vom Wagen auf Schiffe und umgekehrt erfolgte; gerade das Ineinandergreifen der Land- und Wasserfahrt, sowie überhaupt die hervorragende Bedeutung der Binnenschifffahrt für den Fernhandel zu jener Zeit wird aus unseren Berichten besonders klar ersichtlich. Nicht wenige dieser Orte waren mit dem Niederlags- oder Stapelrechte ausgestattet oder besassen auch als aktive Handelsstätten, an denen einheimische und fremde Kaufleute ihre Geschäfte abwickelten, eine verschieden abgestufte Bedeutung. Alles nähere hierüber möge der unten folgenden Darstellung entnommen werden. Wir besitzen eine treffliche kartographische Darstellung der alten Handelsstrassen in Deutschland << von Rauers1), sie ist gewiss mit rühmenswerter Sorgfalt und breitester Heranziehung des einschlägigen literarischen Materials gearbeitet. Wenn wir sie mit unseren Berichten vergleichen, finden wir ihre Angaben vielfach bestätigt, allein manches, was auf dieser Karte als unsicher, nur vermutet, eingetragen ist, wird durch unsere Berichte als sicher begründet, manches ist nach ihnen zu berichtigen und zu ergänzen. Die Bedeutung unserer Berichte als ganz hervorragender Zeugnisse der Verkehrsgeschichte ist nur dann zu erfassen, wenn man ihren Inhalt, ja ihre Ausdrucksweise im einzelnen zur Kenntnis nimmt. Ein diplomatisch getreuer Abdruck hätte aber zu viel Raum beansprucht und würde doch wieder den wünschenswerten geographischen Überblick nicht bieten. Ich gliederte daher meine Darlegung geographisch, nach der Lage und Richtung der einzelnen Strassenzüge, und füge so die Stellen aus unseren Berichten, die sich auf jene beziehen, aneinander, und gebe sie in der heutigen Rechtschreibung, aber mit dem Satzbau und den Ausdrücken der Vorlage. Um die Zitierung zu vereinfachen, führe ich die einzelnen Berichte nach Datum und Verfasser an und versehe sie mit einer fortlaufenden Zahl2). Als Empfänger des Berichtes ist, wo nichts anderes angegeben, stets die 1) In Petermanns geogr. Mitteilungen Bd. 52 (1906) S. 49 ff. 2) Die Berichte liegen gesammelt mit andern auf die oben erwähnte Zollerhöhung sich beziehenden Akten im Staatsarchiv Innsbruck, Abt. Ferdinandea Repert. fol. 94 Nr. 81. oberösterreichische Regierung und Kammer zu Innsbruck gemeint. 1. 1548 April 12. Amtleute von Stockach (vgl. Nr. 11). 2. 1548 Dez. 5. Nikolaus Freiherr zu Bolweyler, Hauptmann zu Konstanz, Dr. Mathias Alber, Caspar Kleckler, Freilandrichter in Schwaben an K. Ferdinand I. 3. 1549 Jan. 2. Moritz von Altmannshausen zu Ronsberg, Hubmeister zu Feldkirch. 4. 1549 März 26. Leux von Reuschach, Vogt zu Bregenz, und Wolfgang Kanntz, Amtmann dortselbst, gestützt auf Erkundigungen bei Hieronymus Furtenbach zu Bregenz, der seiner Brüder Faktor zu Nürnberg, Memingen, Feldkkirch, Lindau u. a. O. gewesen ist, und bei Jakob Humpis, Vogt zu Marchdorf. 5. 1549 April 9. O.ö. Regierung und Kammer an K. Ferdinand I. 6. 1549 Dez. 11. Nikolaus v. Bollweiler, Hauptmann von Kon stanz. 7. 1549 ca. O.ö. Regierung und Kammer, Gutachten in eigener Sache. 8. 1549 ca. 9. 1549 ca. Amtleute von Stockach (vgl. Nr. 11). Eitelhans Gienger, Vogt zu Feldkirch, Achilles von Altmannshausen, Hubmeister, K. Kranzegger, Hofschreiber dortselbst. 10. 1550 ca. Amtleute der Herrschaft Hohenberg. 11. 1554 Juni 26. Adam Staiger, Amtmann, und Michl Maus, Landschreiber zu Stockach. 12. 1554 Sept. 7. Regierung im oberen Elsass zu Ensisheim. 13. 1554 ca. Pfleger und Amtleute zu Burgau. 14. 1555 Juli Marc Sittich v. Embs zu Hohenems, Vogt zu Bludenz und Sonnenberg. 15. 1555 ca. Leux v. Reyschach zum Megtberg, Vogt, Gregorius Gerlin, Amtmann, Lazarus Witweiler Landschreiber der Herrschaft Bregenz und Hohenegg. 16. 1558 Sept. 4. O.ö. Regierung und Kammer an K. Ferdinand I. auf Grund eines Berichtes des Regimentsrates Sebastian Zott von Pernegg und des tirol. Kammerschreibers Rochus Caster, die wegen des Lebertalischen Silberkaufs und Münzhandels ohnedies in die Vorlande gereist waren und auch die Verkehrsverhältnisse dort erkundet hatten. Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. N.F. XXXVIII. I. 5 A. Nord-südliche (deutsch-italienische) Verkehrslinien. I. Von der Donau über den Bodensee und das obere Rheintal nach Italien. a) Donau-Leutkirch-Wangen-Lindau-Fussach-Chur. Bericht 4: >>Alle, und der mehrere Teil der Kaufmannsgüter aus den nachbenannten Reichs- und anderen Städten als Nürnberg, Ulm, Memingen, Biberach, darinnen Kaufmannsgewerb sein, was derselben Güter nach Mailand, Genua und andere Ort in Italia auf Chur zugehen, werden durch Leutkirch und darnach durch ein Dorf genannt Gebratshofen, das in der Landvogtei Schwaben liegt, und von da zu dem Thurn (heute Dürren), von da gegen Wangen, von da zu der Neuen Ravensburg, von da auf Lindau verführt, über den See auf Fussach, von da auf der Achse gegen Feldkirch und von da gegen Chur; zu Gebratshofen ist ein Zoll auf solche Kaufmannsgüter aufgerichtet.<< Die Linie Leutkirch-Lindau über die genannten Orte ist fast eine Gerade und war auch später durch eine Hauptlandstrasse besetzt). b) Leutkirch-Ravensburg oder Gebratshofen-Buch horn-Fussach-Chur. Bericht 4: >>Die Straße, so von Leutkirch auf Gebratshofen geht, teilt sich, so man vor das Dorf Gebratshofen hinauskommt und geht die eine Strasse von Gebratshofen auf die rechte Hand auf Buchhorn (das heutige Friedrichshafen) und die andere (wie oben a) durch die vorangezeigten Flecken auf Lindau zu. Vor vielen Jahren sind die Kaufmannsgüter nach Mailand, Genua und anderen Orten aus den vorangezeigten Städten verführt worden von Leutkirch und Gebratshofen aus auch auf Buchhorn und von da über See auf Fussach und von da, wie jetzt geschieht, auf Feldkirch und Chur zu. Wenn in Gebratshofen ein (neuer) Zoll aufgerichtet wird, so soll von den Gütern, die gegen Lindau und nicht nach Buchhorn gehen, der doppelte Zoll genommen werden, dadurch werden die Güter denen von Lindau abgestrickt und auf Buchhorn, wie vor vielen Jahren auch beschehen, geführt. Denen von Lindau, als die bisher der Kais. Majestät in allweg widerwärtig gewesen und noch sind, auch in Haltung des angenommenen christlichen Interims und in ander Weg gar wenig Gehorsam beweisen, dadurch an ihren Zöllen und in ander Weg wohl Abbruch beschehen mag2), Mit denen von Buchhorn soll von Kais. 1) Die Strasse Memingen-Leutkirch-Wangen wird von Rauers nur vermutet, vgl. dazu auch Baumann, Gesch. d. Allgäu 2, 673. 2) Steht am Ende des Berichts 4. Vgl. dazu Wolfart, Karl V. und Lindau, Schr. f. Gesch. d. Bodensees 39, 8. - Mt. wegen gehandelt werden, daß sie sich mit ihren Schiffungen dermaßen gerüstet und gefaßt machten und ihren Schiffleuten eingebunden werde, solche Kaufmannsgüter keineswegs über See in die Eidgenossenschaft, sondern auf Fussach zu führen. Wenn aber ein Kaufmannsknecht oder -fertiger sich unterstehe, die Güter von Fussach nicht auf der Achse, wie jetzt geschieht, auf Feldkirch zu, sondern gegen Rheinegg oder andere Ort auf der Eidgenossen Boden zu verführen und dadurch der Kais. Mt. ihren Zoll zu Feldkirch zu entziehen, alsdann soll von solchen Gütern der Zoll zu Fussach inmaßen wie der Zoll zu Feldkirch genommen werden. Mit den Untertanen von Fussach soll verschafft werden, sich mit ihren Schiffungen in allweg gerüstet zu halten, und ob einiges Kaufmannsgut aus Mailand, Genua und anderen Orten aus Italien gegen Fussach komme, dasselbe jederzeit von Fussach auf Buchhorn zu und keineswegs gegen Lindau zu verführen.« Bericht 2 und 16 betrachten die beiden Haupthäfen am Nordufer des Bodensees, Lindau und Buchhorn, als einander nicht so abträglich oder gegensätzlich, erwähnen, den Bericht 4 hier wesentlich ergänzend, einen direkten Zugang zu Buchhorn von Norden über Ravensburg als Paralelle zur Strasse Leutkirch-Lindau und unterstreichen ihre grosse Bedeutung. Bericht 2: >>Alle Kaufmannswaren, die aus Frankreich und Italien auf Konstanz, Buchhorn oder Lindau kommen, müssen, wenn sie gegen Ulm, Augsburg, Nürnberg, Memingen oder sonst hinab in das Reich gehen, an zweien Strassen, die eine zu Altdorf genannt Weingarten und die andere zu Gebratshofen, durch Er. Kgl. Mt. Landvogtei Schwaben geführt werden.<< Bericht 16: »Dann die Güter, die aus Italien durch die Bünde (Graubünden) in das Reich geführt werden, gehen erstlich gegen Chur und von dannen durch Er. kais. Mt. Herrschaft Feldkirch gegen Lindau und was auf Nürnberg zu kommen soll, das wird gegen Buchhorn und von dannen durch die Landvogtei Schwaben über Ravensburg oder Weingarten geführt. Was aber auf Memmingen, Augsburg und andere Ort in das Reich gehen soll, das wird hinaus auf Wangen durch Gebratshofen in der Landvogtei Schwaben geführt.<< c) Memingen-Isny-Lindau. Bericht 4: >>Etlich Kaufmannsgüter, so von Nürnberg und Frankfurt hin und wider geführt werden, die werden zum Teil gegen Memingen, von da auf Kempten, von da gegen Eisny und fürder auf der Straße, so die Herrschaften Trauchburg und Bregenz scheidet, auf Lindau zugeführt und von da über See auf Fussach und nach Mailand. Bei des Ruzners Bild 1), das ein Mark zwischen obgenannten Herrschaften ist, soll ein Zoll aufgelegt werden.<< d) Lindau-Sonthofen-Tannheim-Reutte und Während also die Frächterei von Lindau und Buchhorn aus quer über den Bodensee nach Fussach ein Glied in der wichtigsten deutsch-italienischen Verkehrskette bildete, war das unmittelbar östlich davon gelegene Gebiet der Herrschaften Bregenz und Hohenegg (Bregenzer Wald) verkehrspolitisch ein ziemlich stiller Winkel. Bericht 15 sagt: >>In und durch die Herrschaften Bregenz und Hohenegg werden außer Salz, Kupfer und Garn gar wenig Kaufmannswaren durchgeführt, weil die Kaufmanns waren, die aus den schwäbischen Reichs- und anderen Städten in welsche Lande verführt werden, mehreren Teils auf Lindau und Buchhorn und von da über den Bodensee gegen Fussach, Feldkirch, Chur und in das Schweizer Land, ferner was durch Tirol ins Welschland geht, auf den rechten Landstraßen auf die Städte Wangen, Isny, Kempten und anderen Orten, desgleichen die Kaufmannswaren aus welschen Landen wieder heraus auf die genannten Städte außerhalb der Herrschaften Bregenz und Hohenegg geführt. Was aber an Salz, Kupfer, Garn und anderen Waren aus Tirol über den neuen Weg der Gacht und aus dem Allgeu am Zoll am Rucksteig vorbeigehet, muss dort verzollt werden.« Wie Bericht 15 weiter andeutet, lief diese als >>Hallstrasse bezeichnete Rute vom Inntal über den Fern nach Heiterwang, von da über Reutte nach Weissenbach am Lech, über den Pass Gacht nach Tannheim 2), weiter nach Hindelang und Sonthofen im Allgäu, über Immenstadt, Weiler, Möggers (wo die erwähnte Zollstätte Rucksteig liegt) nach Lindau oder Bregenz. Doch wurde auch die Strasse von Reutte über Kempten, Isny und Wangen für diese Lieferung des Haller Salzes nach Schwaben benützt. Bericht 15 scheint Lindau und Bregenz in der Eigenschaft als End 1) Diese Örtlichkeit wird auf der Vorarlberger Karte des B. Hueber von 1783 an der obengenannten Grenze an der Straße zwischen Isny und Heimenkirch angegeben. Die Verbindung Isny-Weiler fehlt bei Rauers. 2) Über die Verbesserung dieses Strassenzuges um 1540 s. Biderman, Verkehrsgesch. d. Arlberges, Zeitschrift d. DÖ. Alpenvereins 1884 S. 409. |