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verbliebenen Reichskleinodien hinzu gesellt. Diese waren: ein Säbel Karls des Großen, den der neugekrönte Kaiser zum Ritterschlag verwendete, ein in Karls Grabe gefundenes Evangelienbuch, darauf der Kaiser den Krönungseid ablegte, und eine Kapsel mit dem Blute des heiligen Stephan 1). Diese Kleinodien zu überbringen wurde Aachen ebenso wie Nürnberg bei jeder Krönung durch kurfürstliches Collegialschreiben entboten 2). Das Zusammentreffen der beiden reichsstädtischen Abordnungen gab bei jeder Krönung den Aachenern Gelegenheit, ihre altgewöhnliche Protestation aufs neue insinuiren zu lassen" und den Nürnbergern sie entschieden zurückzuweisen 3).

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Eine Gegnerschaft anderer Art erwuchs Nürnberg von der katholischen Kirche her. Die Geistlichen der Nachbarschaft fingen unter den günstigen Verhältnissen, die der dreißigjährige Krieg bot, an, sich um die Nürnberger Insignien und Reliquien zu bekümmern und an die Clausel der Bulle Martins V. zu erinnern, die das Recht der Aufbewahrung von dem Verbleiben Nürnbergs bei der fides catholica abhängig machte'). Der erste, der die Feder ergriff, der Jesuit Gretser in Ingolstadt beschäftigte sich noch überwiegend mit der gelehrt-historischen Seite der Sache und verweilte mit Vorliebe bei Untersuchungen über die heilige Lanze und ihre Schicksale 5). Direct auf das Ziel geht der Bamberger Weihbischof Friedrich Forner (Förner) los, der unter dem Pseudonym Christian Erdmann zwei Schriften in den J. 1619 und 1620 wider Nürnberg richtete ), deren Tendenz in den Worten gipfelt: Luthero-Calviniana lues... omnia radicitus exstirpavit; o funestam catastrophen a nemine nisi a te Ferdinande imperator potentissime ad meliorem statum revocandum ! Zur Vertheidigung der Stadt

1) Beschreibung der Stücke bei Murr, Beschreibung (1801) S. 319 ff. Bock, Kleinodien, Anhang S. 53. Haagen, Gesch. Achens II (1874) S. 695. Der Säbel soll nach Bock orientalische Arbeit sein und aus der Zeit Karls des Großen stammen.

2) Auch von den Aachener Abgesandten sind Berichte ähnlicher Art (wie von den Nürnbergern, oben S. 81 A. 6) abgefaßt. Vgl. nächste Anm. und das Aachener Seitenstück zu Ebners Bericht von 1742 bei Haagen, Gesch. Achens S. 660-691.

3) Tagebuch über die Fahrt der Aachener Gesandtschaft nach Augsburg 1690 in den Annalen des histor. V. für d. Niederrhein 18 (1867) S. 25 ff. Der notarielle Protest das. S. 73. Ueber 1742 Uhde a. a. O. S. 142 ff.

4) Oben S. 71.

5) Sein syntagma de insignibus imperii (Ingolst. 1618) ist wiederabgedruckt in dem Anhang zu der cit. Schrift Ludewigs S. 61-111.

6) Relatio historico-paraenetica de sacrosanctis imperii reliquiis und Norimberga in flore.

traten ein Historiker und ein Jurist auf. Jener der bekannte Rathsschreiber Johann Müllner 1), der an eine sehr verständige, aus den Akten des Nürnberger Archivs geschöpfte Relation über die Verpflanzung der Reichskleinodien nach Nürnberg einen polemischen Theil knüpft), der im Styl des Zeitalters den von „mönchischen Scribenten im finstern Papstthum genährten Wahn" von dem Alter und der Heiligkeit der Insignien und insbesondere der Reliquien bekämpft und der päpstlichen Bulle kurz und gut das neue Recht entgegenstellt: den rechten Brauch der Reichsinsignien hat der Nürnberger Rath „von Zeit ausgemusterten Papstthums" (an) zur Zufriedenheit der römischen Kaiser und Könige allemal erfüllt, den Mißbrauch hat er als ein gottesfürchtiger Magistrat billig abgeschafft3). Der Nürnberger Rechtsgelehrte, Dr. Leonhard Wurfbain, der um seiner genealogischen Arbeiten willen einen gewissen Ruf genoß, hat auf Wunsch der Losunger 1640 seine Bedenken zu Papier gebracht'). Sie sind recht dürftig ausgefallen, bringen einige Zweifel gegen das Alter der Insignien vor und laufen eigentlich darauf hinaus, da die Anwesenheit der Heiligthümer dem K. Sigmund so wenig wie seinen Vorgängern zum Siege wider ihre Feinde verholfen, so habe er die Insignien auf ewige Zeiten zur Aufbewahrung nach Nürnberg geschickt.

Nach Beendigung der staatsrechtlichen Streitigkeiten um das Recht an den Insignien wandte sich das Interesse ihrer Geschichte und Beschreibung zu. Man beschäftigte sich damit, die historischen Zeugnisse über die Reichsinsignien aus den Geschichtschreibern und Urkunden des Mittelalters zu sammeln, die Beschaffenheit der einzelnen Kleinodien zu untersuchen, ihre Inschriften zu enträthseln und den ganzen Schatz oder seine wichtigsten Bestandtheile durch Abbildungen der Kenntniß des Publicums zugänglich zu machen. Wie erklärlich waren es besonders Nürnberger, die den Alterthümern ihrer Vaterstadt ihren Fleiß zuwandten. Der Litterarhistoriker und Numismatiker Will gab genaue Verzeichnisse der Urkunden, Münzen, Schriften, die sich auf die Nürnberger Reichsheiligthümer und Kleinodien beziehen, und eingehende Beschreibungen der einzelnen Stücke"). Der Pfarrer Joh. Paul

1) Ueber ihn Hegel in StChron. 1 S. XXXV, Allg. deutsche Biogr. XXII 704 (Mummenhoff).

2) Die nach 1629 verfaßte Relation ist abgedruckt hinter Roeder, codex histor. (unten S. 85) S. 401-520.

3) Das. S. 460.

4) Hinter Müllners Relation (vor. Anm.) abgedruckt S. 521-528.

5) Nürnberg. Münzbelustigungen I (1764) St. 12-14, 17ff. Bibliotheca No

Roeder († 1766) stellte in dem Codex historicus testimoniorum de fatis klinodiorum augustalium die Zeugnisse für die Krönungen und das Vorkommen der Insignien nach der Reihenfolge der Kaiser zusammen 1). Der Losunger Hieronymus Wilhelm Ebner von Eschenbach, der an der Krönungsfahrt des J. 1711 als Kroncavalier, an der von 17422) als erster Krongesandter theilgenommen, hat sich lange Zeit mit der Herausgabe eines größeren Werks über die Insignien getragen und Abbildungen der wichtigsten Stücke durch den Kupferstecher Delsenbach († 1765) ausführen lassen, ist aber vor der Vollendung gestorben († 1752). Aus den Materialien seines Werkes ist der erwähnte Codex Roeders hervor. gegangen. Ebner war auch der erste, den die Nachbildungen sicilisch-arabischer Inschriften auf den Gedanken brachten, in den Stickereien des sg. Pluviale Karls des Großen stecke mehr als bloße Arabesken. Die von ihm veranlaßte Abzeichnung übersandte er dem Professor Johann Heinr. Schulze in Altorf, der Ebners Muthmaßung bestätigend, in der Mittheilung arabisch - kufische Schriftzüge erkannte3). An der sprachlichen Deutung haben sich verschiedene Gelehrte betheiligt, zuletzt noch in unserm Jahrhundert der Petersburger Akademiker Fraehn'); das Verdienst, das historisch Wichtige der Inschrift richtig erkannt zu haben, gebührt dem Orientalisten Oluf Gerhard Tychsen in Bützow 5), der 1780 die Entstehungszeit und zugleich auch den geschichtlichen Zusammenhang ermittelte, der die in Sicilien entstandenen Gewänder in den Krönungsschatz der deutschen Könige führte. Tychsen war zu seiner Untersuchung durch Christoph Gottlieb von Murr veranlaßt, den neben seinem Interesse für alles die Geschichte der Vaterstadt Angehende der Sinn für Kunst und

rica I (1772) S. 210-227. Will beschäftigt sich in St. 13 mit dem Nürnberger Klippenschilling, einer Marke von Silberblech, deren jeder bedurfte, um zur Weisung der Heiligthümer zugelassen zu werden. Der Name ist unbeachtet geblieben. Darf man ihn zusammenstellen mit Ausdrücken, die alle auf etwas einzelnes, kleines, verhältnißmäßig werthloses hindeuten, wie Klippkram, Klippschuld (Klipperschuld), Klippschule (vgl. Grimm Wb. V 1207), Klipphafen (= Winkelhafen, Koppmann Hans. Gesch.-Bl. 1885 S. 105)?

1) Herausgegeben von Chr. G. v. Murr 1789. Ueber den Vf. vgl. A.D.B. XXIX, 18 (Mummenhoff). Von den Anhängen des Buchs ob. S. 84.

2) oben S. 81 A. 6.

3) Murr, Journal XV 250ff. Ueber Schulze vgl. ADB. XXXIII, 4.

4) C. M. Fraehn, variae inscriptiones arabicae in den Mémoires de l'acad.

imper. des sciences de St. Petersbourg t. VIII (1822) p. 531 ff.

5) A. Th. Hartmann, O. G. Tychsen II 2 (1820) S. 128-139. Murr a. a. O, S. 238ff.

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F. Frensdorff, zur Geschichte der deutschen Reichsinsignien. Sprachen zu einer eingehenden Beschäftigung mit den Reichsinsignien führte 1). Sechszehn Jahre hat er nach seiner Angabe dem Gegenstande gewidmet und theils durch eigene Arbeiten, theils durch die Herausgabe fremder sich um die Förderung der geschichtlichen Erkenntniß verdient gemacht 2).

Hatte auch der Schatz der Insignien, soweit er aus Reliquien bestand, sein öffentliches Ansehn größtentheils verloren, so gehörte doch der den Krönungsornat bildende Bestandtheil zu den Sehenswürdigkeiten und Anziehungspunkten der Stadt Nürnberg. Als Friedrich der Große auf jener durch seinen Fluchtversuch verhängnißvollen Reise am 21. Juli 1730 mit seinem Vater Nürnberg besuchte 3), probirte er die Klinge am Schwerte Karls des Großen). Als sich 1796 der französische Feldherr Jourdan den fränkischen Gegenden näherte, traute man ihm zu, es bei seinem Marsche nicht zum wenigsten auf jene Schätze abgesehen zu haben. Damals flüchtete man sie zunächst nach Regensburg. Von da sind sie dann auf Umwegen nach Wien gelangt 5), wo sie die Hof- und Schatzkammer der Burg aufbewahrt. Als 1824 die Stadt Nürnberg an den Kaiser Franz das Begehren richtete, die Insignien zurückzuerhalten, soll ihr geantwortet sein, eine Reichsstadt Nürnberg, der das Aufbewahrungsrecht zustehe, existire nicht mehr 6). Allerdings existirte ebenso wenig mehr ein römischer Kaiser.

1) Ueber Murr vgl. ADB. XXIII S. 76 (Mummenhoff) und Hegel in StChron. 1 S. XXXIX.

2) Außer in den verschiedenen Bänden seines Journals, namentlich Bd. 12, 15 und 16, hat Murr die Insignien ausführlich behandelt in der Beschreibung der vornehmsten Merkwürdigkeiten Nürnbergs (2. Ausg. 1801) S. 187-324.

3) Koser, Friedrich der Große als Kronprinz (1886) S. 44.
4) v. Murr, Beschreibung S. 269.

5) Auch die Aachener Kleinodien sind 1798 auf Wunsch K. Franz nach Wien gebracht. Haagen II 695. Ueber die dabei angewandten Mittel Winckler S. 43. 6) Graf Stillfried, Attribute des neuen deutschen Reichs (Berl. 1874) S. 13.

Die Sage von Rayasriga.

Von

Heinrich Lüders.

Vorgelegt von F. Kielhorn in der Sitzung vom 6. Februar 1897.

Die Person des Rsyasṛnga') gehört dem Sagenkreise des Rāma an. Er ist der Gatte der Santa, einer leiblichen Tochter des Dasaratha, die von Lomapada Dasaratha adoptiert war, und er ist der Rși, der für seinen königlichen Schwiegervater die putriya işți darbringt. Sein Name begegnet uns schon in der vedischen Literatur. Nach dem Jaiminiya - Upanisad - Brāhmaṇa (III, 40) wurde das unsterbliche Gayatrasāman von Indra dem Kasyapa, von diesem dem Ṛśyaśṛnga Kāśyapa, von diesem dem Devataras Syavasayana Kāśyapa überliefert. Im Vaṁśabrāhmaṇa (2) ist Ṛṣyaśṛnga Kāśyapa der Sohn und Schüler des Kasyapa und der Vater und Lehrer des Vibhandaka. Mit Sicherheit können wir Rsyasṛnga auch wohl mit dem Ṛśya identificieren, der im Araṇyakagāna des Arṣeyabrāhmaṇa (Kauthumaśākhā III, 6, 10; Jaiminīyaś. I, 9, 2) erwähnt wird 2). Trotz Verschiedenheiten im einzelnen, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann, stimmen die genannten beiden Lehrerlisten darin überein, daß sie den Rṣyaśṛnga einen Nachkommen des Kasyapa nennen. Das gleiche ist in der nichtvedischen Literatur der Fall: nach dem Mahābhārata, Rāmāyaṇa, Padmapurāņa und Skandapurāņa ist Ṛṣyaśṛnga der Sohn des

1) Ich schreibe im allgemeinen den Namen mit lingualem Zischlaut, da dies in der klassischen Literatur die allgemein anerkannte Form ist. Die ältere Form mit dem palatalen & findet sich, soweit ich sehe, im Jaim. Up. Brahm., im Arṣeyabrāhmaṇa (Ṛsya), in der Bombay Ausgabe des Mbh. und neben der jüngeren Form im Vamsabrähm.

2) Ein anderer Rsya ist der Sohn des Devätithi; Bhag. Pur. IX, 22, 11,

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