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Vorlage das eine und andere Wort enthalten zu haben. In derselben Urkunde findet sich sodann die Bestimmung, dass die fünf Mancipien erst nach Gozperts, des Traditors, Tode einen Zins zu zahlen haben und zwar 5 Denare entweder in Münze oder in Wachs; man könnte sicher sein, dass eine derartige Bedingung auch schon in der Vorlage enthalten war, und doch stimmt der Wortlaut in beiden Fassungen nicht vollkommen. An eventuellen anderen noch auftretenden Formeln, wie etwa die Poenformel, liesse sich nur dasselbe wahrnehmen. Fassen wir nunmehr die einzelnen Beobachtungen zusammen, so ist das Ergebnis, dass wir als Vorlage ganz kurze auf das wesentliche beschränkte Notizen anzunehmen haben, nach denen unsere doppelten Urkunden. völlig frei ausgearbeitet sind. Wir haben aber auch eine solche Originalnotitia in getreuer Abschrift erhalten; Nr. 56 und 80 nämlich (Beil. VI) decken sich vollkommen im Wortlaut, können daher nach unserer Erklärung nur doppelte Copien der Vorlagen ohne weitere Ueberarbeitung vorstellen. Wie ist nun die Fassung dieses Stückes? Es beginnt mit einer geläufigen Publication:,,Cognitum sit dei fidelibus", woran sich mit quod eingeleitet die Widmung reiht; der Traditor hat allerdings Attribute, er ist religiosus nobilisque, dagegen finden sich beim Namen des Gutes keinerlei Ortsbestimmungen: Lagadeosdorf cum omnibus inibi manentibus; weder Pertinenz- noch Poenformel, sondern nur noch die Zeugennamen, die eingeleitet sind lediglich mit dem Schlagwort: testes. Das ist also ein Beispiel, wie wir uns diese Vorlagen vorzustellen haben, wobei natürlich auch in der beschränkteren oder ausführlicheren Fassung eine Verschiedenheit bestanden haben kann. Derartige Vorlagen haben wir wahrscheinlich für alle in den drei Ramwoldheften überlieferten Urkunden anzunehmen; es sind eben die Notitiae testium ebenso hier in Regensburg im allgemeinen Gebrauch, wie an anderen Orten und bei anderen Gruppen. Und wenn Redlich ganz richtig beobachtet hat, dass gerade unter Abt Ramwold neben den gewöhnlichen Formen des Aktes einzelne Stücke erscheinen, die man wohl als Urkunden (notitiae) bezeichnen kann" . . .,.mit Arengen, die an alte vor hundert Jahren viel gebrauchte Formeln anklingen" so glaube ich gezeigt zu haben, dass nicht nur die Arengen, sondern die ganzen Fassungen bloss für das Traditionsheft bestimmt waren, den Originalaufzeichnungen aber nicht zu theil wurden; aber es war keineswegs Regel, den Akt umzuarbeiten, wenn man ihn ins Traditionsbuch eintrug, sondern mehr eine Art Stilübung und Stilprobe; es bleibt ja ganz interessant, dass man in S. Emmeram eine so gute Kenntnis der alten Urkundenformeln noch besass. Uebrigens als blossen Schulzweck wollen wir

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die Sache auch nicht hinstellen; die Umbildung geschah aus gutem Grunde. Denn gleichwie man zur Verschönerung des Codex Initialen zeichnete, Buchstaben, Worte, ja ganze Zeilen mit rothen und grünen Farben belegte, Eigenthümlichkeiten, die doch der Vorlage gewiss nicht zukamen, ebenso konnte ein Mönch in alterthümlichen, sinnigen Arengen, in Formelkram und Wortschwall ein würdiges Verzierungsmittel sehen. Mehr bedeutet es aber nicht.

Eine andere eigenthümliche Erscheinung an diesen Stücken bietet uns vielleicht die Möglichkeit, über die Entstehungsart dieser Heftchen eine Ansicht zu gewinnen und gleichzeitig einen ungefähren Einblick in das Archivwesen des Klosters. Es muss nämlich auffallen, dass die einander entsprechenden Urkunden in beiden Heften sich in umgekehrter Reihenfolge an einander schliessen, man könnte sagen, in dem einen Heft in aufsteigender, im anderen in abfallender Reihe, also die Stücke Nr. 40, 41, 42, 43, 44 entsprechen

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65, 54, 53, 50, 51. Das mag vielleicht Zufall sein, aber es liesse sich andererseits nicht unschwer eine Erklärung dafür geben. Waren die Vorlagen als einzelne Pergamentblättchen in irgend einem Behältnis übereinander liegend gesammelt, so mussten sie in Folge der Benutzung durch den ersten Schreiber in der der ursprünglichen Aufeinanderfolge entgegengesetzten weggelegt werden, wie das jedermann aus eigener Uebung kennt; das oberste Stück Nr. 40, das der Bearbeiter A zuerst von dem Urkundenstoss in die Hand nahm, kam nun zu unterst zu liegen, darüber Blatt Nr. 41 und so fort, und der Schreiber B hatte die Vorlagen natürlich in der umgekehrten Ordnung; eine kleine Unregelmässigkeit ist hiebei vorgekommen, Nr. 50 und 51 haben ihren Platz gewechselt; ich erinnere aber daran, dass dies die zwei Stücke sind, in denen der zweite Bearbeiter die neuen Mancipiennamen einzusetzen hatte; die Urkunde, in der er die Namen auslässt resp. durch das ,,mancipia decem probabilia" ersetzt, fasste er früher ab, als die, wo er wirklich die veränderten Namen nachgetragen hat.

Mit dieser verkehrten Folge hängt noch zweierlei zusammen. Wir bemerken, dass in dem einen Heftchen die Gruppe geschlossen erscheint, Nr. 40-44, in dem anderen aber zwischen 50 und 51 eine Urkunde und zwischen 54 und 65 mehrere Urkunden erscheinen, die der erste Bearbeiter nicht aufgenommen hat; und wir müssen uns weiter auch fragen, warum die übrigen dreizehn Urkunden des ersten Heftes, das ja Nr. 32-49 umfasst, nicht auch im zweiten Heft vorkommen und umgekehrt viele des zweiten im ersten fehlen; mit einem Worte, warum die Coincidenz nicht vollkommen ist. Dass zunächst vom ersten Bearbeiter nicht alle Vorlagen berücksichtigt wurden, lässt

sich schon daraus ersehen, dass er Nr. 40 mit den Worten anfängt: Isdem vero nobilis Gozpertus", während wir weder einer Urkunde dieses Mannes noch seinem Namen vorher begegnen. Der Grund aber, dass im zweiten Heft neue Traditionen hinzugekommen sind, scheint ziemlich einfach; neu ist z. B. Nr. 52, das ist aber eine Traditio einer ancilla Teotpure; neu sind Nr. 54-64 und 66-79 (damit schliesst das zweite Heft) und auch diese sind, Nr. 55 und 56 ausgenommen, durchaus Traditionen von Personen und nicht von Gütern. Wir sehen, dass die beiden Schreiber einen verschiedenen Plan gehabt haben: der erste wählte sich lediglich die Schenkungen von Grundstücken und legte solche, welche Personenübergabe betrafen, bei Seite; die durch ihn bearbeiteten Vorlagen scheint er, da ihre Erhaltung nunmehr unnütz war, überhaupt aus der Sammlung ausgeschieden zu haben; nur einige wenige hat er vielleicht zufällig aus Versehen, vielleicht aus Absicht in die Gruppe der noch aufzubewahrenden Vorlagen gelegt; so wurden sie mit den übrigen erhalten. Nach Verlauf einer gewissen Zeit, aber sicher noch unter der Regierung Ramwolds, wurden wiederum die vorhandenen Akte, deren Zahl sich doch auch wieder vermehrt hatte, in ein neues Heftchen zusammengeschrieben. Diesmal machte der Schreiber keine Unterscheidung in dem ihm vorliegenden Material, sondern überarbeitete oder copirte, wie wir mit Rücksicht auf Nr. 46 Nr. 80 sagen müssen, sämmtliche Vorlagen1). Aber auch diese Zusammenstellung umfasste nur das Material bis zu einem gewissen Zeitpunkt und so kam es noch ein drittes Mal unter Ramwold zu einer Uebertragung der Einzelakte in ein gemeinsames drittes Heft, das uns aber nicht mehr in seinem ursprünglichen Bestand erhalten ist, sondern zu dem nur die Codex Nr. 80-86, 96-100 und 102 gehören. Wiederum hat man sich auf Schenkungen von liegendem Besitz beschränkt, Traditionen von Personen kommen nicht vor. Ihrer ganzen Fassung nach müssen auch diese als Bearbeitungen der ursprünglichen Vorlagen im Gegensatz zu wörtlichen Abschriften angesehen werden.

Darunter findet sich nun auch eine Urkunde, die vielleicht die

1) Die Annahme, dass wie Nr. 56 auch die übrigen Stücke des zweiten Heftes getreue Abschriften der Vorlagen seien, ist unwahrscheinlich, denn die zweiten Fassungen jener Doppelstücke sind keineswegs immer kürzer und einfacher als die ersten, z. B. Nr. 65; auch spricht dagegen, dass Angaben, deren Andeutung wenigstens in der Vorlage vorauszusetzen ist, hie und da in der zweiten Fassung ganz fehlen, schliesslich müsste man dann eine Fassung und Stilisirung der Originalakte annehmen, die bald weitläufig, bald möglichst prägnant, also ganz ungleichmässig war, was ganz unwahrscheinlich ist.

wichtigste der in diesem Traditionsbuch enthaltenen noch unedirten Urkunden ist, ebensowohl historisch beachtenswerth, wie nicht minder für den Diplomatiker von Interesse, und die dennoch von Pez und Wittmann übergangen wurde; es ist die Traditio Heinrici ducis et Judithe matris eius" (Beil. VII). Pez wäre zu entschuldigen, denn er mochte sich erinnert haben, aus dem S. Emmeramer Copialbuche, das den ersten Theil jenes Codex 5 des k. b. Reichsarchivs bildet, der auch das Werk Anamots enthält, eine sachlich fast gleichwerthige Urkunde als ,,Traditio venerandae ac sanctimonialis faeminae Juditae" abgedruckt zu haben. Uns erscheint es aber gerade wichtig, von einer Urkunde zwei verwandte Fassungen zu besitzen 1).

Das Verhältnis zwischen den beiden Fassungen und der Grund der doppelten Ausfertigung ist in diesem Fall ganz anders, als in den vorhergegangenen. In der ersten Urkunde gibt Judith das Gut Eiterhofen dem Kloster unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nutzgenusses für ihren Bruder Ludwig und sich. Nach dem Text der zweiten Urkunde des Traditionsbuches ist Ludwig bereits als verstorben anzunehmen. Judith wiederholt darin die Schenkung, überlässt aber das Gut sofort an S. Emmeram, verzichtet also jetzt auf den ihr bei der früheren Abmachung bedungenen Nutzgenuss; daher die neuerliche Beurkundung. Nicht in dem thatsächlichen Verhältnisse, sondern in der formalen Verschiedenheit der beiden Urkunden liegt aber sodann eine Eigenthümlichkeit dieser Doppelurkunde. Die erste Fassung ist nämlich objectiv, die zweite dagegen subjectiv, eine in dieser Periode an und für sich seltene Erscheinung, erklärlich allenfalls dadurch, dass

1) Aus der Fassung des Traditionsbuches ergibt sich zugleich unzweifelhaft, dass Ludwig Judiths Bruder und nicht ihr Sohn gewesen ist. Wir müssen selbstverständlich die Urkunde als besseren Zeugen anerkennen, als den einheimischen und fast gleichzeitigen Schriftsteller Arnold, der von diesem Akte spricht und die Worte gebraucht: Judita . . . pro se suisque filiis Hludowico atque Heinrico (MG. SS. 4. 571). Wenn also Braunmüller (Verh. des hist. Vereins f. Niederbaiern 17. 135 Anm. 1) und Janner (1. 361 Anm. 1) den Wortlaut der bisher allein bekannten Urkunden mit Rücksicht auf die Stelle bei Arnold in dem Sinne auszulegen suchten, dass Ludwig als Bruder Heinrichs genannt sei, so geschah es nicht ganz ohne Grund. Unrichtig und missverstanden scheint mir aber, wenn sie Arnold als Zeugen auch dafür anführen, dass die Schenkungsurkunde der Herzogin Judith von B. Gebhard von Regensburg gefälscht sei. Der Satz, auf welchen sie sich berufen, ,,hanc quoque sententiam preposuerunt judices atque optimates, affirmantes traditionis conplacitationem hujusce a Gebehardo Imbri politano antistite violatam esse", soll nicht bedeuten, dass Gebhard die ,,Urkunde gefälscht" hat, sondern nur, dass er das Rechtsgeschäft, die Bedingungen desselben verletzt habe; vgl. auch Hirsch, Jahrbb. unter Heinrich II. 2, 216.

Mittheilungen XII.

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ja Judith keine Privatperson ist und für Urkunden fürstlicher Persönlichkeiten die Analogie der Form der Königsurkunde gesucht wurde. Aber für den Diplomatiker ist es wichtig wahrzunehmen, dass es hiefür kein Gesetz gibt, dass rechtlich die Notitia der Carta vollkommen gleich steht.

In textlicher Hinsicht scheint hier doch nur eine sehr geringe Anlehnung zu bestehen; die Pertinenzformel ausgenommen sind allenfalls einzelne Worte identisch, aber eine durchgehende Benützung der ersten Fassung ist nicht ersichtlich; nur die fast vollkommene Identität der Zeugennamen in beiden Stücken ist noch auffallend. Dass man nämlich bei der Wiederholung der Schenkung dieselben Zeugen zuzog, lässt sich wohl auch sonst finden, aber die Einhaltung derselben Reihenfolge scheint mir doch für Benützung der Vorurkunde zu sprechen, wobei es dann allerdings zweifelhaft wird, ob bei der zweiten Handlung die Zeugen überhaupt anwesend waren. Gerade in dieser Beziehung bietet uns ein dritter Fall aus unserem Traditionsbuch, der auch seine besonderen Eigenthümlichkeiten hat, einigen Aufschluss.

Als Nr. 132 und 135 (Beil. VIII) begegnen uns im Codex zwei Traditionen einer Matrone Pilifrida, d. h. wieder doppelte Fassung und doch in anderer Art. Die beiden Urkunden sind inhaltlich nicht ganz gleich; durch die erste Entschliessung, der Nr. 132 seine Abfassung verdankt, tradirte Pilifrida ihren Besitz zu Oriliheim und Pietun prunna mit einer Anzahl dazu gehöriger Mancipien. Darnach,,post haec" übergab sie noch eine Mühle,,in loco Alaraspah" und fügte schliesslich noch eine Schiffswerfte in ,,Smidimulin" dazu. Dass dies alles durch eine einzige Handlung und nicht getrennt zu verschiedenen Zeiten tradirt wurde, dafür möchte die Einheitlichkeit der Zeugenreihe sprechen; ganz sicher ist es deshalb nicht, wie sich noch zeigen wird. Die zweite Urkunde ist nun sachlich bedeutend erweitert; zwar der Beginn, die Formel der Publication, die der Schenkung ist vollkommen gleich und diese Uebereinstimmung dauert bis zur Anführung der zu den beiden erstgenannten Orten gehörigen Unfreien; es werden in der zweiten Fassung mehr genannt und dieselben genauer mit den Familienmitgliedern namentlich angeführt1).

Der in der ersten Fassung noch vor der Aufzählung der Namen eingeschaltete Satz über die Zinsleistung der Mancipien findet sich in

1) Hiebei ist zu bemerken, dass manche Worte, besonders die Verwandtschaftsbezeichnung, den Namen in starken Kürzungen gleichzeitig übergeschrieben sind, und ausserdem am Rande Nachtragungen sich finden; im Druck sind diese in runden Klammern eingeschlossen.

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