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ihre rechtlichen Institutionen einen unbestreitbaren Einfluß ausgeübt. So hat z. B. die freie Erbleihe nach Burgrecht, wie schon von anderer Seite hervorgehoben worden ist, jedenfalls in Passau ihre erste Ausbildung gefunden und ist von hier auf die österreichischen Städte übertragen worden.1)

1) Siehe Rietschel, Markt und Stadt p. 181 f. und in der Deutschen Literaturzeitung 1907 Nr. 12 Sp. 756.

I. Passau und Salzburg.

Passau.

Passau ist altes Römerkastell. Römischer Scharfblick erkannte die leichte Verteidigungsfähigkeit der von Inn und Donau umströmten Landzunge. Er erkannte ihre Wichtigkeit als Stützpunkt für den Handelsverkehr auf den schiffbaren Flüssen Donau und Inn. Die Vita Severini erlaubt uns, die Lage der Römerfestung genauer zu bestimmen.

,,Batavis appellatur oppidum inter utraque flumina, Enum videlicet atque Danuvium constitutum." 1)

Auf der höchsten Stelle der Halbinsel dort wo heute der Dom liegt haben wir zweifellos den ältesten Kern dieses „,oppidum“ zu suchen. Nach Westen hin bot das steil abfallende Terrain bei der Römerwöhr schon einen natürlichen Schutz, der sich noch leicht durch eine Mauer verstärken ließ. Das so von Mauer, Donau und Inn umschlossene Gebiet bot nicht Raum für die ganze Bevölkerung. Die Vita Severini berichtet noch von einer zweiten Ansiedelung: extra muros oppidi Batavini in loco nomine Boiotro trans Enum fluvium", also etwa auf dem Boden der heutigen Innstadt.

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Noch im 5. Jahrhundert fiel Passau den Angriffen der Germanen zum Opfer. Völlig zerstört haben sie es nicht. Die Römermauer der feste Abschluß des Kastells im Westen hat sich erhalten bis in Mittelalter und Neuzeit hinein. Der Name Römerwöhr wahrt noch heute an sie eine letzte Erinnerung. Schwerlich wird auch das feste Kastell jemals ganz von Einwohnern verlassen gewesen sein. Doch

1) M. G. Auct. ant. Ia cap. 19.

2) M. G. Auct. ant. I cap. 22.

Die

fehlt bis ins 8. Jahrhundert jede zuverlässige Überlieferung. 739 begann Bonifazius seine organisatorische Tätigkeit in Baiern. Vivilo wurde der erste Bischof von Passau.1) zahlreichen Traditionsurkunden des 8. und 9. Jahrhunderts bringen nur wenige Nachrichten über die bischöfliche Residenz. Die Bezeichnung Passaus schwankt. Wir finden die Ausdrücke "civitas“ 2), „urbs" 3), „castrum❝4), „uilla❝5). Die Untersuchungen Rietschels haben gelehrt, daß die im 8. Jahrhundert neu entstandenen Bischofsstädte, anders wie die alten, nur ausnahmsweise die vornehmeren Titel,,civitas“ und „urbs“ führen, vielmehr meistens „castrum",,,castellum“, „uilla“, ,,vicus" genannt werden. Nur scheinbar bildet Passau eine Ausnahme; denn die Ausdrücke,,civitas" und ,,urbs" finden sich, abgesehen von drei Königsurkunden, lediglich in Quellen lokalen Charakters, wie es die Passauer Traditionsurkunden sind.6) ,,Infra muros Patauie" lag die Kathedralkirche St. Stephan.7) Hier wohnte auch die „familia“ des Bischofs. Freilich wissen wir dies sicher erst aus dem 10. Jahrhundert.8) Damals, wie auch in den beiden vorhergehenden Jahrhunderten, gehörte nicht die ganze Halbinsel zum Grundbesitz der Kirche. Denn auf ihrem östlichen Teile wurde im 8. Jahrhundert das

1) Hauck a. a. O. I p. 379 und 505. Einige Traditionsurkunden in den M. B. 2811 sprechen von 2 Bischöfen Erchanfrid und Otkar. Hauck bemerkt, daß sich ihre Tätigkeit nicht chronologisch festlegen lasse, daß sie aber aller Wahrscheinlichkeit nach der vorbonifazianischen Zeit angehört hätten. Eine Diözese Passau habe es vor Bonifazius nicht gegeben.

2) M. B. 281 p. 9 Nr. 8 (788-800); p. 17 Nr. 19 (774-804); p. 24 Nr. 26 (848) u. a.

3) M. B. 2811 p. 17 Nr. 18 (788); p. 50 Nr. 61 (789); M. B. 281 p.124 Nr. 89 (898) u. a.

4) M. B. 28 p. 14 Nr. 15 (754); p. 51 Nr. 62 (788); p. 68 Nr. 86 (803) u. a.

5) uilla publica M. B. 2811 p. 9 Nr. 7 (748-788); p. 62 Nr. 76 (800). 6) Vergl. Rietschel, Die Civitas auf deutschem Boden p. 55-57.

7) M. B. 2811 p. 42 Nr. 47 (um 782); p. 62 Nr. 77 (821); p. 38 Nr. 41 (840-866).

8) Das angebliche Privileg König Arnulfs vom 9. September 898, eine Fälschung des 10. Jahrhunderts, stellt „familia" und,,suburbani“ gegenüber. Die ,,familia" wohnte also in der urbs. M. B. 281 p. 119 Nr. 86, Böh.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. 1142.

Marienkloster später auch Kloster Niedernburg genannt gegründet, 1) das erst 976 durch Kaiser Otto II. an Piligrim geschenkt wurde; und die Gründung eines vom Bischof unabhängigen Klosters auf bischöflichem Grund und Boden ist undenkbar. Das Marienkloster muß auf herzoglichem Grunde gestanden haben, der nach Tassilos Sturz in die Hand des Königs kam und dessen Eigentum bis 976 geblieben ist. 2) Daß damit der königliche Grundbesitz in Passau nicht erschöpft war, lehrt König Arnulfs Urkunde vom 13. Dezember 898, die der Passauer Kirche,,in eadem urbe Pattauiensi media dominicalem aream nostram, quae usque hodie ad opus nostrum ibi pertinebat", zum Eigentum übergab.3)

Karl der Dicke hat im Jahre 887 der Passauer Kirche Immunität für ihre Besitzungen verliehen. 4) Noch hatte der Bischof in Passau keine öffentlich-rechtlichen Befugnisse. Diese brachte ihm erst die Ottonenzeit. In dem Kampfe Kaiser Ottos II. gegen den aufständischen Baiernherzog

1) Hauck a. a. O. II p. 433 Anm. 8 bemerkt: ,,Über Niedernburg fehlen alle Angaben. Daß die Abtei königlich war (M. G. DO. II p. 153 Nr. 136: Quandam nostri iuris abbatiam) spricht für die Gründung durch einen der bairischen Herzoge. Auch daß sie,,in honore domini Salvatoris nostri" geweiht war (M. B. 281 p. 418 Nr. 264) ist zu beachten; auch die beiden sicher tassilonischen Stiftungen Kremsmünster und Haindlingberg hatten Salvatorkirchen“ Hier scheint mir ein Irrtum vorzuliegen. Eine Gründungsurkunde für das Marienkloster ist vorhanden, nur hat sie Hauck a. a. O. I p. 383 Anm. 2 irrtümlich auf die Stephanskirche bezogen. Im Jahre 738 stifteten Cotafrit und Kepahilt cum servis suis eine aecclesia [U. d. L. ob der Enns I p. 440 Nr. 5], die Vivilo,,consecravit in nomine sanctae Mariae". Der Stifter übergab der neuen Gründung,,filiam suam velatam sub nigro velamine, quod illa deo serviret et sanctae Mariae". Eine der Maria geweihte Pfarrkirche hat es nie in Passau gegeben, wohl aber ist 888 das ,,monasterium sancte Marie Batauie constructum" nachweisbar [M. B. 311 p. 122 Nr. 57], dessen wichtigste Schutzpatronin Maria ist. Ich sehe mit Erhard [Geschichte der Stadt Passau II p. 112] in der Tradition von 738 die Stiftung Niedernburgs.

2) 976 schenkt Otto II. der Passauer Kirche,,quandam nostri iuris abbatiam infra territorium Patauiensis sitam civitatis, que est in honore sanctae dei genetricis Mariae constructa et dedicata" M. G. DO. II p. 152 Nr. 136 b, Stumpf 682.

3) M. B. 281 p. 123 Nr. 89, Böh.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. 1948.

4) M. B. 281 p. 71 Nr. 90, Böh.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. 1737; M. B. 281

p. 77 Nr. 58, Böhm.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. Nr. 1738.

Heinrich hatte Passau schwer gelitten. Otto II. suchte es zu entschädigen. Am 22. Juli 976 hat er Bischof Piligrim drei Urkunden ausgestellt, die ihm die Immunität bestätigten, 1) die Marienabtei schenkten 2) und „,quandam partem thelonei in Patauia civitate" übergaben.") Die Übergabe Niedernburgs bedeutete eine wichtige Erweiterung der bischöflichen Immunität. An welchem Zoll der Bischof Anteil erhielt, wird leider nicht gesagt. Vermutlich handelte es sich um einen Durchgangszoll; denn den Marktzoll wird der Bischof erst mit dem Markte erhalten haben.

Aber Piligrim wollte mehr. Er strebte nach der unbeschränkten Stadtherrschaft. Um sie zu erreichen, operierte er mit gefälschten Urkunden. In das Jahr 976 wird noch ein kaiserliches Diplom von zweifelhafter Geltung gesetzt.4) Otto II. bestimmt:

,,ut prescripte civitatis possessores amodo nullum theloneum per omnes aquas in nostro regno sursum neque deorsum persoluere cogantur et nihilominus de areis, quas in eadem urbe possident, aliquem censum dare constringantur et universa familia sanctae Marie tam viri quam et feminae servitutis deinceps innodentur."

Schon bei der Übersetzung erheben sich Schwierigkeiten. Uhlirz, E. Mayer und Keutgen haben „nihilominus“ mit

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4) M. G. DO. II p. 154 Nr. 137. Vergl. Sickel [Mitteil. d. Instituts, Ergänzungsband II p. 139-140]: „Die unmittelbar darauf folgende Urkunde D. 137 bezeichne ich als zweifelhafter Geltung Dafür aber, daß diese wiederum von WC. stammende Vorlage vollzogen worden sei, haben wir keine genügende Bürgschaft, so daß sich zwei Möglichkeiten ergeben: entweder ist Piligrim nicht gewährt worden, was er laut D. 137 vom Kaiser bewilligt zu sehen hoffte, oder es ist ihm ein perfektes Praezept gleichen Inhalts erteilt worden, welches verloren gegangen ist, während sich der Entwurf D. 137 erhalten hat". Uhlirz ebenda p. 549:,,So bleibt doch die Frage offen, ob D. 137 jemals vollzogen worden, oder ob es nicht vielmehr . . . . ein von WC. angefertigter, von der Kanzlei aber nicht anerkannter Entwurf ist". Dopsch bezeichnet das Diplom als eine Fälschung des Kanzleibeamten WC. für Bischof Piligrim [Mitteil. d. Inst. Bd. XXVI p. 336]

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