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men. Was sich in den neuspanischen Staatsanleihen 1870 ff. begiebt, ist eine, im Vergleiche zu der Masse der Englischen Kapitalanlagen geringfügige Erscheinung, welche davon entfernt ist, in die Breite der Wirklichkeit zu treten, vielmehr gleichsam abseit sich zeigt, wie um den Contrast zwischen diesem Einzelnen und dem Ganzen der heutigen Englischen Volkswirthschaft zu beleuchten.

Die Republiken Santo Domingo, Paraguay, Costa-Rica drängen sich in das Leben des heutigen England hinein, wie um daran zu erinnern, daß der Englische Staat vor 200 Jahren einmal ähnliche Finanzen und ähnliche Finanzpraktiken gekannt hat.

XIII.

Will man stärkere Ausschreitungen in der Gegenwart beobachten, so darf man sie nicht mehr in England suchen. Es ist bezeichnend, daß die Erlebnisse der Periode 1872 ff. auf dem Festlande weitaus die ärgerlicheren waren, und dieses wiederum in Wien 1).

Ein so hervorragender Volkswirth wie Schäffle ist es, welcher davon sagt:

Im Laufe des Jahres 1873 brach endlich das Strafgericht über ein Schwindeltreiben herein, wie es seit den Law'schen Orgien. der rue Quincampoix nicht erlebt worden war. Fünf Jahre lang, besonders aber im Jahre 1872 und noch im Beginne des Jahres 1873, hatte es geschienen, als ob die Bäume der Spekulation wirklich in den Himmel wachsen sollten. An fast allen großen Börsenplätzen hatte der Aktienschwindel einen seit Law nicht dagewesenen Umfang und Cynismus erreicht. Aber nirgends hat der tolle Tanz um das goldene Kalb mit solchem Schrecken ein Ende genommen wie in Wien".

„Auch überall sonst, sagt er an anderer Stelle, wüthet der Durst nach Gold, die Sucht nach arbeitslosem Reichthum. Der Oesterreicher ist hierin im Ganzen nicht schlimmer als Andere. Aber nirgends führte die Klasse, welche diesen Geist hauptsächlich beherbergt, so ausgeprägt die geldoligarchische Herrschaft über den ganzen Staat, nirgends hat das bewegliche Großkapital in solchem Grade und gegengewichtslos die politische Gewalt usurpirt, alle Schranken und Controlen gegen sich niedergerissen,

1) A. Schäffle, Der große Börsenkrach" des Jahres 1873. Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft, 1874, S. 1 ff.

und zu keiner Zeit war dem mehr so als in den Jahren 1868 bis 1873".

Es giebt nun, für die Kürze, in welche wir diese Erscheinung der Wiener Spekulationsperiode und ihres Kraches zusammenfassen müssen, keine zweckmäßigere Methode als die Wiedergabe der Curse der hauptsächlichen Spekulationspapiere.

Die Aktien der Oesterreichischen Creditanstalt standen am 1. März 1872 (auf der Höhe der Spekulation)

220 %; am 2. Januar 1873: 207 %

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Die Actien der Anglo-Oesterreichischen Bank waren von 310 % am 1. März 1872 auf 125 % am 13. October 1873 gesunken.

Weit greller zeigt sich der Verlauf bei dem Hauptgegenstande der Ueberspekulation jener Jahre, den Bau - Banken. Die Aktien der Allgem. Oesterreich. Baugesellschaft sinken (18. Febr. bis 13. October) von 294 auf 39; die Actien der Allgemeinen Wiener Bau - Actiengesellschaft in derselben Frist von 293 auf 181⁄2. Und hiezu noch einige Worte.

Für den ruhigen Betrachter ist gleichwol der Abstand ein großer ), zwischen dem was zu Paris 1720 geschehn und dem was in Wien 1872-73 sich ereignet und sein Ende mit Schrecken gefunden hat.

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1) Es giebt, gerade in geschäftskundigen Kreisen, einen Pessimismus, wie er sich im Gefolge der Krisis von 1873 u. a. vor der preußischen UntersuchungsCommission über das Eisenbahn - Concessionswesen aus dem Munde eines namhaften Sachverständigen vernehmen ließ in den Worten „,Sie können dem börsenlustigen Manne, und nicht blos dem Kaufmann sondern dem Portier, Actien bringen, auf denen geschrieben steht: Es ist nicht 100 Thaler dafür bezahlt, es ist blos ein Bund Stroh dafür gegeben aber Sie machen ihm Hoffnung, morgen werden sie 110 stehn, so nimmt er sie; und andrerseits bringen Sie ihm eine Aktie, deren eingezahlter Werth 150 ist, aber morgen werde sie wahrscheinlich 149 stehn, so nimmt er sie nicht" einen Pessimismus der um so trübseliger ist, wenn er sich darin gefällt, mit leeren Händen vor solcher Unabänderlichkeit der menschlichen Thorheiten und Leidenschaften zu stehen das ist in letzter Instanz eine Gemüthsstimmung und Weltansicht, gegen welche es schwer ist, mit historischen Thatsachen zwingende Beweise zu führen. Will jemand behaupten, die Schwindelperiode Law's sei 1873 wiedergekehrt und könne jeden Augenblick und allenthalben sich wiederholen, so werden ihm die oben versuchten Beweise nicht genügen. Wer aber diese historischen Thatsachen im Zusammenhange mit der gesammten Entwicklung der Gesellschaft und der Staaten sieht, wer den unzweifelhaft großen Culturfortschritt Englands seit 200 Jahren erkennt, wer die Abstände betont, in denen sich die heutige Cultur andrer Völker und Volkswirthschaften dazu befindet, der wird anders urteilen.

Es ist ferner erheblich, daß es in Wien zu dieser Höhe gelangt ist, die es anerkanntermaaßen in Berlin nicht erreicht hat, und wogegen vollends alles was zur selben Zeit in London erlebt worden ist, abermals die Signatur einer gereifteren, gesitteteren Volkswirthschaft bedeutet.

Wir reden hier nicht von den Erscheinungen die sich zunächst noch als chronische aber verhältnißmäßig geringfügige anhängen an die heutigen Kapitalmärkte, an deren Werthpapierhandel u. s. w., wie etwa den neuesten Spekulationen in Goldbergwerksantheilen 1), die zumal in London gestiegen und gefallen sind. Wir reden von jenen gewaltsamen Uebertreibungen und Katastrophen und in denen ist der Fortschritt unverkennbar, Hand in Hand mit den Fortschritten des Staats, der Gesellschaft und der Volkswirthschaft.

Man hat den vergeblichen Versuch gemacht, eine Periodicität der Krisen zu behaupten; man hat ihre Wiederkehr gar mit gewissen kosmischen Erscheinungen in Zusammenhang bringen wollen. Eine große Verirrung. In der fortschreitenden Vernunft, in der fortschreitenden wirthschaftlichen Cultur, und zwar in erster Reihe der Handeltreibenden selber, liegt die Norm für Wiederkehr und Art der Krisen.

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1) Die Auffindung von Goldlagern in Südafrika seit dem Jahre 1885 hat mit der wachsenden Größe der dortigen Goldproduktion auch die Spekulation in Aktien von Goldminengesellschaften angefacht. Ihr Mittelpunkt war und ist London. Eine solche neue Entdeckung mit ihrem Gefolge in der Spekulation und in den daraus gezogenen Gewinnen (,,boom" in Amerika und England genannt dem Deutschen,,Bum" dem Tone der Bombe) wird stets zu Uebertreibungen veranlassen, welche dann ihren Gipfelpunkt erreichen und eine Reaktion hervorrufen. Dieser Fall ist bei den Südafrikanischen Goldminenantheilen längst eingetreten. Man hat berechnet, daß der Marktwerth der Aktien von 146 Goldminengesellschaften und etwa 40 Goldminentrusts am 1. October 1895: 5095 Millionen Mark betragen hat, dagegen 28. Februar 1897 nur 1960 Millionen Mark, also ein Rückgang binnen kaum anderthalb Jahren im Verhältnisse von 5 zu 2.

Daß es sich nur um eine Uebertreibung der Spekulation (d. h. der Erwartung des zukünftigen Gewinnes) auf der Grundlage einer prosperirenden und dauernden Produktion handelt, beweist die Thatsache, daß die Goldproduktion in Südafrika nicht blos von 1892-95 stark gestiegen ist (von 1,210,903 Unzen auf 2,277,635 Unzen) sondern sich auch im Jahre 1896, im Jahre des Curssturzes, auf der Höhe von 1895 behauptet hat (nämlich 2,275,428 Unzen) und im Jahre 1897 sich neuerdings stark gehoben hat (erste 5 Monate: 1,136,902 ; d. h. bei gleicher Ausbeute für den Rest des Jahres 2,728,560 Unzen).

Simonides der Epigrammatiker.

Von

Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff,
auswärtigem Mitgliede der Gesellschaft.

Vorgelegt am 7. September 1897.

Das eben erscheinende Heft der Athenischen Mitteilungen (S. 52) bringt Gewißheit über einen merkwürdigen Fund, von dem man bisher nur unbestimmtes gehört hatte. St. Dragumis, der Finder, Retter und Herausgeber des Steines hat zwar die Hauptsache getan, indem er das Bruchstück richtig las und einordnete, aber er hat die litterargeschichtlichen Consequenzen nicht gezogen und sogar vor denen gewarnt, die da kommen würden und das Zeugnis des Steines wider die Vulgata verwenden, die ihm von Theodor Preger (Inscript. metr. ex script. coll. 4 ffg.) verständig beurteilt zu sein scheint. Eben deshalb lege ich die ganz unabweislichen Schlußfolgerungen sofort vor und hoffe selbst Dragumis davon zu überzeugen, daß sein Fund viel höheren Wert hat, als er ihn selbst geschätzt hat. Pregers Buch hat sich bei meiner Prüfung noch weniger bewährt als bei der Kaibels (Gött. Gel. Anz. 1892, 89), auch abgesehen von der Urteilslosigkeit des Verfassers. Der Stein, auf dem Dragumis das Gedicht gefunden hat, das bei Bergk Poet. Lyr. als Nummer 96 und in der eben erscheinenden Anthologia Lyrica von Crusius als Nummer 81 des Simonides unbeanstandet geführt wird, ist in der Nekropolis der Stadt Salamis gefunden, wo er nach dem Zeugnisse Plutarchs (de malignitate Herodoti 39) gestanden hat. Die Inschrift ist korinthisch in der Sprache und der Schrift, und die Schriftformen passen vorzüglich für die Zeit unmittelbar nach der Schlacht bei Salamis 1).

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1) Sie hat das dreistrichige Iota aufgegeben, aber die alte Form des E und das Qoppa bewahrt, ist also älter als das olympische Epigramm 253 auf die Schlacht bei Tanagra.

Es steht also außer Frage, daß wir den Grabstein im Originale besitzen, den die Korinther ihren Gefallenen auf der Insel errichtet haben, nach der der Sieg hieß, wie natürlich, bald nach 480; seit 460 trennte sie von Athen der bitterste Haß. Damals entstand auf athenischer Seite die Verläumdung, daß die Korinther unter Führung ihres Feldherrn Adeimantos geflohen und gar nicht in das Treffen gekommen wären. Herodotos, der sie mitteilt, misbilligt sie; Plutarch widerlegt sie unter anderm mit diesem Gedichte; jetzt ist sie längst durchschaut, und das unwiderlegliche Zeugnis des originalen Grabsteines lehrt uns in sofern nichts

neues.

Wie der Augenschein auf Tafel IX zeigt, hat auf dem Steine niemals mehr gestanden als dieses Distichon in dieser Form: ὦ ξένε, εὔυδρον ποκ' ἐναίομες ἄστυ (ορίνθο· νῦν δ ̓ ἁμὲ Αἴα]ντος [νᾶσος ἔχει Σαλαμίς *).

Das reicht nicht; wir verlangen daneben das Verzeichnis der Gefallenen, das so wenig wie auf den Denkmälern des attischen Friedhofes gefehlt haben wird; gilt doch der ganze Cult der ärdoez àyavoi der Erhaltung ihres persönlichen Gedächtnisses, so daß in Sparta nur diese Classe von Toten den Namen auf das Grab gesetzt erhält. Die Namen werden auf anderen Platten um das Polyandrion gestanden haben. Umgekehrt haben wir z. B. von dem Polyandrion der 424 bei Delion gefallenen Thespier nur die Namen ohne die allgemeine Dedicationsinschrift des Grabes (Inscript. Gr. septentr. I 1888). Aber das Gedicht als solches ist fertig mit der Erklärung 'wir sind Korinther und liegen auf Salamis'. Daß kein Wort des Selbst ruhmes dabei steht, keines, das die Gelegenheit näher bezeichnete, bei der diese Korinther hier gefallen waren, ist die echte Bescheidenheit der großen Zeit; oder sollen wir sagen, ihr Stolz, so war auch dieser Stolz ein echter: auch die späte

1) Da das hybride (offene) O des Genetivs mit einem Zeichen geschrieben ist (sehr auffällig in Korinth), so ist das gleiche für give anzunehmen. Die Elision war unbezeichnet; so erklärt sich, daß die antike Abschrift rɛ gegeben hat, wie überall außer in der besten Handschrift des Dio überliefert ist. Gott weiß mit welchem metrischen Aberglauben sich die Herausgeber über den Hiatus hinweggetäuscht haben. Davon kann natürlich keine Rede sein. Aber auch give, wie Kaibel hat schreiben wollen, ist nicht glaublich, da čorv seinen Anlaut verloren hat und Eɛvonlis auf einer korinthischen Vase, 3155 im Göttinger Corpus, geschrieben ist. Der Pentameter war nicht eingerückt, duè voll ausgeschrieben. Hergestellt ist der Anfang von Valckenaer, überliefert bei Dio δέ μετ' Αιάντος, bei Plutarch &vάuatos. Wer jetzt noch aus schreibt, macht einen Sprachfehler. Der erste Buchstabe von Zalauís scheint auf der Photographie kenntlich.

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