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Urkunde, nach der Ludwig das Kind im Jahre 901 die neuerbaute Burg dem Stifte St. Florian übertragen habe.1) St. Florian aber gehörte Passau. Die Tendenz der Fälschung liegt auf der Hand. Sie wurde später ergänzt durch eine zweite aus dem Jahre 1071, nach der Bischof Adalbert das „oppidum in Anesiburch" vom Stifte St. Florian durch Tausch erlangt habe.2) Tatsächlich ist die Ennsburg niemals im Besitz von St. Florian oder der Passauer Kirche gewesen.") Für ihre Eigentümer dürfen wir vielmehr die bairischen Herzöge ansehen, die sie dann später den steirischen Ottokaren zu Lehen gaben.4) Eine Folge hat aber Kaiser Ottos Urkunde von 977 gehabt: Die Stadt Enns ist nicht auf weltlichem Boden erwachsen; ein großer Teil von ihr zum mindesten muß auf geistlich-passauischem Grunde stehen. So allein erklärt es sich, daß der letzte Babenberger Herzog Friedrich II. 1241 bezeugte, die Stadt Enns vom Passauer Bistum zu Lehen zu tragen.) Gewiß, es bleibt auffallend, daß sich niemals früher diese Lehensherrlichkeit Passaus nachweisen läßt. Doch scheint es mir nicht zulässig, lediglich deswegen die im Originale erhaltene Urkunde von 1241 als eine Passauer Fälschung zu bezeichnen, wie es Strnadt getan hat.6) Der Widerspruch gegen seine Behauptung ist auch nicht ausgeblieben.7) Das „predium Anesapurhc" dürfen wir bei der Ennsburg vermuten. Daß nun bei ihr und so auf passauischem Boden ein großer Teil der Stadt Enns entstanden ist, ist sehr wohl möglich.

1) U. d. L. ob der Enns II p. 46 Nr. 34, Böh.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. 1994. Über die Fälschung vergl. Mühlbacher, Mitteil. d. Inst. Bd. XXIV p. 424 ff. 2) U. d. L. ob der Enns II p. 95 Nr. 75. Zur Fälschung vergl. Strnadt a. a. O. p. 38.

3) Vergl. Hauck a. a. O. III p. 162 Anm. 4.

4) Strnadt a. a 0. p. 40.

in Anaso

5) U. d. L. ob der Enns III p. 101 Nr. 97. . . . ciuitates in Lintza,

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6) A. a. O. p. 38, 39.

7) Lampel hält die ,,Echtheit über allen Zweifel erhaben" Bl. d. Vereins f. Ldk. v. Niederösterreich 30, p. 51.

Um 1150 ist zum ersten Male von einem „locus" Enns die Rede.1) Die Bezeichnungen „locus“ und „uilla“ wiederholen sich dann häufiger; 2) um 1160 vermag ich den Ausdruck „forensis uilla" nachzuweisen3) und als Markt wird Enns dann in den 80er Jahren noch zweimal genannt.4) Mit dem für Richard Löwenherz bezahlten Lösegelde wurde es befestigt.5) Seitdem verschwinden die Bezeichnungen „locus“ und „forum“. Der Ausdruck „civitas“ tritt an ihre Stelle.") Daß Enns im Besitze der steirischen Ottokare war, ist nicht zu bezweifeln.7) Der Boden der Stadt war großen Teils passauisches Lehen, die Burg bairisches. So konnte auch Herzog Heinrich der Löwe um 1150 und 1176 zu Enns Hoftage und Gericht abhalten.8)

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts nahm Enns einen bedeutenden Aufschwung. Seit 1185 läßt sich die Ennser Münzstätte nachweisen.9) Um 1190 treten zum ersten Male „cives Ensenses" als Zeugen auf. 10) 1191 erneuert Ottokar von Steiermark die bereits von seinem Vater

1) U. d. L. ob der Enns II p. 252 Nr. 168.

2) locus: U. d. L. ob der Enns II p. 297 Nr. 200 [1159]; Meiller, Reg. d. Salzb. Erzbischöfe p. 80 Nr. 123 [1157-1162]; U. d. L. ob der Enns II p. 252 Nr. 168 [um 1150]. uilla: Meiller, Reg. d. Babenberger p. 67 Nr. 47 [1190]. Wenn aber 1212 Herzog Leopold sein Stadtrecht,,in uilla nostra Anasi“ ausstellt [Schwind und Dopsch, Ausgewählte Urkunden usw. p. 46 Nr. 26], so ist das eine Mahnung den Wert aller dieser Bezeichnungen nicht zu überschätzen. 3) Steiermärkisches Urkundenbuch I p. 401 Nr. 415.

4) Steiermärkisches Urkundenbuch p. 627 Nr. 649 [1185]; p. 654 Nr. 678 [1186]. Vereinzelt findet sich auch einmal der Ausdruck,,oppidum" p. 487 Nr. 521 [1170].

5),,Cum quo thesauro Wienna, Anasus, Haimburc, Nova civitas muris circumcinguntur" Continuatio Praedicatorum Vindobonensium M. G. SS. IX p. 726. 6) Z. B. U. d. L. ob der Enns II p. 553 Nr. 379 A. [1212]; p. 69 Nr. 62 [1239]; M. G. SS. IX p. 639 [1239] u. a. Zweimal wird Enns bereits im 12. Jahrhundert als .civitas" bezeichnet. M. G. SS. IX p. 631 [1175] und M. G. SS. IX p. 617 [1179], zwei Stellen aus denen keine Schlüsse auf eine Befestigung hin zu ziehen sind.

7) Strnadt a. a. O. 40 und p. 85.

8) U. d. L. ob der Enns II p. 252 Nr. 168 und I p. 348.

9),,Acceptis XXV talentis Aenser" Steiermärkisches Urkb. I p. 619

Nr. 643 vergl. auch Strnadt a. a. O. p. 95 Anm. 251.

10) Steiermärkisches Urkb. I p. 724 Nr. 733.

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den Kaufleuten von Regensburg, Köln, Aachen und Ulm in Enns verliehenen Markt- und Handelssatzungen.1) Es ist ein überaus interessantes Privileg, das deutlich die wirtschaftliche Abhängigkeit Oberösterreichs, wie sie namentlich von der Handelsmetropole Regensburg bestand, beleuchtet. Enns ist Zollstätte. Nach dem Marktschlusse müssen die Schiffer dem Regensburger Hansgrafen und den „iudices uille“ über ihre Ladung Auskunft geben. Letztere haben das Recht von den Schiffern einen Eid über die Richtigkeit ihrer Angaben zu verlangen. Wer sind diese „iudices uille?" Das Stadtrecht von 1212 kennt sie nicht mehr,2) ebensowenig als es noch von der Tätigkeit des Regensburger Hansgrafen zu berichten weiß. Wahrscheinlich sind es die Urteilsfinder des Gerichtes,3) die nun hier in Zollsachen über Glaub- und Unglaubwürdigkeit der Angaben gewissermaßen das Urteil finden. Die Stellung der Regensburger prägt sich am deutlichsten in der Bestimmung aus, daß sie bei 100 Pfund Strafe für den rechtzeitigen Beginn und Schluß des Marktes verantwortlich sind. Man darf daraus wohl den Schluß ziehen, daß ihnen überhaupt die Marktleitung zustand. Und dieser Markt war sehr bedeutend. Enns ist damals der Hauptplatz für die Rußlandfahrer. Noch konnte Wien nicht mit ihm in

Konkurrenz treten.

Diese dominierende Stellung der Regensburger an Zollstätte und Markt wäre undenkbar, wenn Enns damals schon die Anfänge einer besonderen städtischen Verfassung besessen hätte. Befestigt war es 1191 noch nicht, wie wir oben sahen. Ebenso liegt kein Anlaß vor, jetzt schon einen eigenen städtischen Gerichtsbezirk anzunehmen; die „iudices uille" sind die jeweiligen Urteilsfinder des Landgerichtes. Anderseits muß Enns wenig später vom Landgerichte eximiert

1) Meiller Archiv X p. 92-93. Zur Interpretation vergl. Inama-Sternegg, Deutsche Wirtschaftsgeschichte Bd. II p. 386; Krones, Handbuch der Geschichte Oesterreichs III p. 65.

2) Ihre Aufgaben gehörten seit dem Stadtrecht von 1212 ohne Zweifel zur Kompetenz des Stadtrates. Stadtrat und jeweiliges Urteilsfinderkollegium dürften identisch gewesen sein.

*) Vergl. Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte 4. Aufl. p. 557.

worden sein; denn das Stadtrecht Herzog Leopolds vom 22. April 1212 setzt bereits die Existenz eines Stadtgerichts voraus.1) Für die Rechtspflege des Stadtrichters gibt dasselbe ausführliche Bestimmungen, nach denen ihm auch die. Blutgerichtsbarkeit zustand. Ohne Zweifel war er herzoglicher Beamter. Er wurde vom Herzoge ernannt, ohne daß dabei der Stadt irgendwelcher Einfluß zustand.2) Aber das Stadtrecht enthielt eine Bestimmung, die eine gewisse Beschränkung des Richters bedeutete und auch den Bürgern den gebührenden Einfluss sicherte.

„statuimus, ut sex ydonei cives iuramento confirment, quod disponant de mercatu et de universis, que ad honorem et utilitatem civitatis pertinent, sicut melius sciuerint; et quicquid idem in hoc agant et disponant, iudex non contradicat.“

Ein Stadtrat war damit geschaffen! Die nötige Selbstständigkeit ist der neuen Körperschaft gewahrt. Sie besteht nur aus Bürgern; der herzogliche iudex hat auf ihre Beschlüsse keinen Einfluß; ja es ist ihm sogar ausdrücklich untersagt, denselben entgegenzutreten. Die Kompetenz der Sechs ist weit gezogen. Sie haben einmal die Marktaufsicht; etwas was höchstwahrscheinlich 1191 noch den Regensburgern obgelegen hat.3) Ihnen steht ferner die Entscheidung über alles, was der Stadt zu Nutz und Frommen gereicht, zu; eine so allgemein gehaltene Bestimmung gab das Recht zur Regelung aller Verwaltungsgeschäfte, wie überhaupt zur Vertretung der städtischen Interessen nach außen hin gegenüber dem Herzoge, im innern gegenüber dem Richter.

1) Schwind und Dopsch, Ausgewählte Urkunden usw. p. 42 ff. Nr. 26. 2) Das Stadtrecht enthält eine Bestimmung, die beweist, wie unangenehm und wenig begehrt von den Bürgern der Posten eines Stadtrichters war. „Item burgensibus nostris donavimus, ut nullum eorum cogamus esse iudicem"; vergl. hierzu Luschin von Ebengreuth, Geschichte des ältern Gerichtswesens in Österreich p. 202.

3) Das räumliche Verhältnis der uilla Enns zum Markte ist nicht festzustellen. Die Anlage der Stadt spricht für eine Marktansiedelung. Solange aber die Lage der Ennsburg unbekannt ist, läßt sich keine sichere Entscheidung fällen.

Der Freiheitsbrief Herzog Friedrichs vom 3. Juli 12441) hat die verfassungsrechtlichen Grundlagen von Enns völlig unberührt gelassen. Er hat das Leopoldinum lediglich durch Verfügungen wirtschaftlicher Natur ergänzt. Das Stadtrecht des Jahres 1212 ist die Grundlage der Ennser Verfassung während des ganzen Mittelalters geblieben.

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Wels.

Früher als Enns taucht Wels in der mittelalterlichen Geschichte auf. In einer Urkunde für die Freisinger Kirche vom 7. Juli 776 heißt es actum in castro, quae nuncupatur Weles." 2) Am 25. August 885 schenkt Karl III. der Kapelle in der „uilla Oetting" den Neunten von verschiedenen curtes" darunter auch „de Vueles," 3) und am 13. April 888 übergiebt König Arnulf seinem Kaplane Zasko alles, was er „ad Welas" zu Lehen besessen, auf Lebenszeit zu eigen, unter der Bedingung, daß der Besitz nach Zaskos Tode an das Kloster Kremsmünster falle.4) Wahrscheinlich stand schon damals neben der Burg eine Kirche oder wenigstens eine Kapelle; nach der Urkunde ist das nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Sie aber wird die Ursache zu den Rechten Kremsmünsters in Wels gegeben haben, die dann noch 1179 in einem Papstprivilege, das dem Kloster „parochiam Welsae cum omni decima et dote" bestätigte, ihren Ausdruck fanden.5)

1) Winter, Urkundliche Beiträge zur Rechtsgeschichte u. s. w. p. 7 Nr. 6. 2) Meichelbeck, Histor. Frisingensis I, II p. 57 Nr. 51; Meindl, Geschichte der Stadt Wels I p. 18 bringt eine Zusammenstellung der ältesten Erwähnungen von Wels, die aber nicht fehlerfrei ist; vergl. dazu Strnadt a. a. O. p. 12 Anm. 8, wo darauf hingewiesen ist, daß der Ausdruck „vilisa“ nicht wie Meindl will auf Wels zu beziehen ist.

3) U. d. L. ob der Enns II p. 26 Nr. 20, Böh.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. 1711. 4),,Tales causas sicut hactenus ad Welas habuit in beneficium omnibus diebus vitae, concessimus in proprium, id est cum ecclesiis et aedeficiis, cum mancipiis et beneficiis u. s. w." U. d. L. ob der Enns II p. 32 Nr. 35, Böh.Mühlb. Reg. 2. Aufl. 1787.

5) U. d. L. ob der Enns II p. 365 Nr. 250. Jaffé, Regesta Pontificum 13407.

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