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Grenzen zu sichern und zu erweitern. Bildete zunächst die Donau die nördliche Grenze, so gelang es, diese im Laufe des 9. Jahrhunderts über den Fluß hinaus auszudehnen. Das Gebiet von der Rotel im Westen bis zum Kampflusse im Osten kam allmählich in die Hand des Markgrafen; allerdings auch hier wie im Schweinachgau nur ein Landstreifen an der Donau, denn nach Norden verbot der Nordwald ein allzuweites Vordringen. Südlich der Donau reichte die Markgrenze bis zum Wiener Walde. Später wurde sie bis zur Leitha vorgeschoben. Doch blieb der Schwerpunkt der Mark immer westlich des Wiener Waldes. Diese bildete ein einheitliches Verwaltungsgebiet. Für die Rechtsprechung war sie in drei Gerichtssprengel zerlegt: „Tres comitatus,“ wie sie in der Zollordnung von Raffelstätten genannt werden. Der Umfang der Mark deckte sich mit dem Gebiete dreier Grafschaften. 1)

Zugleich mit der weltlichen erfolgte die kirchliche Organisation.2) Die Mission wurde in die Hände der drei Kirchen Aquileja, Salzburg und Passau gelegt. Ersterem fiel das Gebiet südlich der Drau zu. Zwischen Drau, Raab und Donau entfaltete Arno von Salzburg eine großartige Tätigkeit. Sein Bezirk grenzte an den schon bestehenden kärntnerischen Missionssprengel. Nordwärts kam das Land an die Diözese

Passau.

Es galt nicht nur zu missionieren. Für Kirche und Staat war die Kolonisation eine ebenso wichtige Aufgabe. Noch kannte man das Unternehmertum nicht, das in späterer Zeit bei der Besiedelung von Nordostdeutschland eine so wichtige Rolle gespielt hat. An seiner Stelle mußten die Großgrundbesitzer eintreten.3) Statt freier Bauern setzten sie Eigenleute an. Das Einzelhofsystem überwog das Dorfsystem.

Zunächst besiedelte man Ebenen und Flußtäler.

1) M. G. Leg. II Capitularia II Nr. 253. Böh.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. 2015 a. Vergl. Schröder, Deutsche Rechtsgesch. 4. Aufl. p. 567-568, 568 Anm. 1.

2) Hierüber Vancsa a. a. O. I p. 166-169; Hauck a. a. O. II p. 461–469. 3) Über die Kolonisation vergl. Vancsa a. a. O. I p. 133-159 und Grund, Die Veränderungen der Topographie im Wiener Wald und Wiener Becken. 1901 p. 56-61.

Das eroberte Land war Krongut. Karl der Große gestattete, um die Besiedelung zu fördern, Weltlichen und Geistlichen, es nach Gutdünken zu annektieren. Beide haben von dieser Erlaubnis in ausgedehntem Maße Gebrauch gemacht. Unsere Nachrichten über die Kolonisation sind sehr ungleichmäßig. Mehr als von weltlichen wissen wir von geistlichen Besitzungen. Passau, Salzburg, Regensburg und Freising erwarben allmählich mehr oder weniger ausgedehnte Ländereien. Ihnen traten die Klöster Niederaltaich, Herrieden, Mondsee, Kremsmünster und andere zur Seite; gegen Ende des Jahrhunderts, wie es scheint, auch Tegernsee, von dem vielleicht die Gründung des einzigen Klosters in der karolingischen Ostmark: St. Pölten ausgegangen ist.1)

Gegenüber der Landwirtschaft trat der Handel naturgemäß zurück. 805 war nach einem Capitulare Karls des Großen Lorch an der Enns der östlichste Handelsplatz.2) Streng untersagt war den Kaufleuten jegliche Waffeneinfuhr in die Ostmark. Ein königlicher Beamter hatte von Lorch aus den Donauhandel zu überwachen. Anders sah es schon im Beginn des 10. Jahrhunderts aus. Zwischen 903 und 905 wurde von dem Markgrafen Aribo ein Weistum über den Ostmarkenhandel aufgenommen : Die sog. Raffelstätter Zollordnung.3) Der Verkehr ging darnach auf und an der Donau. Die äußerste Zollstätte war Mautern. Man handelte mit den Slaven Böhmens und Mährens, ja sogar mit den Russen, wenn diese wirklich unter den „Rugi" zu verstehen sind.

Diese Zollordnung liefert den Beweis, daß die Verhältnisse in der Ostmark noch nicht ernstlich erschüttert waren, trotzdem bereits 900 ein neuer Feind seinen ersten verheerenden

1) Vergl. Vancsa a. a. O. I p. 143, 154; Huber a. a. O. I p. 90 nennt St. Pölten eine Gründung Tegernsees, ohne diese Behauptung weiter zu begründen.

2) M. G. Leg. II Capitularia I Nr. 44; vergl. Mühlbacher a. a. 0. p. 285 und Luschin von Ebengreuth in der ,,Geschichte der Stadt Wien" I p. 401. 3) M. G. Leg. II Capitularia II Nr. 253; Böh.-Mühlb. Reg. 2. Aufl. 2015a. Facsimile bei Luschin von Ebengreuth in der Geschichte der Stadt Wien" I p. 402, vergl. dort zur Interpretation p. 402-405. Vancsa a. a. O. I p. 157 Anm. 1 bezweifelt, daß mit den ,,Rugi" die Russen gemeint sind.

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Einfall gemacht hatte, die Ungarn. Sie waren den Hunnen und Awaren blutsverwandt. Wie diese führten sie ein unstetes Nomadenleben. 905 oder 906 erlag das Mährerreich ihrem wilden Ansturme. 907 schlugen sie das bairische Heer des Markgrafen Liutpold bis zur Vernichtung. Der Markgraf selber fiel. Die Ostmark mußte aufgegeben werden. Mühsam behauptete man die Ennsgrenze gegen die unaufhörlichen Angriffe der Magyaren.

Das deutsche Königtum war außerstande, ihnen zu wehren. Die Baiern griffen darum zur Selbsthilfe. In der Person Arnulfs, eines Sohnes des gefallenen Liutpolds, erstand ihnen der geeignete Führer, der sich entsprechend seiner Stellung bald den Herzogstitel beilegte. Er selber und seine Nachfolger Bertold und Heinrich kämpften glücklich. Der letzte ungarische Offensivstoß wurde durch Ottos I. großen Sieg auf dem Lechfelde (955) glücklich abgewehrt. Das Land bis zur Enns war damit den Deutschen für immer gesichert, und jenseits des Flusses konnte eine neue Besetzung der alten karolingischen Marken in die Wege geleitet werden.

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Ihre Verwaltung mußte neu geschaffen werden. Die karolingische war durch die Ungarn völlig vernichtet worden. Anders steht es mit der Besiedelung. Die Ungarn waren wie die Awaren in der Ostmark nicht seẞhaft geworden. Unter ihrer Herrschaft hatten die deutschen Großgrundbesitzer weltliche und geistliche ihre Rechte nach Kräften festgehalten. Manche Ländereien waren zweifelsohne tatsächlich behauptet worden. Für andere war das Eigentumsrecht wenigstens durch Urkunden bezeugt. Für alles suchte man jetzt, die königliche Bestätigung zu erlangen. So knüpfte denn die neue Besiedelung an die karolingische an.1) Aber sie war dichter und intensiver als die alte. Neben dem bairischem Elemente, das im 9. Jahrhundert die Kolonisation fast ausschließlich besorgt hatte, trat diesmal das fränkische sehr bedeutsam hervor. Über den weltlichen Besitz sind die Nachrichten wiederum sehr lückenhaft. Nur

1) Über die zweite Kolonisation vergl. wiederum neben Vancsa a. a. O. I p. 205-235 Grund a. a. O. p. 62-84.

von einem Geschlechte der alten Mark, den Aribonen, läßt sich mit Sicherheit nachweisen, daß sie die Ungarnzeit überstanden. Sie erlangten jetzt ausgedehnte Besitzungen im Norden der Donau; möglicherweise waren es die ehemaligen Güter des Markgrafen Aribo, die jetzt nur seinen Nachkommen zurückgestellt wurden. Sonst tauchen wohl Namen von weltlichen Großgrundbesitzern in ziemlicher Zahl auf. Aber über ihr Geschlecht und Herkommen lassen sich vielfach nur vage Vermutungen aufstellen. Besser steht es um den kirchlichen Besitz. Die Bistümer Freising, Salzburg und Passau bemühten sich mit Erfolg, ihre alten Besitzungen zu vermehren. Etwas bescheidener ist die Tätigkeit von Regensburg.. Am meisten gewann die Passauer Kirche. In ihre Hand kam St. Pölten, das 976 bereits wieder bestand.1) Ihr hervorragender Leiter Piligrim schreckte vor Fälschungen nicht zurück, um seine hochfliegenden Pläne zu verwirklichen. Sein letztes Ziel freilich, die Erhebung des Passauer Bistums zu einem selbstständigen Erzbistum, vermochte er nicht zu erreichen. Hinter den Bistümern treten die bairischen Klöster diesmal stark zurück. Nur Niederaltaich und Tegernsee waren kräftig genug, um an der neuen Kolonisation teilzunehmen.

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Politisch kam das neu eroberte Land zunächst an Baiern. Otto I. gründete vielleicht 960, jedenfalls vor 971 - zwei Marken: die kärntnerische und die Ostmark.2) Die letztere erhielt ein gewisser Burkhard, der möglicherweise Burggraf von Regensburg war. Unter ihm blieb die Ostmark in enger Verbindung mit Baiern. Das Band lockerte sich mit dem Jahre 976. Als Otto II. 976 den aufrührerischen Baiernherzog Heinrich endgiltig niederwarf und vorübergehend der Herrschaft entsetzte, scheint auch Burkhard mit in seinen

1) M. G. DO. II p. 151 Nr. 135, Stumpf 681; vergl. auch Hauck a. a. O. III 3. u. 4. Aufl. p. 161 Anm. 4.

2) Vancsa a. a. O. I p. 192. Burkhard wird zweimal urkundlich als Markgraf genannt, einmal für die Zeit Adalberts von Passau (945-971), dann 972, vergl. p. 192 Anm. 3. Die Kärntner Mark wird zuerst 970 genannt. Sie war in der Hand der Eppensteiner, Huber a. a. O. I p. 213-214. Der Name der Ostmark „Osterriche" findet sich zuerst 998, nicht 996 wie Vancsa a. a. O. I p. 199 will. [Vergl. Erben in der historischen Vierteljahrschrift Jahrgang X 1907 p. 400.]

Sturz verwickelt worden zu sein.1) Wenigstens hat seit 976 ein neues Geschlecht die Markgrafenwürde in der Ostmark: die Babenberger. Der erste babenbergische Markgraf Liutpold war vorher Graf im Donaugau. Wo seine Familie herstammt, ist nicht auszumachen. 976 hatte sie jedenfalls umfangreiche Güter im östlichen Franken.2)

Liutpold erwies sich seiner Stellung vollauf gewachsen. Als er 994 starb, war im Osten die Grenze bis zum Kampflusse und zum Wiener Walde vorgeschoben. Im Westen war dem Markgrafen der Traungau nicht wieder zugeteilt.3) Wohl aber erhielt er nördlich der Donau den Distrikt bis zum Haselgraben. Die Nordgrenze schwankte. Mit dem Fortschreiten der Rodungen im Nordwalde verschob sich auch die Grenze.

Um die Wende des Jahrhunderts begann die allmähliche Okkupierung des Landes bis zur March und Leitha. Es war keine leichte Aufgabe, die die Markgrafen damals zu lösen hatten. Im Süden der Donau sollten sie die Mark gegen die Ungarn, im Norden gegen einen neuen Gegner, die Polen, verteidigen. Aber das Werk gelang. Erst 1030, als die Polengefahr schon wieder geschwunden war, erfolgte ein vorübergehender Rückschlag. Es kam in diesem Jahre zum Kriege mit den Ungarn. Ein Feldzug Kaiser Konrads scheiterte völlig. Um den Frieden zu erlangen, mußten sich die Deutschen 1031 zu einer Landabtretung an der Ostgrenze nördlich und südlich der Donau verstehen. Erst Heinrich III. hat 1043 den Ungarnkönig Aba gezwungen, das Land bis zur March und Leitha zurückzugeben. Auffallenderweise übergab es nun der König nicht den Babenbergern, sondern gründete hier vielmehr eine neue Mark, über die er einen gewissen Siegfried, der möglicherweise aus dem Geschlechte Burghausen

1) Vancsa a. a. O. I p. 195; Huber a. a. O. I p. 139 hält auch für möglich, daß Burkhard einfach gestorben war.

2) Vanesa a. a. O. I p. 195-197, siehe auch Huber a. a. O. I 174. 3) Vergl. Vancsa a. a. O. I p. 236, Strnadt a. a. O. p. 41 ff. Die entgegengesetzte Behauptung von Huber a. a. O. I p. 175 und Anderen ist abzulehnen.

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