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In der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts gehörte die Burg von Wels zu den Stützpunkten im Kampfe gegen die immer neu andrängenden Ungarn. 943 erfochten hier die Deutschen einen bedeutenden Sieg. „Ungarii a Baiowariis et Carantanis in loco Weles tanta caede mactantur, ut nunquam a nostratibus antea taliter infirmarentur," berichtet der Continuator Reginonis.') Neben der Burg war also ein Ort entstanden. Im übrigen schweigen die Quellen im 10. Jahrhundert über Wels vollständig. Es ist in dieser Zeit in den Besitz der Grafen von Lambach 2) gekommen, deren Geschlecht im 11. Jahrhundert zu dem mächtigsten im Traungau heranwuchs. Sein letztes weltliches Glied Graf Arnold II. verwandelte um 1056 sein Schloß Lambach in ein Kloster für Weltpriester, die sein einziger ihn überlebender Sohn Bischof Adelbero durch Benediktiner ersetzte.3) Der Stiftsbrief Adelberos aus dem Jahre 1056 ist eine Fälschung.4) Aber die Dotation des Klosters ist aus König Heinrichs Bestätigung vom 18. Februar 1061 festzustellen.5) Darnach besaß das Kloster unter anderem

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bannum mercati in loco Wels et theloneum in Lambach .... eo iure quo parentes eius, scilicet avus eius (das heißt Adalberos von Würzburg) Arnoldus et item pater suus Arnoldus et frater suus marchio Gotefridus et ad ultimum idem episcopus Adalbero eundem bannum habuerunt

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1) Zu diesem Jahre und nicht zu 944 ist der Sieg nach v. Ottenthal, Reg. 113a anzusetzen; vergl. auch Erben, in der historischen Vierteljahrschrift Jahrgang X 1907 p. 398 Anm. 2. Eine Zusammenstellung der Quellennachrichten findet sich Monum. hist. ducatus Carinthiae III p. 38 Nr. 101.

") Über die Lambacher vergl. Vancsa a. a. O. I p. 207 und Strnadt a. a. O. p. 43, der das Geschlecht bis 930 zurückzuverfolgen sucht, während Vancsa für den ersten gesicherten Vertreter den Grafen Arnold I. [993] ansieht. 3) Vancsa a. a. O. I p. 278.

4) U. d. L. ob der Enns II p. 89 Nr. 70; vergl. Hauck a. a. 0. III 3. und 4. Aufl. p. 1036; Krones, die Markgrafen von Steier p. 93, 97.

5) Keutgen, Urkunden zur städtischen Verfassungsgeschichte p. 34-35 Nr. 60, Stumpf 2592. Bestätigt durch Kaiser Friedrich I. 1162. U. d. L. ob der Enns II p. 316 Nr. 215, Stumpf 3930.

omni utilitate, que ullo mode inde provenire potest.

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Lambach hatte den Marktbann. Der Markt zu Wels muß schon recht alt gewesen sein, denn seinen Bann besaß schon Adalberos Großvater. Nicht das castrum" und der locus" Wels fielen an Lambach. Sie sind vielmehr durch Bischof Adalbero an das Würzburger Bistum gekommen.1) So entstand in Wels eine Art Doppelherrschaft. Marktaufsicht und Marktgericht hatten die Lambacher Klostervögte, die immer aus der Familie der steirischen Ottokare stammten.2) Burg und Ort unterstanden den bischöflich-würzburgischen Vögten.3)

Der älteste Teil der Stadt Wels ist der an der Burg gelegene Bezirk.) Wir sahen bereits, daß das castrum schon 776 bestand. Neben diesem erwuchs der „locus" Wels. Daneben entstand eine neue Ansiedelung, die den Stadtplatz zum Mittelpunkte hatte. In ihr sehe ich eine Marktansiedelung. Noch auf dem heutigen Stadtplan lassen sich diese zwei Ansiedelungen deutlich unterscheiden. Den Kern der einen bildet die Burg, den der andern der breite, langgestreckte Stadtplatz.

Die spärlichen Nachrichten erlauben nun keine ganz sicher fundierte Darlegung der rechtlichen Verhältnisse. Die Bedeutung von Wels stieg; denn der Ort lag an einem wichtigen Traun-Übergange, und die Instandhaltung der Brücke ließen sich die Bischöfe sehr angelegen sein.5) Ihre Herr

1) Die Behauptung Meindl's, Geschichte der Stadt Wels I p. 27, daß der Ort Wels an die Formbacher gekommen sei, ist unhaltbar; vergl. auch Strnadt a. a. O. p. 49 Anm. 115.

2) Vancsa a. a. O. I p. 286.

3) Möglicherweise wurde diese rechtliche Doppelherrschaft dadurch tatsächlich ziemlich aufgehoben, daß die Ottokare beide Vogteien in ihrer Hand vereinigten. 1138 war der Markgraf von Steyr auch bischöflicher Vogt. (vergl. die von Simonsfeld über die Traunbrücke publizierte Urkunde. Sitzungsberichte der Münchener Akademie 1898 erste Hälfte p. 400; ebenso 1140. U. d. L. ob der Enns II p. 189 Nr. 126.)

4) Vergl. auch Meindl, Geschichte der Stadt Wels II p. 12 „Die Umgebung der Burg hat heute noch den Namen „Altstadt“.

5) Vergl. die Urkunden von 1138 Sitzungsberichte der Münchener Akademie 1898 erste Hälfte p. 400, abgedruckt von Simonsfeld; von 1140 U. d. L. ob der Enns II p. 189 Nr. 126; von 1189 U. d. L. ob der Enns II

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schaft währte bis 1207. In diesem Jahre kaufte Herzog Leopold von Österreich von ihnen Waels und die liut unt allez daz aeigen daz dar zu gehort." 1) Noch standen die Rechte Lambachs den Babenbergern in Wels entgegen. Herzog Leopold gelang ihre Erwerbung.2) 1222 kaufte er Zoll und Gericht.

„dedimus eidem ecclesie redditus viginti talentorum perpetuo possidentes et tam tam abbas quam fratres ipsius monasterii proprietatem et omnia iura, que habere in ciuitate predicta non solum in theloneis sed et iudiciis noscebantur, nostris manibus concorditer obtulerunt a nobis et nostris heredibus sine contradictione qualibet possidenda."

Es ist bezeichnend, daß nicht von dem Markte besonders die Rede ist. Und doch bildete sein Besitz den Ausgangspunkt der Lambacher Rechte in Wels. Was Leopold zu eigen erwerben wollte, war das Gericht der Marktansiedelung des forum's, in dem er 1215 einmal eine Urkunde ausgestellt hat.3) Seit wann hier an Stelle des Vogtes ein eigener Richter fungierte, ist nicht zu sagen. 1189 tritt ein „Wernhardus iudex de wels" in einer Urkunde des Cistercienserklosters Wilhering als Zeuge auf.4) Die Blutgerichtsbarkeit

p. 417 Nr. 285. Die Urkunde Bischof Embrichos aus dem Jahre 1128 [abgedruckt bei Winter, Urkundliche Beiträge p. 1 Nr. 1] muß seit der Untersuchung von Simonsfeld ausscheiden. Sie gehört in das Jahr 1138. Der wichtige Passus, der von der Tätigkeit des „iudex civitatis“ und des Bürgerausschusses handelt, ist eine noch spätere Einschiebung, für die sich ein genauer Entstehungstermin nicht angeben läßt. In ihr sah man früher,,den ältesten Anlauf zu einer stadtrechtlichen Satzung in Österreich". [verg). Krones, Handbuch der Geschichte Österreichs III p. 29.]

1) Landbuch von Österreich und Steier M. G. D. Chr. III p. 720. Zur Datierung vergl. Dopsch, Österreichische Urbare I p. 211 Anm. 343, Strnadt a. a. O. p. 49 Anm. 115. Das Jahr 1207 hat mehr Wahrscheinlichkeit als das von Lampel in seiner Ausgabe des Landbuches vertretene: um 1203. 2) U. d. L. ob der Enns II p. 639 Nr. 441; Meiller, Reg. d. Babenberger p. 131 Nr. 180; siehe auch Dopsch, Österreichische Urbare I p. 232 Anm. 4. 3),,data in foro nostro Welse" Meiller, Reg. d. Babenberger p. 114 Nr. 121.

4) U. d. L. ob der Enns II p. 416 Nr. 284.

hatte er nicht. Sie

Räumlich waren die

wurde Wels erst 1422 verliehen.1) beiden Ansiedelungen bereits 1222 ineinander verwachsen. Seit diesem Jahre wird Wels immer als civitas bezeichnet. 2) Es war also eine befestigte Stadt.

Steyr.

An der Mündung der Steyr in die Enns, auf der Spitze der von beiden Flüssen gebildeten Landzunge, liegt die Burg Steyr. In der Aufzeichnung über die Mistelbacher Synode, die um 985 stattfand, wird ihrer zum ersten Male gedacht3.) Erbauer waren wahrscheinlich die Grafen von Lambach.4) Als diese ausstarben, kam sie in die Hände der Ottokare. Sie wurde der Lieblingssitz der Markgrafen. Seit dem Anfange des 12. Jahrhunderts haben sie sich nach ihr genannt.5)

Neben der Burg, vornehmlich am Ufer der Enns entlang, erwuchs die Stadt Steyr. Die Nachrichten über sie sind bis ins 13. Jahrhundert hinein äußerst dürftig. Das castrum, die Burg, wird zu wiederholten Malen genannt. 6) Von der daneben entstandenen Ansiedelung schweigen bis in die zweite

1) Vergl. Luschin von Ebengreuth, Geschichte des ältern Gerichtswesens in Österreich p. 224.

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2) 1222 Meiller, Reg. d. Babenberger p. 131 Nr. 180; 1233 Continuatio Lambacensis M. G. SS. IX p. 558; 1276 munitiones superioris Austrie videlicet Wels, Linz, Stier "Continuatio Lambacensis M. G. SS. IX p. 561. 3),,Stirapurhc" U. d. L. ob der Enns I p. 472 Nr. 57. Vergl. zu dieser Aufzeichnung Strnadt a. a. O. p. 44 Anm. 98. Danach ist sie erst im 11. Jahrhundert geschrieben, und man darf darum die Existenz der Steyrburg für das 10. Jahrhundert nicht als völlig gesichert annehmen.

4) Vergl. Vancsa a. a. O. I p. 257; Strnadt a. a. O. p. 44. Anders Krones, Die Markgrafen von Steier p. 47 und 55, der die Burg von den Ottokaren erbaut werden läßt. Eine ganz sichere Entscheidung läßt sich nicht geben.

5) Vancsa a. a. O. I p. 354. Die Beispiele für diese Benennung aus dem 11. Jahrhundert sind entweder späte Zusätze oder Fälschungen.

6) 1088 U. d. L. ob der Enns II p. 118 Nr. 82; um 1110 I p. 172 Nr. 168; 1125 II p. 168 Nr. 111; 1163 II p. 328 Nr. 224; einmal 1082 wird die Burg auch als ,,urbs" bezeichnet II p. 116 Nr. 81, vergl. dazu II p. 133 Nr. 94.

Hälfte des 12. Jahrhunderts alle Quellen. Und doch ist nicht zu bezweifeln, daß die günstige Lage an zwei schiffbaren Flüssen und der Schutz, den die Burg bot, bald Ansiedler herbeigezogen haben wird. Ebenso werden sich Leute der Markgrafen neben der Burg niedergelassen haben. Wo die Quellen versagen, kann noch die Topographie der Stadt einige Auskunft geben. Und danach scheinen mir hier die Verhältnisse ähnlich wie in Wels zu liegen. Neben der Burg ist die älteste Ansiedelung; eine zweite entstand um den Stadtplatz als Marktansiedelung, und wenn 1254 Otto von Steyr eine Urkunde,,in foro Styriae" ausstellt, ist dabei eben an diese Marktansiedelung zu denken.1) Gewiß, es ist nicht zu leugnen, daß diese lediglich aus dem Stadtplan gewonnene Anschauung keine unbedingte Beweiskraft hat; aber ich glaube, sie drängt sich dem Betrachter auf. Unterhalb der Burg, zwischen ihr und der Enns, liegt die erste Ansiedelung mit der Hauptgasse: die Enge. An sie stößt flußaufwärts eine zweite, die zeitlich jüngere Marktansiedelung. Die größere Planmäßigkeit gegenüber dem Gassengewirr um die Enge fällt hier in die Augen.

1170 wird Steyr bereits als „civitas" bezeichnet. 2) In der Folgezeit finden sich lediglich die Ausdrücke „civitas“,3) und „,urbs"), wenn wir von den schon erwähnten zwei Bezeichnungen als „,forum" absehen. Steyr war also bereits im 12. Jahrhundert befestigt. Vielleicht schon damals sicher seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist es auch in rechtlicher Beziehung vor dem offenen Lande bevorzugt. Die Freiheiten und Gewohnheiten, die Herzog Albrecht von Österreich der Stadt am 23. August 1287 bestätigt,5) stammen, wie er

1) U. d. L. ob der Enns III p. 207 Nr. 213; zum zweitenmale wird das,,forum in Styria" 1275 erwähnt, ebenda III p. 423 Nr. 463.

2) Vancsa a. a. O. I p. 359: „Um ihre [erg. der Ottokare] Stammburg hatte sich ein Markt gebildet, der um 1170 als civitas bezeichnet wird".

3) 1252 wird in dem Vertrage zwischen Ottokar von Böhmen und Dietmar von Steyr Burg und Stadt unterschieden. Das,castrum" bleibt dem Dietmar, die,,civitas" überliefert er an Ottokar. U. d. L. ob der Enns III p. 184 Nr. 193

4) Um 1170 U. d. L. ob der Enns I p. 173 Nr. 172; 1192 II p. 435 Nr. 297; 1192 II p. 437 Nr. 299; 1213 II p. 574 Nr. 388.

5) U. d. L. ob der Enns IV p. 66 ff. Nr. 74.

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