürfnis nachweis nicht innerhalb zweier Jahre erbringen.

Beamten- und Offizierskonsumvereine und -Warenhäuser. Wenn wir oben zugegeben haben, dafs in vereinzelten Fällen die gewöhnlichen Konsumvereine einem Bedürfnis entsprechen können, so geht den Beamtenvereinen etc. jede Existenzberechtigung ab. Den obigen Anträgen fügen wir deshalb den weiteren

auf Verbot sämtlicher Beamten- und Offizierskonsumvereine and Warenhäuser

an, indem wir ferner darum bitten:

dafs die vom Reichstage gefafste Resolution gung der staatlichen Bevorzugungen jener Institute Reichsverwaltung, sondern auch in der Verwaltung ausgeführt werde.

betr. die Beseitinicht nur in der der Einzelstaaten

Ferner sind es

die grofskapitalistischen Dstailgeschäfte, die Warenhäuser, Bazare, Versandgeschäfte, Aktiengesellschaften für den Detailverkauf, unter deren Wirkung der gewerbliche Mittelstand schwer leidet. Der Konkurrenz dieser Betriebe mufs der Kleinkaufmann und Kleingewerbetreibende unterliegen, hier mufs er der Macht des Grofskapitals, wie bei den Konsumvereinen der Macht des Genossenschaftskapitals, weichen. Die Beobachtung ist in einer Unzahl von Fällen zu machen: entsteht irgendwo am Orte ein Grofsbetrieb bezeichneter Art, so verschwinden sehr bald die

bisherigen Geschäfte, selbst in entfernteren Strafsen und Stadtteilen. Dabei wenden diese Grofsbetriebe oftmals unlautere Praktiken an, um die Konkurrenz zu vernichten. Hier sind in erster Linie die Ramschbazare und Schleudergeschäfte zu erwähnen. Andere Grofsbetriebe stellen bei Beginn ihrer Geschäftsthätigkeit Preise, die unter dem wirklichen Werte der Waren bleiben. Damit will man das gesamte Publikum heranziehen, um die Konkurrenz in möglichst kurzer Zeit aus dem Felde zu schlagen. Ist dies gelungen, dann steigen auch die Preise und dann wird das doppelt und dreifach wieder hereingebracht, was früher zugesetzt wurde. Wieder andere dieser Grofsbetriebe zeichnen einzelne Artikel, deren Wert das Publikum genau beurteilen kann, zu billigen Preisen aus: was an diesen Lockartikeln verloren geht, wird durch höhere Preise anderer Waren mehr als ausgeglichen Auf solche Weise wird das Uebergewicht des Grofskapitals den mittleren und kleinen Geschäften besonders verderblich.

Es ist ferner eine allbekannte Thatsache, dafs gerade in diesen grofsen Bazaren die Angestellten eine klägliche Behandlung erfahren. Der Einzelkaufmann giebt seinem Personal in der Regel angemessene Gehälter, er mufs dies schon thun seines geschäftlichen Rufes halber, auch nötigt das durch den täglichen persönlichen Verkehr bedingte Verhältnis zwischen ihm und dem Personal eine gute Behandlung des letzteren.

Ein Ausgleich könnte und müfste in erster Linie durch eine besondere Besteuerung dieser Betriebe entsprechend ihrem Umfange herbeigeführt werden. Als Mafsstab hierfür ist unseres Erachtens der Umsatz heranzuziehen, aus demselben lässt sich der Umfang der Betriebe am zuverlässigsten ermessen, was von einer Zugrundelegung der Zahl der Angestellten oder des Gewinnes bei weitem nicht in gleichem Mafse der Fall ist. Der im preufsischen Landtage in diesem Jahre angenommene, den gleichen Gegenstand behandelnde Antrag v. Brockhausen dürfte das richtige treffen, wenn auch u. E. die Untergrenze niedriger etwa auf 200 000 M. Jahresumsatz - zu bemessen wäre, weil Geschäfte mit einem solchen Umsatze bereits zu den Grofsbetrieben gehören." Die Gründung von Aktiengesellschaften für den Detailverkauf ist zu verbieten.

Als ein weiterer dem Kleingewerbe ungemein schädlicher Ausflufs des Grofskapitals

ist das

Filialenwesen

anzusehen. Dasselbe bietet den Grofsbetrieben eine wirksame Handhabe, um die Konkurrenz zu verdrängen. Oftmals werden von denselben Filialen errichtet lediglich zum Zwecke des Absatzes minderwertiger Waren, welche im Hauptgeschäfte unverkäuflich bleiben.

Auf den Filialen lasten weniger Unkosten, als auf anderen kaufmännischen Einzelgeschäften, sie bilden lediglich eine bequeme Nebenerwerbsquelle für ihren Inhaber. Diesem Vorgehen des Grofs- bezw. Genossenschaftskapitals mufs ebenfalls Einhalt gethan werden durch eine Sonderbesteuerung, welche, wie bei den grofskapitalistischen Detailgeschäften, in einer progressiven Umsatzsteuer zu bestehen hätte.

Der Betrieb des Detailreisens ist auf das Notwendigste zu beschränken und Umgehungen des Verbotes namentlich auch durch Besteuerung der Wandergewerbescheine der Detailreisenden- zu erschweren.

Das Hausiergewerbe hat in seinem jetzigen Umfange keine wirtschaftliche Berechtigung mehr. Die heutigen Verkehrsverhältnisse machen es — - abgesehen von einigen entlegenen Gegenden gänzlich überflüssig.

Das Hausiergewerbe ist daher wesentlich einzuschränken. Dies dürfte in erster Linie durch Verbot des Hausierens mit Manufaktur-, Kurzund Webwaren, Material- und Kolonial waren zu erreichen sein, weil die weitaus meisten Hausierer gerade diese Artikel führen.

Es giebt Städte, in welchen von den Inhabern offener Ladengeschäfte kaum die Hälfte und noch weniger gelernte Kaufleute sind. Allerlei Elemente überwuchern den Stand, gestützt auf die Gewerbefreiheit. Dafs das Prinzip der letzteren nicht unbeschränkt aufrecht erhalten werden kann, ist bereits durch Gesetze anerkannt worden. Wenn mithin Gewerbefreiheit einen ganzen grofsen Stand, der von alters her bereits ein hervorragender Faktor zum Schutze unserer Gesellschaftsordnung gewesen ist und noch heute als ein solcher gilt, in seiner so

zialen Stellung schwer herabdrückt und vielen seiner Angehörigen überhaupt die Existenz vernichtet, so liegt die Notwendigkeit gebieterisch zu Tage, die gewerbefreiheitlichen Tendenzen auch hier zu durchbrechen. Die Fälle, wo es Leuten ohne kaufmännische Vorbildung gelingt, ein Geschäft dauernd zu erhalten, sind im Verhältnis zur Gesamtheit der Ladeninhaber nur ganz verschwindend, während die Zahl derjenigen Handeltreibenden, die wegen mangelnder Ausbildung ihr Geschäft in Kürze wieder aufgeben müssen, erschreckend grofs ist. Wo es sich aber um das Wohl und Wehe eines grofsen Standes handelt, da müssen die Sonderinteressen Einzelner zurücktreten.

Aus allen diesen Gründen ist auf den 1896er Verbandstage einmüthig der Antrag zum Beschlufs erhoben worden:

,,Der Zentralverband wolle an geeigneter Stelle dahin wirken, dafs jeder, der selbständiger Kaufmann werden bezw. ein offenes Ladengeschäft gründen will, eine Lehrzeit von mindestens 3 Jahren und eine Lehrprüfung bestanden hat."

Soweit die Denkschrift,

Im folgenden wollen wir alle diese Wünsche und Vorschläge auf ihre Berechtigung und ihre Wirksamkeit hin in völlig objektiver Weise prüfen.

(Fortsetzung folgt.)

XIII.

Der Staatshaushalts-Etat des Königreichs Preufsen
für das Jahr vom 1. April 1897-981).

Von Max von Heckel.

Der preufsische Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1897 -98 hält in Einnahme und Ausgabe mit je 2 046 031 385 M. das Gleichgewicht, Die Einnahmen erheischen 908 186 287 M. Aufwendungen für Betrieb und Erhebung, so dafs im ganzen noch 1137 845 098 M. zur Deckung der eigentlichen Staatsausgaben verfügbar bleiben. Von der Gesamtsumme der Einnahmen sind demgemäfs 44,38 Proz. als Betriebs- und Erhebungskosten erforderlich, während 55,62 Proz. die Höhe der Netto-Einnahmen sind. Die Ausgaben zerfallen in dauernde und ordentliche einer- und in einmalige und aufserordentliche andererseits. Auf erstere entfällt ein Betrag von 1047 668 742 M., auf letztere ein solcher von 90 176 356 M., so dafs die gesamte Ausgaben - Summe mit 2046 031 385 dem Betrage der gesamten Einnahme-Summe gleichkommt. Die ordentlichen Ausgaben beziffern sich auf 95,59 Proz., die aufserordentlichen auf 4,41 Proz. aller Ausgaben. Diese Hauptsummen sind im Laufe der letzten Jahre in stetem Wachstum begriffen gewesen.

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Die privatwirtschaftlichen Einnahmen oder die staatlichen Erwerbseinkünfte) nehmen unter den Ansätzen des preufsischen Einnahme-Etats

1) Staatshaus halts-Etat für das Jahr vom 1. April 1897-98, Berlin, Reichsdruckerei 1896. Den Hauptgruppen sind vom Verfasser zur Vergleichung die Etatspositionen von 1890-91, 1892-93 und 1896-97 beigefügt worden.

2) Die Abweichungen der Zahlen bei den ,,privatwirtschaftlichen Einnahmen" in der folgenden Darstellung von denjenigen der am Schlufs angefügten synoptischen Tabelle sind dadurch zu erklären, dass hier alle auf diesen Erwerbsquellen ruhenden Ausgaben über

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