49 ihm Fugger zur Vollendung der Epigramme, die er in Basel drucken lassen will, recht guten Erfolg 1). N. selbst kommt in einem Brief vom 20. Dezember noch einmal auf diese Epigramme zurück, kann berichten, dass schon 150 fertiggestellt seien und dass sie seiner und auch des Domprobsts von Chur Meinung nach recht gut geraten seien, er bezeichnet sie dabei als »über die mass lustig, schimpflich, spitzig, adelich und auch etlich zu ernst, doch alle mitainander zu guoten sitten dienend «2). Es ist nicht meine Auf 1) Die beiden Briefe Ns. sind nicht bei den Fugger-Akten. Anton Fugger schreibt an N. u. a. folgendes: »Erstlich, das ir zu Tübingen ains predicanten halben nichts usgericht, hab ich nit gern gehort, ich hab bishar noch kain predicanten, der an das ort taugenlich were, bekommen mügen, das mir beschwerlich ist. Den des pherds halben, das mugt ir also behalten und zu dem werk, das ir zu Basell in truck zu bringen furgenomen, brauchen; was ir nun usrichten werden, bin ich euch zu vernemen gewertig«<. N. muss Fugger auch gebeten haben für ihn in Rom eine Supplik einzureichen und die Kosten einstweilen auszulegen, worauf Fugger erwidert: »das ich jetzo zu Rom kain diener auch ainich handlung noch gelt mer allda hab, deshalben ich euch hierin, wiewol ich es gern täte, nicht wilfaren noch usrichten tun kann«. Er ist jedoch gerne bereit das Geld nach Rom zu schicken, wenn N. ihm einen Freund dort namhaft machen kann, der die Sache betreiben könnte. Eigenhänd. Briefentwurf Anton Fuggers im Fugger-Archiv in Augsburg. Fasc. 80,4 Bl. 12 und 13. Für die liebenswürdige Überlassung dieser Archivalien aus dem Fugger-Archiv zu Augsburg bin ich der Verwaltung des Archivs zu grossem Danke verpflichtet. 2) Der Titel der Schrift lautet: SERIA || IOCIQVE || dulciffimo literarū Me || coenati D. Antonio || FVGGERO ab || Ottomaro Luscinio, || non fine infigni dele- || ctu, congefta, . . Dieser auf einer Tafel angebrachte Titel ist umgeben von einer sehr guten Titel-Holzschnittbordüre, die eigens zu diesem Schriftchen geschnitten zu sein scheint. Es zeigt unten das 2 geteilte Wappen mit je 1 Fuggerschen Lilie. Der Schild wird rechts gehalten von einem geharnischten Mann, der oben auf seiner aufrechtstehenden Lanze einen Stechhelm und als Helmzier die beiden Büffelhörner mit der Lilie dazwischen trägt. Links wird das Schild gehalten von einem Löwen, über dem von der Decke herab eine Weltkugel hängt und an dieser wieder eine Tafel mit dem Datum 1529. Dieser Holzschnitt wiederholt sich am Schluss des Druckes; anstelle des Titels steht folgendes Distichon: Gloria Fuggerum viget inclyta, quaque potentes Schmidt a. a. O. S. 418 Nr. 306 nimmt an, dass der Druck in Augsburg hergestellt sei. Wir werden Basel annehmen dürfen, auch wenn wir in Betracht ziehen, dass gerade um jene Zeit, Anfang 1529, (das Vorwort ist datiert: Freiburg, 15. Jan. 1529) in Basel die Reformation zum Durchbruch kam und viele katholische Gelehrte darunter auch Erasmus und der kath. Drucker Joh. Faber Emmaeus damals nach Freiburg zogen. Zeitschr. f. d. Gesch. Oberrh. N.F. XXXVIII. 1. 4 gabe über diese Schrift ein Urteil zu fällen; sie gleicht im grossen und ganzen den im Jahre 1524 von Nachtgall herausgegebenen »Joci«1). Beide bezwecken dasselbe; in beiden manch Obscoenes, herzhafte Freude am Spott; alles im Stile der Zeit. Wenn sich N. ähnlich wie Bebel und andere Humanisten dabei in der Rolle eines Sittenpredigers gefällt, so dürfen wir getrost hinzufügen: ihre Freude am witzigen Eroticon war nicht minder ehrlich. Wäre es anders, müssten wir unsere Ansicht über die Humanisten korrigieren. Nachtgall gab der Hoffnung Ausdruck seine Joci gleich nach Weihnachten in Druck gehen lassen zu können. Offenbar um den griechischen Text nicht mit allzuvielen Fehlern herausgehen zu lassen, wollte er persönlich die Drucklegung überwachen. Im gleichen Brief berichtete er Fugger voll Freude, wie gut er in Freiburg aufgenommen worden sei und wie sehr man ihn schätze bei Gelehrten und Ungelehrten. Diesem Umstand schreibt er es auch zu, dass er wieder geistig arbeiten kann, da er hier nach den bitteren Erlebnissen in Augsburg, wo er zu den Verachtesten gehörte, wieder aufatmen und sich frei bewegen könne. Leider sind mir Nachrichten über seine Tätigkeit als Münsterprediger nicht bekannt geworden. Dagegen liegt von seiner Hand ein wohl in das Frühjahr 1531 zu setzendes Schreiben an den Rat der Stadt Freiburg, das einen kleinen Einblick in seine Wirksamkeit gewährt 2). Er klagt darin über die Verpflichtung in der Fastenzeit noch vor Tagesanbruch Tag für Tag eine Frühpredigt halten zu müssen und das meist vor leeren Bänken. Recht anschaulich schildert er dabei die Mühsal, die ihm, der doch weder aus Holz noch aus Stahl sei, dieses verursache. Nicht das sei das Schlimme, dass ihm ein gesunder und ruhiger Schlaf unmöglich gemacht sei, ihn quäle vor allem die Vorschrift, für jeden Tag ein passendes, neues Predigtthema zu finden. Er schlägt deshalb vor, die Predigt auf eine spätere Stunde zu verlegen, auch in der Hoffnung, dann mehr Kirchenbesucher vorzufinden, denn der Geist der Stifter sei in den Menschen seiner Zeit 1) Über diese Schrift vgl.: Lier, H. A.: Ottmar Nachtgalls »Joci ac sales mire festivi« im: Archiv für Literaturgeschichte Bd. 11 (1882) S. 1-50. 2) Siehe Beilage Nr. 4. nicht mehr zu finden; die Taglöhner, die vor Zeiten die Pfründe zu diesem Zweck errichtet hatten, seien heute nicht mehr so begierig das Gotteswort zu hören; kommen sie überhaupt noch zur Predigt, dann vielfach nur widerwillig und nur auf Geheiss ihrer Herrschaft. Kann und darf man aus dieser Schilderung auch keinen allgemeinen Schluss ziehen auf das Nachlassen der frommen Gesinnung weiterer Kreise, da persönliches Interesse die Zustände vielleicht schwärzer hat erscheinen lassen als sie in Wirklichkeit gewesen sein mögen, so gibt ein anderes Schriftstück aus der gleichen Zeit wertvollere Angaben über die religiösen Zustände im damaligen Freiburg. Im Frühjahr 1532 richtete Pfalzgraf Wilhelm von Bayern an Nachtgall die Bitte nach München zu kommen und dort die Würde als Dekan an der Liebfrauenkirche zu übernehmen. Das Berufungsschreiben und die Antwort Nachtgalls sind nicht erhalten, wohl aber ein Schreiben des Freiburger Rates, den Nachtgall von dem wertvollen Angebot benachrichtigt hatte1). Hierbei macht der Rat sich ungefähr dieselben Gedanken zu eigen, um N. in Freiburg zu halten, die König Ferdinand ausführte, um N. nicht nach Freiburg ziehen zu lassen. Er rühmt den wohltuenden Einfluss, den N. durch Wort und Beispiel auf die Stadt ausübe, in der er grossen Beifall finde. Man könne auf diese Kraft umsoweniger verzichten, als auch die Stelle des Münsterpfarrers unbesetzt und es sehr schwer sei, einen neuen zu finden, da es an tüchtigen Geistlichen, die dem alten Glauben treu geblieben sind, fehle. Will man auch von diesem Urteil etwas abstreichen, so bleibt genug übrig, um es als überaus wertvolles Zeugnis in die leider so spärlichen Nachrichten über die Wirkungen der Reformation in Freiburg einzureihen. Und da scheint es mir doch die Wagschale nach unten ziehen zu helfen, auf die Albert auch des Zasius ungünstiges Urteil über die Geistlichkeit gelegt hat2), während die andere einige Seiten weiter gegebene Beurteilung3) als sei die Geistlichkeit der Stadt Freiburg und des Land 1) Siehe Beilage Nr. 5. 2) Albert, P. P.: Die reformatorische Bewegung zu Freiburg bis zum Jahre 1525 im: Freiburger Diözesan-Archiv. N. F. 19 (Freiburg 1919) S. 61. 3) Albert a. a. O.: S. 66. kapitels überwiegend sittlich und religiös unbescholten und auch gelehrt gewesen, an Wahrscheinlichkeit weiter verliert. Nachtgall hat den Ruf nach München nicht angenommen1). Die Gründe dafür kennen wir nicht. Er hatte ein Jahr zuvor auch die Aufforderung des Bischofs Nausea nach Mainz zu kommen mit den Worten abgelehnt: er hätte zwar ein genügendes Auskommen, um dort ruhig leben zu können, aber er verabscheue das Nichtstun und brauche notwendig eine Umgebung, in der er auch geistig tätig sein könne2). Obwohl erst wenig über 50 Jahre alt, scheint er mit dem Leben abgeschlossen zu haben. Sein Hang zur Einsamkeit zog ihn immer mehr zur einsamen Karthause auf dem Johannisberg bei Freiburg, Wenn die Annahme auch nicht richtig ist, dass er die letzten Jahre seines Lebens in diesem Kloster verbracht habe und dort gestorben sei, so ist doch sicher, dass er um die Aufnahme in die Gebetsverbrüderung des Ordens nachgesucht hat; die Genehmigung traf aber zu seinen Lebzeiten nicht mehr ein). Die Beziehungen zum Karthäuserkloster müssen aber schon Jahre vor seinem Tode sehr herzliche und innige gewesen sein. Schon im Jahre 1531 hatte er es zu seinem Haupterben und Testamentsvollstrecker bestimmt. Dieses von ihm eigenhändig geschriebene Testament, das er bald nach der Rückkehr von seiner letzten grösseren Reise, einer Wallfahrt nach Marseille, errichtete, ist uns noch erhalten1). Der Wortlaut und Inhalt ist ganz im Sinne der Zeit gehalten, auch die kleinen Vermächtnisse an andere beliebte Klöster und die Spitäler der Stadt fehlen nicht. Von dem ehemaligen Humanisten ist kein Hauch zu verspüren, es spricht daraus der ruhig dem Tode ins Auge sehende lebensmüde Christ. Besondere Erwähnung finden die aus der Münsterbibliothek entliehenen Bücher, die auf seinem Zimmer stehen, für deren Rückgabe er Anordnungen trifft, und dann seine Köchin, 1) Nach freundl. Auskunft des Bayer. Allgemeinen Reichsarchivs, für die ich auch an dieser Stelle herzlich danke, sind dort Akten oder Urkunden über diese Verhandlungen Nachtgalls mit Herzog Wilhelm IV. nicht vorhanden. Im Jahre 1532 wurde Dr. iur. utr. Ambrosius Iphover von Iphoverstall, Inhaber einer Freisinger Dompräbende, zum Dekan der Fürstlichen Kollegiatkirche U. L. Frau in München ernannt. 2) Vgl. Schmidt a. a. O. II. S. 205. 4) Siehe Beilage Nr. 6. 3) Vgl. Schröder a. a. O. S. 85. die er zwar regelmässig entlohnt habe, für die er aber immerhin noch eine besondere Gabe bereitzustellen bittet, falls sie ihn in langwieriger Krankheit zu pflegen haben würde. Das Kloster erfüllte diesen seinen letzten Willen in der Weise, dass sie seiner Magd nach seinem Tode jährlich 5 fl. zuweisen liess. Dies geht aus dem Eintrag im Necrologium Cartusiense hervor, das gleichsam die Ausführung des Testaments enthält. Der Wert des dem Kloster von Nachtgall an Gold, Silbergeschirr, Ringen, Bechern und Büchern und Hausrat zugefallenen Nachlasses belief sich auf rund 500 fl.1); von seinen Büchern, die mit der Bibliothek des Klosters nach dessen Aufhebung im Jahre 1782 an die Freiburger Universitätsbibliothek gekommen sind, habe ich bisher zwei ausfindig machen können2). Nachtgall, der am 5. September 1537 gestorben war, wurde in aller Stille auf dem Klosterfriedhof in der Reihe der Mönche beerdigt, nicht weit von dem Fenster mit dem Bilde des hl. Ottmar, das er zu seinen Lebzeiten hatte malen lassen. Beilage Nr. 1. 1528 Juli 4, Augsburg. Nachtgall teilt dem Rate der Stadt Freiburg mit, daß er bereit sei, die Stelle eines Predigers im Münster zu übernehmen. Ersam fursichtig wis gunstig liebe herren, myn gebet underthänig willig dienst und was ich guts vermag sye e. ersam wishayt allzit ze voran bereyt. Wie ich am iungsten in ainer handlung myns gn. herren von Schutern 3) und des wirdigen herren kilchherren von minetwegen und entgegen des usschuß aines ersamen wisen rate, mayster Ulrichs 4) und andrer myner lieben herren, die 1) Siehe: Hartfelder, K.: Zur Gelehrtengeschichte Heidelbergs. b. Othmar Nachtgall in ZGORh. Bd. 45 (Heidelberg 1891) S. 168–170. - 2) Es sind dies: 1. Castellianus Cotta: Memoralia. Ticini 1511. Mit eigenh. Schenkungsvermerk Nachtgalls. 2. Petrus Lombardus: Sententiae. Paris 1516. Mit eigenhändigen Randbemerkungen und der Schenkungsnotiz von Nachtgalls Hand: Lombardum hunc, qui multa Theologorum consert argumenta, destinat D. Ottomarus Luscinius Cartusianis Friburg. 3) Abt Konrad Frick (1518-1535) des Benediktinerklosters Schuttern bei Offenburg in Baden. 4) Ulrich Würtner, Ratsherr zu Freiburg. |