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Bewohner zu ihnen kamen, sondern sie boten ihre Waren in den benachbarten Ortschaften feil 1). Hier wurde der ,,listige Mann" sogleich von den Frauen, den „Mägden im Saal" und der Herrin, umringt,,,welche das Brustgeschmeid aus Gold und besetzt mit Elektron“ nacheinander mit verlangendem Blicke betrachteten, es in die Hände nahmen und,,über den Preis" handelten.

Obgleich die Griechen und die anderen Bewohner der Mittelmeerländer gern die Waren der Phönizier eintauschten, waren diese Kaufleute bei ihnen doch verhaßt und verachtet. Schon ihnen haftete der Makel an, unter welchem im Altertum das Ansehen des Kaufmanns litt, nämlich der Unehrlichkeit, der Betrügerei. Die Griechen bezeichneten sie als ,,im Truge gewandte Gaudiebe", als „ränkevoll, schlau, listig, viel verschlagen, Nagetiere, Betrüger, die den Menschen viel Böses thun" u. s. w. Das griechische Wort für Kleinkrämer, Höker, záznλos, bezeichnet ja ursprünglich gleichfalls schlau, listig, betrügerisch" ). Die Abneigung der Griechen gegen den Handel war so groß, daß es so geachtet bei ihnen auch die Seeräuber waren doch selbst bei dem idealisierten Schiffervolke der Phäaken als eine Beschimpfung galt, wenn man einen Fremden mit ,Kaufmann' anredete". Die Kaufleute von Beruf sind bei Homer regelmäßig Ausländer: Tyrrhenen, Taphier und ganz besonders die Phönizier 3). Bis zur Zeit der Perserkriege beruhte der friedliche Verkehr bei ihnen fast nur auf dem unter dem Schutze des Zeus Xenion stehenden Gastrechtes und war Tauschhandel. Erst nachdem sie mit den höher zivilisierten Völkern des Orients in Berührung gekommen waren, nahm er einen gewissen Aufschwung 4). Doch schon aus dem homerischen Töpferliede erfahren wir, daß Töpferwaren auf den Straßen hausiermäßig verkauft wurden 5).

Für die frühere Römerzeit bringt uns Livius (V, 8) einen Beweis von dem Vorhandensein des Hausierhandels. Er berichtet, daß um das Jahr 400 v. Chr. Geb. römische Soldaten, die Besatzung der Stadt Anxur, ihren Posten verlassen hatten,,,Waren verkaufend in den benachbarten Dörfern und Städten umherzogen und infolgedessen bei der durch Verrat veranlaßten Einnahme der Stadt „dem Tode entgingen“ (!) 6).

Weitere Zeugnisse für das Vorkommen dieses Handelszweiges bei den Römern, namentlich für den Verkehr mit den nördlich von ihnen wohnenden Völkern, finden wir bei anderen römischen Autoren. Früher hatten diesen Handel etruskische Kaufleute vermittelt 7). So fanden die römischen Kaufleute, welche unter dem Schutze ihrer Truppen

1) Roscher, a. a. O., II, S. 342, u. Schrader, s. a. O., S. 69. Vgl. auch Odyss., XV, 458 fg., sowie Scylax. Peripl., S. 54, Apollodor Bibl., III, 13, 8.

2) Odyss., XV, 288; XV, 415 u. 419; vgl. Roscher, System der Volkswirtschaft, III, S. 94 u. Schrader, S. 69; vgl. auch K. Andree, a. a. O., I, S. 21. 3) Roscher, Ansichten u. s. w., II, S. 341.

4) Beer, a. a. O., I, S. 66, 67, 83.

5) Hom. Epigr., 13 ff.

6) Vgl. Roscher, a. a. O., S. 94.

7) Schrader, a. a. O., S. 81.

nach dem Norden Europas zogen, schon das Bedürfnis für ihre Waren bei den Galliern und Germanen erweckt. Cicero sagt in seiner Rede pro Font. (VI, § 11), daß Gallien von römischen Bürgern und Kaufleuten wimmle. Cäsar erzählt 1), daß unter dem Schutze seiner Truppen diese Kaufleute durch ganz Gallien zogen, ja bis an die Küsten von England gelangten, indem sie überall mit den erwünschten Waren die nicht minder begehrten Neuigkeiten mitbrachten 2). Nur wenige Stämme, wie die Nervier, wiesen diese herumziehenden Händler mit ihren verweichlichenden Waren zurück 3), die meisten begehrten sie. Später kamen dieselben auch zu den Germanen, zunächst natürlich zu den an den Rheinufern wohnenden Stämmen, den Ubiern, und noch später auch zu den Sueven, welche sogar ihre Kriegsbeute an jene gegen deren Waren abtraten 4).

Bei den Griechen und Römern, wie überhaupt bei den Völkern des Altertums, ist der Hausierhandel, der seine ursprüngliche Entstehung aus dem Tauschhandel nie ganz, selbst für die Gegenwart nicht, verleugnet 5), verhältnismäßig länger bedeutend geblieben als bei den Völkern des neueren Europas, weil jene Völker von den 3 Perioden der wirtschaftlichen Entwickelung der Hauptsache nach nur die beiden. ersten durchlaufen haben 6). Zur vollen Entfaltung der in ihm enthaltenen Kraft ist das Kapital bei ihnen nicht gelangt 7).

Neben den genannten Völkern des Altertums, von denen jedes einmal eine Zeit lang als Handelsstaat eine Rolle gespielt hat, ist noch ein Volk hervorzuheben, das, ohne jemals die führende Stellung als Handelsstaat zu erreichen, dennoch zu allen Zeiten von größter, ja sogar typischer Bedeutung für den Handel, und namentlich auch für den Warenhandel, gewesen ist: die Juden. Nach der Zertrümmerung des phönizischen Reiches durch Alexander ) fingen sie schon an, in großer Anzahl umherzuwandern, und nach der Zerstörung Jerusalems ergossen sie sich in Scharen über alle Länder. Martian sagt in seinen Erklärungen des Ezechiel ausdrücklich:,,Bis heute wohnt in den Juden ein solcher eingeborener Geschäftseifer, daß sie des Gewinnes wegen die ganze Erde durchziehen; und so groß ist ihre Lust zu handeln, daß sie überall innerhalb des römischen Reiches zwischen Kriegen, Mord und Totschlag Reichtum zu erwerben trachten" 9). Sie zogen gar bald auch über die Grenzen des römischen Reiches, ,,und die römischen Kaufleute, die sich unter den Markomannen in der Stadt Marbods niederließen, sind sicher Juden gewesen" 10). Bei

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1) Cäsar, De bello Gallico, III, 1-6. Vgl. auch Schrader, S. 82.

2) Ibd., IV, 5, 20 u. 21.

3) Ibd., II, 15.

4) Ibd., XIV, 2 u. 3.

5) Vgl. die Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 1887 (Der Wucher auf dem Lande, S. 283).

6) Roscher, System der Volkswirtschaft, III, S. 94.

7) Ders., I, S. 47.

8) Kiesselbach, Der Gang des Welthandels und die Entwickelung des europäischen Völkerlebens im Mittelalter, S. 21.

9) Ders, S. 25. 10) Ders., S. 28.

den germanischen Völkerschaften sind die Juden im frühen Mittelalter jedenfalls noch gut behandelt worden. Dies erklärt sich auch sehr leicht. Das Bedürfnis des gewerbsmäßigen Handelsbetriebs wurde auch. schon in jener Zeit lebhaft empfunden, und kein anderes Volk als die Juden konnte dasselbe in der gewünschten Weise befriedigen. Den auf ihren Gehöften hinlebenden Adligen und Bauern, welche nach den Waren des Orients verlangten, „,konnte es natürlich nicht einfallen, mit den ihnen völlig unbekannten Handelsplätzen Geschäftsbeziehungen anzuknüpfen" 1). Dies war am Ausgange des Mittelalters eben die Aufgabe der heimatlosen,,,ewig beweglichen Juden, von denen Augustin erwähnt, daß sie oft als junge Männer ihre jungen Frauen verließen, um in der Welt umherzuwandern, und als Greise zu ihren Greisinnen zurückkehrten“ 2).

Auf diesen geheimnisvollen Drang nach steter Bewegung, welcher in den,,vielhundertjährigen Hausierwanderungen" der Juden seinen Ausdruck fand und zur Heimatlosigkeit dieses Volkes im Mittelalter führte, ist die schauerliche Sage vom ewigen Juden zurückzuführen. In dieser sehen wir eine Personifikation der allgemeinen Schicksale und Neigungen des Volkes seit der Zerstörung von Jerusalem 3).

Aber schon zu Karls des Großen Zeit brach die Abneigung gegen sie immer schärfer hervor, so daß dieser, um sie gegen Gewaltthätigkeiten zu schützen, ihnen in seinen Kapitularien den Weg vorschrieb, den sie nehmen sollten 4).

Wie aller Handel bei den europäischen Völkern des Altertums anfänglich im Umherziehen betrieben wurde, so finden wir andererseits, daß auch in der Gegenwart der Hausierhandel recht vielfach noch die einzige, oder doch hauptsächlichste Form der Gütervermittelung ist.

Mit Rücksicht auf die höhere Bedeutung, die der Hausierhandel auch bei den Völkern des Orients und den Bewohnern der neuen Welt noch hat, soll daher die chronologische Reihenfolge in unserer Skizze unterbrochen werden und sich an die Darstellung desselben bei den Bewohnern des Altertums eine Auswahl von verschiedenen Zeugnissen anreihen, die sein Vorkommen bei den ebengenannten Völkern belegen. Diese unmittelbare Nebeneinanderstellung scheint auch dadurch noch gerechtfertigt, als bei dem gering ausgebildeten Verkehrswesen jener Zeiten und Gebiete die Existenz des Hausier handels in erster Linie durch das Bedürfnis des Konsumenten berechtigt ist. Er ist hier der einzige Vermittler unter den einzelnen Völkern und bringt ihnen, was sie zur Ausübung einer gewerblichen Thätigkeit nötig haben, wie auch die Gegenstände, die ihnen als Luxus dienen.

Wenn es sich nun auch von selbst versteht, daß der Handel sich in den Gegenden am besten entwickeln kann, wo er durch Gesetze geschützt ist, so hat doch mangelnder gesetzlicher Schutz durchaus nicht den Hausierer von seinen Wanderungen zurückgehalten. Die ältesten

1) W Roscher, Ansichten der Volkswirtschaft, II, S. 237.

2) Kiesselbach, a. a. O., S. 28.

3) Roscher, Ansichten, II, S. 339. 4) Kiesselbach, a. a. O., S. 40.

Spuren des Hausierhandels führen ja sogar bis zu den Zeiten zurück, wo im frühesten Altertum ein anderer Verkehr der Völker untereinander als ein feindlicher überhaupt noch nicht vorhanden war1), an einen Schutz des Handels sonach gar nicht gedacht werden konnte. Auch in der Gegenwart muß sich der Hausierhandel in den wenig kultivierten Teilen der neuen Welt noch ohne jeden gesetzlichen Schutz behelfen. Und doch hat derselbe für jene Gegenden außerordentlichen Nutzen gebracht. Nur dadurch, daß den Kolonisten ihre Bedürfnisse durch die Hausierer zugeführt wurden, konnte die Kolonisation (Amerikas z. B.) so große Fortschritte machen 2).

Vielfach waren hier die Hausierer deutsche Juden, denen die Bewohner der Plantagen (die Neger), die dieselben nicht verlassen durften, gern ihre Waren zu hohen Preisen abkauften, so daß die umherziehenden Händler sich bald ein Stromboot oder einen Wagen anschaffen und schließlich als shopkeepers enden konnten. Geriebener aber als diese waren die Yankees, die als clock- oder jewelry pedlars das Land durchzogen und freilich oft auch ebenso wie die schon genannten die armen Hinterwäldler betrogen. Am liebsten besuchten sie die Blockhäuser, wenn sie wußten, daß der Mann nicht zu Hause war 3). Dann breiteten sie vor den Frauen ihre blinkenden Waren aus, daß diese, die solche Herrlichkeit selten sahen, wie geblendet waren und sich gern etwas aufschwatzen ließen 4). Ein wirklicher Mittelpunkt für die Hausierer ist in Amerika Cincinnati, das Birmingham der Vereinigten Staaten. Hier werden Haus- und Ackergeräte, Seife, Lichte, hölzerne Uhren, Papier, Bücher u. s. w., kurz alle die tausend Kleinigkeiten verfertigt, welche die Hausierer im Westen und Süden gebrauchen "). Die Hausierer ziehen von dort aus bis in die Wildnis hinein und bringen sogar den Trappern ihren Bedarf an Waren und Munition 6). Mancher jener Buschläufer im vorigen Jahrhundert war zugleich Kleinhändler und erhielt von den Handelskompagnien Waren, die er mit dem Indianer gegen Felle austauschte.

Unsere Kenntnis vom Hausierhandel in Amerika geht bis in die ersten Zeiten der Entdeckung dieses Erdteils zurück. Aus dem Berichte des Mönches Franz von Bobadilla erfahren wir, daß schon zu seiner Zeit (1528) die Mexikaner von ,,einem Orte zum andern" gingen, um Handel zu treiben 7).

Der hausierende Händler selbst ist eine so friedliche und Vertrauen erweckende Erscheinung, daß es für die Forschungsreisenden

1) Vgl. Schrader, a. a. O., S. 68.

2) Ein anschauliches Gemälde von den wandernden Krämern der neuen Welt entrollt uns Gerstäcker im Ausland (1845, Nr. 309-311) in seinen Nordamerikanischen Skizzen.

3) Gerstäcker, a. a. O.

4) Vergl. hierzu Justus Möser, Patriotische Phantasien. I, XXXVI, Klage wider die Packenträger. Vergl. auch das Edikt für Ober- und Niederbayern vom Jahre 1616. Vergl. S. 6.

5) Roscher, Ansichten u. s. w., II, S. 25, 26.

6) K. Andree, a. a. O., 12, S. 287. Ders., a. a. O., 1, S. 248.

7) Andree, a. a. O., 12, S. 74.

in Südamerika zu Zeiten gar keine bessere Verkleidung gab, um vor dem Mißtrauen und den Angriffen der Eingeborenen geschützt zu sein, als diese 1).

Afrika war von jeher das klassische Land des Karawanenhandels, und geradezu charakteristisch für den Handel i. U. sind auch in diesem Erdteile die Araber gewesen. Bei ihnen erleichterte die durch das Wüstenleben entwickelte Gastlichkeit, welche die Dichter in ihren Gesängen preisen, den Verkehr in hohem Grade 2). Das große Vorbild des Propheten, der auch Handelsmann gewesen war, blieb selbstverständlich gleichfalls nicht ohne Wirkung. Die alljährlich nach Mekka unternommenen zahlreichen Pilgerfahrten vereinigten eine große Menge von reisenden Kaufleuten, deren Sicherheit durch Gegenseitigkeit gewährleistet wurde und die überall, teils auf der Reise, teils an den Halte- und Ruhestellen, teils auch am Wallfahrtsorte ihre Waren anboten und auch an den Mann brachten 3).

Auch Barth berichtet, daß die Mekkapilger auf ihrer Heimreise beständig vom Wege abschweifen, in den Ländern umherziehen und Handel treiben 4). An der Guineaküste", heißt es bei Andree,,,ist jedermann Hausierer." Der Kaufmann giebt diesem Hausierer Kredit, wie auch er solchen empfängt; doch weiß er sich durch strenge Kreditgesetze zu schützen, nach denen nicht bloß der Mann, sondern auch die ganze Familie dergestalt haften, daß er sie verpfänden und verkaufen kann 5).

In gleicher Weise bildet bei vielen asiatischen Völkern neben dem Karawanenhandel der eigentliche Hausierhandel einen wesentlichen Bestandteil des Handelsverkehrs. So wird das Land der Kirgisen, da dieses Volk keine Märkte kennt, die an bestimmten Tagen abgehalten werden, regelmäßig von Hausierern durchzogen, und durch diese kommen indische und europäische Waren bis an die Zelthütten der Nomaden 6).

In Persien sind die Hausierer gleichfalls von Belang. Sie laden allerlei kleine Waren auf ihre Pferde,,,schließen sich den Karawanen

1) Eduard Pöppig, Reise in Chile, Peru und auf dem Amazonenstrome während der Jahre 1827-32, II, S. 274 ff. Vergl. hierzu auch W. Roscher, System, III, S. 94. Dafs auch sonst die Verkleidung als Hausierer oft gebraucht wurde, um, ohne Verdacht zu erregen, anderen Zwecken zu dienen, lässt sich nach Cooper's Spy wohl vermuten. Selbst die deutsche Volkssage hat sich dieses Motivs bemächtigt, nachdem mit dem zunehmenden Handel der Kaufmann eine populäre Figur geworden war. So wird uns in Gudrun (5. Avent.) berichtet, dafs tapfere Helden, die Hegelingen, sich, um die schöne Hilde für den König Hettel zu gewinnen, als Kaufleute verkleiden, in ihrem Schiffe prächtige Waren mitbringen, die Gunst des Königs sich zu erwerben wissen, und schliefslich die Königstochter entführen. Vergl. hierzu die in Hom. Odyss., XV, erzählte Entführung einer Frau durch phönizische Kaufleute.

2) Jacob, a. a. O., S. 23.

3) Beer, a. a. O., I, S. 150.

4) Heinrich Barth, Reisen und Entdeckungen in NordII, S. 448; vergl. damit IV, S. 249; ähnlich auch IV, S. 290. I1, S. 42.

5) Andree, a. a. O., 12, S. 234.
6) Andree, a. a. O., I, S. 95 f.

und Centralafrika, Andree, a. a. 0,,

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