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Wie

Bestrebungen fühlte er sich durch keinerlei bestehendes Recht gehindert, aber er beachtete dabei nicht, dass er bei dem Schaffen einer neuen Ordnung den Rechtsboden untergrub, worauf die Herrschaft seines Gebieters begründet war. sein Herr und Gebieter verachtete er die Deutschen in ihrer Schwerfälligkeit; auf die Städte und ihr oft kleinliches Treiben sah er höhnisch herab. Er hatte keine Ahnung, was für ein Geist dort schlummerte und was für eine sittliche Kraft diesen Gemeinwesen innewohnte. Daran ist er zu Grunde gegangen.

Eine Zauberin zu Todtnau.

Von

Paul Ladewig.

Gegen Ende des Jahres 1441 wurde das bischöfliche Ordinariat zu Konstanz auf das Zaubertreiben einer Frau, Bela Küferin, im Thale Todtnau aufmerksam gemacht. „Sortilegia" und „incantationes" verübte sie, womit sie Krankheiten heilen zu können vorgab, umstrickte mit neuen teuflischen „adinventiones" und verlockte einfältige Leute zum Schaden ihrer Seele. So wenigstens führte der bischöfliche Generalvikar aus, indem er die Leutpriester im Kloster St. Trudpert und in Todtnau beauftragte, gegen diese Beleidigung der Kirche und zur Abwendung des Seelenschadens der Verführten Massnahmen zu ergreifen. Kurz vor der Zeit, wo auch in Deutschland die Beschuldigung der Zauberei den hochnotpeinlichen Prozess im Gefolge hatte, erscheint jedoch das Vorgehen des geistlichen Gerichtes äusserst milde: die Beschuldigte soll öffentlich gemahnt werden, von ihren verwirrenden Betrügereien abzustehen, dieselben öffentlich und beim Gottesdienst innerhalb neun Tagen nach erfolgter Mahnung widerrufen; am sechsten Tage darauf soll sie vor dem Generalvikar zu Konstanz erscheinen, um Busse und Absolution zu empfangen. Zugleich wird Widerstand mit Exkommunikation bedroht, und die gleiche Strafe soll innerhalb 3 Tagen alle treffen, welche die Frau besuchen, ihr Glauben schenken, oder sie um „sortilegia“ und „incantatio" ersuchen.')

1) Undat. Urkunde. Lib. Conc. B fol. 71 b. im erzb. Archiv Freiburg.

Das Mandat wurde allerdings exekutiert, aber ohne Erfolg. Den nächsten Schritt that der Generalvikar im besonderen Auftrage des Bischofs, indem er am 16. Januar 1442 die Äbte Paul von St. Trudpert und Nikolaus von St. Blasien unter Hinweis darauf, dass das erste Mandat der Frau in zureichender Form kundgemacht sei, auffordert ohne weiteres die trotz der Sentenzen, denen sie verfallen, hartnäckige Person im Betretungsfalle in ihren Gebieten durch Geistliche oder Weltliche zu fangen und vor den Bischof oder ihn selbst zu führen, zu ihrer heilsamen Besserung". Nötigenfalls soll der weltliche Arm, der weder Bedürfnis noch Pflicht des Einschreitens hatte, zu Hilfe gerufen werden.') Wohl gleichzeitig erhielt der Pleban von St. Trudpert, der Mönch Konrad Bappenhaimer, Anweisung gegen die an jenen Vorgängen beteiligten Personen vorzugehen. Männer und Weiber aus mehreren Parochien des Schwarzwaldes und unterschiedlichen andern Orten der Diözese sollten sich an den sortilegia, incantationes" und anderem verbotenem Aberglauben beteiligt haben. Der Generalvikar hebt ausdrücklich hervor, dass nur mit Hilfe von Leuten, welche unter den sich so Vergehenden leben, man die Sache zu verfolgen hoffen könne. Schuldige, welche der Beauftragte findet, soll er veranlassen innerhalb neun Tagen sich von dem Ordinariat Busse und Absolution zu verschaffen. Eventuell ladet er sie auf einen von dem Pleban zu bestimmenden Termin, bei dessen Nichteinhaltung die betreffenden Persönlichkeiten der Exkommunikation verfallen, und das Recht seinen Lauf haben soll.2)

Inzwischen stellte sich die Hauptschuldige wenige Tage nach Erlass der beiden letzten Mandate; sie behauptete, zur Zeit der Exekution des ersten nicht an ihrem Wohnort gewesen zu sein. Allerdings gewährte die ausreichende Exekution nicht die Gewissheit, dass der Prozess der Beteiligten wirklich zu Ohren kam. Die Küferin erklärte sich bereit, dem bischöflichen Vikar zu Recht zu stehen und der Kirche zu gehorchen. Sie beantwortete die in einzelnen Artikeln verfassten vorgelegten Fragen über ihr Treiben unumwunden: Sie habe Krankheiten (morbos et languores) geheilt, und sich

1) Lib. Conc. B. fol. 76. erzb. A. Freiburg. 76b. erzb. Archiv Freiburg.

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2) Lib. Conc. B. fol.

damit beständig abgegeben. Derartige Anwendung zauberischer Gebräuche zu Heilzwecken ist nun zwar keineswegs selten, und auch nichts gerade Deutschland eigentümliches. In altgermanischem Aberglauben scheint jedoch ihre Behauptung zu wurzeln, dass sie das Vermögen zu heilen ererbt habe, dass ihr ältestes Kind - ob Knabe oder Mädchen ist nicht ersichtlich die Kunst von ihr erbe; sie will vielfache Erfolge aufzuweisen haben, giebt indes zu, sich bei ihren Kuren abergläubischer und ketzerischer (erroneae) Gebräuche bedient zu haben.

Nachdem in ihr vorgesagter Form ohne Zwang die Angeklagte auf das Evangelium geschworen, ihr Lebelang ihre „erronea ars" nicht mehr ausüben zu wollen, erhält sie Befehl auf Sonntag Reminiscere zu Todtnau, ihrer Pfarrei, bei der öffentlichen Prozession das Kreuz voranzutragen, und sich für ihre Vergehen absolvieren zu lassen. Dem Generalvikariat bleibt eine Fortführung der Inquisition vorbehalten, während zunächst die beauftragten Pfarrer bei Strafe der Suspension angewiesen werden, innerhalb drei Tagen ihren Parochianen die Befragung der Zauberin auch durch Mittelspersonen zu untersagen, so dass gegen Übertreter scharf vorgegangen werden soll.) Nach solcher, wenn auch überaus milder Perhorreszierung jener von der Kirche als mit dämonischen Mitteln bewirkt angesehenen Heilungen, deren Tatsächlichkeit gar nicht in Frage gestellt wird, war denn allerdings der nächste Schritt, welchen der Bischof selbst, Heinrich IV. von Hewen, mit einer Urkunde vom 12. April 1442 that, etwas bedenklich.2) Unter ausführlicher Anziehung der in der Sache getanen Schritte gestattete er dem kranken Edelknecht Stephan von Fleckenstein seine Heilung durch die Bela Küferin mit Anwendung natürlicher Heilmittel zu versuchen, jedoch unter Ausschluss jeder ars phitonica, jeder Beschwörung und jeden Sortilegiums. Die Vornahme der Heilung wer hätte die Nichtanwendung zauberischer Mittel konstatieren können soll nicht als Übertretung des vom Generalvikariat erlassenen Urteils gelten. Ohne Zweifel musste diese Ausnahme auch das Volk irre machen, dem soeben erst die gleiche Sache streng verboten

1) Lib. Conc. B fol. 85 erzb. A. Freiburg. 2) Lib. Conc. B fol. 83 erzb. A. Freiburg.

war: es musste den Eindruck erwecken, als ob die kirchliche erste Instanz der Schwarzwälder von der Wirklichkeit der zauberischen Heilungen nicht nur überzeugt war, sondern auch die Gefahr unter Umständen nicht so gross erachtete. Nachdem lange Zeit keine Klage laut geworden, womit nicht ausgeschlossen sein dürfte, dass die Zauberin inzwischen sich nichts hätte zu Schulden kommen lassen, erlässt der bischöfliche Generalvikar unter dem 27. April 1444 erneute Mandate an die Plebane von St. Trudpert und Todtnau: desgleichen — nur als Bruchstück erhalten, aber sehr wahrscheinlich hierhergehörig - an den gesamten Klerus der Diözese Konstanz. Des geleisteten Eides uneingedenk, hat Bela sogar versäumt, die ihr auferlegte Busse zu thun. Es hat den Anschein, dass dies nur mit Hilfe der sie unterstützenden Bevölkerung, und selbst der Geistlichkeit möglich war. Schwerlich hätte in anderm Falle die Wiederaufnahme des Prozesses mehr als zwei Jahre auf sich warten lassen. Alle früheren Anschuldigungen werden aufs neue geltend gemacht. Innerhalb sechs Tagen nach geschehener Aufforderung soll sich Bela absolvieren lassen, bei Strafe der Exkommunikation, welche nach weiterer Frist von neun Tagen auf ihren Hausstand und ihre Bauern und Instleute (inquilini) ausgedehnt werden soll. Die Angeschuldigte befand sich also in guten Verhältnissen. Es soll nach weiteren neun Tagen abermalige Verschärfung eintreten, und in der Folge mit dem Interdikt vorgegangen werden. Die gewöhnlichen Verbote für die Parochianen, die Zauberin zu konsultieren oder Arzneien von ihr zu nehmen, werden wie früher wiederholt, und bei Strafe der Exkommunikation anbefohlen sich innerhalb 15 Tagen absolvieren zu lassen, falls sie von den früheren Sentenzen, mit welchen die Übertretung des Verbotes, die Beschwörerin in Anspruch zu nehmen, bedroht worden war, betroffen sind. 1)

Wie scharf dieses Mandat das letzte welches wir in der Sache kennen - im Verhältnis zu den bisherigen auch war, so zeigt es doch, wie völlig frei man noch in der Diözese Konstanz von den Auswüchsen des späteren Hexenprozesses war. Der Glaube an die dämonisch wirksamen Kräfte erscheint freilich anerkannt, aber ihre Bekämpfung Sache der

1) Lib. Conc. B fol. 139 erzb. A. Freiburg und ebenda fol. 161.

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