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Die Art und Weise, wie unter Zugrundelegung unserer oben entwickelten Prinzipien diese Erweiterung ausgeführt sein könnte, veranschaulicht wohl am einfachsten die nachfolgende Skizze, bei der die Form des Alatriner Tempels

als ursprüngliche Form des zu vergrössernden Heiligtums zu Grunde gelegt ist. Es kann und soll dabei natürlich nicht geleugnet werden, daß mit Rücksicht auf die andere oben angeführte Inschrift hinsichtlich dieser Bauarbeit, namentlich in Beziehung auf den vielleicht allgemeiner aufzufassenden Ausdruck fanum auch eine wesentlich andere Auffassung die richtige sein kann.

Ich komme zu dem dreizelligen Tempel. Wenn die Dreizahl in den Religionen und Culten aller Völker des Altertums als eine angesehene Fig. 6. und heilige hervortritt 1), so ist das bei den italischen Stämmen in hervorragendem Maaße der Fall und durch unzählige Thatsachen zu belegen. Es mag dies mit dem starren superstitiösen Formalismus zusammenhängen, dem die italischen Religionen unter etruskischem Einfluß frühzeitig anheimgefallen zu sein scheinen. Daß aber die heilige Geltung der Dreizahl bei den Etruskern und Italikern ganz und gar von den Griechen abzuleiten sei, ist angesichts der weiten Verbreitung derselben auch bei den Römern, Umbrern, Germanen 2) und ebenso bei den Indern und Persern 3) kaum glaublich; sie muß auf eine gemeinsame Wurzel zurückgehen. Es dürfte deshalb auch kaum geraten sein, die italischen Göttertriaden, namentlich die der capitolinischen Trias), durchaus auf griechischen Einfluß zurückführen zu wollen, und es ist eine unhaltbare Behauptung, daß auch bei den übrigen italischen

1) Vgl. Welcker, griech. Götterlehre I, 52-54.
2) Vgl. Diels, Sibyll. Blätter S. 40, 1; 40 f.

3) Kaegi, Die Neunzahl bei den Ostariern, Philolog. Abhandlungen Schweizer-Sidler gewidmet, Zürich 1891 S. 50 ff. hat die von Diels namentlich aus dem Bereiche des Totenkultes für die Westarier gegebenen reichen Nachweise ergänzt durch Belege aus der Litteratur der Inder und Iranier, und also das Gleiche auch für die Ostarier dargethan.

4) Jordan-Preller, röm. Myth. I, 65 Anm., Kuhfeldt, de capitoliis Romanis p. 79 ff. Aust in Roscher's Mythol. Lex. II, 721.

Kgl. Ges. d. Wiss. Nachrichten. Philolog.-histor. Klasse 1897. Hft. 2.

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Stämmen Dreigöttervereine nicht nachweisbar" seien, da die drei Martier der iguvinischen Tafeln 1), welche dadurch, daß an ihrem Cult keine Landfremden teil haben, wohl deutlich genug als die Staatsgötter bezeichnet sind, ein sicheres Beispiel für den umbrischen Stamm bieten. Auch für Praeneste läßt sich vielleicht in Fortuna primigenia, Iupiter puer und Iuno eine solche Trias nachweisen, wenigstens kann man die darauf bezügliche Cicerostelle ) am einfachsten durch die Annahme eines Dreizellentempels dieser Gottheiten erklären. Dazu kommen noch die Funde von Dreizellentempeln zu Marzabotto und Falerii, welche die Existenz solcher Dreigöttervereine, unabhängig von der römischen Trias, außer Frage stellen. Unter solchen Umständen glaube ich berechtigt zu sein, an dem italisch - etruskischen Ursprung der Göttertriaden festzuzuhalten. Damit würde es aber im Einklange stehen, wenn Vitruv den Dreizellentempel als den etruskischen Tempel κατ' ἐξοχήν betrachtet.

Es ist unzweifelhaft, daß diese Form des Tempels in Etrurien eine sehr häufige war, und ich kann der Erklärung, die Martha 3) dafür giebt nur zustimmen. Er sagt: Ces trois divinités résidant l'une à côté de l'autre au N.-E., dans trois régions contigues, devant avoir par conséquent des temples orientés à peu près dans le même sens et cela sur le point le plus élevé de la ville, c'est-à-dire dans un espace relativement restreint, on conçoit qu'au lieu de construire côte à côte trois temples distincts, on ait trouvé plus simple d'accoler trois cellas dans un seul et même ensemble architectural. L'art y gagnait en même temps, parce qu'au lieu d'avoir à faire de petites chapelles isolées et insignifiantes, les architectes avaient l'occasion de se déployer sur une plus grande surface et de donner à leur construction plus d'ampleur à la fois et de magnificence. Wir wissen jetzt ja auch, warum einzellige Tempel keine großen Bauten werden konnten, weil eben jene Regel über die Säulenstellung durch irgend welche religiöse Vorstellungen als eine unverrückbar gültige festgehalten wurde ').

Wenn man drei einzellige Tempel neben einander baut, von

1) Taf. VI B 57 ff. Bücheler, Umbrica S. 24.

2) Cic. de divin. II, 41. 85.

3) Martha, l'art étrusque S. 268.

4) Es läßt sich aus dieser Regel vielleicht auch schließen, daß die Zelle von der Vorhalle nicht durch volle Wände und eine kleinere Thür geschieden war, sondern daß die Thüren die ganze Fläche zwischen den Anten einnahmen. Derselben Ansicht ist auch Abeken (Mittelitalien S. 225), der sich dafür auf die Münz- und Reliefbilder des capitolinischen Tempels beruft.

Fig. 7.

denen jeder die beistehende Grundform (Fig. 7) von 2 Quadraten hat, so würde der gesammte Complex eine Grundfläche von der Länge von zwei und der Breite von drei Maaßeinheiten erhalten. Dabei blieb man aber nicht stehen, sondern gab dem Ganzen dadurch ein imposanteres Aussehen, daß man statt der einfachen eine doppelte Säulenreihe vorlegte, wodurch natürlich auch eine entsprechende Vertiefung der Zellen dem Halbierungsprincipe gemäß bedingt war. Halten wir vorläufig an dem Grundmaaße des Quadrates fest, so würde sich die Länge eines solchen Tempels auf vier, die Breite auf drei Längeneinheiten belaufen. Diese Form, von der nebenstehende Fig. 8 eine Vorstellung geben mag, würde als die Grundform des etruskischen Dreizellentempels bezeichnet werden dürfen. Es erhebt sich nun für uns die Frage, wie verhält sich zu diesem Schema der Vitruv'sche Tempel, wie verhalten sich dazu die Tempel von Marzabotto und Flo- @ renz, und wie verhalten sich ferner dazu der capitolinische und der große faliskische Tempel von Cività-Castellana. Fig. 8. Es ist klar, daß unsere obige schematische Grundform vielleicht nie praktisch verwendet worden ist, da schon aus aesthetischen Gründen eine andere Einteilung und Gliederung der Façade gefordert erschien. Dazu kommt, daß man der Zelle der in der Trias besonders hervortretenden Gottheit, welche selbstverständlich nur die mittlere sein konnte, auch in den Abmessungen ein gewisses Uebergewicht gegenüber den anderen zu geben geneigt sein mußte.

Man verbreiterte also diese Hauptzelle auf Kosten der beiden Seitenzellen, und zwar giebt Vitruv das Verhältnis, in dem die Zellenbreiten zu einander stehen sollen, als 4:3 an. Daß dieses Verhältnis ein obligatorisches, stets innegehaltenes gewesen sei, wird auch so schon niemand dem Vitruv geglaubt haben, und wird durch die Tempel von Marzabotto die andere Verhältnisse zeigen, direkt widerlegt; aber wir können aus der Vitruv'schen Regel eine allgemeinere Formel leicht ableiten. Vitruv giebt das Verhältnis der Länge zur Breite auf 12:10 an. Die Breite zerfällt in 3+4+3 10 Maaßeinheiten, d. h. Eckintercolumnium, Mittelintercolumnium, Eckintercolumnium, während die Länge sich einfach als das vierfache Eckintercolumnium darstellt.

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Diese Anordnung ist aber auch ganz naturgemäß. Sollte der Tempel von der Ecke aus gesehen nicht einen unharmonischen Eindruck machen, so mußten die drei Intercolumnien, die in

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intercolumnium, so gilt die Proportion:

a:b 4n: (22n + m).

=

Verhalten sich also beispielsweise die beiden Intercolumnien
sich die Gleichung ergeben
a: b = 4×4:(2×4+ 5)

wie 4:5, so würde

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Um das gleich hier vorweg zu nehmen, bevor ich an die Besprechung der einzelnen erhaltenen Bauwerke selbst gehe, so ist das Constructions princip des Dreizellentempels höherer Ordnung folgendermaßen zu entwickeln. Bei diesem ist die gemeinsame Vorhalle um eine dritte Säulenreihe vergrößert, die vorn und zu beiden Seiten hinzugefügt wird. Das Gesetz der Raumhalbierung zwischen antica and postica erfordert dann auch eine entsprechende Vergrößerung resp. Vertiefung des Zellraums. Den schematischen Grundriß eines solchen Tempels giebt Fig. 10.

In der Praxis ist dieses Schema natürlich wiederum verschiedenen Modificationen unterworfen. Zunächst wird auch hier die Mittelzelle gegenüber den anderen durch grössere Abmessungen hervorgehoben, und diese Aenderung erstreckt ihre Wirkung nach dem Säulengesetz bis auf die Gliederung der Façade. Sodann aber kann man den äußeren Säulengang hinsichtlich seiner Axweite einmal der Axweite der Mittelzelle oder aber derjenigen der Seitenzellen gleich machen, abgesehen von der natürlich denkbaren aber unwahrscheinlichen Möglichkeit, daß dieses dritte Intercolumnium zu den beiden anderen in einem andern (goldener Schnitt, Lamée 'sche Reihe) oder gar in keinem rationellem Verhältnisse stand. Die beiden vorhandenen Beispiele, der Tempel von Falerii und der capitolinische

Fig. 10.

Tempel, richten sich in der Axweite des äußersten Säulenumgangs nach der Mittelzelle. In diesem Falle hat natürlich das erste und damit auch das letzte Intercolumnium der Seitenfront dieselbe Axweite, während die anderen Seitenintercolumnien sich nach der

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