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Die Gründung von Burg und Stadt Freiburg i. Br.1)

Von

Rudolf Schick.

1. Die Überlieferung.

Das Stadtrecht Freiburgs i. Br. ist eines der historischen Probleme, die in den letzten Jahrzehnten die Forscher am meisten beschäftigten; eine ganze Literatur ist über die Fragen seines Werdens und seiner Entwicklung entstanden. Alle diese Untersuchungen gingen von der Voraussetzung aus, Freiburg sei im Jahre 1120 durch Konrad von Zähringen gegründet worden. Jeder dagegen auftauchende Zweifel wurde immer wieder zurückgedrängt, alle möglichen, auch die unwahrscheinlichsten Hypothesen wurden aufgestellt, um der von allen Seiten auftauchenden Schwierigkeiten Herr zu werden, ohne dass dies aber gelang. Die Grundlagen für dieses feste Vertrauen bot die Untersuchung Eduard Heycks über » Gründer und Gründungsjahr von Freiburg i. Br.« in seiner >>Geschichte der Herzoge von Zähringen«. Eine Nachprüfung von Heycks Ergebnissen auf Grund des gesamten dafür in Betracht kommenden Quellenmaterials musste ergeben, ob jenes Vertrauen berechtigt war.

Wir beginnen mit der Betrachtung unserer Überlieferung, mit ihrer kritischen Prüfung, um so für die folgende Untersuchung eine feste Grundlage zu schaffen. Doch begnügen wir uns hierbei nicht mit der Beachtung der ältesten Überlieferung, sondern werden alle erreichbaren Nachrichten über Freiburgs Gründung bis ins 16. Jahrhundert hinein

1) Die Grundlage dieser Arbeit bildet ein Exkurs von des Verfassers Freiburger Dissertation »Herzog Konrad von Zähringen« (1921), der aber vollständig überarbeitet und, soweit möglich und nötig, ergänzt wurde.

Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. N.F. XXXVIII. 3.

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prüfen, um festzustellen, ob etwa bei späteren Schriftstellern noch Nachrichten zu finden sind, deren ursprüngliche Form uns verloren gegangen ist, da nur auf diesem Wege gefunden werden kann, wie Freiburg wirklich entstanden ist.

Wohl unsere älteste Nachricht ist die der sog. Annales Marbacenses, die zum Jahre 1092 melden: »Hic preterito anno in proprio allodio Brisaugie Friburch civitatem iniciavit« 1). >> Hic<< bezieht sich hierbei auf >>Bertholdum de Zeringen, ducem totius Sueviae«, wozu er in diesem Jahr gewählt wird; die letztere Meldung entnehmen die Annalen der Chronik Bernolds 2), wobei sie aber das bei Bernold fehlende » de Zeringen« einschieben. Der Satz über Freiburgs Gründung ist, wie Bloch 3) feststellte, eine der Notae MarbacensesSwarzendanenses, »wohl zwischen 1136 und 1144 zu Marbach oder Schwarzentann zusammengestellte«, auf die Umgebung sich beschränkende Lokalnachrichten, die 1210 in die später zu den sog. Annales Marbacenses fortgesetzte Hohenburger Chronik aufgenommen wurden. Wahrscheinlich geht, ebenfalls nach Blochs Ansicht, der unter meist aus Martin von Troppau stammenden, im 14. Jahrhundert eingetragenen Randbemerkungen stehende Satz: »Anno 1091 Ber[tholdus de] Zeringen dux Sw[evie] iniciavit civitatem [Fri]burc in Brisgue[we]« in der Cronica minor des Erfurter Minoriten 4) auf dieselbe Quelle zurück 5). Die von Flamm

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1) Annales Marbacenses, qui dicuntur (hrsg. von H. Bloch in Scr. Rer. Germ., 1908), S. 37. 2) M.G. SS. V, S. 454 (hrsg. von Pertz, 1844). 3) Bloch, Die elsässischen Annalen der Stauferzeit, 1908 (= Band I, 1 der von P. Wentzcke bearbeiteten Regesten der Bischöfe von Strassburg), S. 86 und 87. 4) Cronica minor Minoritae Erphordensis (hrsg. von O. HolderEgger in: Monumenta Erphesfortensia, S. 486 ff., in: Scr. Rer. Germ., 1899) -S. 517; Mone, Quellensammlung der badischen Landesgeschichte, Band 1 (1848), S. 216 zitierte die Cronica minor als Einsiedler Handschrift des Martinus Polonus von 1288. Holder-Egger stellte (Cronica minor, S. 516) fest, dass dieser Einsiedler Kodex Nr. 628 die Cronica minor mit Randbemerkungen (s. o.) enthält. Völlig unbegründet und wohlauch nur aus einem Versehen entstanden, ist Alberts Aufstellung (Urkunden und Regesten zur Geschichte des Freiburger Münsters, in: Freiburger Münsterblätter, Band 3, S. 30), die Ann. Marb. und Königshofen hätten die Nachricht aus dieser »Polonus«-Handschrift entnommen, was dann zuletzt Flamm (Der Titel »Herzog von Zähringen«, in dieser Zeitschrift, N.F. 30, S. 283) übernahm, wenn er auch vorsichtiger vom >>Einsiedler Annalisten<< spricht; so nennt ihn auch Albert (Zähringen, die Burg

ausgesprochene Vermutung, der Satz in den Annales Marbacenses könne ein selbständiger Zusatz des Chronisten von 1210 sein1), scheint mir ausgeschlossen, da sich ebenso ein Satz über die Gründung Marbachs in den Annales Marbacenses und in der Cronica minor findet, was nicht reiner Zufall sein kann. Nach Bloch 2) ist aber auch die Möglichkeit zu verneinen, dass die Cronica minor aus den Annales Marbacenses abgeschrieben habe. Ebensowenig lässt sich eine Spur entdecken, dass der Schreiber der Randbemerkungen die Chronik des Matthias von Neuenburg kannte, welcher ja in verschiedenen Handschriften das »Fragmentum historicum incerti auctoris«, ein auch unsere beiden Sätze enthaltender Auszug aus den Annales Marbacenses3) vorausgeht. Erscheint so schon die Quelle ziemlich alt, also den Ereignissen nahestehend und daher wertvoll, so wird dieser Eindruck noch verstärkt, wenn wir unseren Satz genauer betrachten. 1092 wurde Bertold II. zum Herzog von Schwaben gewählt); zu diesem Jahre stellen auch die Annales Marbacenses mit »preterito anno« zurückgreifend die Meldung. Die Cronica minor hat zwar diese, wohl aus der gemeinsamen Quelle stammende Verweisung aufgelöst und die Bemerkung mit »anno 1091« niedergeschrieben; dafür hat sie aber Bertolds Titel genau überliefert, der uns zeigt, dass die Niederschrift zeitlich und örtlich den Ereignissen nahe

und ihre Besitzer, in: Freiburger Zeitschrift 28, S. 17) wieder, mit Verweis auf Mone. 5) Während Hampe, Die elsässischen Annalen der Stauferzeit (diese Zeitschrift, N.F. 24) und Holder-Egger in: Neues Archiv 34, S. 245, nur Blochs Ergebnisse über die Schreiber und einige zu weitgehende Folgerungen ablehnten, suchte Haller (Die Marbacher Annalen) eine neue Theorie über die Entstehung der Ann. Marb. aufzustellen, was Oppermann, Zur Entstehungsgeschichte der sog. Marbacher Annalen (in: M.J.ö.G. 34) noch viel weiter gehend fortsetzte. Bloch selbst, Über die sog. Marbacher Annalen (in N.A. 38, S. 297 ff.) wies Haller zurück; dass ihm dies gelungen, stellte Hofmeister in: N.A. 39, S. 558 ff., fest, indem er gleichzeitig Oppermanns Versuch als völlig auf Irrwege gekommen und misslungen bezeichnete, dessen neuester Vorstoss gegen Haller, Zu den sog. Marbacher Annalen (in: Historische Vierteljahrschrift 18) wiederum nichts Neues ergibt.

1) Flamm, diese Zs. N.F. 27, S. 182; Flamm, Zum Freiburger Stadtrodel, in: M.J.ö.G. 34, S. 204. 2) Bloch, Annalen, S. 87. 3) Vergl. Bloch, Annalen, S. 8 ff. 4) Heyck, S. 166; Meyer von Knonau, Jahrbücher des deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Band 4, S. 383.

erfolgt sein muss; denn nur selten ist er so deutlich und nach allen Seiten richtig 1) gemeldet: »Bertholdus de Zeringen dux Swevie«, Bertold von Zähringen, der Herzog von Schwaben. Wenn auch »der Beisatz »»>von Zähringen<<< in Einsiedeln selbst in Notizen für das 10. Jahrhundert nachträglich eingefügt worden«2) ist, so ist das hier sicher nicht der Fall gewesen; denn die in den Annales Marbacenses erfolgte Einschiebung des »de Zeringen« in die aus Bernold übernommene Stelle3) beweist, mit der Cronica minor verglichen, dass der volle Titel in dieser Form in der ursprünglichen Quelle gestanden sein muss. Da unser Chronist aber den Titel so genau und richtig wiedergibt, dürfen wir wohl annehmen, dass er Bertold, hätte er den Satz nach 1098, wo dieser auf das Herzogtum Schwaben verzichten muss *), niedergeschrieben, sicher nicht mehr »dux Swevie<< genannt hätte. Nach all dem müssen wir die Niederschrift unseres Satzes in den Notae Marbacenses-Swarzendanenses sehr früh, den Ereignissen fast gleichzeitig ansetzen, infolgedessen aber auch als volle Wahrheit aus bester Quelle bietend 5), wie dies ja für die Nachricht von der Gründung Marbachs nachgewiesen ist), betrachten 7).

Ein Auszug aus den Annales Marbacenses ist, wie schon erwähnt, das von Urstisius sogenannte Fragmentum historicum incerti auctoris), das in Verbindung mit den Handschriften der dritten Bearbeitung 9) des Matthias von Neuen

1) Vergl. Flamm, Titel. 2) Heyck, Anm. 614.

3) S. o. Anm. 3. — 4) Heyck, S. 185; Meyer von Knonau, Jahrbücher, Bd. 5, S. 23 f. 5) Völlig lehnt unsere Stelle ab Lahusen (Nochmals der Freiburger Stadtrodel, in: M.J.ö.G. 33, S. 362), ohne aber diese Stellungnahme eingehend zu begründen; dasselbe tut Heyck, S. 587, der aber den Aufbau der Ann. Marb., den uns inzwischen Blochs Untersuchungen klargelegt haben, noch nicht kennt; so hält er die Stelle für eine späte Einschiebung, deren Unwahrheit er hauptsächlich durch die sonstige Nichterwähnung der gemeldeten Tatsache zu beweisen sucht. 6) Bloch, Annalen, S. 87, Anm. 4. 7) So wird unsere Stelle auch zum Beweis dafür, dass sich Bertold II. damals schon nach seiner Burg Zähringen, die also 1091 sicher und wohl schon länger bestand, genannt hat. Auch sichert sie, dass die Erhebung Bertolds zum Herzog zum richtigen Jahr eingetragen ist, dient so zur Kontrolle Bernolds. 8) Fragmentum historicum incerti auctoris (hrsg. in: Christianus Urstisius, Historici Germaniae, Band 2, S. 74 ff., Frankfurt 1670), S. 83. - 9) Bloch, Annalen, S. 8 und

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S. 58.

burg erscheint 1). Aus diesem hat dann 2) später Jakob Twinger von Königshofen geschöpft3): »Do men zalte 1091 jor, do ving her Behtolt die stat zuo Friburg ane zu buwende uf4) syme eygen, daz 5) vor ein dorf was «6).

Eine weitere Anzahl von Chroniken melden Freiburgs Gründung zum Jahre 1112. Der früheste Vertreter ist der Humanist Johannes Nauclerus, der uns erzählt: »Anno 1112 Bertoldus dux de Zeringen condere cepit civitatem Friburgensem in Brisgaudia ex villa «). Wie Joachim feststellte, benützte er neben Königshofen) die Strassburger Handschrift des Matthias von Neuenburg (A)); er muss daher auch das Fragmentum historicum gekannt haben; nicht ausgeschlossen ist natürlich, und das möchte ich als wahrscheinlich annehmen, dass er eine inzwischen verlorengegangene

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1) Hauptsächlich vertreten durch die Strassburger Handschrift A; vergl. Boehmer, Fontes Rerum Germanicarum, Bd. 4, S. XXV ff. 2) Bloch, Annalen, S. 58. 3) Jakob Twinger von Königshofen, Strassburger Chronik, hrsg. von C. Hegel, Chroniken der Stadt Strassburg, Bd. 2 (= Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 9), S. 792. *) »uf syme eygen« steht nur in der letzten, etwa 1415 vollendeten Redaktion, fehlt z. B. in Schilters Ausgabe (Strassburg 1698), S. 316; an die zitierte Stelle schliesst sich die Meldung an, derselbe Bertold der also mit seinem gleichnamigen Sohn zu einer Person verschmilzt sei dreissig (in der letzten Redaktion: zweiunddreissig) Jahre später bei Molsheim erschlagen worden. 5) Auf diesen Zusatz werde ich in Abschnitt 3 zurückkommen. 6) Wie Bloch, Annalen, S. 59 feststellt, hat Trithemius die Ann. Marb. von 1198 ab eifrig benützt. Vielleicht geht auch dessen bei der Meldung der Stadtgründung zu 1118 beigefügte Bemerkung (Trithemius, Annales Hirsaugienses, Tomus I, nach des Verfassers Handschrift hrsg., St. Gallen, 1690, S. 366) »Fryburg dudum a germano inchoatum« auf sie zurück. Bestimmtes lässt sich hier nicht ermitteln, da die ganze Stelle, auch in ihren Zeitangaben, höchst verwirrt ist. 7) Nauclerus, Memorabilium Chronici Commentarii (Tübingen, 1516), S. 184. 8) Joachim, Johannes Nauclerus und seine Chronik (Göttinger Dissertation, 1874), S. 53 ff.; auf Königshofen ist wohl das »ex villa« und die zu der geänderten Jahreszahl gar nicht mehr passende Nachricht, dass Bertold 30 Jahre später gefallen sei (s. o. Anm. 4), zurückzuführen. —9) Joachim, Nauclerus, S. 46 f.; damit fällt wohl auch die Ansicht von L. Weiland (Besprechung von: Joachim, Nauclerus, in: Historische Zeitschrift 34, S. 423 ff. und 426), dass Nauclerus die Ann. Marb. benutzt habe, die wohl durch Nichtbeachtung der Tatsache entstand, dass der genannten Matthias-Handschrift das Fragmentum historicum vorausgeht. Die Aufsätze von D. König, in: Forschungen zur deutschen Geschichte 18 und Herm. Müller ebenda 23 über Nauclerus brachten für unsere Fragen nichts Neues.

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