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Walde verirrt hatten. Die Breisacher Bürger, die an den Thoren hielten, wurden des langen Wartens müde und begaben sich in ihre Wohnungen zurück; als dann die Runde kam und die Thore offen fand, schloss sie dieselben und machte Lärm. Somit war das Unternehmen vereitelt und die Lage Breisachs nur noch mehr verschlimmert. Hagenbach kam auf die Nachricht von dem Vorfall sofort herbeigeeilt') und verfuhr gegen die Urheber des Anschlages mit gewohnter Energie. Der Stadt konnte es wenig nützen, dass sie sofort an Herzog Sigmund eine Gesandtschaft abschickte, die ihm das Vorgefallene melden und um seine Intervention bei Hagenbach nachsuchen sollte. Der Landvogt traf seine Massregeln, um einer Wiederholung des Vorfalls vorzubeugen. Gleich bei seiner Ankunft liess er die Garnison allarmieren und nahm sämtliche Thorschlüssel zu sich. Dann ging es an die Untersuchung. Hagenbachs Zorn war um so grösser, als er glauben musste, nach der Neubildung des Rates der Stadt völlig sicher zu sein, und jetzt war aus der Mitte desselben der Anschlag hervorgegangen, ihn aus Breisach herauszubringen.

Es scheint, dass es den Hauptanstiftern des Anschlages noch rechtzeitig gelang sich zu retten'); dagegen belegte er ihre Güter mit Beschlag und liess all' ihr Hausgerät, selbst die Kleider ihrer Frauen versteigern. Damit gab er sich jedoch nicht zufrieden; drei mitbeteiligte Knechte3) liess er foltern, um näheres über den Anschlag und die Teilnehmer an demselben zu erfahren. Dieselben gestanden1), dass sie auf Veranlassung des Bürgermeisters und etlicher vom Rat an dem Anschlag teilgenommen hätten, dass man aber lediglich beabsichtigt hätte, die Söldner mit Hülfe von Freiburg aus der Stadt zu bringen, dagegen wider die burgundische Herr

1) Es ist zweifelhaft, ob er sich in Breisach aufhielt oder vorher im Elsass weilte. Die Nachrichten bei Knebel und der Reimchronik widersprechen sich in der Hinsicht.

2) Die Nachrichten bei Knebel p. 65 widersprechen zum Teil denen der Reimchronik cap. 112.

3) Knebel spricht von zwei Bürgern.

4) Die Erzählung des Reimchronisten ist trotz oder vielmehr wegen seiner Redseligkeit sehr unklar. Namentlich vermisst man den Namen wenigstens des Bürgermeisters, wie denn der Chronist es überhaupt liebt allgemein zu sprechen, ohne die Namen vielfach noch lebender Personen

zu nennen.

schaft nichts hätte unternehmen wollen.) Was Hagenbach dann gegen die genannten Teilnehmer unternahm, wissen wir nicht.

Jedenfalls aber fühlte Hagenbach sich jetzt wieder fest im Sattel und wollte daher versuchen, auch die Waldstädte wieder zu unterwerfen. Zunächst auf Säckingen hatte er einen Handstreich vorbereitet.2) Am 15. März zog er heimlich nachts von Breisach aus und zog quer über den Schwarzwald gen Säckingen zu. Hier hatte er seine Anhänger, mit denen er verabredet hatte, dass sie ihm, wenn er früh morgens vor der Stadt erscheinen würde, die Thore öffnen sollten. Zum Glück aber bemerkte ein armer Mann die Reiter, eilte vor die Thore der Stadt und erzählte möglichst geheim, was er gesehen. Die Bürger bewaffneten sich in aller Stille, in der Absicht, Hagenbach mit seiner Schar in die Stadt einzulassen und sich seiner Person zu bemächtigen. Aber die Anhänger Hagenbachs, welche die Thorwächter hatten töten sollen, waren stutzig geworden und blieben zu Haus. So schöpfte der Landvogt Verdacht und kehrte unverrichteter Sache zurück. An demselben Tage verband sich auch die Landbevölkerung der Herrschaft Rheinfelden mit der gleichnamigen Stadt, keinerlei Auflagen mehr zu zahlen, die Hagenbach aufgelegt hatte, und zwar begründeten sie den Schritt in der nämlichen Weise. wie vorher die andern Waldstädte, weil auch Hagenbach ihnen gegenüber seinen Eid gebrochen hätte.) Sie durften diesen Schritt um so eher wagen, als bereits die Eidgenossen Trost und Beistand zugesagt hatten.*)

So war also die burgundische Herrschaft auf dem rechten Rheinufer ausserhalb Breisachs vollständig entwurzelt, und auch sonst musste Hagenbach das Gefühl haben, dass ihm allenthalben der Boden unter den Füssen schwankte. Die Streitkräfte, die ihm zur Verfügung standen, reichten kaum aus, um Breisach in Gehorsam zu halten, geschweige denn

1) Nach der weitern Erzählung des Chronisten hätte Hagenbach darauf die Knechte vor das Schultheissengericht gestellt, wo dieselben aber freigesprochen wären. Bei der Unklarheit des betreffenden Kapitels enthalte ich mich weiterer Deutungen.

2) Knebel, p. 66.

3) Knebel, p. 67.

*) Eidgen. Absch. II. Nr. 737.

die abgefallenen Waldstädte zum Gehorsam zurückzubringen und die übrigen Städte im Schach zu halten. So blieb denn Hagenbach nichts anderes übrig, als den schweren Gang nach Dijon zu machen1), wo Karl damals noch weilte, um denselben um weitere Verstärkung zu bitten. Leicht kann ihm der Weg nicht geworden sein; musste er doch dem Fürsten melden, dass er sich in den langmütigen Deutschen getäuscht hatte; dass der eine Teil bereits in offenem Aufstande sich befand und der andere ungeduldig auf die erste beste günstige Gelegenheit harrte. Was zu Dijon zwischen den beiden Männern vorging, wissen wir nicht; nur das ist deutlich, dass Hagenbach entweder seinen Herrn über die gefährliche Lage nicht hat aufklären können oder wollen. Einerseits mochte Karl es nicht für möglich halten, dass die Verbündeten gegen ihn, den mächtigen Fürsten, eine Lösung der schwebenden Frage mit bewaffneter Hand herbeiführen würden, und in diesem Falle konnte Hagenbach es nicht zu schwer fallen den Aufstand, so lange er auf seinen Herd beschränkt blieb, zụ dämpfen; oder aber der Landvogt mochte sich noch immer schmeicheln, mit einiger Verstärkung Herr der Lage bleiben zu können. Auf alle Fälle war der Erfolg der Reise nicht derart, dass die drohende Gefahr irgendwie beseitigt wurde. Was Hagenbach vor allen andern Dingen not that, Geld, um seine Söldner zu bezahlen, erhielt er überhaupt nicht, und die Mannschaft, die ihm zur Verstärkung in Aussicht gestellt wurde, war nicht ausreichend. Am 26. März kehrte der Landvogt nach Thann zurück, ohne Geld und zunächst auch ohne. Truppen. So gefährdet erschien ihm seine Lage, dass er zunächst seine Gattin auf ein Schloss in Lothringen in Sicherheit bringen liess. In Thann war seines Bleibens nicht, es kam vor allen Dingen darauf an, Breisach zu behaupten und dahin ging er schon am folgenden Tage ab.

Während er nun hier sehnsüchtig nach der verheissenen Verstärkung ausschaute, suchte er wenigstens seine Stellung in Breisach so weit wie möglich zu befestigen. Die bisherige Besatzung bestand aus deutschen Fussknechten, die zwar auch nicht die besten Gesellen waren, aber sie waren immerhin Deutsche, und Hagenbach war es in hohem Grade zweifelhaft,

1) Knebel, p. 66. Cf. die Anmerkung von Vischer.

ob er sich auf sie im Fall einer Belagerung verlassen konnte. Um sich ihrer zu versichern, musste er ihnen wenigstens den Sold auszahlen können. Er hatte aber kein Geld; von Burgund hatte er keins mitgebracht, und bei der allgemeinen Gährung werden die Steuern gestockt haben. So griff er zu den verschiedenartigsten Mitteln, um sich Geld zu verschaffen. Noch einmal schickte er Boten') zu den Waldstädten, um den bösen Pfennig einzuziehen; sie wurden schmählich zurückgewiesen. Die Waldstädte befanden sich schon nicht mehr in blosser Auflehnung gegen die Persönlichkeit Hagenbachs, sondern bereits in voller Empörung gegen die burgundische Herrschaft überhaupt.

In Breisach selbst griff er zu den gewaltsamsten Mitteln. Zunächst suchte er sich in den Besitz des Geldes zu setzen, welches Breisach für die Auslösung des Schultheissenamts gezahlt worden war; es gelang ihm nicht. Schlimmer war es schon, dass er öffentlich ausrufen liess, dass jedermann, der verborgenes Gut wüsste, wobei er vorab es freilich auf jene Pfandsumme abgesehen hatte, es bei Leibesstrafe anzeigen sollte.") Dazu traf er militärische Vorkehrungen mancherlei Art. Auf dem Kirchhof des Münsters von St. Stephan errichtete er eine Batterie von drei Hauptbüchsen. Es kümmerte ihn nicht, als er die Tragweite seiner Geschütze erprobte, dass von dem Knalle die Chorfenster des Domes zersprangen. Die Bauhütte des Domes wandelte er in einen Rosstall um. In der Stadt ordnete er reitende Patrouillen an. Um das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu stärken und die Führer bei guter Stimmung zu erhalten, richtete er eine allgemeine Messe in der Herrenstube zum Juden ein. Hier erging er sich in hochfahrenden Reden, welche Beute man noch in dem bevorstehenden Krieg mit Herzog Sigmund machen würde.

1) Ausführliche Erzählung bei Knebel p. 67 und 71.
2) Reimchronik cap. 108-110.

[Schluss folgt.]

Über die wahrscheinliche Identität

des

Fortsetzers des Breviarium Erchanberti

und des

Monachus Sangallensis

von

Bernhard Simson.

In den Jahrbüchern des fränkischen Reiches unter Karl dem Grossen, Bd. II, S. 614—615, Exkurs VII, habe ich bereits die Ähnlichkeiten hervorgehoben, welche zwischen der Fortsetzung des s. g. Breviarium Erchanberti (Monum. Germ. SS. II, 329-330) und dem bekannten Buche des Monachus Sangallensis über Karl den Grossen bemerkbar sind. Schon damals lag mir die Vermutung nahe, dass der Fortsetzer des s. g. Erchanbert mit dem Monachus Sangallensis ein' und dieselbe Person sei, und wenn ich auch noch nicht wagen mochte diese Vermutung gerades wegs auszusprechen, so glaubte ich sie Andern nahe genug gelegt zu haben. Aber, wie es vielfach geht, diese ganze Vergleichung ist unbeachtet geblieben; auch Wattenbach, wo er in der seither erschienenen 5. Auflage seines Werkes über Deutschlands Geschichtsquellen von dem Continuator spricht (I, 269), nimmt von ihr keine Notiz. Nun hat mir jedoch weitere Untersuchung ergeben, dass die Ähnlichkeiten zwischen beiden Schriften noch über die bereits früher von mir bemerkten hinausgehen und sich die betreffende Vermutung somit in der That ausreichend begründen lässt. Ich versuche diese Begründung, indem ich die älteren Argumente nochmals zusammenfasse und sie durch die neu hinzugekommenen ergänze.

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