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Karls Politik gegen die Baiern ist demnach in ihrer Gesamtheit keine grundsätzlich feindliche. Sie selbst zwangen ihn oft genug, gegen sie einzuschreiten, und es wäre übermenschliches von ihm verlangt gewesen, ihr Auftreten ruhig hinzunehmen. Er geht sicher seiner Wege, benützt, wie das jeder Staatsmann thun muss und wird, die sich ihm darbietenden Mittel zur Vertheidigung und sucht gelegentlich die Abwehr auch im Angriff. Immer das Wesentliche berechnend und kalt erwägend, trifft er die erforderlichen Massnahmen und benutzt geschickt die Fehler und Schwächen der sich über ihr Vermögen täuschenden Gegner.

Trotzdem hat der Brandenburger Handel schlimme Früchte eingetragen: indem der Kaiser die erforderlichen Geldsummen von den Reichsstädten erpresste, rief er den grossen Städtebund hervor, welcher die Herrschaft seines Sohnes so ausserordentlich erschwerte.

Das Gefecht bei St. Michael und die Operationen des Erzherzogs Johann in Steiermark 1809.

Von

H. v. Zwiedineck-Südenhorst.

Man entbehrt noch immer einer gründlichen, auf umfassender Detailkenntnis beruhenden Geschichte des Krieges von 1809; weder den Ansprüchen des Militärs, noch denen des Geschichtsschreibers, die sich vielfach berühren und decken, ist bis jetzt genüge geleistet worden. Es ist das um so auffallender, da sowohl das technische Moment der Organisation und Verwendung der Kriegsmittel, wie auch das psychologische des Charakters der Führer und der sich im Kampfe messenden Völker in diesem Kriege ganz ungewöhnliche und ausserordentlich belehrende Erscheinungen bietet. Mehr als einmal war die Entscheidung zweifelhaft, der augenblicklich siegreiche Theil in Gefahr, seine Erfolge mit einem Schlag wieder zu verlieren; daher gewährt die genaue Untersuchung der Umstände, durch welche die bekannten und feststehenden Ereignisse hervorgerufen worden sind, das höchste Interesse, und werden die Fragen nach der Möglichkeit dieser oder jener anderen Wendung, welche hätte eintreten und den Verlauf der ganzen Handlung dieses kriegerischen Dramas hätte umgestalten können, immer von Neuem aufgeworfen und mit Eifer besprochen werden.

Es ist möglich, dass sich einst die Ueberzeugung befestigen wird, dass die Schicksale der sogenannten Armee von Innerösterreich, welche Erzherzog Johann befehligte, keinen wesentlichen Einfluss auf die endliche Niederlage Oesterreichs genommen haben; heute wird dies kaum mit Bestimmtheit behauptet werden können: die Beziehungen der beiden Obercommanden zu einander und zum kaiserlichen Kabinet, die Misverständnisse, welche zwischen den beiden leitenden Persönlichkeiten

eingetreten sind, entbehren noch der völligen Aufklärung. Es wird deshalb vielleicht gerechtfertigt erscheinen, wenn in dem vorliegenden Aufsatze der Versuch gemacht wird, an einem einzelnen Falle, an einer bisher wenig beachteten Episode des Krieges den Nachweis zu liefern, dass es bei Vermeidung einer einzigen groben Ungeschicklichkeit höchst wahrscheinlich zu einer selbständigen und nicht bedeutungslosen Action der Armee des Erzherzogs Johann in der Zeit zwischen den Schlachten von Aspern und Wagram hätte kommen können.

Als die Armee des Erzherzogs Johann sich bereits auf dem Rückzuge aus Italien befand, zu welchem sie durch die Durchbrechung der österreichischen Stellung in Baiern und die Zurückdrängung des Generalissimus Erzherzog Carl von der Donau nach Böhmen veranlasst worden war1), erhielt der Erzherzog die Nachricht, dass ihm die Division des F.-M.-L. Franz Freiherrn v. Jellačič zugetheilt worden sei, die ursprünglich in losem Verbande mit dem VI. Armeecorps des F.-M.-L. v. Hiller seit dem Ausbruche der Feindseligkeiten die Bestimmung gehabt hatte, den Zusammenhang zwischen der Hauptarmee nnd der Armee von Innerösterreich aufrecht zu erhalten. Jellačič hatte schon im Feldzuge von 1805 das Unglück gehabt, mit 4000 Mann in Vorarlberg die Waffen strecken zu müssen; er war dann in den Ruhestand versetzt worden, man nahm jedoch, als er 1809 sich wieder zur aktiven Dienstleistung erbot, keinen Anstand, ihm ein Commando, ja sogar ein sehr wichtiges anzuvertrauen, das voraussichtlich zu selbständigen Entschlüssen genötigt sein musste.

Von der Hauptarmee des Erzherzogs Carl sowie vom Corps Hiller durch das rasche Vorgehen der Franzosen getrennt, musste sich die Division Jellačič über Rosenheim nach Salzburg zurückziehen, wo sie am 29. April anlangte. Sie bestand damals noch aus 3 Brigaden: Brigade General Legisfeld:

Warasdiner Kreuzer 2 Bat.
Landwehr Salzburger 2 Bat.

Judenburger 1 Bat.

"

General Ettingshausen: Eszterhazy 3 Bat.

De Vaux 2 Bat. 2)

16 pf. Batterie.

General Provenchères): Freiwillige österr. Landwehr 3 Bat.

O'Reilly Chevauxlegers 8 Escadrons. 16 pf. Batterie.

1) Von einer Erörterung der Nothwendigkeit dieses Rückzuges muss hier abgesehen werden. 2) In der Ordre de bataille, welche Stutterheim mittheilt, sind die Regimenter Eszterhazy und De Vaux mit 3 Bataillons verzeichnet, 1 Bat. De Vaux stand in Tirol. 3) Carl Dollmayer v. Provenchères.

Salzburg war nicht zu halten; Jellačič musste die Stadt, während seine Arrièregarde mit Truppen der französisch-bairischen Division Deroi in ein Gefecht geriet, verlassen und schlug sein Hauptquartier am 30. April zu Golling auf. Hier fasste er den für ihn verhängnissvollen Entschluss, die ganze Brigade Provenchères bis auf 3 Züge O'ReillyChevauxlegers zu entlassen und zur Hauptarmee abzucommandiren. Er hatte keinen Auftrag dazu, glaubte jedoch dadurch einen besonderen Beweis von kluger Voraussicht und Opferwilligkeit zu geben. Er hat die Gründe, die ihn zu diesem Schritte bewogen, einige Tage darnach dem General Ettingshausen auseinandergesetzt, aus dessen Lebenserinnerungen ich im Anhange I jenen Abschnitt mitzutheilen in der Lage bin, der sich auf die Schicksale der Division Jellačič vom 30. April bis zum 26. Mai bezieht 1).

Am 7. Mai erhielt Jellačič die Zutheilung zur Armee des Erzherzogs Johann. In dem Berichte, welchen der Hauptmann de Lort des Generalquartiermeisterstabes an diesem Tage an den Chef des Generalstabes der Armee von Innerösterreich Oberst Graf Nugent abgehen liess, wird die Stellung der Division durch die Punkte St. Gilgen, Lueg, Abtenau, Filzensattel, Dienten fixirt 2). De Lort erwähnt der Deta

1) Konstantin Ettinghausen, geb. 22. Sept. 1760 zu Bingen am Rhein, Sohn eines kurmainzischen Beamten, war für den geistlichen Stand bestimmt, folgte jedoch seinem sehnlichen Wunsche, in die kaiserliche Armee einzutreten, indem er sich 1778 in Wien freiwillig zum Regimente Kaiser-Hussaren assentiren liess, in welchem er vom Gemeinen an alle Chargen durchmachte, bis er am 1. November 1786 auf Befehl des Kaisers Josef zum Lieutenant ernannt wurde. Am 1. Februar 1789 erhielt er den Rang eines Oberlieutenants, wurde Adjutant Wurmsers, 1792 Rittmeister, 1793 Major, k. k. österreichischer und Reichs - Flügeladjutant. In Folge besonderer Auszeichnung vor dem Feinde wurde er am 26. Juni 1797 ausser der Tour zum Oberstlieutenant, am 26. November 1800 zum Obersten bei Erdödy-Hussaren befördert; im Jänner 1808 wurde er Generalmajor und Brigadier. Nach dem Feldzuge von 1809, in welchem er wegen eines schweren rheumatischen Leidens kriegsuntauglich geworden ist, musste er in den Pensionsstand treten, liess sich aber noch mehrmals zu besonderen theils militärischen, theils politischen Geschäften verwenden. Am 25. Februar 1812 war ihm der erbländische, 1815 der ungarische Adel verliehen worden. Er starb am 11. März 1826 in Wien und hinterliess 6 Kinder, darunter 3 Söhne: Andreas, den nachmals zu grosser Berühmtheit gelangten Professor der Mathematik und Physik, Sigismund der 1856 als General starb, und Karl, der noch gegenwärtig als Hofrath in Pension zu Graz lebt und dessen Güte ich die Benützung der Memoiren seines Vaters verdanke, die als ein wichtiger Beitrag zur Kriegsgeschichte und zur Kenntnis der militärischen Zustände Oesterreichs von 1778 bis 1810 der Veröffentlichung in ihrer Gesammtheit in hohem Grade werth wären. 2) Der Bericht befindet sich im Original unter den Beilagen, welche Erzherzog Johann seiner bis 1816 reichenden Lebensbeschreibung angeschlossen hat. Se. Excellenz Herr Graf von

chirung der Brigade Provenchères wegen der in den Gebirgen sich ergebenden Schwierigkeit der Verpflegung, setzt jedoch hinzu, dass der Divisions-Commandant ihr sofort Contreordre nachgesendet habe und dass dem Cavallerie-Regimente und der Batterie aufgetragen worden sei, sich nach Rottenmann zu dirigiren. Von der österreichischen Landwehr nahm er an, dass dieselbe sich auf dem Boden ihrer Heimat aufgelöst haben dürfte, da Napoleon bereits die Absicht geäussert hatte, die Landwehren nicht als reguläre Truppen behandeln zu wollen. Am Tage nach der Capitulation von Wien hat Napoleon bekanntlich die Auflösung der gesammten österreichischen Landwehr befohlen und denjenigen Wehrmännern, welche unter den Waffen bleiben und in französche Hände fallen sollten, schwere Strafen angedroht. Die Contreordre für die Brigade Provenchères kam zu spät, hat dieselbe offenbar nicht mehr erreichen können, da der Vormarsch einzelner französischer Abtheilungen gegen die Grenzen von Steiermark die Möglichkeit einer Verbindung zwischen Jellačič und Hiller aufhob. Vom 7. Mai ist auch ein Schreiben des Kaisers Franz an Erzherzog Johann aus Budweis datirt 1), in welchem die Hoffnung ausgedrückt wird, dass sich Wien so lange werde halten können, bis die Hauptarmee wieder an das rechte Donauufer übergehen werde. Ob dies bei Krems oder anderswo zu bewerkstelligen sei, könne man noch nicht beurtheilen. Die Division Jellačič, deren Stärke im grossen Hauptquartier mit 10.000 Mann angenommen wurde, während de Lort sie auf 7000 berechnete, habe gegenwärtig die Eingänge nach Tirol zu vertheidigen, sei jedoch im Weiteren auf die Befehle des Erzherzogs angewiesen.

Durch Feldzeugmeister Fr. v. Kerpen, General-Commandanten von Innerösterreich, erfuhr der Erzherzog aus einem Berichte d. d. Graz 9. Mai 2), dass Jellačič in Radstat angelangt sei. Hiller habe sich bis St. Pölten zurückgezogen. Wenn er weiter zurückgehe, werde Steiermark von Maria Zell aus offen dastehen. Kassen, Hauptquartiere, Bagage, Spitäler und Depôts des V. und VI. österreichischen ArmeeCorps seien nebst 2400 Kriegsgefangenen unvermuthet in grösster Unordnung über Altenmarkt hereingebrochen. Die an dieselben angeschlossenen Versprengten verbreiten Schrecken in der Bevölkerung, die willkürlichen Vorspanns-Erpressungen seien der guten Stimmung der Gebirgsbewohner, welche Kerpen zur Formirung des Landsturmes

Meran hat mir die Einsicht in den handschriftlichen Nachlass seines durchlauchtigsten Vaters, soweit sich derselbe auf dessen Operationen in Innerösterreich bezieht, gestattet, wofür ich nicht unterlassen kann, auch an dieser Stelle meinen aufrichtigsten und ergebensten Dank auszusprechen.

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