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wundern, wenn wir vernehmen, dass im Jahre 1472 auf Befehl des Herzogs eine allgemeine Untersuchung abgehalten wurde über die Einkünfte, welche die Herrschaft zu beziehen, und die Lasten, welche sie zu tragen hatte.) Im folgenden Jahre war es dann ein sehr geringfügiger Anlass, der wohl mehr als Vorwand dienen sollte, wodurch es zur Einführung einer neuen Steuer kam. Herzog Sigmund schuldete seit längerer Zeit dem Ritter Marquard von Baldeck eine Summe Geldes, die mit den Zinsen auf die Höhe von 10 400 Gulden gewachsen war), wofür verschiedene Edle und Städte des Sundgau Bürgschaft geleistet hatten. Nach längerm Widerstreben übernahm endlich Herzog Karl die Schuld; er verordnete3), dass diese Summe wieder eingebracht werden sollte durch eine Auflage auf den Wein. Diese Verfügung gab Veranlassung zur Einführung des bösen Pfennigs, der im eigentlichsten Sinne des Worts die burgundische Herrschaft untergraben hat.

1) Gachard veröffentlicht in seiner Ausgabe von Barante, histoire des ducs de Bourgogne II p. 706 aus dem Archiv zu Dijon einige Auszüge von Aktenstücken, deren Veröffentlichung nicht bloss für unsern Gegenstand, sondern auch für die Geschichte der oberrheinischen Gebiete überhaupt von ganz hervorragender Bedeutung wäre. Diese Auszüge sind bei der geringen Verbreitung der Gachard'schen Ausgabe gar nicht bekannt geworden. Die wichtigsten Aktenstücke sind:

1. Instruktion des Herzogs vom 26. Mai 1469 an Guillaume de la Baume, den er mit Jean de l'Estaques an die Eidgenossen sandte, um die Kriegsentschädigung von 10 000 fl. zu erlegen.

2. Protokoll über die Besitzergreifung der verpfändeten Lande seitens der burgundischen Kommission. Gachard führt daraus an, dass die Kommission am 28. Juni 1469 in Gegenwart Herzog Sigmunds von Rheinfelden, an demselben Tage auch von dem „Stein“ bei Rheinfelden, am 29. von Säckingen, am 30. von Laufenburg und an den folgenden Tagen von den übrigen Plätzen Besitz ergriffen hätte. Es enthält statistische Einzelheiten über jeden der Plätze, das Resultat der von den Kommissaren eingezogenen Erkundigungen über die Rechte des Herzogs, die Verwaltung des Landes etc.

3. Die Originalurkunden über die Besitzergreifung jeder Stadt und die Eidesleistung der Bewohner.

4. Die auf die erwähnte Enquête bezüglichen Aktenstücke etc.

2) Witte, Beziehungen p. 35, cf. auch p. 137 des vorhergehenden Bandes. 3) Am 28. März 1473 cf. Gachard 1. c.

Leider schweigen sich unsere Quellen') über die Steuer selbst fast vollständig aus, sie erwähnen lediglich die Thatsache, dass für ein Mass Wein ein Pfennig bezahlt werden musste, und sind alle einstimmig darin zu bezeugen, welche Erbitterung diese Steuer erregte; wie sie aber erhoben wurde, ob der Käufer oder Verkäufer sie zu tragen hatte, ob auch der für den Hausgebrauch selbstgezogene Wein ihr unterlag, darüber wissen wir einstweilen nichts. Dass die Steuer nun solchem Widerstande begegnete, dafür waren die verschiedensten Ursachen wirksam. Zunächst und vor allen Dingen kommt in Betracht, dass die Steuer von einer unverhältnismässigen Höhe war, wenngleich uns, die wir nur zu leicht den Wertmesser unserer Zeit anlegen, diese Abgabe recht mässig erscheinen will; und das ist ein Gesichtspunkt, der bisher noch gar nicht beachtet worden ist. Der Wein war in den letzten Jahren im Elsass ausserordentlich wohl geraten, so dass er spottwohlfeil war.) Im Jahre 1470 wurde ein Ohm guten Weines um 1 Pfund 5 Schilling verkauft, während der gemeine Wein nur 10 Batzen kostete; im folgenden Jahre war der Wein so wohl geraten, dass man nicht genug Fässer auftreiben konnte, den Most aufzubewahren, und dazu war er sehr gut. Über das Jahr 1472 fehlen uns die Nachrichten, wir wissen nur, dass der Sommer sehr heiss war. Das Jahr 1473 war wiederum ein ausgezeichnetes Weinjahr, so dass ein Ohm guter Elsässer 3 Schilling und Breisgauer 2 Schilling 3 Pfennig kostete; des Sundgauer und Basler

1) Schilter-Königshofen p. 371; Strassburger Archivchronik im Code historique de Strassbourg p. 185 erwähnen die Einführung ohne Angabe des Zeitpunktes.

2) Cf. Thanner Chronik von Tschamser, Kolmar 1864 p. 632 u. 634. Vgl. darüber Hanauer Études économiques sur l'Alsace ancienne et moderne t. II: Denrées et Salaires p. 29. Ebenda findet man auch das nötige über die damaligen Massverhältnisse p. 16 ff. Die Werte sind natürlich sehr schwankend für einzelne Zeiten und können nur annähernd bestimmt werden. Für uns kommen in Betracht Fuder, Ohm und Mass, dazu Saum und Viertel. Im allgemeinen darf man annehmen, dass das Mass durchschnittlich 11/2 bis 134 Ltr. enthielt; der Saum enthielt etwa 3 Ohm, dieser teilte sich in 12 Viertel und 48 Mass. Wir haben danach 1 Ohm à 12 Viertel à 4 Mass à 121⁄2 bis 14 Ltr. Über die Weinpreise cf. auch Knebel p. 40 sowie die Übersicht bei Hanauer 1. c. p. 38 und die Tabelle p. 331.

Zusammenbruch der burgund. Herrschaft am Oberrhein.

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Weines so etwas ungeschmackts" achtete man nicht.1) Legen wir diese Wertangabe zu Grunde, so ergiebt sich für das Mass guten Elsässer Weines ein Preis von 3/4 Pfennig, der sich im Kleinverkauf natürlich steigern musste. Andere Angaben lauten höher und niedriger, aber immerhin stellt sich der Preis des Weines ausserordentlich niedrig2), so dass wir hoch greifen, wenn wir einen mittleren Wert von 2 Pfennigen pro Mass annehmen. Diese Preise gelten selbstverständlich erst für den Herbst 1473, aber die Aussicht auf eine gute Weinernte und die voraufgehenden guten Weinjahre werden die Preise derartig gedrückt haben, dass sie nicht wesentlich verschieden gewesen sind.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser verhältnismässig niedrige Preis die burgundischen Machthaber verlockt haben mag, den Wein zu besteuern; aber desshalb war die Steuer dem Elsässer und badischen Oberländer, die beide einen guten und reichlichen Trunk zu schätzen wissen, nicht weniger empfindlich und drückend. Es scheint aber nicht einmal bei dieser neuen Steuer sein Bewenden gehabt zu haben. Im folgenden Jahre verlangte Hagenbach weiter von der Stadt Rheinfelden, dass von jedem Saum Weines, der im Hause getrunken würde, 3 Schilling bezahlt würden. Damals waren die Weinpreise noch weiter gesunken, so dass Ende des Jahres 1473 der Saum des besten Breisgauer Weins überhaupt nur 10 Schilling kostete. Wenn er das von Rheinfelden verlangte, so wird diese Steuer auch sonst schon in Übung gewesen sein.

Die Sache wurde dadurch nicht besser, dass die Steuer einen jeden, Hoch und Gering, traf, dass kein Stand davon befreit war. Hauptsächlich lastete sie doch auf dem kleinen. Mann, dem sie in dem weinreichen Lande den täglichen Trunk verteuerte.

Dazu kam noch etwas anderes, wodurch die Steuer noch einen besonders gehässigen Charakter erhielt. Die Steuer war auch widerrechtlich in jeder Beziehung. Wie fast überall damals in Deutschland, war auch die österreichische Regierung in den Vorlanden eine wesentlich ständische gewesen; der Landesherr konnte nicht einfach durch Verordnung eine neue

1) Thanner Chronik p. 634.

2) Hanauer p. 38. cf. auch Knebel p. 40.

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Steuer einführen, sondern war von der Bewilligung der drei Stände, wie sie auf dem Landtag vertreten waren, abhängig. Herzog Karl hatte die Regierung in dem Umfange übernommen, wie sie Herzog Sigmund geführt hatte; ausdrücklich hatte. Karl sich zudem durch einen Artikel des Vertrages von St. Omer verpflichtet das Land bei seinem alten Herkommen zu belassen und keine neuen Auflagen und Steuern zu erheben. Nur kraft Bewilligung der Stände konnte demnach diese Steuer erhoben werden. Dass dies geschehen wäre, wird nirgends bezeugt, und später wird die Erhebung gegen die burgundische Herrschaft ausdrücklich damit begründet, dass dem Lande widerrechtlich neue Steuern auferlegt wären; das konnte aber nur für den Fall zutreffen, dass die Stände ihre Einwilligung nicht gegeben hatten. Dieselben hatten auch gar keine Veranlassung dazu. Bei ausserordentlichen Gelegenheiten pflegten die Stände mit ausserordentlichen Bewilligungen nicht zurückzuhalten. Hier aber war gar kein Anlass eine so lästige Steuer zu bewilligen, am allerwenigsten an Herzog Karl, der nicht der natürliche Landesherr, sondern lediglich der Pfandherr war.

So begreift man, wie die Bevölkerung diese Steuer so recht als Blutsteuer empfand und ihrem Urheber grimmigen Hass nachtrug.

Die neue Steuer musste somit zu einer Machtprobe werden für die burgundische Herrschaft. Bei der Spärlichkeit, womit unsere Quellen fliessen, lässt sich nicht erkennen, auf welchen Widerstand Hagenbach bei der Einführung stiess. Dass die Ritterschaft sich geregt hätte, davon verlautet nichts; der einzelne Ritter war nicht mehr in der Lage, dem allmächtigen Landvogt Widerstand entgegen zu setzen. Anders aber stand es mit den Städten, und hier scheint es nicht so glatt abgegangen zu sein. Im Sundgau waren es Ensisheim und Thann, von denen wir wissen, dass sie der neuen Steuer den hartnäckigsten Widerstand entgegensetzten, und es ist sehr bezeichnend, dass sie später sich auch zuerst im Sundgau wider die burgundische Herrschaft erhoben haben; auf dem rechten Rheinufer wissen wir nur von Breisach, obwohl es nach dem ganzen sonstigen Verhalten der vier Waldstädte wahrscheinlich ist, dass auch sie sich der neuen Steuer widersetzten. Genaueres ist jedoch nur von Thann und Breisach bekannt.

Thann wurde mit Gewalt unterworfen. Wie der Landvogt später in seinem Prozess beteuert, hatte er ausdrücklich Rücksprache mit dem Kaiser und Herzog Karl gepflogen, ehe er seine Massregeln ergriff, um die widerspenstige Stadt zum Gehorsam zu zwingen. 1)

Er bot dann die Landschaft auf, rückte am 3. Juli vor die Stadt, eroberte sie noch an demselben Tage und hielt nun ein schweres Strafgericht ab, das wohl darauf berechnet war, Schrecken und Furcht unter den übrigen Städten zu verbreiten. Am andern Morgen liess er zahlreiche Bürger zum grossen Teil noch nackt aus den Betten reissen. Ein Teil von ihnen wurde auf das Rathaus geführt; hier mussten sie ihre Waffen abliefern, soweit sie solche bei sich hatten, und schwören, nur mit Erlaubnis Hagenbachs von Ort und Stelle zu gehen. Die andern Bürger, etwa 30 an der Zahl, liess er gefesselt auf den öffentlichen Platz der Stadt führen, um sie dort enthaupten zu lassen. „Also wurden der armen unschuldigen Märtyrer vier enthauptet mit Gewalt und ohne Recht; die liess er zu Schmach und Furcht der Menschen also elend und tot vor ihren Weibern, Kindern und Freunden etliche Tage an den Gassen liegen"; die andern wurden durch Fürbitte der Umstehenden, worunter der Graf Oswald von Tierstein und Herr Hans Ehrhard von Reinach und andere Ritter und Knechte waren, vor der Hinrichtung bewahrt, dafür aber strafte er sie am Vermögen und nahm ihnen was ihm gerade recht war.2)

1) Chronologische Anhaltspunkte lassen sich nur indirekt gewinnen. Das bezügliche Edikt Karls vom 28. März wird im April zur Publikation und Ausführung gekommen sein. Von der Zeit ab wird sich auch der Widerstand Thanns datieren. Dass Hagenbach nicht sofort einschritt, wird seine Ursache darin haben, dass er während dieser Zeit beständig abwesend war. Er war zu Konstanz, verweilte dann Ende Mai bei Herzog Sigmund in Innsbruck, war dann auf dem Reichstag zu Augsburg und weilte schliesslich beim Kaiser in Baden-Baden.

2) Den ausführlichen Bericht hat Schilling p. 80. Reimchronik cap. 31 weicht in einzelnen Punkten ab. Die Darstellung von Schilling wird aber in der Hauptsache bestätigt durch eine urkundliche Notiz im Strassburg. Stadtarchiv vom 4. Juli 1473, dass Hagenbach am 3. Juli mit der Landschaft vor Thann gezogen war, dasselbe noch am selben Tage erobert, 4 enthauptet, an 20 gefangen und etliche von der Stadt verschickt habe. Strasbg. St. A. AA. 267. - Die Strassburger Archivchronik p. 185 erzählt, dass Ha. 5 Ratsherren zu Thann habe hinrichten lassen; wahrscheinlich

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