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Anzeigen und Mitteilungen.

Heinrich Schäfer, Pfarrkirche uud Stifte im deutschen Mittelalter. Stuttgart, Ferdinand Enke, 1903. (Kirchenrechtliche Abhandlungen, herausgegeben von Ulrich Stutz, Heft III).

Es ist nicht gewöhnlich, dass ein Buch so lange nach seinem Erscheinen angezeigt wird, und doch wäre ein solches Verfahen oft recht nützlich; denn man könnte dann gerade am Erfolg die Bedeutung des Werks viel leichter abschätzen. Jeder Kenner weiss, dass für diese erste Arbeit Schäfers ebenso wie für seine späteren Untersuchungen der Erfolg laut gesprochen hat. Schäfers Buch ist ein wichtiges Glied in der Kette von Forschungen, die uns allmählich zu einer ganz anderen Auffassung der früh-christlichen Kirchenverfassung bringen. Man kann sagen, dass seit der Auffindung der Jidagi jene ganze ältere Lehre in das Wanken gekommen ist, die im Grunde genommen von den kanonischen Quellen des Mittelalters aus mit recht knapper Benutzung der älteren Quellen der Frühzeit konstruierte.

Schifers Arbeit eröffnet uns vor allem eine tiefere Erkenntnis für die abendländische Organisation der Grosspfarreien auf dem Land, daneben auch für die Verhältnisse der Stiftskirchen, welche in bischöflichen Städten neben der Domkirche stehen; hier hat Schäfer später in seinem vortrefflichen Aufsatz in der Römischen Quartalschrift 19. II S. 25 ff. vieles noch weiter verfolgt. Was Schäfer vor allem geleistet hat, ist, dass er uns den Blick für die Selbständigkeit der ländlichen Grosspfarrei von der bischöflichen Kirche eröffnet; die jüngsten Untersuchungen von Pöschel (Bischofsgut und Mensa 1908), so sehr sie öfters in einen Gegensatz zu Schäfer treten, gehen doch von dieser Erkenntnis aus, und ebenso beruhen darauf meine Untersuchungen, die zunächst an die dragonischen Urkunden anschliessen (jetzt zusammenfassend Italienische Verfassungsgeschichte I S. 128). In Italien

ist es ganz deutlich, wie der Sprengel
einer solchen ländlichen Grosspfarrei
(plebs) mit den Distrikten des öffent-
lichen Rechts zusammenhängt und
die Kirche sehr häufig in einem
Castell oder Forum liegt (meine Ita-
lienische V.-G. II, S. 433 ff.). Der Vor-
stand einer solchen abendländischen
plebs nimmt dann im wesentlichen
keine andere Stellung ein als der
morgenländische χωρεπίσκοπος, dessen
Funktion wir jetzt durch die ausge-
zeichnete Arbeit von F. Gillmann,
Das Institut der Chorbischofe im
Orient, 1903, zum ersten Mal über-
sehen können; freilich ist dabei nicht
an den späteren orientalischen Chor-
bischof zu denken, dem das ganze
Landgebiet einer Diözese unterstellt
ist und der seinen Sitz in der Haupt-
stadt neben dem Diözesanbischof
aufschlägt (Gillmann S. 119 f.)
eine Form, die dann seit dem 8.
Jahrhundert auch im Westen aufge-
nommen wird (Hinschius II S. 164 ff.).
Aber der ursprüngliche χωρεπίσκοπος,
der für die einzelnen Unterabteilungen
der Diözese eingesetzt wird (Gillmann
S. 119), ist doch trotz des Wider-
spruchs Gillmanns (S. 50, 118) juris-
diktionell nichts anderes als der
Vorstand (Archipresbyter) der Gross-
pfarrei im Westen. Was der c. 8
des nicänischen Konzils über die Be-
handlung des zurückgetretenen nova-
tianischen Bischofs als χωρεπίσκοπος
bestimmt Gillmann S. 52), entspricht
genau dem, dass der auf dem Konzil
von Riez von 439 c. 3, 2-4 (Labbé
III. ecl. 1288 f.) abgesetzte Bischof
Armentarius eine plebs erhält und
nun offenbar - soweit allerdings im
Gegensatz zum orientalischen Recht

keine Ordination vollziehen kann. Es ist klar, dass sich daraus für das ursprüngliche Verhältnis von Episkopat und Presbyterat im Abendland sehr wichtige Folgen ergeben, denen hier aber nicht weiter nachgegangen werden kann. Schäfer, der mit Imbert de la Tour für das Abendland überhaupt erst die Bahn für die richtige Auffassung gebrochen hat, steckt dabei natürlich doch noch da und dort

in Nachwirkungen der alten Ansicht (auch S. 32), welche sich die Vereinigung aller Cleriker einer Diözese als das Ursprüngliche denkt; so wenn er Justinus apol. I. c. 67 das núvtow κατὰ πόλεις ἢ ἀγροὺς μενόντων auf eine einzige Versammlung bezieht, wovon der Text nichts sagt. Auch

würde man doch gern hören, ob nicht auch er tür die endgiltige Abscheidung und Begrenzung der einzelnen plebes an einen ausserkirchlichen, weltlichen Einfluss denkt (Anklänge S. 135 n. 3). Es ist ja ganz sicher, und gerade von Schäfer vortrefflich aus den Bonner Fragmenten (Neues Archiv XIII, S. 150 f.) nachgewiesen, dass längst vor der Karolingerzeit die einzelne plebs selbständig vermögensfähig war. Hängt das nun aber nicht damit zusammen, dass nach römischem Religionsrecht nicht nur die civitates, sondern auch die fora und castella selbständige Cultorte mit eigenem Tempelgut waren? Die Einziehung des heidnischen Tempelguts im 4. Jahrhundert und die sehr gewöhnliche Ueberweisung desselben an die Christen muss dann die christlichen Landgemeinden auf die weltlichen fora und castella radiziert haben, wie auch der Bischof in die Stellung des heidnischen pontifex eingetreten ist. Zu mehr als einer blossen Frage ist hier nicht der Ort.

Schäfer geht zunächst vom Pfarramt im allgemeinen aus. Dann bespricht er die Merkmale der Pfarrei; hier ist vielleicht nur ein Einwand gegen die Beziehung der Pfarrei zur Sepultur zu erheben. Gewiss ist es richtig, dass jede Pfarrei eine Sepultur hat, und dass später das Vorhandensein einer Sepultur für eine Pfarrei spricht; allein für die Frühzeit, wie sie namentlich aus den römischen Katakombenfunden, dann aus den dragonischen Urkunden für Cremona sich ergibt, sind mindestens in den Städten die Friedhof kirchen (martyria) noch nicht eigene Pfarreien. Am Ende des Abschnitts stellt der Verfasser in überaus eingehenden Erörterungen die Namen für den Träger des Pfarramtes zusammen; dass dabei die nordwestdeutschen Quellen weit überwiegen, ist kein Fehler, sondern weist nur darauf hin, dass auch die

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Untersuchungen auf dem Gebiet der Kirchenverfassung immer mehr landschaftlich geführt werden müssen.

Dann aber geht Schäfer zum Beweis dafür über, dass die Grosspfarreien von mehreren Klerikern besetzt waren und sich so zu den späteren Stiftskirchen entwickelt haben eine Beobachtung, welche die Bezeichnung archipresbyter für den Vorstand der Grosspfarrei längst hätte nahelegen sollen. Die mehreren Kleriker sind canonici. Schäfer gibt nun eine eingehende Untersuchung über den Ursprung dieses Wortes (S. 85 f.), und ich glaube, dass er sicher im Recht ist, wenn er für das Abendland canonicus als den nach den canonischen Regeln lebenden Geistlich interpretiert (S. 95 ff.), wie auch seine Deutung von matricularius vollkommen richtig ist; Pöschels (a. a. O. S.51 ff.) Ableitung aus dem Chorgesang ist m. E. vollständig verfehlt. Aber ich bezweifle, dass die von Schäfer gewonnene Deutung die ursprügliche ist; denn das ἐν τῷ κανόνι ἐξεταζόμε vo in c. 16 conc. Nicaenum heisst nicht geprüft im Canon" (das müsste Tov navóvα heissen), sondern „zum Canon gerechnet". Dann aber verstehe ich unter xavov doch den numerus clausus der Kleriker einer Kirche, der in Justinianischer Zeit so bestimmt hervortritt, und deute die spätere Auffassung von canonicus als eine sehr naheliegende Volksetymologie. Vielleicht, dass auch da und dort im Abendland der ursprüngliche Sinn durchscheint.

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Schäfer hat weiter die Art des Zusammenlebens geschildert; was er hier bietet, ist von höchster Wichtigkeit. Zum erstenmal ist hier von der falschen Lehre abgewichen, dass der Verband der Kanoniker eine Einrichtung sei, welche nicht aus der karolingischen Zeit stammt. Freilich betont Schäfer m. E. noch zu sehr die vita communis, während nach dem, was die ravennatischen, cremonesischen und veronesischen Verhältnisse an die Hand geben, das Ursprüngliche der Einnahme und Consumverband gewesen ist.

Sehr wertvoll ist, wenn es auch später, wie gesagt, noch vertieft wurde, das was Schäfer über die Stiftskirchen

in den Bischofsstädten bringt. Nur in einem Punkt möchte ich widersprechen. Gewiss hat er mit Recht die frühe vermögensrechtliche Selbständigkeit der Kölner Landkirche aus den Bonner Fragmenten gefolgert. Das steht aber dem nicht entgegen, dass fur die Kirchen der Hauptstdt anderes gegolten hat. Denn das zeigen die italienischen Verhältnisse noch lange, dass die Geistlichen aller Stadtkirchen zur bischöflichen Kirche gehören und nur zugleich - immer wieder in der Mehrzahl - auch bei den übrigen Stadtkirchen eingeteilt sein können (meine italienische V.-G. I, S. IX f.); auch die Regel des Chrodegang setzt nach m. M. diesen Zustand voraus. Dann ist doch die

Urkunde von 866 (Quellen Köln I. 2) nichts anderes als die Teilung der Einkünfte der bischöflichen Kirche unter die mehrerer Nebenkirchen der Stadt, ein Vorgang, der sich dann bis in das Ende des 10 Jahrhunderts fortsetzt (Qu. Köln I. 18) und auch die dem Bischof in dieser Römerstadt zustehende öffentliche Grundabgabe (V.-G. II S. 250 f., was ich vollkommen aufrecht erhalte) ergreift. Für die Regel betrachtet

im vollen Einklang mit dem italienischen und dem Metzer Material

Schäfer den custos als Pfarrer der städtischen Collegialkirche. Wenn dann doch davon verschiedene Pröpste als Leiter auch der städtischen Collegiatkirchen unterschieden werden, so wird nicht nur die Nachahmung der Domkapitel eingewirkt haben (S. 181), sondern es ist nach meiner Meinung für die Kölner Diözese auch das in Betracht zu ziehen, dass der Archidiakonat der Domkirche hier an die städtischen Collegiatkirchen verteilt wurde (S. 155).

Die vorstehende Anzeige hat nur einzelne Punkte aus dem Buch Schäfers hervorgehoben, die von allgemeinem Interesse sind. Ungewöhnlich viel wertvolle Detailforschung geht daneben her, die hier nicht berührt werden kann.

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den I. Teil der Metzer Bannrollen des 13. Jhdts., hrsg. von Karl Wichmann. Es wird erst möglich sein, ausführlich auf die umfangreiche Publikation einzugehen, wenn die ausstehenden Bände II-IV erschienen sind, die den Schluss des Textes, Inhaltsverzeichnisse und Karten bringen sollen. Der vorliegende I. Teil enthält den Text der Rollen von 1220-79 und dazu eine Einleitung, welche die Besonderheit des Stoffes klarstellt und die zum Abdruck gelangten Stücke genau beschreibt. Von Interesse ist der Vergleich mit dem Kölner Schreinsverfahren, das auch nach der Ansicht des Hrsg. die Anregung zur Anlage der Metzer Bannrollen gegeben hat, wenn auch die Ausführung in Metz sich in erheblichen Punkten von dem Kölner Vorbilde entfernte.

n.

Rehme, Paul, Über das älteste bremische Grundbuch (1438-1558) und seine Stellung im Liegenschaftsrecht. Mit einem Urkundenanhange (Stadtrechtsforschungen I). Halle a. d. S. 1908.

Der Verf. stellt, nachdem er die älteren Stadtbücher Bremens der Reihe nach charakterisiert hat, eingehende Erörterungen über das älteste bremische Grundbuch an, das bisher in der Literatur nicht behandelt worden war. In seiner sorgsamen systematischen Art stellt R. zunächst alle Ausserlichkeiten der Handschrift und der Buchführung fest. In einem weiteren Kapitel umgrenzt er den Kreis der Grundstücke, welche in den Bereich des Grundbuches fallen, sodann die Rechtsgeschäfte und die rechtlichen Formen der Auflassung, die Eintragung und Löschung im Grundbuche. In einem Anhang teilt er eine Anzahl Eintragungen mit, bei deren Auswahl juristische Erwägungen massgebend waren. Von besonderem Interesse sind bei den Ausführungen des Verf. über die Reallasten seine Mitteilungen über den sog. Königszins, der i. J. 966 vom Könige dem Erzbischof übertragen worden ist; er entspricht zweifellos dem Kölner Hofzins (vgl. diese Zeitschr. 25, 347/8). Keussen.

Friedrich Webner, Die Zunftkämpfe in Schweidnitz bis zum Ausgang des Mittelalters. Breslauer Dissertation. Breslau 1907. 143 Seiten. Schweidnitz ist eine Gründung im kolonialen Deutschland, deren Anfänge nicht über die ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts hinausreichen. Die landesherrliche Gunst schuf die Stadt vielleicht zu der nächst Breslau bedeutendsten Kommune in Schlesien, obwohl die Bedeutung von Liegnitz auch nicht gering anzuschlagen ist. Naturgemäss tauchen in den Kolonialstädten, deren rechtliche und wirtschaftliche Einrichtungen aus Altdeutschland übertragen wurden, auch die Kämpfe zwischen Patrizier und Zünften der Verfasser spricht in der Einleitung irreführend von einem Kampfe der Zünfte mit den Ministerialen und Kaufleuten auf. Während in Altdeutschland erst nach jahrhundertelanger wirtschaftlicher Entwicklung dieser Gegensatz zum Ausbruch kommt, regt er sich in den Städten des Ostens schon in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens. Die langwierigen, mit verschiedenem Erfolge geführten Zunftkämpfe schildert der Verfasser sehr eingehend bis zum Ausgang des Mittelalters. Anhangsweise gibt er ein umfangreiches Verzeichnis der Ratmannen von 1307 bis 1522. Die Darstellung ist stellenweise recht breit und mit zahlreichen Zitaten, auch solchen sehr einfacher Natur, versehen. Häufig ergeht sich der Verfasser in allgemein gehaltenen Reflexionen (vgl. z. B. die Gründe der Erhebung der Bäcker von 1311).

Der Verfasser scheint aus der Zahl der Zünfte auf die wirtschaftliche Bedeutung der Städte schliessen zu wollen (S. 27). Diese Annahme ist nur bedingt richtig und darf nicht zu Vergleichen einzelner Städte führen. Man wird doch Frankfurt, das im Jahre 1377 fünfzehn Zünfte aufwies, nicht in Parallele mit Schweidnitz, das 1374 sechsehn Korporationen hatte, stellen können. Ebenso wenig ist wohl ein Vergleich zwischen dem mächtigen Strassburg und Breslau, die 29 resp. 28 Zünfte aufwiesen, möglich. Verschiedenartige Momente kommen in Betracht, um hier das langsame, dort das schnelle Wachsen der Zahl der

Zünfte zu bewirken. Wenn Paris z. B. im 13. Jahrhundert bereits über 100 Zünfte aufweist, so ist hiermit die wirtschaftliche Überlegenheit gegen Köln, die mittelalterliche Grossstadt in Centraleuropa, das 1396 42 Zünfte aufweist (vgl. v. Loesch, Kölner Zunfturkunden, Einl. S. 45*. Webner gebraucht noch die alte Zahl 50), noch lange nicht dargetan. In Wien bestanden im Jahre 1405 112 Innungen (Gesch. d. St. Wien I S. 438), und doch stand Wien hinter Köln zurück (vgl. ebd. S. 444). Dazu kommt, dass es recht zweifelhaft ist, ob in Schweidnitz tatsächlich im Jahre 1337 elf und im Jahre 1374 sechzehn Zünfte bestanden haben. In den von Webner namhaft gamachten Urkunden jener Jahre werden unter den Zeugen eine Reihe von Handwerkern, von dem einen Gewerbe ein einzelner, von dem anderen mehrere, erwähnt. Zu bemerken ist, dass im Jahre 1374 zu den Vertretern der genannten Gewerbe „mit allir andir hantwerke willen" hinzugefügt wird.

Man müsste also annehmen, dass eine noch grössere Zahl von Gewerben zünftlerisch organisiert war. Tatsächlich können mehrere Gewerbe keine Zunft gebildet haben, so die Hakenmeister, die im Jahre 1374 als Zeugen auftreten. Nach der erhaltenen Bürgerliste gab es im Jahre 1471 nur 4 Ölschläger (Webner S. 51). Die Topfer, die in der Urkunde von 1337 erscheinen, nicht aber in der von 1374, sind im Jahre 1471 nur sechs Mann stark.

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Verfasser die 25 schlesischen Städte, die im Jahre 1361 den Schweidnitzer Schneidertag beschickten, mit ihren heutigen Namen bezeichnet hätte. Nicht jeder weiss, welche heutige Ortsnamen sich hinter Lemberg und Olsin verbergen (vgl. übrigens auch das mit allen Abkürzungen übernommene Zitat S. 89, ähnlich die Zitate S. 92 und S. 101, die allen Editionsgrundsätzen widersprechen). W. Tuckermann.

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lichen Forschungen, herausgegeb. von Gust. Schmoller u. Max Sering. Es ist dem Verfasser seiner Absicht gemäss gelungen, ein charakteristisches Bild dieses Kölner Exportgewerbes und seiner zünftigen Verfassung zu entwerfen. Zwar nicht lückenlos, denn das ist durch den Zustand der Ueberlieferung ausgeschlossen. Dafür hat der Verfasser getreulich alles, was auch nur von ferne zur Aufhellung seines Gegenstandes beitragen konnte, zusammengetragen und dazu in Beziehung gesetzt; im ersten Teil, für den die Quellen am spärlichsten flossen, geht er darin vielleicht nur etwas zu weit. Wertvoll wird das Buch namentlich durch die beständige Vergleichung der Kölner Zustände mit den gleichzeitigen Verhältnissen der andern Seidenplätze. Dadurch gewinnt das ganze Bild sein richtiges Relief, und es wird damit nun wirklich die wesentlichste Lücke in unserer bisherigen Kenntnis der Entwicklung der europäischen Seidenindustrie überhaupt ausgefüllt. Neben Zürich tritt das mittelalterliche Köln als weitaus der erste und wichtigste Seidenplatz in deutschen Landen. Am nächsten steht das Kölner Seidengewerbe dem noch bedeutenderen von Paris. Erst vom 16. Jahrhundert an tritt ihm die Konkurrenz der alten süddeutschen Städte Ulm, Augsburg, Nürnberg und der neuen Gründungen der Gegenreformation Frankenthal, Hanau und Friedrichsdorf bezw. Frankfurt zur Seite. Und erst die Not des Dreissigjährigen Krieges und bald darnach die freiere Konkurrenz von Crefeld, von Holland und der Schweiz legen die Kölner Seidenindustrie im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts fast völlig brach.

Das Buch zerlegt sich chronologisch in drei Teile: 1. Ursprung und Entwicklung des Seidengewerbes bis zu seiner zünftigen Organisation im Jahre 1437. 2. Die zünftige Blütezeit von 1437 bis 1506. 3. Der wechselvolle Kampf gegen die neue Konkurrenz des 16. und 17. Jahrhunderts, zuerst angeblich gegen die durch Beschwerung beim Färben gefälschte Seide der neuen Konkurrenten, in Wirklichkeit doch gegen die tech

nische und organisatorische Ueberlegenheit der neuen Betriebsweisen, insonderheit der gegenüber der Handspinnerei viel leistungsfähigeren Seidenmühlen, mit denen man sich in Köln ähnlich wie in Zürich in der Weise auseinandersetzte, dass man den Fremden mit ihren Neuerungen zwar Einlass gewährte, aber sie doch auch so rasch als möglich wieder durch die einheimische Unternehmung und Arbeit zu ersetzen und zu verdrängen suchte. Die Kölner Seidenweberei hat sich dann, ähnlich wie in Basel, immer mehr auf Passemente und Bänder beschränkt. Da wurde es ihr denn zum Verhängnis, dass der Rat von Köln um 1660, abweichend von seinem trüberen liberaleren Verhalten und abweichend vom Direktorium der Kaufmannschaft zu Basel und von den holländischen Seidenplätzen, dem damals aufkommenden 16 gängigen Bandstuhl den Zulass verwehrte. Seit 1670 trat, von Anfang ganz im Grossen betrieben, die Konkurrenz von Crefeld hinzu. Diesen mächtigen Gegnern war die zünftig eingeengte Band- und Bortenweberei von Köln nicht mehr gewachsen. Durch sechs Jahrhunderte fast, länger und vor allem in grösserer Bedeutung als in irgend einer andern deutschen Stadt, hat sich das Seidengewerbe in Köln zu halten vermocht, bis es diesen neuaufstrebenden Konkurrenten weichen musste. Lange Zeit hindurch war Köln „die Seidenstadt Deutschlands gewesen, bis ums Jahr 1700 war es „die rheinische Seidenstadt."" Basel. Goldschmidt Hans, Zentralbehörden und Beamtentum im Kurfürstentum Mainz vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. (Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte; hrsg. v. Georg v. Below, Heinrich Finke u. Friedrich Meinecke Heft 7). Berlin u. Leipzig: W. Rothschild 1908. XX, 209 S. 3 Tabellen. Einzelpreis 6 M. Subkriptionspreis 5,20 M. Seitdem die Erforschung der Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte als wichtige Bedingung für die Erkenntnis der neueren deutschen Staa

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Dr. Tr. Geering.

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