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sischen Partei zu Bern. Die sollte einerseits den Kaiser begrüssen, anderseits versuchen, einen Frieden mit demselben als dem Oberhaupte des Hauses Habsburg abzuschliessen. Wenn letzteres nun zwar nicht gelang, so war doch der Empfang, der den Gesandten seitens des Kaisers zu Teil wurde, ein ausserordentlich freundlicher, und das fiel bei der sonst geradezu unversöhnlichen Gesinnung Friedrichs gegenüber den Eidgenossen doppelt auf: der Kaiser stand bei dem Eintritt der Gesandten auf, ging ihnen entgegen und reichte einem jeden freundlich die Hand. Hagenbach musste bei seiner ausgeprägt feindseligen Haltung wider die Eidgenossen besonders unangenehm dadurch berührt werden, zumal gerade der Hauptgegner Burgunds das Haupt der Gesandtschaft war. Noch mehr aber als Hagenbach hatte den Sundgauer Adel, diesen Todfeind der Eidgenossen, das freundschaftliche Entgegenkommen des Kaisers verdrossen, und ein angesehenes Mitglied desselben, Christof von Rechberg, Pfandbesitzer der Herrschaft Pfirt, machte seinem Unmute Luft und sagte: Hei, wie ist der Kaiser den Buben entgegen gegangen.

Bei einer zufälligen Begegnung stiessen dann die Geister aufeinander. Hagenbach kam gerade von einer Audienz beim Kaiser, als ihm der Bürgermeister und Stadtschreiber von Mülhausen, denen die eidgenössischen Gesandten zur Seite standen, entgegenkamen; sie wollten ihn um Verlängerung der Frist für die Zahlung ihrer Zinsen und Schulden bitten. Beim Anblick der Eidgenossen brach der Zorn des hitzigen Mannes los: sie allein trugen ja Schuld, dass Mülhausen nicht schon längst eine Stadt seines Herrn war. Nicht nur schlug er alles ab, sondern er erklärte, dass er jetzt den Gläubigern der Stadt erlauben würde, alle Rechtsmittel wider sie zu gebrauchen trotz und ungeachtet ihrer Verbündeten, der Eidgenossen. Und dann wandte er sich wider die Eidgenossen: „der Kaiser wäre gegen sie aufgestanden und hätte ihnen die Hand geboten; er hätte einen Herrn, wäre ein Fürst und nicht ein römischer Kaiser, aber sie sollten von dem wohl solcher Ehre vertragen werden. So redete er auch sonst allerlei Worte, zu Zeiten in Gütigkeit, zu Zeiten scharf und gestochen. Doch haben die Eidgenossen ihm glimpfliche Antwort gegeben: hätte der Kaiser ihnen Ehre gethan, stünde ihnen zu verdienen.“

Während dieses Wortwechsels teilte jemand den Eid

genossen die Äusserung des von Rechberg mit. Da sagte Herr Nikolaus von Diessbach: „Herr Landvogt, die Euren nennen uns Buben; das sind wir nicht und wollen auch von den Euren nicht so genannt werden. Heisset ihnen, dass sie sich von solchen Schmähworten enthalten, denn wir leiden es nicht." Anstatt die beleidigten Gesandten zu begütigen, goss Hagenbach nur Öl ins Feuer. Er fuhr sie mit heftigen Worten an: „Ei, was wollt ihr denn darauf thun? Geht, sagt euren Mülhausern, dass sie ihre Gläubiger zufriedenstellen und nicht also ihr Spiel mit ihnen treiben, sonst werde ich sie schon dahin bringen, dass sie selbst einsehen sollen, wie übel sie gethan haben, sich an euch zu hängen. Wäret ihr nicht gewesen, so hätten sie schon längst Recht geleistet oder wären dazu gezwungen worden." So stritten sie mit Hin- und Herreden und schieden in Feindschaft von dannen.

Man wird zugeben, dass ein solches Benehmen vielleicht angebracht wäre kurz vor Ausbruch eines Krieges. So war es eine Sprache und ein Auftreten, das wenig passte in dem Munde eines Vertreters des Herzogs von Burgund, der einstweilen noch wünschte, mit den Eidgenossen in Frieden zu leben. Angesichts einer solchen Haltung des Landvogts konnten. die Eidgenossen nicht anders als alle freundschaftlichen Versicherungen der Gesandten Karls für Lug und Trug halten. Tötlich beleidigte Hagenbach damals auch den allgemein geachteten Luzerner Schultheissen Hassfurter, der an einem Fusse hinkte, indem er meinte: „die Eidgenossen müssten Mangel an Leuten haben, dass sie Krüppel zu Tagen schickten“. Da antwortete der Hassfurter: Dass ich lahm bin, hat mir Gott zugefügt; sieh aber eben fast für dich, denn dir und deinem Herrn will ich grad genug sein." Seit der Zeit folgte Luzern, das sich bis dahin zurückgehalten hatte, den Bahnen der Berner Politik.

Kaum hatte Hagenbach aufgehört mit den Eidgenossen in der Weise zu zanken, als bereits ein neuer Zwist begann. Als er aus dem Münster trat1), traf ihn eine Abordnung des Baseler Rates, die ihn um Auszahlung der 200 Gulden bat, die von der Rheinfeldener Pfandsumme noch hafteten. Hagen

1) Der Münster stand im Zusammenhang mit dem Hof des Bischofs von Basel, in dem der Kaiser wohnte.

Zusammenbruch der burgund. Herrschaft am Oberrhein. 17

bach war der Meinung gewesen, dass der Rat diesen Rest der Pfandsumme ihm hätte schenken wollen, und da er nun von dem Zanke mit den Eidgenossen her überhaupt wohl schlechter Laune war, so brach jetzt sein Zorn in lichterlohe Flammen aus: er weigerte sich nicht nur das Geld zu zahlen, sondern erklärte ausdrücklich, dass er sie von jetzt ab auf jede Weise schädigen würde. 1) Auch sonst war sein Benehmen in hohem Grade Anstoss erregend. Es war arg, dass er während der Anwesenheit des Kaisers so wenig seine üble Laune gegen die Stadt hemmte, dass er ihr gar die Zufuhr sperrte; und was uns sonst von glaubwürdigen Augenzeugen erzählt wird, erinnert eher an die Streiche eines trunkenen rohen Burschen als an das Gebahren eines Landvogtes des Herzogs von Burgund. So warf er dem Wirte, bei dem er sich aufhielt, die Kanne in den Rücken und den Pferden der fremden Gäste schnitt er die Halfter ab und liess sie in die Gassen laufen.

Im übrigen führte Hagenbach seine Drohung wider Basel aus: Niemand durfte Getreide, Zinsen oder Zehnten nach der Stadt führen und er bedrohte sie mit einer vollständigen Absperrung. Als am folgenden Tage der Bürgermeister Herr Peter Rot seinen Hafer einführen lassen wollte, liess der Landvogt vor dem Baseler Spahlenthor Wagen und Pferde einfangen. Kurz darauf liess er einem Baseler Metzger seine Rinder, die in der Hüninger Aue weideten, fortführen, da er, wie er den Baselern sagen liess, Fleisch nötig hätte.) Hagenbach setzte damit nur das Benehmen fort, welches er von jeher wider die Stadt beobachtet hatte. Basel selbst führte gewissenhaft Buch) über dies Gebahren, und so sind wir ein

1) Es blieb dem Rat später nichts anderes übrig als von seiner Forderung abzustehen.

2) Knebel p. 12.

3) Des landvogts her Peter von Hagenbach gebruchung wider die statt Basel, fehlerhaft bei Ochs Geschichte von Basel IV, p. 241 ff., wird im II. Teil von Knebels Tagebuch zum Abdruck gelangen. Herr Dr. C. Ch. Bernouilli, der die Arbeit des leider jetzt verschiedenen trefflichen W. Vischer zu Ende führen wird, hat mir freundlichst die Aushängebogen zur Verfügung gestellt. Es sei mir gestattet an dieser Stelle hervorzuheben, welche Verdienste W. Vischer sich auch um diese Partie der Geschichte erworben hat sowohl durch die Ausgabe von Knebel selber, 2

Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. N. F. II. 1.

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mal ausnahmsweise in den Stand gesetzt uns eine Vorstellung von dem frechen unverschämten und ebenso thörichten Benehmen Hagenbachs zu machen, wodurch er die Sache seines Herrn im höchsten Grade schädigte. Wenn es seine Absicht und die seines Gebieters war einmal allen jenen kleinen selbständigen Gewalten ein Ende zu machen, so war doch die erste Bedingung für das Gelingen dieses Planes, dass derselbe unbedingt geheim blieb und ganz unvermerkt in's Werk gesetzt wurde. Was soll man nun sagen, wenn der Landvogt vor aller Welt herausposaunte, dass er einmal verschaffen würde, dass Basel dem Erdboden gleich gemacht und es der Stadt so wie Dinant') ergehen würde; wenn er vor Fremden und Einheimischen erklärte: wenn er wollte, so würde er Basel in drei Tagen gewinnen, und er wolle nicht abstehen, er wolle denn eines Tags etlichen in Basel die Köpfe vor die Füsse legen, auch etlichen die Grindköpfe abhauen und vor ihren Häusern aufrichten. Man denkt unwillkürlich an einen Mann, dem beim Rausche die Zunge mit dem Worte durchgeht. Aber den Drohungen entsprachen auch die Thaten; am empfindlichsten und lästigsten war es, dass Hagenbach der Stadt den feilen Kauf sperrte, nicht bloss anlässlich jenes oben erwähnten Vorfalles, sondern seit einiger Zeit überhaupt, so dass die Stadt sich schliesslich genötigt sah um Abhilfe an Herzog Karl zu gehen; wie es scheint aber ohne Erfolg. Und dabei hatte Basel kein anderes Verbrechen begangen, als dass es das Unglück hatte Gläubiger des Herzogs von Burgund zu sein und als freie Reichsstadt weiter bestehen wollte.

IV.

Unter diesen Umständen kann man sich die Spannung vergegenwärtigen, mit welcher allenthalben dem Tage zu Trier entgegengesehen wurde. Kam wirklich jene Einigung zwischen dem Kaiser und Herzog Karl zustande, so gingen diese Landschaften am Oberrhein schweren Zeiten entgegen, und es war als sicher vorauszusehen, dass, wenn sich auch nicht

als auch durch die erschöpfenden Anmerkungen, die alle Arbeit vorweg nehmen.

1 Dinant wurde bekanntlich von Karl dem Erdboden gleich gemacht, und die männliche Bevölkerung musste sämtlich über die Klinge springen.

gleich die kaiserlichen und burgundischen Waffen zum gemeinsamen Kampf wider die Eidgenossen und ihre Verbündeten vereinigten, doch die Stellung Hagenbachs, ausserordentlich gestärkt werden würde. Hatte er neben der Macht seines Herrn noch die kaiserliche Autorität hinter sich, so konnte ausserordentliches geschehen; Hagenbach war der Mann dazu, etwas aus dem verblichenen Schimmer kaiserlicher Majestät zu machen, und die Städte mochten zittern.

Schon während der Trierer Verhandlungen erhielt man einen Vorgeschmack davon, wie der burgundische Hof die Dinge jetzt anfassen würde. Ende Oktober forderte Hagenbach von Trier aus Mülhausen auf's neue auf, sich seinem Herrn zu unterwerfen und demselben zu huldigen.1) Die Stadt antwortete nach alter Gewohnheit zunächst ausweichend, um Zeit zu gewinnen, dass sie, um eine Entscheidung zu treffen, zuvor die Einwilligung des Pfalzgrafen Friedrich als Oberlandvogts und der Eidgenossen als ihrer Verbündeten einholen müsste. Bald darauf, wie um dieser Forderung Nachdruck zu verschaffen, erschien der Graf Oswald von Tierstein auf der Rückkehr von Trier als Gesandter Karls zu Mülhausen und überbrachte in gewisser Hinsicht ein Ultimatum: die Stadt sollte alle Gläubiger, welche Renten bei ihr ausstehen hätten, wofür diese Brief und Siegel aufweisen könnten, befriedigen, dem Herzog selbst die Stadt nach seinem Belieben offen halten und sich ihm unterwerfen, widrigenfalls würde Karl nach Ablauf der Frist, welche Mülhausen für die Bezahlung gewährt war, an der Spitze seiner Armee nach Mülhausen kommen, die Stadt von Grund aus zerstören und die Bewohner über die Klinge springen lassen. 2)

Das hiess einmal Farbe bekennen, und die Eidgenossen, die sich bis jetzt wohl noch immer mit dem Gedanken getröstet hatten, dass die Anfechtung Mülhausens allein von Hagenbach ausging, wussten jetzt woran sie waren. Selbst ein alter Verbündeter Karls, Pfalzgraf Friedrich der Siegreiche, wurde dadurch in das feindliche Lager gedrängt; war doch die Bedrohung Mülhausens in seiner Eigenschaft als Reichsstadt auch für ihn, den Oberlandvogt, eine Beeinträchtigung;

Knebel p. 19.

2) Knebel p. 21.

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