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Ernesti1) unter unter den Theologen, Johannes Wildenhertz 2), Petrus de Wimpina 3), Johannes Lutifiguli (Hafner)4) unter den Juristen. Nimmt man noch dazu den kurfürstlichen Kanzler und späteren Bischof Matthias Ramung 5), der ebenfalls der Universität sehr nahe stand, und den Leibarzt des Pfalzgrafen Heinrich Muncinger), so sieht man leicht, dass es ihm an einflussreichen Patronen seiner Kunst in Heidelberg wahrlich nicht gefehlt hat. Es muss hier ein ganzer Kreis humanistisch angeregter Hofmänner und Gelehrten bestanden haben. Hören wir doch auch aus jenen Jahren besonders viel von italienischen Studienfahrten der Heidelberger Juristen 7). Peter Luder selber weiss in seiner Antrittsrede die »benignas aures<< seiner gelehrten Zuhörer gar nicht genug zu rühmen 8). Danach fällt es schwer zu glauben, die Reibungen des Poeten mit der Artistenfakultät seien in erster Linie durch eine prinzipielle Gegnerschaft der »Scholastiker« gegen den >>Humanismus« veranlasst worden. Um so schwerer, als einzelne Quellenäusserungen später den Fortgang humanistischer Studien in Heidelberg auch nach dem Weggang Luders deutlich erkennen lassen").

Somit liegt es nahe, nach konkreteren Anlässen zu gegenseitiger Verstimmung zu fragen. Einen bestimmten Hinweis scheint der tadelnde Brief des Johannes Wildenhertz

1) Z.G.O. XXII, 54. Über ihn vgl. Toepke, Register. 2) Z.G.O. XXII, 45, 100, 110. Thorbecke, Univ.gesch. 87*. - 8) Z.G.O. XXII, 47, 68; vgl. auch Toepke, Register. 4) Der Doktor beider Rechte, der Z.G.O. XXII, 49 genannt wird, ist vielleicht Lutifiguli; dieser ist sicher gemeint mit dem p. 68 genannten Dr. Joh. Heffner; Hafners humanistische Interessen rühmt die von Thorbecke 88* erwähnte anonyme Leichenrede.

5) Z.G.O. XXII, 43, 52, 63, 72. 6) Ibid. 72. 7) Ausser den von Thorbecke S. 87* f. Genannten vgl. bes. das Leben von Matthias Hummel, dem späteren ersten Freiburger Rektor, bei H. Schreiber Matth. Hummel, 1833. und: Gesch. d. Univers. Freiburg, I, 15 ff. M. H. kündigte Jan. 1454 in Heidelberg mathematische Vorlesungen und ein practicum in quadruvialibus an (a. f. a. II, 24v). 8) Z.G.O. XXII, 108/9. —9) Holstein, a. a. O. 11 ff. u. Ô. Z.G.O. XXVII, 96. U. B. d. Univers. Hdlbg. II, 461. Wenn freilich die Immatrikulation des Humanisten P. Antonius Finariensis 1465 »ob honorem universitatis<< umsonst erfolgte, so geschah das wohl nur, weil es sich um einen Graduierten einer oberen Fakultät, nicht weil es sich um einen Humanisten handelte (U. B. II, 435, Z.G.O. XXII, 71). Dass auch die Artistenfakultät den Humanisten nicht grundsätzlich feind war, dafür scheint u. a. das Legat des Matthias Kemnat für sie bei seinem Tode (1476) zu sprechen: Holstein, 1, c. 9.

an die Artisten zu enthalten, in dem er für seinen Schützling Luder eintritt1). Danach hätten die Artisten vor dem ersten öffentlichen Auftreten Luders eine vorherige Vorlegung seiner Rede verlangt, und Luder hätte das mit gekränktem Stolz zurückgewiesen, sich aber statt dessen erboten, nach Abhaltung des Redeaktes einem Kritikerkollegium Rede und Antwort zu stehen. Trifft diese Angabe zu, so würde das Verlangen der Artisten an sich noch keinerlei Gehässigkeit enthalten. Es war altes Herkommen der Fakultät, von jedem zureisenden Magister vor dem öffentlichen Auftreten die Vorlage seiner Thesen an eine Fakultätskommission zu verlangen; seit man mit dem Auftreten des Hieronymus von Prag so üble Erfahrungen gemacht hatte (1406), war diese Bestimmung statutarisch festgelegt 2). Offenbar wandte man sie ganz mechanisch auf den zureisenden Poeten an, dem man das Auditorium zur Verfügung stellte, obwohl es sich in diesem Falle nicht um einen Graduierten und nicht eigentlich um seine Aufnahme in die Korporation handelte. Aus ähnlichem Anlass entstand auch später noch viel Zank mit zuziehenden humanistischen Lehrern 3) ähnlich übrigens auch an anderen Universitäten. Merkwürdig ist nur, dass Wildenhertz das strittige Statut der Artisten nicht gekannt haben, noch merkwürdiger, dass er der Fakultät die beleidigendsten Vorwürfe gemacht haben soll, ohne dass darüber in den Versammlungen je verhandelt wurde; am merkwürdigsten aber, dass Luder in seiner Antrittsrede einen Tag nach diesem Briefwechsel ausdrücklich und mit devotester Dankbarkeit versicherte, er spreche mit Erlaubnis des Rektors und der Universität 4). Man wird bei solchen Erwägungen misstrauisch gegen den Quellenwert des Schreibens überhaupt. Sollte es sich am Ende nur um eine humanistische Stilübung handeln, bestimmt, die doch wohl zur Veröffentlichung bestimmte Briefsammlung Luders durch einige Bosheiten zu würzen?

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Doch mag dem so sein oder nicht lässt sich das Schreiben als Quelle für

1) Z.G.O. XXII, 100.

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3) Vgl.

2) U. B. I, 44; a. f. a. I, 8a. z. B. U. B. II, 566. 4) Z.G.O. XXII, 108. Wie kam überhaupt Wildenhertz zu dieser Rolle des Unterhändlers? Rektor wurde er erst 23. 6. 1457. Sollte die Datierung bei Wattenbach unrichtig sein (1456 st. 1457)?

antihumanistische Haltung der Heidelberger »Scholastiker<«< verwerten. Ob auch die »Vertreibung« des Poeten aus den akademischen Hörsälen ähnliche grundsätzlich belanglose Reibereien entsprungen aus übergrossem Selbstbewusstsein auf der einen, schematischem Traditionalismus auf der anderen Seite zum Anlass gehabt hat? Zum mindesten ist es durchaus möglich. Wir wissen aus der deutschen Universitätsgeschichte von zu vielen angeblichen »Vertreibungen<< humanistischer Poeten, die sich bei näherer Betrachtung als unbedeutende, oft genug als selbstverschuldete Zänkereien herausgestellt haben, als dass wir imstande wären, die Klagen Peter Luders (ohne nähere Angaben) sehr tragisch zu nehmen. Anlass zu persönlichen Verstimmungen bot der Gegensatz zwischen dem Bohêmedasein dieses altgewordenen Vaganten, der seine Gönner so dreist anzuborgen verstand, und der halbklösterlichen Ehrsamkeit der professoralen Zunft gewiss mehr als genug. Offenbar fand er auf die Dauer doch nur wenige Hörer für einen Unterricht, der nicht zum Brotstudium gehörte, und sah sich gezwungen, zu pikanten Stoffen zu greifen, um grössere Scharen anzulocken eine Erscheinung, die in der späteren Geschichte des deutschen Humanismus häufig wiederkehrt. So blieb er wohl in der Hauptsache auf den Ertrag von Privatstunden und in der Art mittelalterlicher Sänger auf die >>milte seines Herrn angewiesen, die oft erneuter Reizung durch die Produktion rhetorisch-poetischer Schmeicheleien bedurfte. Wenn er später von Erfurt aus brieflich über seine Heidelberger Hasser und Neider schilt 1), die ihn von dort vertrieben hätten, so wird die Zahl der Gläubiger unter ihnen deren er in demselben Briefwechsel gedenkt wohl nicht gering gewesen sein. Auch darin kann sein Leben als typisch im Vergleich mit späteren Humanisten gelten, dass er es nirgends länger als ein paar Jahre möglich fand, in einer und derselben Universitätsstadt sich aufzuhalten.

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Was ihn im einzelnen vertrieb, ist freilich nicht mit Sicherheit festzustellen. Aber daran kann ja kein Zweifel sein, dass ein tieferer, wissenschaftsgeschichtlich irgend erheblicher Gegensatz zwischen seinem Ideenvorrat und der schola

1) Z.G.O. XXII, 62.

stischen Lehrtradition nicht bestand. Was er über das System der Wissenschaften zu sagen weiss 1), ist nur eine harmlose Umschreibung des herkömmlichen scholastischen Schemas. Und was uns von seinen rhetorischen Kunstleistungen überliefert ist 2), hält sich durchweg auf so elementarer Stufe, dass eine eigentliche Auseinandersetzung zwischen humanistischen und scholastistischen Bildungsidealen gar nicht in Frage kommt, es sei denn allenfalls auf dem Nebengebiete der grammatisch-rhetorischen Propädeutik. Über die echt mittelalterliche Frage, ob der Inhalt der antiken Dichtung dem frommen Christen anstössig sei, gedeiht die grundsätzliche Erörterung nirgends hinaus. Wenn es das Kennzeichen auch des späteren deutschen Humanismus blieb, sich von den letzten Zielen der mittelalterlichen Bildungstradition nicht eigentlich freimachen zu können, so darf Peter Luder auch darin nur als ein erster Vorläufer gelten. Das geistige Gewicht der Persönlichkeit ist zu gering, als dass man ihm auch nur das Mass verwegen heidnischer Weltfreudigkeit zutrauen möchte, das die besten Leistungen der Vagantenpoesie des XII. Jahrhunderts - die freilich auf romanischem Kulturboden erwuchs bereits atmen.

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1) Z.G.O. XXII, 101/2. 2) Dieselbe Rhetorik, die Wattenbach Z.G.O. XXVII, 97 in Clm 4393 findet (oder doch eine ihr sehr nahestehende) ist unter dem Titel »ars persuadendi« auch im Cod. Pal. lat. Vat. 884, fol. 3—7 enthalten. Sie bezeichnet sich selbst als Inhalt rhetorischer Vorlesungen »multis in universitatibus«. In sehr elementarer und leichtfasslicher Weise werden schematisch die 8 Teile dargelegt, die zur rhetorischen Begründung einer »propositio«<, und die 8 Teile einer gutgebauten Rede (proposicio, racio, sententia, contrarium sententie, similitudo sententie, exemplum facti, exemplum dicti, conclusio) an Beispielen entwickelt. Als Beispiel einer Rede pro parte affirmativa dient die Empfehlung eines Römers pro pace cum Pirro (vgl. Z.G.O. XXII, 76), als Beispiel pro parte negativa eine propositio (Wratislavienses Jersico Bohemorum [regi] homagium prestare pacemque tenere nullo modo fore faciendum), die sich auf historische Vorgänge vom Frühjahr 1458 bezieht. Also eine regelrechte Anleitung zur Anfertigung von Schulaufsätzen! - Derselbe Band enthält fol. 8 den Anfang einer »ars memorativa, qua mediante arte memoria naturalis suffragatur. Et de ea arte tam philosophi quam theologi varia scripserunt ipsamque tamquam scientiam utilissimam approbaverunt videlicet per Aristotelem, Senecam et Thulium necnon sanctum Thomam«. Die erhaltene Einleitung enthält eine Empfehlung der Gedächtniskunst unter Berufung auf die genannten Autoritäten, insbesondere auf Aristoteles »de memoria et reminiscencia<«<, das auf mittelalterlichen Universitäten regelmässig gelesene Schulbuch.

Die Landes- und Gerichtsherrschaft im rechtsrheinischen Teil des Fürstbistums Speyer (Fürstentum Bruchsal), vornehmlich im 18. Jahrh.')

Von

Emil Bühler.

Was Theodor Ludwig 2) als ein Charakteristikum südwestdeutscher staatlich-politischer Entwicklung angedeutet hat: den eigentümlichen Parallelismus patrimonialer Rechte und landesherrlicher Gewalt, in einer Hand vereinigt, was von anderer Seite) als die Verschmelzung von Gerichtsherrschaft und Landeshoheit zum Territorium bezeichnet wurde, dies historische Faktum, dass der Landesherr nicht nur die hohe, sondern auch die niedere Gerichtsbarkeit in seinem Gebiet ausübte, tritt auch für den Schauplatz unserer Untersuchung in Erscheinung. Die Landesherrschaft deckt sich mit der Gerichtsherrschaft. Der Landesherr ist zugleich Gerichtsherr in seinem Territorium.

Die Gerichtsherrschaft umfasste die hohe und niedere Gerichtsbarkeit. Vor das Forum der letzteren gehörten die bürgerlichen Streitigkeiten, die Zivilgerichtsbarkeit, und geringere Kriminalfälle; vor das Forum der ersteren, der hohen oder Malefiz-Obrigkeit, die peinlichen Fälle, die Malefizsachen, besonders die vier hohen Rügen Mord, Brand, Dieb

1) Die Arbeit beruht, soweit ungedruckte Quellen in Betracht kommen, auf dem Material des General-Landesarchivs in Karlsruhe. Die in den Anmerkungen gebrauchte Abkürzung BrG bedeutet: Akten der Archivabteilung Bruchsal Generalia; die nachfolgende Zahl gibt die Faszikelnummer an. 2) Theodor Ludwig, Der badische Bauer im 18. Jahrhundert, Strassburg 1896, S. 13, 50 (abgekürzt: Ludwig, Baden). 3) German Killinger, Die ländliche Verfassung der Grafschaft Erbach und der Herrschaft Breuberg im 18. Jahrhundert, Strassburg 1912, S. 228 (= Killinger, Erbach).

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